Bislang wird diese Aufgabe entweder mit einem Kamerasystem gelöst oder mit einem Sensor am Roboterarm, der die Steckplätze im Werkstückträger einzeln nacheinander abfährt. Die erste Lösung ist technisch aufwendig, die zweite verlängert die Prozesszeit.
Die Idee für eine effiziente Belegungserfassung auf einem Mehrfach-Werkstückträger mittels intelligenter Lichtschranken stammt von dem Sensorhersteller Sick. Sie verfügen über eine sogenannte Load-Mapping-Funktion. Der Charme dieser Lösung ist einerseits der geringe Integrations- und Kostenaufwand und andererseits, dass die Belegung des Werkstückträgers während des Zuführprozesses in die Montagezelle erfasst und dann direkt an die Robotersteuerung ausgegeben wird. Der Fertigungsprozess wird so nicht aufgehalten. Verwirklicht hat Sick dieses Konzept in einer seiner eigenen Fabriken, in einer Roboterzelle zur Sensormontage in der ‚4.0 NOW Factory‘ in Freiburg-Hochdorf.
Flexible Fertigung erfordert schnelle Teilebereitstellung
In der 4.0 NOW Factory ist die vernetzte, smarte Fabrik mit autonomen, digitalen Produktions- und Steuerungsprozessen bereits Realität. Dort werden in zwölf vollautomatisierten und vernetzten Produktions-Technologie-Modulen (PTM) unterschiedliche elektronische Bauteile in individuellen Losgrößen gefertigt. Dies setzt höchste Flexibilität und Sicherheit bei der fertigungsnahen Teilebereitstellung voraus.
Eck-Daten
- Der Sensorhersteller Sick hat eine vergleichsweise einfache und kostengünstige Methodik entwickelt, um die Belegung eines Werkstückträgers zu ermitteln.
- Dabei erfassen Lichtschranken, welche Steckplätze in einem Mehrfach-Werkstückträger mit dem Werkstück belegt und welche leer sind.
- Die Auswertelektronik für die Lichtschranken wird Load Mapping genannt.
- Der Hersteller hat diese Lösung in einem seiner eigenen Werke verwirklicht.
In dem PTM zur Bestückung von Sensorgehäusen mit Elektronik-Karten werden die Elektronik-Karten in einem Trägersystem bevorratet; die Karten ermöglichen die Bedienung der Sensoren. Trifft ein Produktionsauftrag über das Netzwerk ein, wird der erforderliche Träger aus dem Vorratsspeicher in die Roboterzelle transportiert. Aufgrund vorangegangener Aufträge, für die ein und derselbe Träger unter Umständen mehrfach ein- und ausgelagert wird, kann dieser unterschiedlichste Füllungsgrade, Restmengen und Beladungsmuster aufweisen. Damit der Roboter schnell und zielsicher zugreifen kann, muss er eine Information erhalten, an welcher Stelle im Träger eine Elektronik-Karte vorhanden ist.
Dies geschieht mithilfe von Lichtschranken, hier mit der Produktfamilie WTB4S-3 mit integrierter Load-Mapping-Funktionalität. Sie sind über der Einlaufstrecke der Träger in den Arbeitsbereich des Roboters montiert. Jede der fünf Lichtschranke erfasst beim Einfahren eine komplette Steckplatzreihe. Sie detektiert aufgrund der Lichtreflektion, ob der Steckplatz für die Elektronikkarte im Tray besetzt ist oder leer.
Das dabei entstandene Detektionsmuster übersetzt die Auswertelektronik (Smart Task) der Lichtschranke dynamisch in eine Bitmaske, welche die Bestückungssituation dieser Steckplatzreihe widerspiegelt, und zwar ‚0‘ für einen leeren Steckplatz und ‚1‘ für einen belegten, zugriffsgeeigneten Steckplatz. Der Vorgang findet zeitgleich in allen fünf installierten Lichtschranken statt. Diese dezentrale Lösung ergibt so ein vollständiges ‚Bild‘ der Gesamtbelegung des Trays. Die Steuerung des Roboters erhält auf diese Weise von den Lichtschranken die Informationen, an welchen Stellen Elektronik-Karten vorhanden sind und setzt diese in Greifkoordinaten um. Dabei geht keine wertschöpfende Zeit verloren, denn die Bestückungsprüfung erfolgt simultan mit der Einfahrt des Trays in die Roboterzelle – und nach Auftragsende auch bei der Ausfahrt zurück in den Vorratsspeicher.
