Die Baureihe W22 deckt die Effizienzklassen bis IE4 ab. Darüber hinaus wurden mit der Plattform auch Motoren entsprechend der noch nicht verabschiedeten Energieeefizienzklasse IE5 realisiert.

Die Baureihe W22 deckt die Effizienzklassen bis IE4 ab. Darüber hinaus wurden mit der Plattform auch Motoren entsprechend der noch nicht verabschiedeten Energieeefizienzklasse IE5 realisiert.WEG

Zentrale Bedeutung in den Forschungs- und Entwicklungsstrategien der Motorenhersteller haben Standard-Drehstromasynchronmotoren. Der Grund: Dieser Motorentyp ist für rund 30 % des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich. Angesichts dieser Zahl wird auch die Bedeutung jeder Effizienzsteigerung klar, egal wie marginal sie auch sein mag. Ebenso treiben die gesetzlichen Vorgaben das Streben nach mehr Effizienz voran. So zum Beispiel die EU-Ökodesign-Richtlinie von 2011, die einen Rahmen für die Festlegung gemeinschaftlicher Ökodesign-Anforderungen für energieverbrauchsrelevante Produkte in Europa schafft. Die Ausführungsrichtlinie EC 640/2009 legt verpflichtende Effizienzklassen für verschiedene Leistungsklassen von Niederspannungs-Drehstrom-Asynchronmotoren fest. Aktuell steht eine weitere Verschärfung der Effizienzkriterien im Rahmen der Motorenrichtlinie kurz bevor: Mit Stichtag 1. Januar 2015 müssen erstmalig in den Verkehr gebrachte Standardmotoren mit einer Nennausgangsleistung von 7,5 bis 375 kW mindestens die Wirkungsgradklasse IE3 einhalten.

IE2-Motoren sind dann nur noch in Verbindung mit einer Drehzahlregelung per Frequenzumrichter zulässig. Für kleinere Motoren gilt eine Übergangsfrist: Ab 2017 gilt diese Regelung dann auch für Antriebe mit Leistungen ab 0,75 kW. Und das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht: Seit Juni 2014 sind die Spezifikationen für die Energieeffizienzklasse IE4 (Super Premium Effizienz) offiziell in den Entwurf der Norm IEC 60034-30-1 aufgenommen.

Aber auch ohne diese Vorschriften erwarten Anwender immer effizientere Elektromotoren. Vorangetrieben wird diese Entwicklung einerseits von der aktuellen Debatte um den Klimawandel und andererseits von den volatilen Energiepreisen, die nur eine Richtung kennen: nach oben. Was also können Motorhersteller wie WEG tun, um die Verluste bei Drehstromasynchronmotoren soweit zu senken, dass Motoren den in der Energieeffizienzklasse IE4 definierten Wirkungsgrad erreichen?

Auf Spurensuche: Wo entstehen die Verluste

Die Joule-Verluste in der Statorwicklung reduziert WEG durch einen Mix aus längerem Stator, geringerer Windungszahl der Wicklungen und ­einem größerem Drahtquerschnitt.

Die Joule-Verluste in der Statorwicklung reduziert WEG durch einen Mix aus längerem Stator, geringerer Windungszahl der Wicklungen und ­einem größerem Drahtquerschnitt.WEG

Um einen Motor mit höherem Wirkungsgrad zu konstruieren, muss man zunächst verstehen, wo die Verluste auftreten. Bezogen auf IE3-Motoren müssen bei einem Motor, der die Energieeffizienzklasse IE4 einhalten soll, die Verluste nochmals zwischen 10 und 24 % verringert werden.

Genau zu wissen, wo die Verluste entstehen, ist der Schlüssel zu deren Reduktion. Bei einem vierpoligen IE4-Asynchronmotor mit 30 kW Leistung (Baureihe W22) sind das:

  • Joule-Verluste in der Statorwicklung 43,7 %,
  • Eisenverluste 26,7 %,
  • Joule-Verluste im Rotor 20,4 %,
  • mechanische Verluste 3,53 %,
  • Oberwellenverluste 0,67 % und
  • Zusatzverluste 4,91 %.

Das zeigt deutlich wo der Hebel anzusetzen ist: Joule- und Eisenverluste haben oberste Priorität.

Das Kreuz mit den Wechselwirkungen

Allerdings erhöht die Reduzierung der einzelnen Verluste tendenziell die Gesamtkosten des Motors. Außerdem können Maßnahmen zur Senkung der mechanischen Verluste in einigen Fällen den Temperaturanstieg verstärken. In anderen Fällen sind auch Anlaufstrom, Anlaufmoment oder Leistungsfaktor betroffen.

Die Herausforderung bei der Entwicklung der IE4-Asynchronmotorenreihe bestand daher darin, die Verluste zu reduzieren und gleichzeitig die Kostensteigerung auf ein Minimum zu beschränken. Darüber hinaus galt es, die Leistungsfähigkeit des Motors insgesamt zu verbessern, nicht nur hinsichtlich des Wirkungsgrads, sondern auch hinsichtlich ­Geräusch- und Vibrationsentwicklung, Temperaturanstieg, Anlaufstrom und -moment und Leistungsfaktor.

