Wer den richtigen Roboter finden will, sollte sich die Spezifikationen genau anschauen.

Wer den richtigen Roboter finden will, sollte sich die Spezifikationen genau anschauen. (Bild: Robotiq)

Der beste Roboter auf dem Markt mit der umfangreichsten Ausstattung und den stärksten technischen Werten ist nicht unbedingt der ideale Roboter. Unternehmen brauchen ein Modell, das die jeweils geforderte Anwendung am effektivsten automatisiert. Ein Roboter, der mit nicht benötigtem ‚Schnickschnack‘ ausgestattet ist, kann sogar Probleme verursachen: Etwa, wenn er so komplex ist, dass er die Belegschaft in der Zusammenarbeit und der Programmierung überfordert oder wenn er so viel Platz einnimmt, dass er andere Arbeitsprozesse stört. Einige Punkte sollten daher bei kollaborierenden Robotern oder kurz Cobots (collaborative robots), vor der Integration analysiert werden:

Tragkraft
Unternehmen müssen wissen, welche Lasten der Roboter für die zu automatisierende Anwendung heben kann. Auch das Gewicht des jeweiligen Werkzeugs sollte in die Bewertung einbezogen werden. Auf dem Markt sind Tragkräfte von 0,5 bis 35 kg üblich.

Reichweite
Die Reichweite bezeichnet die maximale Distanz, innerhalb derer ein Roboter Aufgaben verrichten kann. Eng damit verknüpft sind andere Spezifikationen wie zum Beispiel die Reichweite der Achsen, die Anzahl der Freiheitsgrade und andere mechanische Details. Besonders wichtig ist die Reichweite bei Anwendungen wie der Maschinenbeschickung, wo der Roboter außerhalb einer weiteren Maschine fixiert ist, diese aber im Arbeitsprozess erreichen muss, um ihr Teile zuzuführen. Die derzeit auf dem Markt erhältliche Tragkraft reicht von 500 bis 1 800 mm

Wiederholgenauigkeit
Viele verwenden den Begriff der Wiederholgenauigkeit in Verbindung mit dem Begriff der Präzision. In Kollaborationsanwendungen wird ein Roboter benötigt, der seine Bewegungen stetig und innerhalb eines klar definierten Bereichs ausführen kann. Dabei kommt es weniger auf möglichst hohe Präzision an, als vielmehr auf eine möglichst geringe Streuung in der dauerhaften Anwendung – die Wiederholgenauigkeit. Grundsätzlich lässt sich eine schwächere Wiederholgenauigkeit jedoch durch mechanische Sperren oder Kraftmessung ausgleichen. Beide Methoden sorgen für eine genaue Positionierung der zu bewegenden Teile und damit eine hohe Wiederholgenauigkeit. Die Spannweite, der auf dem Markt erhältlichen Wiederholgenauigkeit reicht von ±0,1 bis 0,2 mm.

Einfache Programmierung
Auch Werker ohne weitreichende Fachkenntnisse sollten die Roboter programmieren können. Anders als die Sicherheit steht eine intuitive Benutzerführung jedoch bei wenigen Herstellern ganz oben auf der Agenda. Auf den Webseiten der Hersteller erhalten Anwender einen guten ersten Eindruck, welche Robotermodelle sich wie programmieren lassen. Nach der Theorie wird es dann Zeit für den Live-Test: Entscheider sollten sich vor dem Kauf selbst einen Eindruck verschaffen und zum Beispiel mit einem Händler oder Hersteller eine einfache Pick-and-Place-Anwendung programmieren. Im Idealfall probiert dies auch der künftige Bediener. Nur so kann das Unternehmen feststellen, ob die später zuständige Person in der Lage ist, den Roboter zu programmieren.

