Auf einen Blick
Für moderne Maschinen, Anlagen und Geräte sind eine umfangreiche Funktionalität und hohe Zuverlässigkeit zwei Grundvoraussetzungen, um am Markt zu bestehen. Allerdings erlauben diese beiden Faktoren heute nur noch wenig Spielraum zur Differenzierung. Es stellt sich für Maschinen- und Gerätebauer deshalb zunehmend die Frage, wie ein Marktvorteil gegenüber dem Wettbewerb, außer über den Preis, erzielt werden kann. Einerseits wird versucht, Vorteile über Produktdesign, Handling und die Benutzerschnittstelle zu erreichen, andererseits gewinnen die „Randbedingungen“ an Bedeutung, wie Kompaktheit, Modularität und Energieeffizienz. Flexibilität, also schnell und effizient auf kleine Produktionsgrößen adaptieren zu können, ist ein weiteres wichtiges Kriterium sowie hoher Produktionsausstoß und große Rentabilität.
Der Antriebstechnik kommt bereits früh in der Entwicklungsphase eine entscheidende Rolle zu. Eine besondere Herausforderung stellt immer wieder das Zusammentreffen verschiedener Ingenieursdisziplinen, wie mechanische und elektrische Konstruktion, Software- und eventuell Hardware-Entwicklung dar. Häufig sind diese Disziplinen in den Unternehmen historisch bedingt unterschiedlich stark ausgeprägt. Es ist deshalb wichtig, dass bereits in der Konzeptphase einer Antriebslösung ein kompetenter, beratungs-, und anwendungsorientierter Produktlieferant zur Seite steht. Denn bei der Wahl der Antriebe, Leistungsendstufen, Steuerungen und Bussysteme müssen die „Weichen frühzeitig richtig gestellt“ werden. Um den Entwicklungsaufwand zu reduzieren, sollten standardisierte Komponenten gewählt werden, die optimal aufeinander abgestimmt sind und durchgängig die notwendige Performance zur Verfügung stellen. Maxon Motor als Antriebs- und Steuerungshersteller bietet neben den qualitativ hochwertigen Produkten auch die notwendige Beratungs- und Lösungskompetenz, basierend auf einem breiten Anwendungs-Know-how.
Aktuelle Positionen erfassen
Um die Bewegungsvorgänge zu erfassen wird eine Information über die aktuelle Position, typischerweise bezogen auf die Motorwelle benötigt. Zur Erfassung dieser IST-Position kommen direkt auf der Motorwelle montierte Drehgeber oder spielfrei angekoppelte Linearmaßstäbe zum Einsatz. Aus der Positionsinformation wird von der Antriebssteuerung im Reglertakt auch die Drehzahlinformation (das heißt Positionsänderung pro Zeiteinheit) ermittelt. Je höher die Geberauflösung ist, desto exakter kann die Position erfasst und die Motordrehzahl selbst bei hohen Abtastraten exakt berechnet und geregelt werden. Die Sensorauflösung definiert direkt die bestmöglich zu erzielende Positioniergenauigkeit und beeinflusst auch die Qualität der Drehzahlkonstanz insbesondere bei sehr langsamen Bewegungsvorgängen. In der Praxis haben sich verschiedene inkrementelle und absolute Sensortypen, sowie digitale, analoge und Protokoll-orientierte Formen der Sensorsignalübermittlung etabliert. Die Maxon-Produktpalette umfasst magnetische und optische Drehgeber, die direkt auf dem Motor montiert sind und eine sehr kompakte, kostenoptimale Lösung für die präzise Antriebstechnik bieten.
Die Antriebssteuerung und -regelung stellt das Bindeglied zwischen dem Antrieb, das heißt dem Motor, seiner spezifischen Sensorik und der zentralen, übergeordneten Maschinen-, Anlagen- und Gerätesteuerung dar, welche typischerweise mit einer SPS- oder PC-basierenden Lösung realisiert ist.
Die neue Maxon-Antriebssteuerungsgeneration Maxpos beinhaltet die Integration einer oder mehrerer Leistungsendstufen in Kombination mit einer leistungsstarken Prozessoreinheit, welche für die schnelle Auswertung von Motorsensoren, Motorstrommessung in Echtzeit, sowie eine konfigurierbare Strom-, Drehzahl- und Positionsregelung optimiert ist.