Load-Mapping bei komplexeren Anwendungen
Die Load-Mapping-Funktionalität steht nicht nur für die hier eingesetzte Produktfamilie WTB4S-3 zur Verfügung, sondern für alle smarten IO-Link-Lichtschranken des Herstellers. Dadurch können auch größer dimensionierte Trays und Ladungsträger ausgewertet oder Sensoren mit höheren Arbeitsabständen montiert werden – ganz so, wie es die jeweilige Anwendung erfordert. Kommen mehrere Load-Mapping-Sensoren in einer Aufgabenstellung zum Einsatz, können diese mit Hilfe von Sensor Integration Machines (SIM) wie der SIM1004 (mit vier Anschlüssen) oder der SIM1012 (mit zwölf Anschlüssen) über ihre IO-Link-Schnittstelle zusammengefasst werden. Dadurch wird die Sensorintegration wesentlich vereinfacht und gleichzeitig die Kommunikationslast entsprechend reduziert – denn die Robotersteuerung kommuniziert dann nicht mit jedem Sensor einzeln, sondern fragt beispielsweise die erste bestückte und greiffähige Position im Träger in der SIM ab.
Vorteile durch Load-Mapping
Die Umsetzung der Bestückungskontrolle durch smarte Lichttaster mit Load-Mapping-Funktionalität hat entscheidende Vorteile. Bisher wird diese Kontrolle typischerweise entweder durch eine Einzelabfrage der Steckplätze im Tray mit Hilfe eines Sensors am Robotergreifer gelöst; diese Lösung kostet insgesamt viel Prozesszeit, wodurch die Anlageneffizienz leidet. Oder durch ein Bildverarbeitungssystem, das in der Anschaffung, Integration und Auswertung relativ komplex und teuer werden kann. Im Gegensatz dazu ist der Load-Mapping-Ansatz kostengünstig und technisch einfach zu realisieren. Die Lösung besteht lediglich aus ‚smarten‘ Standardsensoren und einem IO-Link-Master. Das Load Mapping ermöglicht damit eine effiziente, kostengünstige und fertigungsnahe Bestandsführung, vor allem in hoch-autarken Anlagen wie der 4.0 NOW Factory.
Weitere Anwendungsmöglichkeiten
Die Bestückungskontrolle von Werkstückträgern ist eine der ersten Anwendungen der Load-Mapping-Funktionalität. Weitere Anwendungen befinden sich derzeit in Machbarkeitstests, Pilotprojekten oder bereits in der Umsetzung. Zu den Einsatzgebieten zählen unter anderem die Überwachung des Bohrer- und Werkzeugwechsels in Werkzeugmaschinen, Füge- und Montageprozesse, Abfüll- und Verpackungsanwendungen sowie die Lokalisierung von Fehlern in den verschiedensten Ausprägungen. Alle Aufgabenstellung profitieren von der einfachen Umsetzung und Integration von Load-Mapping-Lösungen, ihren deutlichen Kostenvorteilen vor allem gegenüber kamerabasierten Konzepten sowie einer Verbesserung der Anlagen- und Prozesseffizienz (OEE).
Die Vorzüge von Smart-Task-Sensoren
Die Dezentralisierung intelligenter Funktionen, also ihre Verlagerung vom Automatisierungssystem in die Feldgeräte, macht Automatisierungsnetzwerke effizienter und leistungsfähiger. Die sogenannten ‚Smart Sensors‘ von Sick sind dafür geschaffen. Sie bieten die Möglichkeit, bestimmte Automatisierungsaufgaben nicht mehr zentral in der Maschinensteuerung ausführen zu müssen, sondern dezentral am Rande des Automatisierungsnetzwerks – im Feldgerät – in Form sogenannter Smart Tasks umsetzen zu können. Load Mapping und andere Smart Tasks wie Hochgeschwindigkeitszählung, Geschwindigkeits- und Längenmessung, dezentraler Entprellung oder Time Stamp können in allen Produktfamilien intelligenter Detektionssensoren von Sick genutzt werden – sie sind also nicht beispielsweise auf eine bestimmte Baugröße beschränkt. Weil die Auswertung der detektierten Signale immer vor Ort im smarten Sensor stattfindet, ergeben sich daraus mehrere spezifische Vorteile: Das Automatisierungssystem muss nicht zur Durchführung bestimmter Funktionen programmiert oder durch Hardware erweitert werden; das spart Kosten. Im laufenden Maschinenbetrieb werden weder die Steuerung noch das Netzwerk mit möglicherweise umfangreichen und zeitkritischen Signalen belastet, deren Auswertung prozesskritisch sein könnte. Smart Tasks wie Load Mapping eröffnen somit vielfältige Potenziale, Maschinen- und Prozesse produktiver zu machen.