Es gilt, rasch wechselnde Produkttypen und Losgrößen zügig zu bewältigen, was eine hohe Flexibilität erfordert. Das wird bereits an den zu bestückenden Platinen deutlich: CoB, Flip-Chip, SoC und andere aktuelle Chipvarianten wechseln sich ab mit gängigen Bauteilen. Überwiegend durchlaufen mehrlagige Schaltungen die Bestückungslinie. Daran schließt sich direkt das Löten via Dampfphase oder Reflow-Lötsystem an.

Martin Böhler, einer der beiden Geschäftsführer von Simtec-EMS ist überzeugt davon, nur mit modernen Testsystemen die Qualität und zuverlässige Funktion seiner mikroelektronischen Flachbaugruppen sicher prüfen zu können. Und Böhler weiß wovon er spricht. In vorherigen Funktionen hat er zahlreiche individuelle Prüfeinrichtungen mit Software und Adaptionen erdacht und gebaut. „Die ersten Überlegungen, was wie getestet werden soll, müssen beim Design von Anfang an berücksichtigt werden“, gibt Böhler zu verstehen. Und in der Tat; mit den Regeln für DFT (Design for Testability) wird bereits in einem frühen Stadium sowohl über Funktion als auch über Kosten entschieden. Selbst die geringsten Änderungen am Layout ziehen zu einem späteren Zeitpunkt enorme Kosten nach sich. Allein Änderungen oder Neuaufbau eines vorhandenen Prüfadapters gehen richtig ins Geld.

Andererseits ist auch im Vorfeld schon zu überlegen, was wie getestet werden soll, mit welcher Testtiefe und Testabdeckung zu testen ist, um zu verlässlichen Ergebnissen zu kommen. Denn nur mit ein oder zwei Testverfahren eine hundertprozentige Testabdeckung erzielen zu wollen, wird nicht funktionieren. Da sind verschiedene Kombinationen gefordert, um annähernd 100 Prozent zu erreichen. Es ist mitunter durchaus sinnvoll, eine Leiterplatte einer Nachentwicklung zu unterziehen, um die Test- und Kontaktierbarkeit zu optimieren und um unnötige Kosten zu vermeiden. Die Crux dabei: Jedes Testverfahren erfordert andere DFT-Regeln. An dieser Stelle ist jede Entwicklung besonders gefordert, denn sie muss sicherstellen, dass es in der Produktion mit ihren Vorgaben möglich ist, wirtschaftlich zu testen. Das setzt wiederum frühzeitiges interdisziplinäres Handeln voraus.

Lötdampf statt Schutzatmosphäre

Die spezialisierten Kleinserien für hochkomplexe und sicherheitskritische Anwendungen durchlaufen die Bestückungslinie, woran sich direkt das Löten via Dampfphase oder Reflow-Lötsystem anschließen. Mit diesem Lötverfahren lassen sich selbst komplexeste Baugruppen inklusive Lot an den unzugänglichsten Stellen durchgehend erwärmen und materialschonend aufschmelzen. Da der Dampf des Mediums im Lötsystem zudem schwerer als die Umgebungsluft ist, sind die Baugruppen quasi in einer Schutzgasatmosphäre eingeschlossen. Oxidationen sind während des Lötprozesses ausgeschlossen und die Benetzungseigenschaften der Lotpaste optimiert.

Deshalb kann Simtec auf eine kostenintensive Stickstoffflutung verzichten. Gerade bei kleinen Losen und großer Typenvielfalt macht sich dieses Verfahren bezahlt. „Die Anlage spart eine Menge Energie und natürlich Platz gegenüber konventionellen Reflow-Lötanlagen mit relativ langem Ein- und Auslauf“, bringt Böhler die Vorzüge seines Lötfavoriten auf den Punkt. In der Dampfphase lässt sich überdies beliebig bleifrei oder bleihaltig löten. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn parallel zum Dampfphasenlöten wird auch das Löten per Reflow mit großem Erfolg genutzt. Mit der Fertigung großer Stückzahlen in kurzer Zeit ist das Dampfphasenlöten schlichtweg überfordert. Deshalb wird je nach Aufgabenstellung zwischen beiden Systemen gewechselt.

Mein Freund, der Konkurrent

Verbund Elektroniksysteme St. Georgen GmbH (VES GmbH) ist das Gegenstück zur Simtec aus Ühlingen-Berau. Beide pflegen eine kooperative Zusammenarbeit, die darin mündet, dass sich die Simtec auf Prototypen und Kleinserien, die VES hingegen auf mittlere und große Auflagen konzentriert.