An die Antriebssteuerung können sowohl bürstenbehaftete DC-Motoren als auch bürstenlose EC-Motoren (= BLDC) angeschlossen werden. Um eine anwendungsorientierte Auswahl des Gebersystems zu ermöglichen, unterstützt sie verschiedene in der Industrie verwendete inkrementelle und absolute Gebersysteme (häufig auch als Encoder bezeichnet). Die Spannweite reicht von Digital-Inkremental-Encodern, über Geber mit analoger Sin/Cos-Signalform wie zum Beispiel bei Glas-Linearmaßstäben gebräuchlich, bis zu SSI-Absolutgebern und modernen Sensorprotokollen wie EnDat2.2 und BiSS C. Mit Eingangsfrequenzen von bis zu 5 MHz der Encoderanschlüsse können auch hochdrehende Motoren uneingeschränkt mit hochauflösenden Gebern kombiniert werden und auch schnelle Bewegungsvorgänge von einer exakten Zielpositionierung profitieren.
Effektiv nutzbare Dynamik
Die effektiv nutzbare Dynamik von Antrieben und das Reaktionsverhalten auf schnelle Sollwert-Änderungen hängt auch von der Geschwindigkeit (= Taktrate) des Positions- und insbesondere des Stromreglers ab. Typische Stromregler arbeiten mit Abtastzeiten von 0,1 ms (= 10 kHz Reglertakt) und Drehzahl-/Positionsregler mit 1 ms (= 1 kHz Reglertakt). Bei hochdynamischen Antrieben mit Beschleunigungszeiten von wenigen ms reicht diese Reglerdynamik heute nicht mehr aus und wirkt sich begrenzend auf die Präzision der mechanischen Antriebsbewegungen und die Maschinenperformance aus. Mit Abtastraten des Stromreglers von 100 kHz (= 0,01 ms Zykluszeit) und des Drehzahl-/Positionsreglers von 10 kHz (= 0,1 ms) ist Maxpos ein wichtiges Verbindungsglied zwischen Anlagensteuerung und Antriebstechnik. Mit hochdynamischen Antrieben und einer schnellen Regelungstechnik wird die Performance von Maschinen und die Qualität der damit produzierten Güter markant gesteigert.
Performance markant steigern
Neben dem schnellen Regler ist die sinusförmige Stromkommutierung eine weitere Voraussetzung für präzise, „feinfühlige“ Antriebsbewegungen mit einem nahezu rippelfreien Drehmomentverlauf ab Drehzahl 0 bis zum Maximum. Eine äußerst kurze Zykluszeit des Stromreglers von 0,01 ms (wie bei der Maxpos) bedeutet auch, dass alle für die feldorientierte Regelung (FOC) und Sinuskommutierung notwendigen Strommessungen, Signalumwandlungen, komplexen Integrationsberechnungen und Transformationen innerhalb dieser extrem kurzen Zeitspanne unbeeinflusst von allen anderen Funktionen zuverlässig ausgeführt werden müssen. Der 100 kHz Stromreglertakt in Kombination mit einer Sinuskommutierung für Drehzahlen bis zu 200.000 min-1 konnte durch die Integration der notwendigen Berechnungsalgorithmen auf einem FPGA realisiert werden. Die FPGA-Logik bietet eine deutlich höhere spezifische Rechenleistung als dies mit konventionellen, auf Prozessor-Basis programmierten Lösungen möglich ist. Ein weiterer Vorteil ist die klare Entkopplung des Stromreglers von anderen Interrupt-gesteuerten und weniger zeitkritischen Funktionen, die auf Prozessor-Ebene realisiert werden können
Bei der Sprungantwort des Maxpos-Stromreglers ist einerseits der sehr schnelle, steile Stromanstieg zu erkennen, aber auch die Tatsache, dass praktisch kein Überschwingen und Einschwingverhalten auftritt. Der effektive Motorstrom hat bereits nach 0,15 ms seinen sprungartig vorgegebenen Sollwert stabil erreicht. Innerhalb dieser Anstiegszeit führt der Stromregler rund 15 Strommessungen und Reglerberechnungen aus. Der konventionelle langsamere Regler (10 kHz) der Vergleichssteuerung benötigt hingegen 0,3 ms bis der Sollwert erstmalig erreicht wird. Diese 0,3 ms entsprechen bei dem langsameren Regler nur drei Taktzyklen. Es fällt diesem Regler, aufgrund der weniger häufigen Reaktion auf aktuelle Stromwerte, somit deutlich schwerer, den stabilen Übergang in den Sollwert zu finden, das heißt dieser Regler schwingt über und benötigt mehr als 1 ms bis zum Erreichen eines stabilen IST-Stromwerts. Es lässt sich leicht erkennen, dass die Regler-Abtastfrequenz einen direkten Zusammenhang mit den realisierbaren Anstiegszeiten sowie dem Überschwingverhalten hat. Dies gilt sowohl für den Stromregler, als auch für alle kaskadierten übergeordneten Regler. An den Stromregler werden als untergeordneten Regler die höchsten Performance-Anforderungen gestellt, da die Anstiegszeit des