ARM-CPUs sind seit Jahren für Set-Top-Boxen, Receiver, Switches oder weiße Ware etabliert. Entsprechend verbreitet sind passende Boards und Systeme. Deren Hersteller bieten in der Regel Evaluierungsboards als Einstiegsplattformen an und für die spezifische Umsetzung des Designs dann weitere Entwicklungsdienstleistungen. Oft geht es dabei um ein Full-Custom-Design, denn viele dieser Lösungen werden in besonders großen Stückzahlen abgesetzt. Das Ökosystem funktioniert wunderbar. Allerdings verschmelzen derzeit die Technologien für Consumer Electronics (CE) und Informationstechnologien (IT): Die im CE-Bereich verbreiteten ARM-Prozessoren nähern sich der Leistungsfähigkeit eines PCs und bieten sogar eine ähnlich ansprechende Grafik. Der Funktionsumfang mag zwar kleiner sein, dafür brauchen sie auch nur 1 bis 3 W. Der enorme Absatz von Tablet-PCs belegt diesen Trend.
Auf dem Weg in die PC-Klasse dringt ARM auch in das Segment der langzeitverfügbaren, robusten Embedded-Lösungen vor. Hier hat sich für x86er-Systeme längst ein eigenes Ökosystem gebildet mit standardisierten Formfaktoren, die eine Wiederbeschaffung sicherstellen sowie Langzeitverfügbarkeit, Skalierbarkeit und Herstellerunabhängigkeit bieten. Exakt diese Vorteile will Kontron auch Kunden gewähren, die auf ARM setzen.
Standardisierte Formfaktoren
Bereits angekündigt hat Kontron Mini-ITX- und Pico-ITX-Motherboards (Bild 1) mit neuester ARM-Prozessortechnologie. Außerdem präsentiert der Embedded-Spezialist einen neuen Module-Standard, der speziell auf mobile Ultra-Low-Power-ARM- und SoC-Implementierungen abzielt (Bild 2).
Klar ist, dass ARM und Intel unterschiedliche Software voraussetzen. Ein einheitliches Betriebssystem auf beiden Plattformen kann, zusammen mit vereinheitlichten Boards, diese Unterschiede aber auf ein simples Re-Compilieren der Applikationen reduzieren. OEM-Kunden, die ein Standardsystem skalieren wollen, angefangen bei extrem stromsparenden ARM-CPUs bis hin zu leistungsstarken Intel Core-i7-Prozessoren, könnten beispielsweise mit Mini-ITX die passende Standard-Hardware-Basis erhalten. Ihre Steuerungsrechner oder Panel-PCs könnten sie dann je nach Anforderung jeweils mit einem Standardboard in der passenden Leistungsklasse bestücken.
Genau auf solche Applikationen zielt das Standardisierungsprogramm ab. Damit das auch in der Realität klappt, muss der Hardware-Hersteller Treiber und Hardwareabstraktionen in den Betriebssystemen liefern und einen standardisierten Software-Zugriff auf die Hardware bereitstellen. Die zugrundeliegende Hardware-Technologie rückt dann zunehmend in den Hintergrund.
Reduzierte Entwicklungsaufwendungen
Wer auf einen einzigen Lieferanten für alle Plattformen setzt, erhält quasi als Nebeneffekt standardisierte Entwicklungsumgebungen und Werkzeuge – auch bei einem heterogenen Produktportfolio. Das Angebot aus einem Haus ist zumeist standardisiert. Das erleichtert die Arbeit beim OEM, spart Kosten und minimiert Entwicklungsrisiken. Entwickler des einen Systems können rasch auch in den Aufbau eines anderen Systems einsteigen, so dass sich die hausinternen Ressourcen besser ausbalancieren lassen.
Auf einen Blick
Kontron will beim Einstieg in die ARM-Welt die Tugenden der x86-Embedded-Systeme weiterführen. Dazu hat der Hersteller einen eigenen Standard entwickelt, der es erlaubt, Systeme vom stromsparenden ARM bis zum leistungsfähigen Intel Core i7 zu skalieren.
Dennoch wird es auch künftig noch Unterschiede geben, denn wäre x86er-Technologie 1:1 mit ARM Technologie vergleichbar, dann wäre der Markt sowohl von dem Prozessorangebot wie auch vom Service-Portfolio längst verschmolzen und vereinheitlicht. ARM wird immer auch ein eigenständiger Markt für (Full-)Custom-Designs bleiben: Es wird weiterhin sehr dedizierte Prozessoren geben. Außerdem sind Full-Custom-Designs auch für viele Systeme nötig, die PC-nahe Funktionalität erhalten sollen.