Da kann es durchaus vorkommen, dass Prototypen aus Ühlingen-Berau dann in St. Georgen in Großserie laufen. Oder auch den umgekehrten Weg nehmen. Aber nur, weil die Voraussetzungen hinsichtlich Prozessqualität und Zuverlässigkeit in beiden Fällen deckungsgleich sind. Aktuell ist das Testsystem CT250 Meteor von Simtec in einem Kooperationsprojekt im Einsatz. Blinkerrelais und Kfz-Steuergeräte werden vor der Endmontage mit den nachfolgenden Arbeitsschritten Vergießen und Bedrucken auf Herz und Nieren geprüft. Und final wird die komplette Baugruppe vergossen.

Echtzeittest unter die Lupe genommen

Professionelle Prüfeinrichtungen sollten ein großes Leistungspotenzial bieten und zugleich einfach zu bedienen sein, darüber hinaus Messergebnisse in Echtzeit produzieren. Erste Tests mit dem CT300 Satellite von Dr. Eschke Elektronik zeigten passende Resultate bei Testabdeckung, Testtiefe und Testgeschwindigkeit. Die Programmierung erfolgt ohne Hochsprachen. Zur Kontaktierung der Baugruppen wird auf Adapterlösungen diverser Hersteller zugegriffen. Welches Know-how ein Adapter erfordert, wird beispielsweise an einem Spezialadapter für In-Circuit- und Funktionstest sichtbar. In Stufe eins führt der Zweistufenadapter In-Circuit-Testaufgaben aus. Dazu sind systembedingt alle Netze einzeln zu kontaktieren. Im Prinzip ist dieser Test in Ordnung für Baugruppen mit geringer Packungsdichte, einfachen und bedrahteten Bauelementen. Werden die Baugruppen jedoch komplexer und kommen noch zweiseitig bestückte Module ins Spiel, kann die Kontaktierung auch schon mal zu größeren Herausforderungen führen.

Neben dem relativ passiven In-Circuit-Test werden auch über den aktiven volldynamischen Funktionstest die gesamte Baugruppe oder einzelne Cluster auf der Baugruppe überprüft. Bei der Entwicklung von Baugruppen spielen DFT-Regeln zur Hinführung auf den In-Circuit-Test eine wichtige Rolle. Es sollten möglichst alle Netze mit Teststiften zu erreichen sein. Bei der SMD-Technik müssen spezielle Testpunkte auf der Platine realisiert sein, um einzelne Pins oder auch Netze kontaktieren zu können. Bedrahtete Bauelemente dagegen werden auch über Lötstellen kontaktiert. Besser sind natürlich auch hier separate Testpads. Zudem sollten die Prüfflächen möglichst auf einer Seite der Platine liegen und einen Minimalabstand untereinander und zum Rand der Boards einhalten. Auch Führungsbohrungen sind zu berücksichtigen.

Für das ICT-Testprogramm lassen sich zur Prüfung von Standardbauelementen wie Widerstände, Kondensatoren, Induktivitäten, Dioden, Transistoren oder Optokoppler die Bauteile automatisch aus den Bauteillisten der CAD-Systeme einspielen. Dabei kontaktieren alle Federkontakte des Adapters den Prüfling. Erst in Stufe zwei werden dann die Prüfnadeln abgeschaltet, die bei dem nachfolgenden Funktionstest stören. So lassen sich alle funktionellen Eigenschaften des Prüflings, einzelner Bauelemente, einer kompletten Baugruppe oder eines vollständigen Geräts testen. Dabei wird der Prüfling in einen definierten Zustand gebracht, mit bestimmten Stimuli angeregt und die Reaktion getestet. So simuliert das Testsystem das Umfeld des Prüflings. Generell werden bei Simtec alle Bauteile bis ins kleinste Detail auf ihre sichere Funktion bis hin zum letzten Bit geprüft. Beim Aufbau des Testsystems und der Adaptierung wurde eine mobile Lösung gewählt. Rechner, Adapter und Monitor sitzen auf einem Arbeitstisch. Gleichzeitig wurden alle Kabel, die den Tester mit dem Adapter verbinden, so kurz wie möglich gehalten, um längere Laufzeiten und Störungen des Signals von Anfang an auszuschließen.

