Industrie 4.0 bedeutet nicht nur analoge Prozesse zu digitalisieren, sondern auch bedarfsgerechte Komponenten und Produkte zu entwickeln, die mit der enormen Geschwindigkeit des industriellen Wandels Schritt halten können. Vor allem dezentrale Steuerungsmechanismen rücken zunehmend in den Mittelpunkt. Und die Anforderungen moderner Produktionsstätten stellen immer größere Ansprüche an die Reaktionszeit moderner Qualitätssicherungen mit ihren messtechnischen Applikationen. Besonders die Geschwindigkeit spielt hier eine Schlüsselrolle bei der Integration messtechnischer Komponenten in das Gesamtsystem.
Mit dem ET 200SP Interfacemodul IM155-6PN HS (High Speed) schafft Siemens hierfür die Voraussetzung: Mit Zykluszeiten ab 125 µs können damit auch besonders zeitkritische Applikationen realisiert werden. Speziell in Branchen, in denen eine schnelle und zeitdiskrete Reaktion auf Signale bzw. Qualitäts-Daten essentiell ist, lassen sich Performance und Produktivität von Maschinen nochmals erhöhen. In Kombination mit der taktsynchronen Signalverarbeitung durch Profinet werden schnelle und zeitdiskrete Reaktionen erreicht. Wie die anderen Interfacemodule der Baureihe ist auch das High Speed-Modul über Bus-Adapter variabel dem bevorzugten Kommunikations- und Anschlusskonzept anpassbar. Zur Verfügung stehen mehrere Profinet-Anschlusstechniken, Lichtwellenleiter (POF, PCF, Glasfaser), Fast Connect, klassische RJ45-Stecker. Damit wird das Produktspektrum der Interfacemodule kommunikativ weiter komplettiert und die durchgängige Skalierbarkeit des Peripheriesystems ET 200SP sichergestellt.
Kommunikation – durchgängig und sicher
Durchgängige und sichere Kommunikation ist ein Kern-Thema der Industrie 4.0 und des Internet of Things (IoT). Aus diesem Grund wurde das dezentrale Peripheriesystem ET 200SP um drei Kommunikations-Prozessoren (CPs) erweitert. Angebunden an die dezentralen ET 200SP Controller (S7-1510SP-1 PN, S7-1512SP-1 PN, S7-1510SP (F)-1 PN und S7-1512SP (F)-1 PENG) unterstützen die CPs mit ihren zusätzlichen Industrial Ethernet-Schnittstellen eine sichere Netzwerktrennung. Darüber hinaus entlasten die Kommunikationsprozessoren durch ihre separate Rechenleistung die CPU.
Globalisierung gepaart mit Industrie 4.0 erfordert immer öfter, dass Daten unabhängig von Ort und Zeit zur Verfügung stehen. Hier knüpft die sogenannte Telecontrol Funktion im Kommunikationsprozessor CP 1542SP-1 IRC an, mit der auch aus großer Entfernung mit Steuerungen kommuniziert werden kann. Telecontrol bietet die Möglichkeit weitverzweigte prozesstechnische Anlagen sowohl zyklisch als auch ereignisgesteuert anzuwählen und zu überwachen. So lassen sich anspruchsvolle Überwachungs- und Steuerungsaufgaben effizient von der Leitstelle aus lösen. Die dezentrale Datenhaltung setzt allerdings ein umfangreiches Sicherheitskonzept voraus. Entscheidend dabei ist, dass die Sicherheit der Daten durch Schutz vor unbefugten Zugriff gewährleistet wird. Die Konsequenz: Industrial-Security-Lösungen müssen künftig untrennbar mit der industriellen Kommunikation verknüpft sein. Insbesondere für den (Serien-) Maschinenbau sind die Aspekte der möglichen Netztrennung und Netzwerksicherheit bei der Einbindung ihrer Produkte in das Kundennetz wichtig. Mit dem CP 1543SP-1 stehen alle hierfür erforderlichen Security Funktionen zur Verfügung: Mittels Sicherheitsfunktionen wie einer Stateful Inspection Firewall und VPN-Protokoll (IPsec), schützt der Kommunikationsprozessor den Distributed Controller ET 200SP und die nachgelagerten Netzwerke gegen unbefugte Zugriffe.