Motorstroms nur durch die sehr kleinen elektrische Zeitkonstanten des Antriebsmotors (Stichworte: Induktivität, Wicklungswiderstand => L/R-Zeitkonstante) begrenzt wird und der Stromregler möglichst in Echtzeit auf jede Stromänderung reagieren sollte, um Überschwinger weitestgehend zu vermeiden. Der Drehzahl- oder Positionsregler kann (und wird) typischerweise um den Faktor 10 langsamer ausgelegt sein, da sich hier die mechanische Zeitkonstante des kompletten Antriebs inklusive der Last begrenzend auf schnelle Änderungen auswirkt und der Regler „träger“ reagieren darf. Dieser „Daumenregel“ folgt auch der Drehzahl- und Positionsregler der Maxpos-Steuerung, welcher mit 10 kHz aber immer noch deutlich mehr Performance als die typischen Regler (1 kHz) von Positioniersteuerungen und digitalen Servoendstufen bietet. Der Drehzahl-/Positionsregler ist in einem Soft-Core-Prozessor realisiert, welcher im FPGA integriert ist. Dies bietet eine sehr gute Performance mit einem Reglertakt von 10 kHz und erlaubt eine größere Flexibilität bei der Anpassung dieser übergeordneten Regler für applikationsspezifische Lösungen mit eventuell benötigten Zusatzfunktionalitäten.
Konfiguration der Reglerparameter
Einen wesentlichen Einfluss auf das Reglerverhalten hat bei allen Antriebssteuerungen die Konfiguration der Reglerparameter. In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass von Seiten des Anwenders die optimale Reglereinstellung eine der größten Herausforderungen ist und diese häufig nur sehr rudimentär ausgeführt wird. Ein manuelles Tuning erfordert viel Erfahrung und häufig einen hohen zeitlichen Testaufwand. Zudem ist eine initiale Grundkonfiguration nicht immer einfach zu finden. Die „zufällig“ ermittelte Erstkonfiguration wird deshalb im späteren Betrieb oft beibehalten mit negativen Folgen für die Präzision der Antriebsbewegungen. Die Vorteile von prinzipiell guten und schnellen Reglerstrukturen können hierdurch zunichte gemacht werden. Bei Maxpos und der kostenfreien Inbetriebnahme-Software „Maxpos Studio“ wurde ein zentrales Augenmerk auf eine ausgereifte, zuverlässige Autotuning-Funktionalität gelegt, die den Anwender unterstützt und den Inbetriebnahme- und Optimierungsaufwand reduziert.
Maxpos verwendet einen PI-Stromregler und einen PID-Positionsregler jeweils mit Feedforward-Steuerung. Die Ergebnisse des Autotunings führen automatisch zu einer Reglerkonfiguration, die für nahezu alle Anwendungsfälle ein optimales Regler- und Motorverhalten bietet, ohne dass hierfür zeitaufwändige manuelle Tests oder Simulationsberechnungen notwendig sind. Zusätzlich bietet die Inbetriebnahme-Software neben dem Autotuning auch die Möglichkeit, das Reglerverhalten ähnlich einem Oszilloskop als bewegte Grafik online bei konkreten Bewegungs- und Lastvorgängen als Live-Trace-Plot zu beobachten und manuell die Reglerparameter bei laufendem Motor anzupassen. Dies kann über die direkte Verstellung des P-, I- und Feedforward-Anteils des Stromreglers, sowie für den Positionsregler mit direkt antriebsbezogenen Faktoren wie Trägheitsmoment, Reibung, Reglerbandbreite, Dämpfung und Nachstellzeit erfolgen. Der Live-Trace-Plot ist ein wichtiges Feature, um die Reglereinstellung im konkreten Arbeitspunkt der Anwendung zu verifizieren, die Auswirkung manueller Anpassungen der Reglerparameter zu beurteilen und den „letzten Schliff“ zu geben.
Optimales Regler-Motorverhalten
Der Vorteil von modernen Reglerstrukturen, hohen Reglertaktfrequenzen und optimal eingestellten Reglerparametern zeigt sich in der Praxis durch die schnelle Reaktion auf Sollwertänderungen und der trotzdem sehr präzisen Einhaltung von Bewegungsprofilen. Die Notwendigkeit von hoch-dynamischen Antrieben im Zusammenspiel mit einer High-Performance-Regelung lässt sich an den folgenden Aussagen ableiten: Extrem präzise positionierte oder synchronisierte Bewegungen, hohe Beschleunigungen, kurze, dynamische, häufig repetitive Zyklen sowie „feinfühlige“ Reaktionen, das heißt sehr präzise Drehmomentregelung und -begrenzung. Diese Anforderungen verstecken sich einzeln oder mehrfach bei fast allen Maschinen und Anlagen. Meist steht ein einzelner Antrieb nicht für sich alleine, sondern ist in einen Verbund von einer Vielzahl von Antrieben, Sensoren und Aktoren eingebunden.