Sicherheit
Häufig ist zu hören, dass die Sicherheitsvorrichtungen kollaborierender Roboter von Kraft- und Geschwindigkeitsgrenzwerten bestimmt sind – oder sein sollten. In der Realität sind Informationen zu solchen Werten jedoch überaus rar. Viele Hersteller geben sie auf dem Datenblatt nicht an, manche nicht einmal im Handbuch. Häufig bleibt offen, welche Kräfte der Roboter tatsächlich anwenden kann. Die einzigen Sicherheitshinweise, die immer bekannt sind, sind Zertifikate von Drittparteien oder vom Roboter erfüllte ISO-Standards. Dies geht darauf zurück, dass ein Roboter immer im Kontext seiner Umgebung und des jeweiligen Endeffektors betrachtet und bewertet werden sollte. Denn ein Roboterarm ist eine unvollständige Maschine. Das weite Feld an möglichen Anwendungssituationen macht allgemeingültige, definitive Zahlen im Sicherheitsbereich unrealisierbar. Eine individuelle Risikoeinschätzung ist also unumgänglich und von zentraler Bedeutung für eine sichere Roboteranwendung.

Weitere bedeutsame Kriterien

Es existieren viele weitere Spezifikationen, die bei der Integration von Robotern wichtig sind. Im Folgenden sind daher einige aufgeführt, die im Normalfall bei jedem kollaborierenden Roboter angegeben werden.

Gewicht
Entscheidend bei seiner Positionierung ist das Gewicht eines Roboters. Ein Leichtbauroboter ist oft einfach zu installieren. Anwender können ihn zum Beispiel auf einen Tisch stellen oder an weitere Maschinen anschließen, ohne gleich den gesamten Aufbau zu destabilisieren. In einigen Fällen benötigen Betriebe den Roboter vielleicht an verschiedenen Plätzen innerhalb der Produktionsstätte. Dann sollte sich der Roboter auf einer mobilen Konstruktion befinden und möglichst von nur einer Person bewegen lassen. Ein sehr schwerer Roboter sollte dagegen bei gewissen Anwendungen auf dem Boden oder an einer anderen robusten Konstruktion fixiert werden, um sicherzustellen, dass bei maximaler Tragkraftauslastung alles an seinem Platz bleibt. Das aktuell auf dem Markt erhältliche Gewicht reicht von 6 bis 990 kg.

Geschwindigkeit
Während die Durchlaufzeit bei herkömmlichen Industrierobotern bedeutend ist, tritt sie bei kollaborierenden Robotern eher in den Hintergrund. Die meisten Cobots arbeiten zwar mit einer beachtlichen Geschwindigkeit, halten aber in dieser Disziplin längst nicht mit den klassischen Robotern mit. Das brauchen sie auch nicht: Schließlich soll der Roboter die Geschwindigkeit des Menschen nicht unbedingt übertreffen, sondern sich ihr anpassen. Die Geschwindigkeit wird entweder in Strecke pro Zeit (Meter/Sekunde) oder in Umdrehungen pro Zeit (Grad/Sekunde) angegeben.

Support des Herstellers
Meist unterschätzt, kann ein guter Support ausschlaggebend für eine erfolgreiche Roboterintegration sein. Integratoren in Unternehmen sollten sich nicht nur ein Urteil über den Roboter bilden, sondern auch über den Anbieter und seinen Kundenservice.

Spezifikationen des Endeffektors

2-Finger-Greifer beim Produkttest.

2-Finger-Greifer beim Produkttest. Robotiq

Der Endeffektor ist das Werkzeug, das letztendlich die Aufgaben ausführt, für die der Roboter installiert wurde. Man kann sich den Endeffektor auch als die ‚Hand‘ des Roboters vorstellen. Manche Cobots verfügen bereits über integrierte Endeffektoren, die verschiedene Anwendungen abdecken. Soll der Roboter aber mit Werkstücken hantieren, die sehr komplex oder unterschiedlich sind, wird die Standardausstattung mit einem Kniff aus zwei Metallteilen der Applikation vermutlich nicht mehr gerecht werden. Auch hier sollten Anwender also genau hinschauen. Mögliche Greifapplikationen sind Montage, Maschinenbeschickung/-entschickung, Verpackung/Entpackung, Palletierung/Entpalletierung und der Transfer von Werkstücken.