Pneumatik inklusive
Auch beim Thema Funktionalität steigen die Ansprüche an die Automatisierungstechnik. Wenn es um die Ansteuerung von Ventilen im Bereich der Lebensmittel-, Pharma- oder Wasseraufbereitungs-Industrie geht, kooperiert Siemens deshalb mit spezialisierten Firmen, wie der Firma Bürkert Fluid Control Systems. Das Ergebnis dieser Partnerschaft ist eine spezielle Ventilinsel in Bauform der ET 200SP. Sie bietet eine Lösung zur Ansteuerung und Überwachung pneumatischer Ventile in Prozessen, in denen eine rein elektronische Ansteuerung der Ventile nicht möglich oder wirtschaftlich wäre. Hervorzuheben ist dabei die nahtlose Skalierbarkeit. Die Airline SP ist kompatibel mit der Baureihe ET 200SP und lässt sich ebenso einfach und schnell mithilfe des TIA-Portals projektieren. Durch diese Integration lassen sich die System-weite Diagnose und Anlagen-weite Datenerfassung auch auf die Pneumatik ausweiten.
Dank des zweizeiligen LC-Displays können Informationen zum Gerätestatus, zum Beispiel die Ventil-Schaltstellung, Kurzschluss oder Drahtbruch, auch direkt vor Ort im Schaltschrank abgelesen werden. Die zahlreichen Diagnosefunktionen und die Möglichkeit der Anzeige der Ventil-Schaltspielzahl tragen so zur Verbesserung der Verfügbarkeit und Reduzierung der Stillstandzeiten bei. Das pneumatische Einspeisemodul mit Druckmessung ermöglicht zudem eine Überwachung des anstehenden Luftdrucks. Ein Druckanstieg bzw. -abfall kann so schnell erkannt und darauf reagiert werden. Rückschlagventile vermeiden unerwünschte Ventilschaltungen, die durch unkontrollierte Druckspitzen im Abluftkanal zustande kommen können. Zusammen mit der Möglichkeit eines Ventil-Austauschs im laufenden Betrieb (Hot Swapping) erhöht das Prozess-Sicherheit und Verfügbarkeit der Anlage. Durch die kompakte Bauform der ET 200SP, eignet sich die Ventilinsel besonders für den (Serien-) Maschinenbau mit geringem Platzangebot. Die Ventilinsel kann in Kombination mit den Siemens Safety-Modulen auch in fehlersicheren Automatisierungsaufgaben eingesetzt werden, welche die Ventile über eine hierfür vorgesehene Schnittstelle sicher abschalten. Durch das vollumfängliche Safety & Security-Konzept einer überlagerten S7-1500 CPU in Zusammenhang mit dem TIA Portal können dabei mit derselben Steuerung sowohl Standard als auch fehlersichere Aufgaben gelöst werden. Das ebenfalls in der S7-1500 integrierte Industrial Security Konzept sorgt dafür, dass die Maschinen und Anlagen vor Fremd-Zugriffen geschützt sind.
Relevant ist ebenso die mit der Integration ins TIA-Portal einhergehende Einbindung der Pneumatik-Steuerung in die digitale Wertschöpfungskette, welche mit der fortschreitenden Digitalisierung eine immer größere Bedeutung gewinnt. Mit dem TIA-Portal steht hierfür ein Engineering-Framework zur Verfügung, das beispielsweise
– virtuelle Inbetriebnahme der Maschine oder Anlage
– Cloud-basiertes und damit ortsunabhängiges Engineering,
– und automatisiertes Engineering unterstützt.
Alexander Kessler
(sk/ml)