Prio 1: Joule-Verluste in der Statorwicklung

Simulations-Sequenzen der Aluminium-Guss-Läufernuten: Die Präzision beim Gießen beeinflusst die Höhe der Verluste.

Simulations-Sequenzen der Aluminium-Guss-Läufernuten: Die Präzision beim Gießen beeinflusst die Höhe der Verluste.WEG

Ihrem Anteil entsprechend standen die Joule-Verluste in der Statorwicklung (pj1) bei WEG ganz oben auf der Liste. Um diese Verluste zu senken gibt es nur eins: den Widerstand der Wicklungen reduzieren. Dies lässt sich im Wesentlichen auf zwei Arten erreichen: durch größere Drahtdurchmesser oder mittels eines längeren Stators. Dabei gibt es wiederum verschiedene Optionen.

Im Falle dickerer Drähte kann die Anzahl an Windungen beibehalten oder auch reduziert werden. Bei gleicher Windungszahl erfordert dies Verbesserungen im Fertigungsprozess, da der höhere Füllfaktor das Einsetzen der Wicklungen in die Statornuten erschwert. Wenn das Statorblech des Motors neu gestaltet wird, lassen sich die Statornuten vergrößern. Der Preis, den man hierfür zahlt, sind ein schmalerer Statorzahn beziehungsweise Statorkern. Dies erhöht wiederum die magnetische Flussdichte in diesen Bereichen, was zwangsläufig die magnetischen Verluste steigert.

Bei einer geringeren Windungszahl entstehen zwar keine Fertigungsprobleme, jedoch steigt der magnetische Fluss – und damit auch die Eisenverluste. Werden sowohl Statorlänge als auch Drahtdurchmesser erhöht, die Anzahl der Windungen reduziert und die ursprüngliche Größe der Statornuten beibehalten, reduziert dies zwar die Verluste, aber die Kosten für den elektrischen Leiter und das Blech steigen.

Wenn nur die Statorlänge erhöht wird, steigen die Kosten für Leiter und Blech. Der Statorwiderstand steigt und damit auch die Joule-Verluste. Dies kompensieren wiederum die geringeren Eisenverluste aufgrund der niedrigeren magnetischen Flussdichte. Die Leistungsdaten des Motors bleiben die gleichen, da sich der magnetische Fluss nicht geändert hat.

An jedem Rädchen gedreht: Durch konstruktive Maßnahmen an Lüfter und Lüfterhaube lassen sich die mechanischen Verluste und die Geräuschemission reduzieren.

An jedem Rädchen gedreht: Durch konstruktive Maßnahmen an Lüfter und Lüfterhaube lassen sich die mechanischen Verluste und die Geräuschemission reduzieren.WEG

Ein längerer Stator hat einen weiteren positiven Effekt: Die Wärmeübertragungsfläche von der Statoroberfläche zum Rahmen wird größer. Aus diesem Grund ist der Temperaturanstieg bei einer Belastung langsamer und es wird weniger Energie vom Belüftungssystem benötigt.

Prio 2: die Eisenverluste

Eisenverluste (pfe) tragen nicht unerheblich zu den Gesamtverlusten eines Asynchronmotors bei. Die naheliegende ­Lösung zur Senkung der Eisenverluste eines Asynchronmotors besteht in der Verwendung von höherwertigen, verlustärmeren Blechschnitten aus Siliziumstahl und dünneren Blechen. Das Problem: Dies hätte eine dramatische Kostensteigerung des Motors zur Folge. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die magnetische Flussdichte zu reduzieren. Aber auch dadurch steigen die Kosten für das Blech aufgrund der größeren Menge an magnetischem Material. Denn die Leistungs­daten des Motors müssen gleich bleiben. Dennoch gibt es Möglichkeiten, die Eisenverluste zu reduzieren.

Probleme können entstehen, wenn zur Berechnung der Eisenverluste Software eingesetzt wird, die Magnetisierungskurven (B/H-Kurve) nutzt, die auf Messungen in einem sogenannten Epstein-Rahmen basieren. Dieses Verfahren ist ungenau, weil das magnetische Flussverhalten eines Prüfkörpers in einem Epstein-Rahmen anders ist als in einem realen Motor.

Daher entwickelte WEG zur korrekten Bestimmung der Blecheigenschaften eine dreiphasige, elektromagnetische Vorrichtung, mit der sich ein magnetischer Fluss generieren lässt, der dem realen magnetischen Fluss eines Elektromotors entspricht. Mit diesem Gerät können die magnetischen Verluste im Stator unter Berücksichtigung der Geometrie des Blechs und der umlaufenden Komponente des Magnetfelds bestimmt werden. Im Unterschied zum Spulenring-Test erlaubt diese Vorrichtung die Bestimmung der gesamten magnetischen Verluste im Stator einschließlich der Verluste im Joch und im Statorkern.

