Neben Sende- und Kommunikationsstationen, die oft im Gebirge und damit in Höhen bis 3.000 m oder mehr stehen, erfordern auch ganz normale Anwendungen oft solche Einsatzhöhen. Die Norm UL/EN 60950-1 betrachtet aber lediglich Höhenlagen zwischen Meeresspiegel-Niveau (NN) und 2.000 m über NN. Die Einsatzhöhe ist deswegen ein wichtiges Kriterium, weil Stromversorgungen wie die meisten elektronischen Geräte Luft als Medium zur elektrischen Isolation nutzen. Die Dichte von Luft und ihre Durchschlagsfestigkeit sind maßgebend für ihre Isolationsfähigkeit. Diese ist auf Meeresniveau am besten und nimmt mit zunehmender Höhe mehr und mehr ab, da hier die Luft immer dünner wird. Dabei geht ein Teil der Durchschlagsfestigkeit verloren, was eine Kompensation an anderer Stelle erfordert.
Mehr Abstand, bitte
Schaltnetzteile arbeiten bereits eingangsseitig mit hohen Spannungen (90 bis 265 V AC) und generieren intern sogar noch höhere Spannungswerte (400 V DC und mehr). Dies erfordert eine entsprechende Isolierung, sowohl um Spannungsüberschläge und Lichtbögen innerhalb der Geräte zu verhindern, als auch zum Schutz des übrigen Equipments und der Anwender. Die abnehmende Durchschlagsfestigkeit von Luft bei großen Einsatzhöhen muss deswegen durch größere Isolationsabstände ausgeglichen werden.
Beispiel: Ein typisches Standard-Design einer Stromversorgung erfordert bei 2.000 m Einsatzhöhe Abstände von 8 mm zwischen Primär- und Sekundärkreisen und 4 mm zwischen Primärseite und Masse. Diese Abstandswerte variieren abhängig von den Betriebsspannungswerten, dem Betriebstemperaturbereich, der Luftfeuchtigkeit, dem Verschmutzungsgrad und eben auch der Betriebshöhe. Bei 3.000 m Einsatzhöhe muss der Abstand um den Faktor 1,14 erhöht werden; auf 9,12 mm zwischen den Primär- und Sekundärkreisen. Bei 5.000 m sind es 11,84 mm, das entspricht einem um 48 % vergrößerten Abstand zwischen Leiterbahnen und Komponenten als bei 2.000 m.
Chinesen sind besonders streng
Stromversorgungen, die eine CCC-Zulassung (China Compulsory Certification) für den chinesischen Markt nach dem Sicherheitsstandard GB 4943.1-2011 benötigen – dieser Standard ist der UL/EN 60950 ähnlich –, müssen noch höhere Vorgaben für die Luft- und Kriechstrecken einhalten. Da viele Regionen in China sehr hoch gelegen sind, fordert der chinesische Standard seit dem 1. Dezember 2012 eine Betriebshöhe bis 5.000 m. Dies erfordert um den Faktor 1,48 erhöhte (Luft-)Abstände zwischen Primär- und Sekundärseite. Geräte, die diese Anforderung nicht erfüllen und den Einsatz damit beispielsweise nur bis 2.000 m Betriebshöhe erlauben, sind mit deutlichen Warnhinweisen zu kennzeichnen, um dennoch die CCC-Zulassung zu bekommen.
Auch die Wärmeabfuhr ist ein Problem
Neben der Thematik zu Luft- und Kriechstrecken gibt es einen weiteren wichtigen Aspekt beim Einsatz von Stromversorgungen in großen Höhen: die geringere Wärmeabfuhr in dünnerer Luft. Um trotzdem für eine ausreichende Kühlung zu sorgen, müssen Stromversorgungen in großen Höhen entweder mit reduzierter Leistung betrieben werden (Derating) oder durch zusätzliche Maßnahmen wie größerem Kühlkörper oder verstärkter Zwangsbelüftung gekühlt werden.
Für den Endanwender lässt sich folgende Empfehlung abgeben: Wenn eine Anwendung eine Standard-Stromversorgung für Industriebereiche in Höhen über 2.000 m erfordert, sollte der Anwender immer in Kontakt mit dem Hersteller treten. Dieser kann auf Basis von Tabellen zu Luft- und Kriechstrecken beurteilen, ob das Netzteil für den Einsatz in diesem Höhen grundsätzlich geeignet ist oder ob besser ein anderes Modell eingesetzt werden sollte.
Hannover Messe 2014
Halle 13, Stand C60
Udo Schweizer
(mf)