Energieeffizienz

Mit digital erfassten Daten ganzer Motorflotten lassen sich Energieeinsparpotenziale in der Industrie bestimmen und priorisieren. (Bild: ABB)

Klimaschutz ist weltweit in aller Munde und so will auch Deutschland die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 senken, bis zum Jahr 2050 sind sogar bis zu 95 Prozent angepeilt. Neben dem Einsatz erneuerbarer Energien und dem Ausbau der Elektromobilität spielt hierbei die Energieeffizienz eine wesentliche Rolle. Etwa 47 Prozent des gesamten Stromverbrauchs gehen laut ZVEI auf die Industrie, 70 Prozent davon entfallen auf elektrische Antriebe. Durch den Einsatz von Drehzahl-Regelung mit Frequenzumrichter und energieeffizienten Motoren lassen sich jährlich 19 Prozent Energie einsparen. Auch wirtschaftlich gesehen ist der Stromverbrauch der große Kostentreiber im gesamten Lebenszyklus eines Motors: Er macht rund 96 Prozent der Gesamtkosten aus. Der Kaufpreis liegt hingegen nur bei circa 2,5 Prozent. Allein der Bereich Motoren birgt also ein enormes Potenzial. Sind doch in der EU etwa acht Milliarden Elektromotoren im Einsatz: von kleinen Motoren für den Betrieb von Kühlventilatoren in Computern bis hin zu sehr großen Motoren für die Schwerindustrie.

Wie sich die Messdaten vernetzter Elektromotoren nutzen lassen

Ein neuer digitaler Service von ABB ermöglicht Industrieunternehmen, in ihren Anlagen die motorbetriebenen Systeme mit dem größten Energie-Einsparpotenzial zu identifizieren und so die Energieeffizienz und die Nachhaltigkeit zu verbessern. ABB Ability Digital Powertrain Energy Appraisal (Auswertung des Energieverbrauchs des digitalen Antriebsstranges) wird anhand der Messdaten ganzer Flotten digital vernetzter Elektromotoren aufzeigen, wo und wie viel Energie durch die Umrüstung auf effiziente Technologien eingespart werden kann. Auf dieser Grundlage können Industriebetriebe bei der Priorisierung ihrer Investitionen dann datengestützte Entscheidungen treffen.

Die Umrüstung auf energieeffiziente Technologie ist einer der einfachsten und kostengünstigsten Wege, um den Energieverbrauch und die damit verbundenen Treibhausgas-Emissionen zu senken. In der Industrie sind weltweit 300 Mio. motorbetriebene Systeme im Einsatz. Würden sie auf effiziente Systeme umgestellt, ließe sich der globale Stromverbrauch um bis zu zehn Prozent reduzieren. „Die Herausforderung für einen Industriebetrieb mit mehreren hundert Elektromotoren liegt darin, einen Anfang zu finden”, sagte Michael Pfeffer, Leiter des Geschäftsbereichs Service bei ABB Motion Deutschland. „ABB hat den neuen Service entwickelt, um durch die Analyse von Motordaten und die Ermittlung von Investitionsschwerpunkten maximale Energieeffizienzgewinne zu erzielen, die Betriebskosten zu senken und CO2-Emissionen zu verringern."

Elektromotor
In der EU sind etwa acht Mrd. Elektromotoren im Einsatz: von kleinen Motoren für den Betrieb von Kühlventilatoren in Computern bis hin zu sehr großen Motoren für die Schwerindustrie. (Bild: ABB)

Wie eine Zellstofffabrik dank Zustandsüberwachung Treibhausgas-Emissionen reduziert

Waggeryd Cell, Betreiber einer Zellstofffabrik in Südschweden mit branchenweit führender Energieeffizienz, profitiert bereits von den Vorteilen der neuen Lösung. Das Unternehmen wollte die Effizienz seiner energieintensiven Prozesse aufbauend auf seinem ABB Ability Condition Monitoring System verbessern. Die Zustandsüberwachungslösung analysiert die Daten digital vernetzter Motoren in Mahlaggregaten, Prozesspumpen, Lüftern und Förderbändern. Diese Daten haben die ABB-Experten für die energetische Bewertung mit der neuen Servicelösung Digital Powertrain Energy Appraisal genutzt und konnten so die zehn Motoren mit dem größten Potenzial zur Verbesserung der Energieeffizienz bestimmen. Waggeryd kann durch den Austausch von sechs dieser Motoren den Energieverbrauch und die Treibhausgas-Emissionen deutlich reduzieren.

Bisher erfordert eine Energieeffizienzbewertung die zeitraubende manuelle Erfassung und Auswertung der Daten, und es werden dabei nur die größten motorbetriebenen Systeme mit dem mutmaßlich größten Energiesparpotenzial berücksichtigt. Die erheblichen Einsparpotenziale kleinerer, weniger zugänglicher elektrischer Antriebe sind nicht so offensichtlich und werden deshalb leicht übersehen.

