Ist die Sicherheit überdimensioniert, schränkt das die Anwenderfreundlichkeit unnötig ein.

Ist die Sicherheit überdimensioniert, schränkt das die Anwenderfreundlichkeit unnötig ein. (Bild: AdobeStock_55904737)

Auf die Schnelle

Das Wesentliche in 20 Sek.

● Erforderliche Sicherheit in einer Produktion über beweglich trennende Schutzeinrichtungen gewährleisten

● Lösung: modular aufgebaute Schutztürsysteme.

● Mit solchen umfassenden Systemen lassen sich Anwendungen flexibel und individueller durch die Kombination einzelner Komponenten umsetzen.

● Kombiniert mit einer Zugangskontrolle, entstehen individuelle Schutztürlösungen, die den Zugang zur Maschine effizient managen.

Was heißt erforderliche Sicherheit? Anwender sollten im ersten Schritt abwägen, welchen Schutz oder welche Schutztür-Überwachung sie wirklich brauchen. Denn sowohl für die Absicherung der begehbaren Schutztür als auch für die Überwachung von beispielsweise Wartungsklappen – also nicht begehbaren Türen – gibt es unterschiedliche Lösungsansätze.

Pro Anwender und contra Manipulation

Gleich jedoch welche Sicherheitslösung, jede muss beim Anwender Akzeptanz finden, sonst sind Manipulationen vorprogrammiert. Ist die Sicherheit überdimensioniert, schränkt das die Anwenderfreundlichkeit unnötig ein. Genau dieses Thema „Umgehen von Schutzeinrichtungen“ ist ein zentraler Punkt der EN ISO 14119. Die Norm definiert Leitsätze für die Gestaltung und Auswahl von Schutztürsystemen und bietet damit konkrete Hilfestellung, wie Manipulation vermieden werden kann. So teilt sie Verriegelungseinrichtungen in Klassen ein und unterscheidet dabei vier Bauarten. Neben den Bauarten 1 und 3, „Verriegelungseinrichtungen mit uncodiertem Betätiger“, bei denen weitere Schutzmaßnahmen für den Manipulationsschutz erforderlich werden, sind es die Bauarten 2 und 4, „Verriegelungseinrichtungen mit codiertem Betätiger“, die am häufigsten eingesetzt werden. Die mechanisch betätigten Positionsschalter gehören zur Bauart 2. Ein codierter Betätiger ist ein speziell gestaltetes Betätigungselement, das zu einem zugewiesenen Schalter gehört. Zur Bauart 4 wiederum gehören codierte magnetische Sensoren oder solche mit RFID-Technologie.

Sicherheitskomponenten und -lösung abstimmen

Schon der Auszug aus der Norm macht deutlich: Das Thema „Vermeiden von Manipulation“ ist eng mit der jeweiligen Anwendungssituation verbunden. Daher muss gut überlegt werden, welche Art von Überwachung und welcher Schaltertyp für welche Situation oder Schutztürart der passende ist. Dazu kommen weitere Kriterien rund um die Einbausituation, zum Beispiel, ob diese platzkritisch ist, außer Reichweite oder verdeckt eingebaut werden muss. Oder, ob besonders raue Umgebungsbedingungen vorliegen. Selbstverständlich muss auch die Wirtschaftlichkeit ins Auge gefasst werden.

Beim Stichwort Wirtschaftlichkeit rücken die einfachen Sicherheitsschalter in den Blick. Ganz allgemein sind diese immer dann eine adäquate Lösung, wenn keine Zuhaltung benötigt wird, um die notwendige Sicherheit für Mensch und Maschine zu erreichen. Also dann, wenn es sich um Maschinen handelt, die keinen gefährlichen Nachlauf haben und ein Basisschutz bereits eine ausreichende Sicherheit gewährleisten kann. Bereits diese können viele der Anwendungsanforderungen ohne Zuhaltung gut meistern und lassen sich zur Überwachung unterschiedlichster Typen von Schutztüren einsetzen, ohne unnötig hohe Kosten zu verursachen. Dabei stehen verschiedene Funktionsprinzipien zur Wahl wie beispielsweise mechanische, berührungslose magnetische oder berührungslos (voll)codierte Sicherheitsschalter.

Im Pilz Sensorik-Portfolio PSEN können Anwender ihre Dimension an Schutz auswählen: Soll Mensch sowie Prozess geschützt werden, dann eignen sich mechanische Sicherheitsschalter PSENmech. Hier sind jedoch zusätzliche Maßnahmen bei der Montage (Anbringen außer Reichweite, verdeckt oder abgeschirmt) zu berücksichtigen. Soll aber höchste Sicherheit mit unbedingter Wirtschaftlichkeit gepaart sein, dann kommen berührungslose magnetische Sicherheitsschalter PSENmag oder PSENcode zum Zug, weil sie auch verdeckt eingebaut werden können – und über die Stellungsüberwachung hinaus gleich die Überwachung der Position mit abdecken.

