Für Siemens war 2009 eine Zäsur: Damals wurde mit der Kompaktsteuerung Simatic S7-1200 und dem TIA-Portal eine neue Ära eingeläutet. 2012 folgte der nächste Schritt mit der Simatic-S7-1500-Familie und den drei CPUs 1511, 1513 und 1516 als Pendant zu den Baureihen S7-300 und S7-400. Mit den Zentralbaugruppen CPU 1515 und 1518 erweitert Siemens die Palette. Die Entwickler haben dabei an vielen Stellen die Wünsche der Anwender in charakteristische Merkmale umgesetzt.
Zuallererst ist die Leistungsfähigkeit hervorzuheben: Siemens spricht vom zurzeit leistungsfähigsten Controller. Unabhängig vom CPU-Typ arbeitet er mit 1 ns Befehlszeit für Bit-Instruktionen beziehungsweise 6 ns für Gleitpunktarithmetik. Das ist rund viermal schneller als die bisherige CPU S7-319. Tests zeigen, dass sich dieser Benchmark in Verbindung mit einer Optimierung des Ablaufprogramms sogar bis auf etwa das Zehnfache steigern kann.
Mehr Speicher und Schnelligkeit
Für viele Einsatzzwecke ist auch der nun 2 GB große Ladespeicher in Form einer SD-Karte interessant. Sie ermöglicht es, neben dem Hauptprogramm nützliche Funktionalitäten auf der Steuerung zu implementieren, etwa die Rezeptverwaltung, Dokumentation oder auch ein Datenarchiv. Prozessvariablen können beispielsweise direkt in einem Archiv auf der Speicherkarte abgelegt werden. Sollte die Kommunikationsverbindung zum eigentlichen Archivrechner ausfallen, puffert die Steuerung die Prozessdaten bis die Verbindung wieder funktioniert. Ein weiterer Vorteil: Die Speicherkarte lässt sich mit Standard-PCs lesen und beschreiben. Endanwender können darüber Änderungen oder Updates des Applikationsprogramms in die CPU übertragen – ohne Projektierungstools wie Step7 oder das TIA-Portal. Bekommt der Endanwender das Programm-Update vom Maschinenhersteller als Datei-Anhang per Mail, braucht er die Datei lediglich auf der Karte zu speichern und anschließend in die CPU-Baugruppe zu stecken. Für weiteren Zugewinn in Bezug auf Verarbeitungsgeschwindigkeit sorgt der Rückwandbus. Aufgrund des effizienten Übertragungsprotokolls und der Übertragungsrate von 400 MBit/s ist der Rückwandbus der S7-1500 bis zu 40 mal schneller als bei der bisherigen S7-400. Das Fazit: Die Kombination aus Rechenleistung, Speichergröße, Kommunikationsgeschwindigkeit und optimierten Programmaufbau sorgen dafür, dass die Steuerungsgeneration zum leistungsfähigsten zählt, was die Automatisierungswelt bisher gesehen hat.
Vereinfachtes Engineering und Diagnose inklusive
Was Anwendern ebenfalls sofort ins Auge fällt, sind Praxisnähe, Handhabung und Flexibilität. Zum Beispiel vereinfacht sich mit dem TIA-Portal das gesamte Engineering. Dazu bündelt das Framework die Soft- und Hardware-Konfiguration von Controller, HMI und Antrieben unter einem einheitlichen Bedien- und Parametrierungskonzept.
Mit der Controller-Generation S7-1500 lässt sich gleichzeitig auch die Web-Visualisierung zusammen mit entsprechenden Bediengeräten erledigen. Zudem enthalten alle Controller der S7-1500-Steuerungen eine Systemdiagnose. Dadurch sparen Anwender Zeit, da dieser Part des Steuerungsprogramms nicht mehr explizit ausprogrammiert werden muss. In der Praxis bedeutet das, dass keine zusätzlichen Bausteine mehr in die CPU geladen werden müssen, etwa für die Drahtbruch- oder Kurzschluss-Erkennung. Die Diagnosefunktion arbeitet auch, falls sich die CPU im Stopp-Modus befindet. Wie praxisorientiert die Diagnose aufgebaut ist, zeigt sich auch am einheitlichen Anzeigekonzept – die entsprechenden Informationen und Fehlermeldungen können überall in gleicher Weise visualisiert werden. Überall bedeutet: im TIA-Portal, auf dem HMI, über den Webserver, der standardmäßig in allen S7-1500-CPUs integriert ist, sowie als Klartext im Display der CPU. Um nur ein Beispiel für die komfortable Bedienung der S7-1500-Baureihe zu nennen: Über das feingranulare Anzeigekonzept kann im Fehlerfall der betreffende Kanal sofort erkannt und exakt zugeordnet werden.
Dies reduziert Stillstandzeiten und erhöht die Anlagenverfügbarkeit. Auch sorgt die visuelle Zuordnung von Klemme und Beschriftung bei Tests, Inbetriebnahme, Diagnose und laufendem Betrieb für Zeitersparnis.
