Das Geothermie-Projekt San Jacinto Tizate befindet sich in den Cordillera de los Maribios in Ecuador, einer 70 km langen Kette aktiver Vulkane entlang des Pazifischen Feuerrings. Ideale Voraussetzungen für ein Geothermie-Kraftwerk: Im Jahr 2001 wurde die Konzession für San Jacinto Tizate und seine geschätzte Gesamtkapazität von 277 MW an die Ram Power Corporation vergeben, ein US-amerikanisches Unternehmen, das sich auf das Errichten und Betreiben von Erdwärme-Kraftwerken spezialisiert hat. Gemäß den Bestimmungen des Nutzungsvertrags für San Jacinto führt Ram Power das Projekt in zwei Phasen durch: Die bereits abgeschlossene Phase 1 hat am 2012 den kommerziellen Betrieb aufgenommen. Aktuell wird Phase 2 umgesetzt, die die Leistung um 36 MW erhöht.
Angesichts der großen Entfernungen zwischen der Leitzentrale und den Installationen im Geothermie-Feld und aufgrund der höheren Anforderungen an Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit legte das Unternehmen, zusammen mit den Konstrukteuren der Firma Power Engineers, den Schwerpunkt auf die Entwicklung eines dezentralen Steuerungssystems für den Betrieb des Kraftwerks. Das Projektteam zog dabei mehrere Alternativen in Betracht. Dazu gehörten die Ideen, einzelne Steuerungen direkt an den jeweiligen Förderpunkten zu implementieren oder eine Fernsteuerung von der Leitzentrale aus einzurichten. Beide haben die Beteiligten jedoch aus Kosten- und Zuverlässigkeitsgründen verworfen. Stattdessen installierte die Konstruktionsfirma in dem für die Leitzentrale vorgesehenen Raum eine klassische DCS-Steuerung, die über Modbus/TCP kommuniziert. Zur Anbindung der einzelnen Förderpunkte des Kraftwerks dienen Gateways. Diese erfüllen zweierlei Aufgaben: Zum einen verbinden sie die Steuerung mit dem lokalen Foundation-Fieldbus(FF)-Segment und zum anderen fungieren sie als Foundation-Fieldbus-Host für die sich an den Förderpunkten befindenden Feldgeräte.
Nach Auswertung der zur Auswahl stehenden Optionen entschied sich das Projektteam für das Gateway FG-110 FF von Softing Industrial Automation. Es unterstützt den Datenaustausch zwischen dem Leitsystem und den Feldgeräten sowie die Verbindung mit vier FF-H1-Segmenten mit insgesamt 64 Feldgeräten. Die flexible Abbildung der Modbus-Register auf die entsprechenden FF-Funktionen vereinfacht das Anbinden von verschiedenen Standardsteuerungen an das Netzwerk.
Netzwerk-Vermittler
Eine maßgebliche Rolle bei der Entscheidung des Projektteams für dieses Gerät spielte die vergleichsweise einfache Bedienung der Lösung und die Parametriermöglichkeit über die integrierte Web-Oberfläche. Das Modbus-Gateway nutzt ein Windows-basiertes FF-Werkzeug zum Konfigurieren der einzelnen Feldgeräte sowie zum Festlegen der erforderlichen Verbindungen und dem Ausführen von Function Blocks, also der Steuerungsfunktionen. Ein weiterer Vorteil des Gateways besteht darin, dass der Steuerungstechniker durch die gleichzeitige Verarbeitung der beiden Protokolle Modbus/TCP und ‚FF High Speed Ethernet‘ (HSE) die bestehende Ethernet-Infrastruktur nutzen und die Überwachungs- und Diagnoseaufgaben von der Leitzentrale aus durchführen kann. Außerdem besteht die Möglichkeit, Standard-Device-Description-Dateien (DD) für Foundation Fieldbus zu verwenden. Im Gegensatz zu den speziell angepassten DD-Dateien anderer Gateways ermöglicht das Standardformat die Einbindung aller bei der Fieldbus Foundation registrierten H1-Feldgeräte.
