In einer modernen industriellen Fertigung geht kaum noch etwa ohne eine Vielzahl von Software-Tools - das kann Auswirkungen auf die Verfügbarkeit haben.

In einer modernen industriellen Fertigung geht kaum noch etwa ohne eine Vielzahl von Software-Tools - das kann Auswirkungen auf die Verfügbarkeit haben. (Bild: Adobe Stock / leonidkos)

Die ehemals vom Grundsatz her getrennten Welten der Information Technology (IT) und Operational Technology (OT) wachsen im Zuge der Digitalisierung vermehrt zusammen. Grundsätzlich eine positive Entwicklung, denn daraus resultiert ein großes Potenzial zur Steigerung der Effizienz in der Produktion.

In Kürze

● Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten für Effizienz und Geschäftsmodelle.
● Zugleich entstehen dabei aber Risiken für die Systemverfügbarkeit.
● Ein orchestrierter Einsatz von Edge, Cloud und Fernwartung bietet Abhilfe.

Dem entgegen steht, dass sich aufgrund des zunehmenden Einsatzes von IT-Systemen das Risiko erhöht, ein relevantes Ziel der OT zu torpedieren: die Aufrechterhaltung der Betriebskontinuität, sprich eine Systemverfügbarkeit 24/7.

Aktuelle Ereignisse – wie ein weitreichender Ausfall von Microsofts Outlook- und Teams-Infrastruktur Anfang dieses Jahres – zeigen deutlich die Fragilität der IT-Infrastruktur, da bereits kleine Ursachen gravierende Auswirkungen haben können. Von daher ist es jetzt an der Zeit, Fragestellungen bezüglich der Sicherheit in der Produktionsumgebung – und hier vorrangig der Verfügbarkeit – einmal intensiv zu beleuchten.

Ob sich im Zuge der Digitalisierung auch ein wirklicher Mehrwert für die Produktion realisieren lässt, hängt maßgeblich davon ab, wie gut sowohl die Verantwortlichkeit als auch Aufgabenverteilung zwischen der IT- und OT-Abteilung geregelt sind.

Grundsätzlich ist deren Intention unterschiedlich: Die Kernaufgabe der IT besteht darin, Agilität und Geschwindigkeit im Sinne der Geschäftsentwicklung durch Flexibilität, Kostensenkung, Geschäftseinblick sowie IT-Sicherheit zu gewährleisten. Im Gegensatz dazu liegt bei der OT traditionell der Schwerpunkt auf Effizienz, Konsistenz, Kontinuität und erst jetzt auch auf der Sicherheit – nicht zuletzt bedingt durch die zunehmend erfolgreich durchgeführten Angriffe.

Zuständigkeiten von IT und OT nicht mehr trennscharf zu definieren

Faktisch sind im Rahmen der Digitalisierung somit die Zuständigkeiten von IT und OT nicht mehr trennscharf zu definieren. Dementsprechend ist die ehemals klare Aufteilung keinesfalls mehr direkt logisch gegeben, wie das exemplarische Beispiel zeigt: Maschinen und Anlagen sind sowohl zunehmend vernetzt als auch mit IT ausgestattet – etwa Sensoren, die permanent Produktionsdaten liefern. Diese sind einerseits notwendig zur Prozessoptimierung in der Fertigung und liefern andererseits gleichzeitig auch Anhaltspunkte für neue werthaltige Geschäftsmodelle, wie etwa die Bereitstellung von Services hinsichtlich einer optimierten Instandhaltung via Fernwartung.

Von daher hat die Konnektivität zwischen IT und OT eine hohe Bedeutung. Die Gewährleistung der Durchgängigkeit fällt teilweise in die Zuständigkeit der IT-Abteilung. Ebenso wie das Sammeln sowie die Analyse und Auswertung von bestimmten Daten, die aus der Produktion zusammengetragen werden. Da hier zunehmend KI zum Einsatz kommt, muss die IT zudem dafür sorgen, dass ausreichend leistungsstarke IT-Systeme und geeignete IT-Infrastrukturen zur Verfügung stehen.

Auf der anderen Seite ist es – unter dem Aspekt der Verfügbarkeit – notwendig, dass in der Produktion bestimmte Daten kontinuierlich zur Verfügung stehen. Zum Beispiel um aus deren Analyse kurzfristig Entscheidungen im Rahmen der Fertigungsprozesse, etwa bezüglich Werkzeugwechsel oder richtiger Werkzeugeinstellungen, treffen zu können. Die Beurteilung darüber, welche Produktionsdaten dafür erforderlich sind, liegt bei der OT-Abteilung, da nur die Mitarbeiter in der Produktionshalle über die entsprechenden Fachkenntnisse verfügen.