Interessant hinsichtlich Verfügbarkeit ist auch die Trace-Funktion. Damit lassen sich beliebige Signale oder Sequenzen aufzeichnen und auswerten. Gerade bei der Inbetriebnahme, aber auch im regulären Betrieb, hilft das, sporadische Signale zu erkennen, die Fehler auslösen können. Während die CPU 1516 bis zu vier Traces mit jeweils bis zu 16 Signalen aufzeichnet, sind es bei der CPU 1518 acht Traces.
Auf Kommunikation getrimmt
Auch bei der Kommunikation gibt es eine Reihe von Performance-Verbesserungen. Die CPU 1518 ist standardmäßig mit vier Profinet-Ports ausgestattet. Zwei haben eine identische IP-Adresse für die Kommunikation ins Feld. Die beiden anderen haben dagegen unterschiedliche IP-Adressen für die Anbindung ins Firmennetzwerk und als separates Interface für die Fernwartung. Außerdem ist ein Profibus-Interface standardmäßig integriert.
Durch die Nutzung von Profinet IO IRT (Isochronous Real Time), was standardmäßig auf jeder CPU vorhanden ist, erzielt die CPU 1518 taktsynchrone Zykluszeiten von bis zu 250 µs. Daraus resultieren definierte und kurze Reaktionszeiten sowie ein hochpräzises Anlagenverhalten. Das Besondere an dieser drastischen Verkürzung der Zykluszeiten: Parallel zu dieser Echtzeitkommunikation kann uneingeschränkt per TCP/IP auf alle Teilnehmer zugegriffen werden.
Darüber hinaus sind unterschiedliche Technologiefunktionen für Regelungstechnik und Motion Control bereits implementiert: PID-Regler können dank intelligentem Auto-Tuning in kürzester Zeit und ohne Expertenwissen in Betrieb genommen werden. Waren Motion-Control-Anwendungen bei den bisherigen Steuerungen nur in Verbindung mit entsprechenden Zusatz-Bausteinen möglich, gibt es das nun standardmäßig. Drehzahl- und Positionierachsen lassen sich damit ebenso unkompliziert konfigurieren und ansteuern wie die Regler. Die Programmierung der Motion-Anwendungen erfolgt dabei über standardisierte PLCopen-Bausteine. Dank der hohen Performance und des großen Speichers lassen sich mit der CPU 1518 bis zu 128 Antriebsachsen regeln.
Geschnitten oder am Stück: SPS als Meterware
Ganz gleich, in welcher individuellen Kombination Aktoren und Sensoren an die Steuerung angeschlossen werden, Siemens hat darauf geachtet, dass es viele sein können: An die Zentraleinheit lassen sich bis zu 30 Module anreihen, ohne dass ein zusätzliches Anschaltmodul zwischengeschaltet werden muss. Mit einer Modulbaubreite von 35 mm erreicht das Steuerungsrack im Maximalausbau eine Länge von über einem Meter. Bei horizontalem Einbau funktioniert die Steuerung trotzdem ohne weiteres bei Umgebungstemperaturen von 0 bis 60 °C. Falls der Einbauraum dafür nicht ausreicht, darf der Controller auch vertikal montiert werden. Die geänderte Belüftungscharakteristik schränkt den zulässigen Temperaturbereich dabei nur geringfügig auf 0 bis 40 °C ein. Als Ergänzung ist ab 2014 geplant, 25 mm breite Baugruppen auf den Markt zu bringen – bei gleicher Handhabung und gleichem Pinning wie die 35-mm-Module. So erhalten Anwender bei möglichen 30 I/O-Modulerweiterungen mit jeweils 32 Signalen, 960 Signale auf einem Meter Breite. Um den Verdrahtungsaufwand zu minimieren, sind die schmalen Module konsequent mit Push-In-Klemmentechnik ausgerüstet. Zudem sind sie mit den 35 mm breiten Baugruppen beliebig kombinierbar.
Als praktisch sehen Elektriker die neu konstruierte Anschlusstechnik der S7-1500-Steuerungen an. Deren einheitliche Frontstecker für I/O- und Technologiemodule (TM) vereinfachen die Verdrahtung und auch die Ersatzteilhaltung. Die Stecker können in einer frei zugänglichen Verdrahtungsstellung oberhalb der Baugruppe fixiert werden. Außerdem lässt sich die Frontabdeckung der Peripheriemodule etwas nach vorne ziehen und einrasten; das schafft mehr Kabelstauraum für dickere Leitungsbündel. Ist die Anschlussleiste verdrahtet, schiebt der Elektriker den Frontstecker nach hinten, wodurch der Kontakt automatisch hergestellt wird. Für eine noch flexiblere Verdrahtung gibt es zwei Verkabelungssysteme, eine modulare Variante mit modifizierten Frontsteckern für den schnellen und übersichtlichen Anschluss von Sensoren und Aktoren aus dem Feld sowie eine flexible Variante für die Verdrahtung innerhalb des Schaltschranks.
Rihab Ehm
Andrea Rauscher
(sk)