Prio 3: Joule-Verluste im Rotor

Die Joule-Verluste im Rotor (pj2) sind nicht nur durch die Leitfähigkeit der Rotorstäbe bedingt. Auch deren Form und die Konstruktion der Kurzschlussringe spielen eine Rolle, wobei sich bestimmte Formen bereits als Best Practice weitgehend durchgesetzt haben.

Das Problem besteht nicht in der korrekten Auslegung des Rotorkäfigs, sondern darin, die zahlreichen negativen Einflüsse im Rahmen der Fertigung zu vermeiden. Um die Widerstandsverluste des Aluminiumgusskäfigs zu reduzieren, ist eine Simu­lations-Software notwendig, welche die Qualität der Rotornuten sowie die Füllung der Kurzschlussringe und die Korrelation dieser Parameter zu den einzelnen Prozessparametern während des eigentlichen Gießvorgangs analysiert.

Ein weiterer Aspekt, der bei den Joule-Verlusten im Rotor berücksichtigt werden muss, hat mit der Leitfähigkeit der Rotorstäbe und Kurzschlussringe zu tun, speziell mit den Vor- und Nachteilen von druckgegossenem Kupfer oder Aluminium. WEG führte 2011 eine Studie durch, bei der die Möglichkeit der Fertigung von Niederspannungs-Käfigläufer-Asynchronmotoren aus gegossenem Kupfer anstelle des üblichen Aluminiums untersucht wurde. Das Ziel: Zu prüfen, ob dies eine Alternative sein könnte den Wirkungsgrad zu erhöhen und die Kosten zu senken. Die Studie zeigte, dass ein druckgegossener Kupferkäfig bei industriellen Drehstrom-Asynchronmotoren nur dann wirtschaftliche Vorteile hat, wenn der Kupferpreis (Preis/kg) maximal 10 % über dem Preis von Aluminium liegt.

Prio 4: mechanische Verluste

Bei der Auslegung der Ständerblechpakete verlässt sich WEG nicht auf Simulations-Software, sondern bildet mit einem Prüfsystem die magnetischen Verhältnisse von Motoren präzise nach.

Bei der Auslegung der Ständerblechpakete verlässt sich WEG nicht auf Simulations-Software, sondern bildet mit einem Prüfsystem die magnetischen Verhältnisse von Motoren präzise nach.WEG

Eine gute Belüftung ist der Schlüssel zur Senkung der mechanischen Verluste (Pmech), insbesondere bei zweipoligen Motoren. Aufgrund seines ohnenhin hohen Wirkungsgrads hat ein IE4-Motor an sich bereits einen geringen Bedarf an Wärmeabfuhr. Dennoch wurde im Hinblick auf die Senkung der mechanischen Verluste das Belüftungssystem der W22-Baureihe verbessern. Ein positiver Nebeneffekt: Der Geräuschpegel sinkt ebenfalls. Dabei spielt unter anderem die Geometrie der Kühlrippen eine Rolle. Die Höhe der Rippen und deren Abstand untereinander müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Auch die Position des Klemmkastens wurde so gewählt, dass er die Luftströmung nicht behindert. Außerdem wurde auch das antriebsseitige Lagerschild mit Kühlrippen ausgestattet, um die durch die Reibung der Lager entstehende oder über die Welle aus dem Motor­inneren nach außen übertragene Wärme besser abzuführen.

Schnittdarstellung des Prüfsystems mit in den Rotor eingebauter Prüfvorrichtung (rechts)

Schnittdarstellung des Prüfsystems mit in den Rotor eingebauter Prüfvorrichtung (rechts)WEG

Jede Maßnahme hat Auswirkungen auf die Leistungsdaten, die Kosten und die Anwenderfreundlichkeit des Motors. Deshalb ist es wichtig, sorgfältig die Anforderungen zu prüfen, bevor Änderungen implementiert werden. Fest steht: Asynchronmotoren können bei optimaler Konstruktion und Fertigung die Energieeffizienzklasse IE4 erreichen. Das zeigen die Niederspannungs-Asynchronmotoren der Baureihe W22. Diese rechnen sich vor allem bei energieintensiven Anwendungen mit konstanter Last beziehungsweise Drehzahl, bei denen nicht mit Umrichtern gearbeitet wird. Die IE4-Motoren gibt es auch in explosionsgeschützter Ausführung. Noch einen Schritt weiter geht WEG mit den IE5-Motoren – dann allerdings mit Permanentmagneten im Rotor. Damit wird ein Wirkungsgrad von 96,6 % erreicht – gegenüber den Super Premium Modellen (IE4) nochmals rund 20 % geringere Verluste. Diese Motor­varianten entsprechen den bislang formulierten Kriterien einer möglichen Energieeffizienzklasse IE5.

Sebastião Lauro Nau

arbeitet in der Motorenentwicklung bei WEG in Brasilien.

(sk)

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