Risiko eines Stillstands maximal reduzieren

Ein essenzielles Ziel in der Produktion muss sein, das Risiko eines Stillstands maximal zu reduzieren – denn die Sicherstellung der Verfügbarkeit, als ein maßgeblicher Faktor der Gesamtanlageneffektivität (OEE), ist ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. Da aber die Verwundbarkeit der OT auf allen Ebenen zunimmt, stehen die Verantwortlichen vor der Herausforderung, im Rahmen der Unternehmensstrategie auch die Handhabung der Produktionsdaten auf den Prüfstand zu stellen und dafür verschiedene Konzepte zu evaluieren. Dies ist ausgesprochen wichtig, denn Daten bilden das Fundament für ein erfolgreiches wirtschaftliches Agieren, weil so unter anderem die Produktivität gesteigert oder auch eine bessere Nutzung von Ressourcen erreicht werden kann.


Somit ist es notwendig, dem Aspekt der Verfügbarkeit im Rahmen der industriellen Kommunikation via Internet eine hohe Bedeutung beizumessen und hier insbesondere der sicheren Verbindung von Maschinen und Anlagen für Fernwartung, Datenerfassung und IoT-Anwendungen. Denn die Erhebung von relevanten Daten ermöglicht unter anderem neue Dienstleistungsmodelle – etwa die Aufzeichnung und zyklische Auswertung von KPI oder Zählerständen –, die Betreiber dabei unterstützen sollen, die Effizienz ihrer Maschinen zu erhöhen. Um dieses Potenzial zu heben, bedarf es jedoch einiger strategischer Entscheidungen.

Cloud: (k)eine Lösung?

Da in der intelligenten Fabrik zunehmend mehr Daten anfallen, erscheint die Auslagerung der Daten in die Cloud als gute Lösung, da beim Cloud Computing alle Daten zentral an einem Ort sowohl gespeichert als auch verarbeitet werden und von daher jederzeit die Möglichkeit besteht, mit einem autorisierten Endgerät darauf zuzugreifen. Neben dem zentralen Management gibt es noch weitere Vorteile: die Zurverfügungstellung unbegrenzter Ressourcen sowie vielfältiger Services.

Doch trotz der offensichtlichen Vorteile sollten die – teilweise gravierenden – Nachteile nicht außer Acht gelassen werden. Insbesondere wenn die Nutzung bestimmter Daten in der Fertigung zwingend erforderlich ist, muss eine durchgängige und stabile Verfügbarkeit der Cloud gewährleistet sein. Daneben fällt der kosten- und zeitintensive Transfer großer Datenmengen negativ ins Gewicht sowie die Tatsache, dass – dem zentralistischen Prinzip folgend – auch alle unternehmenskritischen Daten in der Cloud gespeichert würden.

Der bedeutende Minuspunkt einer reinen Cloud-Strategie ist jedoch – unter dem Aspekt einer verfügbaren Bandbreite –, dass Daten meist ungefiltert und dadurch in extrem großem Ausmaß in die Cloud transferiert werden. Dort lagern sie dann entweder nur, ohne weiteren Nutzen zu stiften oder das Unternehmen lässt sie dort mehr oder weniger gut aufbereiten. Der Einsatz von Cloud Computing ist somit nur unter bestimmten Gegebenheiten sinnvoll: wenn Anwendungsfälle mit großer Nutzerzahl vorliegen oder nur ein begrenzter Bedarf an Daten in der lokalen Produktion besteht und zudem wenig sensiblen Daten generiert werden.

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Edge: das bessere Konzept?

Die Umsetzung der hohen Anforderungen bei bestimmten Prozessschritten, die eine schnelle Bereitstellung von Daten erfordern, lässt sich durch den Einsatz von Edge Computing optimal realisieren. Denn mit diesem Konzept ist gewährleistet, dass Daten am Ort der Datenentstehung anforderungsgerecht verarbeitet werden. Dies ermöglicht die unmittelbare Durchführung echtzeitnaher Analysen. Dieser Aspekt spielt wiederum auch im Sinne der Verfügbarkeit eine große Rolle und dabei stößt das Konzept der Cloud an seine Grenzen. Da Daten ein wertvolles Gut darstellen, ist im Kontext der IT-Sicherheit wichtig, dass sensible Daten im Unternehmen verbleiben und alle erforderlichen Maßnahmen, zu deren Absicherung, der eigenen Verantwortung obliegen.