Nach der Installation des Gateways werden die FF-Funktionen, einschließlich ‚Control in the Field‘ (CiF), mit einer Standardsteuerung verbunden, die die Kommunikation über Modbus/TCP unterstützt. CiF überträgt die Steuerungsaufgaben an die Feldgeräte, die dazu die einzelnen Regelkreise definieren und den Datenaustausch zwischen den Function Blocks festlegen. Ein gemeinsamer Takt synchronisiert dabei den Datenaustausch zwischen den einzelnen Feldgeräten.
Unabhängig und redundant
Definition und Ausführung von CiF erfolgen gemeinsam durch die FF-Konfiguration, den FF Link Active Scheduler (LAS) und den FF Time Master. Unterstützt durch die einzelnen Feldgeräte definiert das Konfigurationswerkzeug zunächst die Kommunikationsschnittstelle für die Ein- und Ausgangsdaten, also den Datenaustausch, und legt den Plan für das Ausführen der einzelnen Function Blocks fest. Nach dem Herunterladen der Konfiguration in die verschiedenen Feldgeräte der einzelnen FF-Segmente organisiert der LAS die Kommunikation zwischen den Feldgeräten. Dadurch ist sichergestellt, dass der Datenaustausch mit den zuvor definierten Regelkreisen funktioniert. Die Rolle des LAS beschränkt sich hierbei nicht allein auf das Gateway. Vielmehr kann diese jedes kompatible Feldgerät übernehmen, was zu einer redundanten Auslegung der CiF-Funktionalität führt. Ein Time Master liefert zur Laufzeit konsistente Zeitinformationen innerhalb des FF-H1-Segments und synchronisiert auf diese Weise die Ausführung der Function Blocks.
Das CiF-Konzept eröffnet eine Reihe von Vorteilen gegenüber klassischen Steuerungsansätzen: Zum einen lassen sich durch das synchrone Ausführen der Regelkreisfunktionen in den Feldgeräten und dem synchronen Datenaustausch das deterministische Verhalten im Vergleich zu einer zentralen Steuerung erhöhen und die Reaktionszeiten verkürzen. Zum anderen erhöht das unterstützte Redundanzkonzept die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Steuerungsaufgabe. Darüber hinaus arbeitet die CiF-Anwendung eigenständig und ist damit nicht von der Verfügbarkeit der Steuerung in der Leitzentrale oder der Netzwerkverbindung zu den einzelnen Förderpunkten abhängig.
In der Steuerungsanwendung im Geothermie-Projekt San Jacinto Tizate erfassen die Sensoren die Druck-Prozesswerte zweimal, um die Vorteile der CiF-Funktionalität optimal auszuschöpfen: Der Function Block Input Selector (IS) wählt dabei den Wert mit der besseren Qualität aus und gibt nur diesen weiter. Alle Informationen erhält der Function Block PID zur Kalkulation des Eingangs. Der PID führt die eigentliche Regelungsaufgabe durch, indem er festlegt, wie weit das Ventil geöffnet wird.
Technik im Detail
Geothermie-Verfahren
Die hier beschriebenen Geothermie-Kraftwerke funktionieren mit dem sogenannten Single-Flash-Verfahren mit Kondensationsturbine. Dieses Verfahren ist das kostengünstigste und zugleich effizienteste System zur geothermischen Energiegewinnung. Beim Single-Flash-Prozess wird zwei-phasiges geothermisches Fluid (vor allem Wasser und Dampf) mit hohem Druck und hoher Temperatur in einen Niederdruck-Separator (Flash-Behälter) hinein entspannt. Der Dampf treibt eine Turbine zur Stromerzeugung an, während die verbleibende Flüssigkeit zur Wiedererwärmung in das geothermische Reservoir reinjiziert wird.
(dl)