Der Makel der frühen Jahre, ein zu schlechter Wirkungsgrad bei hoher Blindstromaufnahme aus dem Netz (cos phi), ist längst vergessen. Heute – gut 90 Jahre nach den ersten Reluktanzmotoren – erlebt die Rotorvariante als Synchron-Reluktanzmotor wegen des guten Wirkungsgrads eine Renaissance. Auch weil die damals teure Läuferfertigung mit den heutigen Möglichkeiten, optimale Blechkonturen zu moderaten Kosten stanzen zu können, weggefallen ist. Inzwischen lassen sich hocheffiziente Motoren wirtschaftlich fertigen. Daher haben Synchron-Reluktanzmotoren durchaus das Zeug, die Asynchronmotoren mit ihren prinzipbedingten Läuferverlusten zu ersetzen – nicht nur als Pumpenantrieb, sondern bei allen Applikationen, die mit Frequenzumrichter drehzahlvariabel arbeiten.
„Er wird es!“, ist die klare Aussage von Prof. (Prof. h. c. mult. Dr.-Ing.) Peter F. Brosch auf die Frage: Wird der Reluktanzmotor zum Arbeitspferd der elektrischen
Antriebstechnik? Brosch, der an der Hochschule Hannover lehrt, kennt die Entwicklungen beim Reluktanzmotor bestens. Schon als Student forschte er vor 55 Jahren auf dem Gebiet der Reluktanzmotoren, beispielsweise für die AEG in Oldenburg. Erst jüngst hat er zusammen mit B.-Eng. Alexander Olenberger in einer Bachelor-Arbeit verschiedene Synchron-Reluktanzmotoren verschiedener Hersteller mit Frequenzumrichtern verschiedener Anbieter im Labor verglichen. Das Ergebnis macht Mut:
Die guten Wirkungsgrade – besonders im Teillastbereich – stimmen wirklich, wenn die Parameter am Umrichter entsprechend den Herstellerangaben richtig eingestellt sind. Nutzer können sich also auf die Angaben verlassen und sind keine Versuchskaninchen mehr!
Keine teuren Magnete erforderlich
Welche Eigenschaften sprechen für den immer noch zu unbekannten Motortyp, damit er breiten Einzug in industrielle Anwendungen finden kann? „Es sind der hohe Wirkungsgrad sowie die aus den geringeren Verlusten resultierenden geringeren Betriebstemperaturen von Lagern und Wicklungen“, skizziert Professor Brosch wichtige Eigenschaften, die für eine höhere Zuverlässigkeit sprechen. Für eine Massenproduktion ebenfalls interessant ist der geringere Materialverbrauch und günstigere Produktionsprozess. So entfällt beispielsweise das Einspritzen der Aluminium- oder Kupfer-Käfige wie beim Konkurrenten Asynchronmotor. Im Vergleich zu PM-Motoren erübrigt sich die die komplizierte Montage der teuren Magnete. Etwaige Mehrkosten beim Stanzen der anisotropen Blechkonturen halten sich in Grenzen. Dadurch ist der Läufer sehr Material-sparend und kostengünstig aufgebaut, wirtschaftlich zu fertigen und hat zudem ein geringeres Massenträgheitsmoment, was die dynamischen Eigenschaften verbessert.
Allerdings gelte es zwischen zwei Betriebsarten zu unterscheiden, so Brosch: Beim Netz-Reluktanzmotor, der für den direkten Betrieb am 50-Hz-Netz ausgelegt ist, werden die geblechten Läufer voll oder teilweise mit Aluminium ausgespritzt. „Dann hat der Läufer eine Kurzschlusswicklung für den asynchronen Anlauf“, so der Antriebs-Spezialist. Nur beim Standard-Synchron-Reluktanzmotor sind für den Betrieb am Frequenzumrichter weder Magnete noch Kurzschlusswicklungen erforderlich.
Sogar Effizienzklasse IE5 in Sicht
Ein besonders stichhaltiges Argument für einen Einbau des SR-Motors, ist sein Wirkungsgrad im Teillastbereich: Hier rotiert der SR-Läufer besonders energieeffizient und hebt sich deutlich vom IE3-Asynchronmotor ab, bilanziert Professor Brosch die Ergebnisse seiner Testreihen: „Besonders auffallend war, dass zwei Synchron-Reluktanzmotoren verschiedener Hersteller nahezu deckungsgleiche Ergebnisse zeigten.“ Das zeigt, dass die Hersteller die Konstruktion im Griff haben.
Seit Januar 2017 gelten in der EU neue Bestimmungen: Künftig sind IE3-Motoren oder IE2-Motoren mit Frequenzumrichter vorgeschrieben – nicht mehr erst ab 7,5 kW, sondern bereits bei Motoren ab 0,75 kW Leistung.
Auf dem Markt sind Motoren entsprechend den IE4-Vorschriften und sogar erste IE5-Versionen. Letztere sind laut Hersteller bereits für die nächste Fassung der DIN EN 60034-30 ausgelegt. „Mit IE5 ist aber erst einmal das Ende der wirtschaftlichen Fahnenstange erreicht“, so Professor Brosch.
Und weil es SynR-Motoren in IEC-Baugrößen gibt, ist ein Gebiet besonders für deren Einsatz geeignet: der Retrofit von Fertigungsmaschinen, damit sie den aktuellen Vorschriften entsprechen. Der Austausch vorhandener Motoren gegen energieeffiziente SynR-Motoren lohnt sich besonders dort, wo sie mit langen Betriebszeiten laufen. Das ist nicht nur bei Pumpen und Lüftern der Fall, sondern auch bei allen Einsatzszenarien, bei denen Umrichter die Antriebe steuern. „Das können Extruder, Kompressoren und auch Fahrantriebe in Gabelstaplern sein“, sagt Professor Brosch. Das einzige Problem bei solchen Anwendungen: „Der Synchron-Reluktanzmotor ist als Alternative zum Asynchronmotor häufig noch zu unbekannt – und der Projekteur zu unsicher, weil ohne Erfahrung.“ Alle, die jedoch den Schritt „gewagt“ haben, berichten von beachtlichen Einsparungen, wie Hersteller berichten.
Dass der SynR-Motor aber das Zeug dazu hat, seine bisherige Nischen-Anwendung zu verlassen, zeigen erste Einsatzfälle. Professor Brosch weiß von einem Motorenhersteller, der Synchron-Reluktanzmotoren bereits in fünfstelliger Menge im Markt habe: „Sie sollen zur vollsten Zufriedenheit der Nutzer laufen und Geld einspielen. Man sollte dem Beispiel folgen!“ (sk)
Autor:
Reinhard Kluger
ist Fachjournalist, Höchberg bei Würzburg.
Auf die Schnelle:
Das Wesentliche in 20 Sek.
- Synchron-Reluktanzmotoren sind besonders energieeffizient im Teillastbereich
- Niedrige Betriebstemperaturen der Wicklungen und Lager erhöhen Zuverlässigkeit
- Retrofit von Motoren ist dank IEC-Baugrößen einfach
Reinhard Kluger
(sk)