Eine übergeordnete Steuerung, typisch eine SPS, koordiniert und synchronisiert die einzelnen Antriebe und nimmt die Prozess- und Steuerungsfunktionen der Komplettlösung wahr. Dieser zentrale Ansatz bietet den Vorteil einer einheitlichen, effizienten Programmierumgebung, unabhängig von der Leistung der benötigten Antriebe oder dem Hersteller der Antriebssteuerung. Dies erlaubt dem Entwickler die Konzentration auf die Anwendung und die Auswahl der am besten geeigneten Komponenten für seine Anforderungen. Durch die Nutzung von etablierten Industriestandards in Bezug auf Programmierumgebung und Bussysteme profitiert der Maschinen- und Gerätebauer von einem geringen Einarbeitungsaufwand, einer hohen Portierbarkeit, einem reduzierten Entwicklungsrisiko und einer verkürzten Time-to-Market seiner neuen Lösungen.
Kompatibilität: Industrie-Standards
Maxpos ist als EtherCAT-Slave, basierend auf der Funktionalität nach den Standards der Ethernet Technology Group (ETG) konzipiert worden. Die Steuerung nutzt das CoE (= CAN Application Layer over EtherCAT) -Protokoll für die Bus-Kommunikation und unterstützt die folgenden Betriebsarten des Geräteprofils CiA402 für elektrische Antriebe:
- CST – Cyclic Synchronous Torque
- CSV – Cyclic Synchronous Velocity
- CSP – Cyclic Synchronous Position
- HM – Homing
- PP – Profile Position
- PV – Profile Velocity
An internationalen „Plug-Fest“-Anlässen der ETG, bei welcher die Interoperabilität von Produkten mit EtherCAT-Bus in der Praxis getestet wird, konnte sie mit Master-Systemen diverser Hersteller die geforderte Kompatibilität erfolgreich unter Beweis stellen. Der freiwillige, ebenfalls erfolgreich durchgeführte EtherCAT-Conformance-Test ist ein weiterer Baustein zur Absicherung der Kompatibilität und der Reduktion von Entwicklungsaufwand und ‑risiko auf Seiten des Systemintegrators. Dies sichert Investitionen und gewonnenes Know-how in die Antriebstechnik auch für die Zukunft ab und ermöglicht auf etablierten Industrie-Standards die schnelle und effiziente Integration der Antriebssteuerung in EtherCAT-basierende SPS-Umgebungen.
Datenaustausch in Echtzeit
Typischerweise erfolgt bei mehrachsigen Maschinen und Geräten die Bahnberechnung, Koordination und Synchronisation der Antriebe innerhalb der SPS. Maxpos erhält bei einem solchen Konzept zyklisch sehr schnell über den EtherCAT-Bus neue Sollwertvorgaben und verarbeitet diese im CST-, CSV- oder CSP-Mode in Echtzeit. Die Vorgabe neuer Strom-, Drehzahl- oder Positionssollwerte und der Austausch umfangreicher antriebsseitiger Ist-Informationen (Soll-/Ist-Positionen, Motorströme, und so weiter) können ohne Einschränkungen bis zu 3000 mal pro Sekunde über den EtherCAT-Bus erfolgen. In Abhängigkeit von der Konfiguration ist für Highspeed-Anwendungen, die zum Beispiel eine sehr schnelle Kommandierung neuer Stromwerte im CST-Mode erfordern, ein Datenaustausch sogar bis zu 10000 mal pro Sekunde (das heißt Bus-Zykluszeit = 0,1 ms) möglich. Der Inhalt des Datenaustausches ist über ein variables PDO-Mapping anwendungsgerecht und flexibel konfigurierbar. Zwischen den Sollwerten interpoliert die Antriebssteuerung, um möglichst sanfte, kontinuierliche Antriebsbewegungen zu erzielen. Die Synchronität der Datenübernahme und der Reglertakte ist durch die Nutzung von Distributed Clocks sichergestellt. Der schnelle Datenaustausch per Bus ermöglicht es der übergeordneten SPS, die Synchronisation mehrerer Achsen präzise zu regeln, vorzugeben und mit den von der Antriebssteuerung zur Verfügung gestellten Rückinformationen zu überwachen.
(ah)