Standardisierung und Custom-Design-Kompetenz
Die Position von Kontron im ARM-Umfeld umreißt Norbert Hauser, Executive Vice President Marketing bei Kontron: „Rund um diese neuen Prozessorgenerationen steht nun mit Kontron ein weltweit führender Anbieter im Markt, der die Schlagkraft eines Unternehmens mit sich bringt, das über 570 Millionen Euro Umsatz mit Embedded-Computern erzielt. Dies erwirtschaften wir mit Großkundenprojekten sowie mit standardisierten Baugruppen und Systemen. Und auf Basis dieses Angebots, das beispielsweise Module umfasst, die über Carrierboards ihre spezifische Erweiterung erlangen, sowie Full-Custom-Designs auf Board und Systemlevel, will Kontron den ARM-Markt verändern. Vorteilhaft ist für OEM-Kunden dabei, dass bei den serienreifen Produkten bereits eine enorme Vorarbeit geleistet wurde, sodass die Gesamtlösung deutlich über dem Niveau generischer, R&D-tauglicher Evaluation-Boards zur Funktionsvalidierung hinausreicht.“
Entsprechende Ressourcen stellt Kontron längst im Bereich Boards & More für Computer-on-Module-Designs mit Carrierboards zur Verfügung, genau so wie in allen Unternehmensbereichen, die kundenspezifische Designs von Standard-Produkten anbieten. Norbert Hauser betont: „Module und Motherboards werden übrigens an den gleichen Standorten entwickelt, an denen auch die x86er-Lösungen entstehen. Insofern können OEM-Kunden von exakt dieser langjährigen Expertise auch bei ihren ARM-Designs profitieren.“
Software gewinnt an Bedeutung
Um Entwicklern den Einstieg in die PC-nahe ARM-Technologie zu erleichtern, bietet Kontron auch umfassende Softwareservices an. Für Norbert Hauser ist das auch nötig: „Der Aufwand ist, beispielsweise in Hinblick auf die Betriebssystemintegration, mitunter beachtlich.“ Als Beispiel nennt er Android, das plattformübergreifend ein einheitliches Look & Feel liefert. Für jeden ARM-Prozessor müssen dazu aber einige Voraussetzungen geschaffen werden. Ein ARM-optimierter Linux-Kernel braucht beispielsweise Treiber für die gewünschte Peripherie sowie diverse verschiedene Patches für den Betrieb von Android.
Auf dieser Basis wird das Anwendungsframework von Android aufgesetzt. Dieses bietet über verschiedene Geräte hinweg ein einheitliches Look and Feel. Das erreicht Android, indem es einen Hardware Abstraction Layer (HAL) integriert, welcher dem Anwendungsframework die Schnittstellen zur Hardware in Form von abstrahierten Modulen präsentiert. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Hersteller der ARM-basierten Hardware gewährleisten, dass alle Komponenten jeweils als HAL-Module für die Software-Ebene verfügbar gemacht und im Anwendungsframework verankert werden. ARM-Hardwareplattform werden deshalb bei Kontron nicht mehr als Barebone, sondern zunehmend mit dem passenden Software-Support und bei Bedarf inklusive Lizenzen ausgeliefert.
Auf die Gesamtleistung kommt es an
„Viele dieser Angebote werden auch etablierte Designhäuser aufweisen können“, orakelt Norbert Hauser, und ergänzt: „Letztlich ist jedoch die Gesamtleistung des Lieferanten für den Kunden entscheidend. Kontron positioniert sich in diesem Bereich zwischen den Designhäusern, die OEM-Kunden keine Produktionsleistungen und kaum Lifecycle-Management-Lösungen anbieten können, und den asiatischen ODM-Anbietern, die Designs als Einstieg für die Produktion sehen und durch Massenfertigungen ihr Geld verdienen.“ Kontron setzt bei ARM also auf das gleiche Angebot wie in der x86er-Technologie. Hier geht es um Stückzahlen, die so groß sind, dass sie beispielsweise eine Fertigung in Asien rechtfertigen (Kontron unterhält eine solche in Malaysia), aber noch lange keine Massenware darstellen, die einmal aufgelegt, über wenige Monate produziert und dann wieder ad acta gelegt wird.
Vom Einstieg in die ARM-Welt verspricht sich Norbert Hauser viel: „Gerade weil das Produkt- und Service-Angebot optimal zusammenpassen und Full-Custom-Design-Kompetenz sowie ein umfassendes Projekt- und Product-Lifecycle-Management beinhalten, erwartet Kontron, bei ARM-basierenden Embedded-Lösungen sehr schnell Fuß fassen zu können und sich als einer der führenden Plattformanbieter etablieren zu können. Die technologische Basis haben wir bereits durch die zur Embedded World zu erwartenden Produktdesigns geschaffen.“
ARM an Board
Das passiv gekühlte Pico-ITX-Board mit Nvidia Tegra 2 (Bild 3) braucht nur 3 W. Neben 10/100 MBit Ethernet befinden sich drei USB-2.0-Ports und 16 frei konfigurierbare GPIO auf dem Mini-Board. Dazu kommen ein Steckplatz für Micro-SD-Karten sowie 512 MByte oder 1 GByte 32-Bit-DDR2-Arbeitsspeicher. Die integrierte Ultra-Low-Power-GPU Nvidia Geforce liefert ihre Grafikperformance für mobile Devices in hochwertiger Spielkonsolen-Qualität und gibt bis zu zwei HD-Videostreams (1080 p) gleichzeitig aus. Displays finden Anschluss über DVI-I für analoge und digitale Signalübermittlung sowie über DSI und einen 24-Bit-LVDS-Konverter. Für Backlight-Support stehen 5 V intern oder 12 V extern zur Auswahl. Audio wird mit SPDIF, Stereo-Line-in und Line-out sowie MIC unterstützt. Umfassende Hardwarebeschleuniger für Flash und Video-Audio-Codecs sorgen für flüssige Wiedergabe von Multimedia- und Webinhalten.
(lei)