Die einzelnen Pfeiler der neuen Pont de Recouvrance ragen 70 m in die Höhe, das neue Hubfeld mit einem Gewicht von 600 t ist 88 m lang und 15 m breit. Der Hubweg – also die waagerechte Strecke, um die die Brückentrasse sich nach oben oder unten bewegt – beträgt 26 m. Begonnen hat der Umbau der Hubbrücke bereits Anfang 2010. Im Juni dieses Jahres soll die um die Gleistrasse erweiterte, sanierte Hubbrücke eingeweiht werden. Im Fokus der Sanierung stand die Erneuerung der festen Brückenfelder – das heißt die Verbindungen mit der Fahrbahn – sowie der Brückentafel – sprich der Fahrbahn.
Das Hubfeld der Pont der Recouvrance ist an allen vier Stahlbetonpfeilern der Brücke befestigt und über einen Seilsystem mit diesen verbunden. Die Seile laufen über eine Rolle an der Spitze des jeweiligen Brückenpfeilers und halten das im Inneren des Pfeilers verlaufende Gegengewicht. Bewegen lässt sich das Hubfeld über Betätigungsseile, die sich am unteren Teil der Gegengewichte befinden.
Flexible Automatisierungstechnik sorgt für die Sicherheit
Nach der Modernisierung muss das Hubfeld der Pont de Recouvrance in Leichtmetallausführung Gehweg und Schienen aufnehmen. Trotz der Leichtmetallausführung liegt das neue Gewicht des Hubfeldes um ungefähr 100 t höher als das der alten Konstruktion. Die Konstrukteure tauschten deshalb die Seilhubmechanismen, zu denen die Seilrolle, Motoren sowie die Untersetzungsgetriebe und Trommeln gehören, aus. Sie erneuerten auch die den Zugang zur Brücke bildenden festen Brückenfelder, damit sie dem erhöhten Verkehrsaufkommen standhalten.
Eine Brückensanierung erfordert nicht nur die Überholung der Bauteile selbst, sondern auch der mechanischen und elektrischen Brückenkomponenten. Dafür wurde das französische Unternehmen Joseph Paris mit der Sanierung und Erneuerung der Brückentafel, der Hubvorrichtungen sowie der Automatisierung der Brückenanlage beauftragt. Das Unternehmen mit Sitz in Nantes ist unter anderem auf die Konstruktion von Spezialanfertigungen im Metall- und Maschinenbau spezialisiert.
Da bei der Brücke vor allem die Steuerung der Bewegungen im Mittelpunkt der Modernisierung stand, entschied sich Joseph Paris für den Einsatz des Automatisierungssystems PSS 4000 von Pilz. Dieses besteht aus mehreren Hardware- und Software-Komponenten, dem Echtzeit-Ethernet Safetynet p sowie entsprechenden Netzwerkkomponenten. Die Steuerungen basieren auf dem dezentralen I/O-System PSSuniversal. Das Automatisierungssystem sorgt in Verbindung mit dem Echtzeit-Ethernet Safetynet p für eine fehlersichere Signal- und Datenübertragung. So lassen sich sämtliche Sicherheitsvorrichtungen der Hubbrücke sicher koordinieren.
Sichere Lösungen
Bei der Pont de Recouvrance befinden sich Steuerungen in beiden Maschinenräumen – praktisch die Technikzentrale der Hubbrücke –, die sich unterhalb der Fahrbahn jeweils in unmittelbarer Ufernähe befinden. Über Safetynet p kommunizieren die Steuerungen miteinander. Überwacht wird der Zustand der Sicherheitsvorrichtungen an den beiden Brückenenden. Das Signal an der einen Sicherheitsvorrichtung wird an die am anderen Brückenende übermittelt, damit dort dieselbe Funktion ausgelöst wird, um ein einseitiges Heben der Brücke auszuschließen.