Module machen flexibel

Dank des Steuermoduls SM2 liegen schnell Testergebnisse vor. Mit seinem 32-Bit-RISC/DSP mit Realtime-Kernel mutiert der CT300 Satellite quasi zu einem Turbolader. Damit wird die schnelle Kommunikation mit dem Steuer-PC, die Testparametrierung, die Testablaufsteuerung, die zentrale Taktgenerierung und der Tester-Selbsttest realisiert. Das Geheimnis: Das Steuermodul verzichtet zugunsten schnellerer und einfacherer Abläufe auf komplexe Befehle wie die Kombination von Speicherzugriffen und arithmetische Befehle. Anstatt komplette Befehlssätze abzuarbeiten laufen Teilaufgaben parallel und erhöhen damit den Durchsatz. Vier DUT-Versorgungsspannungen und ein Interface für die externe Testersynchronisation inklusive der Synchronisation externer Messgeräte und eine frei programmierbare Handler-Steuer-Schnittstelle hält das Modul zusätzlich bereit.

Patternraten bis zu 280 MSteps/s bei sechzehn Stimuli- und sechzehn Acquisition-Kanälen sind möglich. Dabei ist es möglich, diese Kanäle extern oder direkt auf dem Modul zu bidirektionalen Kanälen zu verbinden. Außerdem sind die Stimuli-Kanäle Tristate-fähig. So lassen sich auf einem Modul 16 Stimuli-Kanäle und 16 Acquisition-Kanäle jeweils mit Testvektoren über 2 MSteps speichern. Die Digitalmodule DM300-32T sind gegenüber den Modulen DM300-32A um zusätzliche zwei Speicherbänke mit jeweils 2-MSteps-16-Bit-Vektoren zur Aufnahme der Vergleichs- und Maskenvektoren erweitert. Gerade mit dieser Erweiterung wird ein extrem schneller digitaler Echtzeitvergleich realisiert.

Beim Modul DM300-32A wird die Entscheidung nach der Übertragung der Pattern über einen USB2-Anschluss im PC getroffen. Alle Stimulipegel und Acquisition-Kanäle sind variabel einstellbar. Besonders hervorzuheben ist der 3-Kanal-Analog-Messbus auf dem Digitalmodul, der via Halbleiter-Relais für individuelle und speziell für das Unternehmen interessante Messungen genutzt werden kann, wie etwa Leakage, Schwellwerte, statische Pegel oder Kontaktierungstests. Zudem lassen sich mögliche digitale ASCII-Testvektoren sowohl exportieren als auch importieren. Das zentrale analoge Messmodul AM2 (System PMU), enthält einen Recorder mit komfortablen Testeigenschaften, einen Arbiträr-Generator mit 30 MSteps/s, zwei 4-Quadrantenquellen, zwei A/D-Wandler-Kanäle für Standardmessungen, einen Frequenzzähler und zwei Guarding-Verstärker. An jeden Testpunkt im Adapter kann über die Scanner-Matrix das Digital-Scope der zentralen analogen Messeinheit geschaltet werden. Das Messen von R, L, C, Dioden, Transistoren, Verstärkern mit möglichem Mehrfach-Guarding und maximal 8-Draht-Bus stellt kein Hindernis für den Tester dar.

Mit von der Partie ist auch eine papierlose Reparaturstation. Sie ist stets Bestandteil der Tester-Basissoftware und lässt sich unabhängig von der Prüfstation an jedem anderen beliebigen Platz nutzen. Konkret zeigt ein blinkendes Kreuz über dem defekten Bauteil die exakte Fehlerposition an – unterstützt von zwei roten Pfeilen, die ebenfalls genau auf den Fehler hinweisen.

Flexibler Komponententest

Das Prüfsystem CT300 Satellite von Dr. Eschke kann bei Slimtec-EMS seine Stärken ausspielen. Bei den dort gefertigten stark diversifizierten Kleinserien kommen besondere Techniken zum Einsatz, beispielsweise die Kombination aus Dampfphasen- und Reflow-Löten. Die sehr schnellen Testabläufe bei hoher Testabdeckung sorgen dafür, dass die gefertigten sicherheitskritischen Systeme mit hoher Qualität vom Band laufen.

SMT Hybrid Packaging 2013, Halle 6, Stand 314

Manfred Frank

ist freier Fachjournalist

(mrc)

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