Doch auch der Einsatz von Edge Technologie in der Fertigung bringt nicht nur Vorteile: Zum einen ist die Umstellung mit einigen Herausforderungen verbunden, beispielsweise unter dem Aspekt der Kompatibilität. Zum anderen dürfen keine falschen Erwartungen daran geknüpft werden, etwa dergestalt, dass damit eine Senkung der Kosten einhergeht – denn vorrangig sollte der Entschluss mit Blick auf die zu generierende Leistungssteigerung zustande kommen.

Vereint: die beste Lösung

Auflösen lässt sich das Entscheidungsdilemma zwischen Cloud und Edge Computing, indem die divergenten Ziele der beiden Konzepte optimal genutzt werden, indem die Vorteile beider Technologien je nach Bedarf bestmöglich zum Einsatz kommen. Abhängig vom Anwendungsszenario werden die Pluspunkte der Cloud genutzt – also beim Bedarf eines zentralen Managements oder zur Speicherung großer Datenmengen. Edge Technologie wird dort eingesetzt, wo notwendige Rohdaten für einen bestimmten Prozessschritt benötigt werden, um diese direkt an Ort und Stelle – also dem sogenannten „Single Point of Truth“ direkt in der Produktionshalle – auszuwerten. Die Entscheidung darüber, ob nur die aggregierten Daten in die Cloud transferiert werden sollen, ist immer unter Sicherheits- und Kostenaspekten zu fällen.

Um die hohen Anforderungen, die an die Leistungsfähigkeit von Unternehmen gestellt werden, zu meistern, müssen IT und OT unbedingt an einem Strang ziehen. Das bedeutet, Stärken und Schwächen der jeweils anderen Abteilung zu kennen als auch anzuerkennen und permanent im Austausch zu bleiben, um gut operativ zusammenarbeiten zu können. Dies erfordert, dass der jeweilige Verantwortungsbereich bezüglich der Anforderungen im Sinne der Verfügbarkeit klar definiert sowie die Zuständigkeiten eindeutig zugeordnet werden.

Verfügbarkeit: gut mit Fernwartung

Ein weiterer Knackpunkt im Sinne der Verfügbarkeit ist die Instandhaltung der Anlagen durch den Maschinenbauer. Ein entsprechendes Wartungsangebot kann zum einen darauf abzielen, mit vorbeugenden Maßnahmen Ausfälle zu vermeiden oder zum anderen im Hinblick darauf, einen aufgetretenen Fehler schnellstmöglich zu beheben.  

Beides lässt sich durch Fernwartung sicherstellen: Mit Predictive Maintanance ist eine kontinuierliche Überwachung des Maschinenzustands seitens der Maschinenbauer gewährleistet, sodass diese vorausschauend agieren und beispielsweise eine Wartung durchführen können, bevor der Ausfall einer Komponente einen Stillstand verursacht. Im Falle des Ausfalls einer Maschine können Fehler und Störungen in der Produktion schnellstmöglich behoben werden, da eine langwierige Terminkoordinierung für die Anreise zwischen Betreiber und Servicetechniker entfällt.

Doch unabhängig von dem jeweiligen Ansatz ist es notwendig, dass die Fernwartung zwischen dem Maschinenbauer und Anlagenbetreiber sicher gestaltet und die Verfügbarkeit garantiert werden kann. Dies lässt sich realisieren, indem dafür ein vertrauenswürdiges Ökosystem genutzt wird, Der Vorteil hierbei ist, dass in diesem alle Komponenten aufeinander abgestimmt werden können – vom Router in der Maschine bis hin zur Fernwartungsinstanz. Damit lassen sich alle relevanten Kriterien erfüllen:

  • Werden die Server durchgehend 24/7 überwacht?
  • Existieren Ausfallpläne für eine schnelle Wiederherstellung im Störungsfall?
  • Sind Prozesse definiert für das sichere Einspielen von Sicherheitsupdates und Patches?
  • Gibt es ein valides Konzept, um geringe Zugriffszeiten garantieren zu können?
Siegfried Müller, Vice President Advanced Technologies bei der MB Connect Line GmbH
Siegfried Müller (Bild: MB Connect Line)

Siegfried Müller

... ist Vice President Advanced Technologies bei der MB Connect Line GmbH

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