Gefragt sind sichere Schutztürsysteme zur Absicherung trennender Schutzeinrichtungen, die gemäß EN ISO 14119 die Gefahr bringende Bewegung stillsetzen und das Wiederanlaufen manipulations- und umgehungssicher verhindern.
Gefragt sind sichere Schutztürsysteme zur Absicherung trennender Schutzeinrichtungen, die gemäß EN ISO 14119 die Gefahr bringende Bewegung stillsetzen und das Wiederanlaufen manipulations- und umgehungssicher verhindern. (Bild: Pilz)

Nachlauf bedingt höhere Schutzmaßnahmen

Die ISO 14119 gibt auch vor: Eine Verriegelungseinrichtung muss die gefährliche Maschinenbewegung bei Öffnen der Schutzeinrichtung sofort stoppen und auch den Wiederanlauf verhindern, solange die Schutzeinrichtung geöffnet ist. Hier stellt sich die Frage, wann eine Verriegelungseinrichtung mit Zuhaltung in Frage kommt. Immer, wenn von der Maschine nach dem Stoppbefehl noch eine Gefahr ausgeht, das heißt, wenn es einen Nachlauf gibt, wie zum Beispiel bei Maschinen mit rotierenden Messern oder Schwingrädern und bei Robotern. Die Schutzeinrichtung wird erst entsperrt, wenn sich die Maschine in einem sicheren Zustand befindet oder komplett gestoppt hat – die Schutztür kann erst dann geöffnet werden, wenn keine Gefahr mehr von der Maschine ausgeht.

Wann immer von der Maschine also nach dem Stoppbefehl noch eine Gefahr ausgeht, die Maschine noch nachläuft, kommen Verriegelungseinrichtungen mit Zuhaltung infrage, Sicherheitszuhaltungen oder auch modular aufgebaute Schutztürsysteme zum Zug. Letztere erlauben eine maßgeschneiderte Lösung. Darüber hinaus vereinen sie mit den passenden Erweiterungen gleichermaßen die Anforderungen an Safety und Industrial Security und bieten eine adäquate Lösung insbesondere dann, wenn das Thema Zugangsberechtigung – Stichwort: digitaler Schlüssel – berücksichtigt werden soll.

Wann Prozess-, wann Personenschutz?

Je nach Anwendung sind es unterschiedliche Funktionsprinzipien, die mit Blick auf die sichere Zuhaltung eingesetzt werden können. Die Grundsatzfrage hierbei ist: Soll über den Prozess hinaus auch das Bedienpersonal geschützt werden? Man unterscheidet dabei in Entsperren mit Bedingung (Personenschutz) und Entsperren ohne Bedingung (Prozessschutz). Für den reinen Prozessschutz (also dem Verhindern einer ungewollten Unterbrechung des Fertigungsablaufs) ist eine Zuhaltung zum Beispiel nach dem Arbeits-Stromprinzip ausreichend. Dabei erfolgt die Zuhaltung durch einen Magneten – für die Entsperrung wird der Magnet wieder deaktiviert. Ein Funktionsprinzip, wie es zum Beispiel das berührungslose Schutztürsystem PSENslock bietet. Es kombiniert die sichere Schutztürüberwachung mit einem integrierten Elektromagneten und bietet damit eine sichere Stellungsüberwachung mit Prozesszuhaltung in nur einem System.

Muss oder kann eine Maschine vom Bedienpersonal betreten werden und gibt es gleichzeitig gefährliche Nachlaufbewegungen, muss neben dem Prozessschutz auch der Personenschutz berücksichtigt werden. Hier ist eine sichere Zuhaltung nach EN ISO 13849-1 notwendig. Die Wahl der passenden Verriegelungseinrichtung erfolgt dann auf Basis des, durch die Risikoanalyse bestimmten, Performance Levels (PL). Eine sichere Zuhaltung kann in diesem Fall beispielsweise durch das Ruhestromprinzip erreicht werden. Im Gegensatz zum Arbeitsstromprinzip wird hier für das Aktivieren der Zuhaltung eine Feder verwendet, für das Öffnen der Zuhaltung kommt eine Magnetspule zum Einsatz. Das mechanische Schutztürsystem PSENmech ermöglicht solch eine sichere Zuhaltung bis PL c, mit Fehlerausschluss bis PL d. Diese neuen elektromechanischen Schutztürschalter sorgen für die Zuhaltung der Schutztür, bis der gefährliche Produktionsprozess beendet und die Maschine oder Anlage sicher gestoppt ist.

Neben dem Ruhestrom-Prinzip ist es das bistabile Prinzip, das ebenfalls für die sichere Zuhaltung sorgt. Diese zweikanalige Ansteuerung der Zuhaltung verriegelt oder entriegelt nur, wenn beide Kanäle sicher geschaltet haben. Es erkennt zudem Fehlerfälle, wie Kurzschluss, die zum Abschalten der OSSD-Ausgänge (Output Signal Switching Device) führen, aber ein unbeabsichtigtes Öffnen der Tür, sogar im Fehlerfall, verhindert. Bei Pilz wird dieses Prinzip mit dem Schutztürsystem PSENmlock umgesetzt, das auf Basis dieser Technologie eine sichere Verriegelung und sichere Zuhaltung bis PL e umsetzen kann.