Tragkraft des Greifers
Welche Objekttypen der Greifer aufnehmen kann, hängt davon ab, welches Gewicht er aushält. Der Endeffektor stellt hier ein begrenzendes Element der Roboterzelle dar: Ein Roboterarm mit einer Tragkraft von 100 kg wird nicht mehr als 5 kg tragen können, wenn der Greifer auf diesen Wert begrenzt ist.

Spannkraft
Die meisten Endeffektoren sind nicht im Stande, Umgreifbewegungen auszuführen. Die einzige Kraft, die das Objekt in den Greiffingern hält, ist daher die, die auf das Objekt ausgeübt wird. Während bei leichten oder zerbrechlichen Teilen wichtig ist, dass die Greifkraft nicht zu hoch ist, können sehr sperrige Teile auch erfordern, dass die Spannkraft maximal genutzt wird. Manche Greifer, wie Robotiqs adaptiver 2-Finger-Greifer, verfügen über eine Greifkraftregelung, mit der sich der Endeffektor immer auf das zu bearbeitende Objekt einstellen lässt.

Aufgrund der Bandbreite an Spannkrafteinstellungen ist es schwierig, hier eine klar begrenzte Skala anzugeben. So kann der genannte 2-Finger-Greifer beispielsweise Kräfte von bis zu 200 N erreichen – mit 256 Einstellungen. Das entspricht einer Schrittweite von 0,78 N. Zu beachten ist auch, dass ein druckluftbetriebener Greifer seine Spannkraft beispielsweise abhängig vom Umgebungsluftdruck ändert.

Greiferhub
Der Hub ist die maximale Spannweite zwischen den Fingern des Greifers. Diese Spezifikation grenzt die Größe der zu greifenden Teile ein. Sollte der Hub nicht auf dem Datenblatt angegeben sein, sollten Anwender nachhaken, ob der Greifer die anzupackenden Teile aufnehmen kann oder nicht.

Greifergewicht
Ebenfalls wichtig, ist das Gewicht des Greifers, weil es sich direkt auf die Tragkraft des Roboterarms auswirkt. Wenn der Roboter 5 kg tragen kann und der Greifer 0,8 kg wiegt, so ist noch eine Tragkraft von 4,2 kg für das zu greifende Objekt verfügbar. Obwohl die Möglichkeiten durch diese Spezifikation nachhaltig beeinträchtigt werden können, wird sie häufig ignoriert.

Integrationsfähigkeit/Benutzerfreundlichkeit
Vorprogrammierte Abläufe und eine intuitive Benutzeroberfläche erleichtern den Betriebsalltag. Ein Widget, das in der Robotersteuerung von Robotiq-Greifern enthalten ist, unterstützt Anwender beispielsweise dabei, den Greifer in Roboterarme zu integrieren – nicht nur auf Mechanik-, sondern auch auf Programmierebene. In Zeiten von Day-to-day-delivery und individualisierten Aufträgen müssen sich Produktionsprozesse oft tagesaktuell anpassen. Benutzer- und integrationsfähige Roboterarme und Greifer sparen dabei Zeit und Geld.

Kraft-Momenten-Sensor

Kraft-Momenten-Sensor FT 300

Kraft-Momenten-Sensor FT 300 Robotiq

Kraft-Momenten-Sensoren verleihen Robotern einen ‚Tastsinn‘. Damit sind sie in der Lage, eine präzise Teilebestückung, automatisierte Montage oder Qalitätsprüfung durchzuführen.

Die Sensoren sind mit Software für Universal Robots, Linux, Windows und ROS verfügbar und kompatibel mit verschiedenen Industrie­robotern, zum Beispiel Yaskawa Motoman, Fanuc oder ABB.

Das Sensor-Modell FT 300 misst im Bereich von ±300 N bis ±30 Nm. Der Aussendurchmesser beträgt 75 mm und die Datenausgabegeschwindigkeit liegt bei 100 Hz.

Samuel Bouchard

ist CEO und Mitgründer von Robotiq.

(mns)

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