Switches sorgen dafür, dass sich die jeweilige Netzwerktopologie flexibel an das vorhandene Anlagenlayout anpassen lässt. Als Architekturen sind unter anderem Stern-, Baum- und auch Ringstrukturen möglich. So lässt sich die Verfügbarkeit des Netzwerks steigern und seine Ausdehnung vergrößern. Die eingesetzte Ringnetztopologie vereinfacht die Kommunikation zwischen den beiden Sicherheitsvorrichtungen an den Brückenenden. Ein weiterer Vorteil: Bei einer Unterbrechung der Kommunikation an einer Stelle im Ring aktiviert sich ein alternativer Kommunikationspfad über ein Standby-Kabel und gibt die Daten innerhalb der Ringtopologie ohne Unterbrechung weiter.
Datenübertragung in Echtzeit ist Voraussetzung
Ausschlaggebend für den Einsatz des Automatisierungssystems war einerseits, dass s sämtliche Daten über Position und Geschwindigkeit aller an der Bewegung des Hubfelds beteiligten Brückenteile nicht nur sicher, sondern auch in Echtzeit verarbeitet. Andererseits war entscheidend, dass sich die Daten der Encoder mit speziell zertifizierten Funktionsbausteinen lesen und verarbeiten lassen.
Die Sicherheitsschaltausgänge an den Brückenenden geben das Leitungsschütz, die sichere Abschaltung des Reglers und die Betätigung der Sicherheitsbremsen frei. Das System überwacht unter anderem den Not-Halt: In jedem der beiden Maschinenräume befindet sich je ein Not-Halt-Taster an der Vorderseite des Schaltschranks. Zudem sind weitere Not-Halt-Taster am Bedienpult auf der Brester Uferseite angebracht. Die Betätigung nur eines Not-Halt-Tasters löst eine Sicherheitsabschaltung der gesamten Brückenanlage aus. Außerdem überwacht das System die Drehzahl sicher: Bei einer Fehlfunktion der Hubkinematik löst das Automatisierungssystem eine Sicherheitsabschaltung aus. Darüber hinaus überwacht es die Ausrichtung der horizontalen Lage der Brückentafel längs und quer. Sollten Höhenunterschiede auftreten, werden diese automatisch behoben, sofern sie innerhalb der vorgegebenen zulässigen Grenzen liegen. Außerhalb dieser zulässigen Grenzen stoppt die Bewegung des Hubfelds sofort. Auch die Spannung des Seils steht unter ständiger Kontrolle: Treten Unregelmäßigkeiten auf, sei es, dass das Seil zu locker oder zu stark gespannt ist, wird dies sicher erkannt und gegebenenfalls ein sofortiger Stopp eingeleitet.
Gleiches gilt mit Blick auf die Kontrolle der Verlangsamung des Hubfelds vor dem Auflegen: Um zu verhindern, dass das Hubfeld auf den Auflagen hart aufschlägt, überwacht das Automatisierungssystem dessen Geschwindigkeit am Ende des Weges. Überschreitet es die zulässige Geschwindigkeit, löst dies eine Sicherheitsabschaltung aus. In der oberen Stellung der Brückentafel sichert eine Bremsenvorrichtung das Hubfeld, damit es sich nicht versehentlich nach unten bewegt, wenn ein Wasserfahrzeug darunter quert. Das Automatisierungssystem sorgt hier dafür, dass nach Erreichen der oberen Stellung die Bremsenvorrichtung auslöst.
Da die Sanierung der Brücke auch eine neue Schienentrasse für die Brester Straßenbahn mit einschließt, muss nun auch eine Kontrolle der Position des Hubfelds erfolgen, bevor die Straßenbahn die Brücke passieren kann. Wichtig ist, dass die Position des Hubfeldes und der Straße stabil und plan ausgerichtet ist, ansonsten wäre ein Entgleisen der Bahn möglich. Falls die übermittelten Signale nicht übereinstimmen, stoppt das Hubfeld sicher gestoppt und gibt die Schrankenanlage vor der Brücke nicht frei.
Benoit Petit
(mf)