In Verbindung mit einer Steuerung wie etwa der konfigurierbaren Kleinsteuerung PNOZmulti 2 von Pilz entsteht eine komplette Schutztürlösung inklusive umfangreicher Auswertemöglichkeiten.

Nur eine flexible Kombination aus Schutztürsystem, dem passenden Türgriffmodul, einer Taster-Unit sowie einer konfigurierbaren sicheren Kleinsteuerung und einer Diagnoselösung bietet eine komplette Schutztürlösung mit Zugangsberechtigung
Nur eine flexible Kombination aus Schutztürsystem, dem passenden Türgriffmodul, einer Taster-Unit sowie einer konfigurierbaren sicheren Kleinsteuerung und einer Diagnoselösung bietet eine komplette Schutztürlösung mit Zugangsberechtigung. (Bild: Pilz)

Industrial Security hat Schlüssel für die Sicherheit

Modular aufgebaute Schutztürsysteme ermöglichen im Gegensatz zu Sicherheitsschaltern nicht nur maßgeschneiderte Lösungen, sondern vereinen mit den passenden Erweiterungen Safety und Industrial Security. Diese Systeme kombinieren Sensoren, Fluchtentriegelung, Türgriffe sowie Bedien- und Taster-Unit. Je nach Applikation können für die Anwendung die erforderlichen Komponenten zur individuellen Lösung zusammengestellt werden. Sie bieten darüber hinaus ein Plus an Sicherheit, wenn sie das Thema Zugangsberechtigung integrieren. Dann verhindern sie, dass Sicherheitsvorkehrungen ausgehebelt werden, um (vermeintlich) die Arbeit zu erleichtern. Grundsätzlich sind es intuitive Bediensysteme, die hier mit ins Spiel kommen. Damit ausschließlich autorisierte Personen Zugang zur Anwendung erhalten, sind in modernen Schutztürsystemen deshalb Module für die Zugangsberechtigung integriert, das heißt die Schutztürüberwachung und Zugangskontrolle sind miteinander kombiniert, die Industrial Security einbezogen. Beispielsweise erfolgt die Bedienung des modularen Schutztürsystems von Pilz über eine Taster-Unit: Die Taster-Unit PITgatebox stellt verschiedene vorkonfigurierte Varianten mit Kombinationen aus Drucktastern, Schlüsselschaltern und Not-Halt-Tastern zur Verfügung. Auch die Ausleseeinheit für das Berechtigungsmanagement ist optional bereits in der Bedieneinheit integriert. Anwender erhalten ihre individuelle Berechtigung auf einem codierten RFID-Schlüssel und authentifizieren sich so an der Schutztür. Im Pilz-System wird der Schlüssel im sogenannten PITreader, der Ausleseeinheit, ausgelesen und der Zugang bei entsprechender Berechtigung ermöglicht. Je nach Qualifikation und Aufgabe der Mitarbeiter kann sichergestellt werden, dass nur der autorisierte Personenkreis Zugang zur Anlage hat. Befehle wie Maschinenstopp, Entriegeln, Verriegeln oder das Quittieren der Maschine lassen sich nach erfolgter Authentifizierung steuern. Das schützt die Maschine gegen Fehlbedienung oder Manipulation und verhindert ungewollte Stillstandszeiten.

Soll aber höchste Sicherheit mit unbedingter Wirtschaftlichkeit gepaart sein, dann kommen berührungslose magnetische Sicherheitsschalter zum Zug.
Soll aber höchste Sicherheit mit unbedingter Wirtschaftlichkeit gepaart sein, dann kommen berührungslose magnetische Sicherheitsschalter zum Zug. (Bild: Pilz)

Berechtigungen zentral und effizient managen

Zusammen mit der konfigurierbaren sicheren Kleinsteuerung PNOZmulti 2 ergibt sich eine Komplettlösung nicht nur für die Schutztürüberwachung. Sie realisiert in Kombination mit PITreader ein effizientes Berechtigungsmanagement: Der Anwender kann die Zugangsberechtigungen für Maschinen und Anlagen einfach per Drag and Drop mit der dazugehörigen Software PNOZmulti Configurator konfigurieren, auch komplexe hierarchische Berechtigungsmatrizen können im freien Anwenderbereich konfiguriert werden. Es werden die Mitarbeiter identifiziert, die aufgrund ihrer Aufgabe oder Qualifikation Zutritt zur Maschine oder Anlage bekommen dürfen. Je nach Unternehmensgröße kann es zudem sinnvoll sein, ein gruppenbasiertes Berechtigungsmanagement zu realisieren. Dann werden die unterschiedlichen Freigaben nicht an einzelne Personen, sondern an ganze Gruppen mit denselben Zugriffsrechten übertragen. Gleichzeitig können die Zugangsrechte beispielsweise für einen Maschinentyp, der konzernweit eingesetzt wird, zentral festgehalten und vergeben werden. Alle Berechtigungsmatrizen werden dabei über die Ausleseeinheit PITreader auf die RFID-Keys übertragen.

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