Der neue digitale Service ist eine Plug-and-Play-Lösung für die vereinfachte energetische Bewertung einer ganzen Flotte digital vernetzter Motoren, deren Betriebsdaten fernerfasst werden. Die Lösung liefert tiefere Einblicke in das Kosten-Nutzen-Verhältnis und die emissionsbezogenen Vorteile der Investition in die Aufrüstung auf hocheffiziente Antriebssysteme, die zugleich auch sicherer und schneller sind.

Ökodesign-Verordnung

Zum 1. Juli 2021 legte die Richtlinie EU 2019/1781 der EU-Kommission neue Anforderungen für Elektromotoren und Frequenzumrichter fest und ersetzt damit die Ökodesign-Verordnung 640/2009. So ist ab dann die Effizienzklasse IE3 verpflichtend für 3-phasige Elektromotoren mit einer Nennleistung zwischen 0,75 bis 1.000 kW, ab dem 1. Juli 2023 müssen sie bei einer Nennleistung zwischen 75 und 200 kW sogar IE4 aufweisen. Für Frequenzumrichter ist ab dem 1. Juli 2021 die Effizienzklasse IE2 verpflichtend.

Die Verordnung ist auch die erste Regulierung, bei der die Dokumentation digital erfolgt. Künftig können die weiterführenden Konformitätsinformationen außer in Papierform auch über einen QR-Code zugänglich gemacht werden. Und: In einem Schaltschrank eingebaute Frequenzumrichter müssen nicht noch einmal betrachtet werden, wenn sie schon konform sind. Für einen Maschinenbauer ist das ein wesentlicher Punkt, denn er muss die neue Regulierung nicht mehr auf seinen Schaltschrank anwenden.

Das sind die Stellschrauben für mehr Energieeffizienz bei Motoren

Kleine Motoren unter 750 W machen 90 Prozent des Elektromotorenbestandes aus, haben aber nur einen Anteil von 9 Prozent am gesamten Stromverbrauch. 68 Prozent davon entfallen auf Motoren mit einer Nennleistung zwischen 0,75 und 375 kW. Mengenmäßig bilden große Motoren mit Leistungen über 375 kW den geringsten Anteil, machen aber dennoch 23 Prozent des Energieverbrauchs aus. Etwa 420 Mio. Elektromotoren fallen unter die neue Verordnung. Nach deren Inkrafttreten wird erwartet, dass die jährlichen Einsparungen bis 2030 auf 110 TWh ansteigen, was beispielsweise dem Stromverbrauch der Niederlande entspricht. Dies bedeutet, dass jährlich 40 Mio. Tonnen CO2-Emissionen vermieden werden. Ein beachtlicher Beitrag zum Klimaschutz!

„Diese Perspektive mag auf den ersten Blick optimistisch erscheinen, doch die Technologien, um sie Realität werden zu lassen, sind bereits vorhanden“, erläutert Dr. Volker Lindenau, Leiter des Geschäftsbereichs Antriebstechnik bei ABB Deutschland. „Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und erfüllen mit unseren Synchronreluktanzmotoren bereits heute die Kriterien der Ultra-Premium-Energieeffizienzklasse IE5. Sie senken die Energieverluste um bis zu 50 Prozent und ermöglichen einen deutlich niedrigeren Energieverbrauch als Asynchronmotoren der Wirkungsklasse IE2“.

Der Einsatz von effizienten Elektromotoren und Frequenzumrichtern ist eine der wichtigsten Stellschrauben für mehr Energieeffizienz in der Industrie. Weitere Einsparpotenziale lassen sich heben, indem man zwei gängige Probleme adressiert: die Überdimensionierung der Produkte sowie das Vorhalten überschüssiger Systemreserven. Intelligente Tools wie der ABB Optimizer oder der EnergySave Calculator helfen, den passenden Motor oder Umrichter zu finden und zeigen die Einsparungen beim Energieverbrauch und den Kosten auf.

Zusammenarbeiten und die Digitalisierung nutzen

Energieeffizienz ist ein Treiber für mehr Klimaschutz und geht jeden an. Denn nur wenn alle Stakeholder – Industrie, Wissenschaft, Verbände, Politik und Investoren – zusammenarbeiten und an einem Strang ziehen, kann das komplette Potenzial gehoben werden. Nicht zuletzt können mit Hilfe der Digitalisierung Effizienzsteigerung erreicht werden. Durch intelligente, vernetzte Lösungen lassen sich Daten erfassen, aus denen wertvolle Informationen über den Zustand und die Leistung des Motors gewonnen werden können und die Anwendern die Möglichkeit bieten, Ineffizienzen in ihrem System zu erkennen, Betriebsrisiken zu reduzieren und Möglichkeiten zur Energieeinsparung aufzeigen. Mit dem neuen digitalen Service Ability Digital Powertrain Energy Appraisal von ABB ist es möglich, die motorbetriebenen Systeme mit dem größten Energie-Einsparpotenzial zu identifizieren und so die Energieeffizienz und die Nachhaltigkeit zu verbessern. (hw)

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