Globale Li-Ionen-Kapazitäten und China Anteil

Bild 2: Globale Li-Ionen-Kapazitäten und Chinas Anteil. (Bild: PGUB/JSC)

Im Reich der Mitte setzten die OEMs im Jahr 2017 bereits insgesamt 470.000 E-Autos und 105.000 Plug-In Hybride ab – 70 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit stieg in China der Marktanteil der Stromer 2017 von 1,4 auf 2,4 Prozent. Dazu kamen noch etwa 300.000 EV-Nutzfahrzeuge.

Im Jahr 2020 werden die Hersteller in China wohl bereits mehr als 1,5 Millionen Elektroautos und Plug-In-Hybride verkaufen. In Deutschland fanden 2017 mit fast 54.500 Elektroautos auch 117 Prozent mehr Neufahrzeuge einen Abnehmer als im Jahr zuvor, aber dennoch hinken Deutschland und Europa weit hinterher.

Neben umweltpolitischen Aspekten wie Luftverschmutzung in Städten oder Geräuschreduzierung bieten Elektrofahrzeuge, die keinen Verbrennungsmotor mehr mit mechanisch komplizierten Teilen brauchen, China die Chance, auch in der Automobilindustrie Weltmarktführer zu werden. Außerdem kann China so die Abhängigkeit von Erdölimporten verringern.

Alle Hersteller müssen 2020 einen Flottenverbrauch von 5 l/100 km erreichen. Falls der Verbrauch darüber liegt, drohen erhebliche Konsequenzen, unter anderem auch ein Verbot der Produktion bestimmter Fahrzeuge. Daher werden alle Hersteller sämtliche Register ziehen, um dieses Verbrauchziel zu erreichen. Die Maßnahmen reichen von der vermehrten Nutzung von Turboladern und Direkteinspritzern über 48 V und Plug-in-Hybrid hin zu EVs. Plug-In-Hybride mit mindestens 100 km elektrischer Reichweite und EVs zählen dabei zweifach und werden mit 0 l/100 km angesetzt.

Vorgabe in China

Die aktuelle Vorgabe in China lautet, dass ab 2019 Autohersteller, die mehr als 30.000 Autos pro Jahr in China verkaufen, für zehn Prozent ihrer Wagen eine Elektroquote erfüllen müssen, 2020 sind es dann schon zwölf Prozent. Schafft ein Hersteller es 2019 noch nicht, genügend Autos mit Elektroantrieb zu produzieren, kann er das mit einer gesteigerten Produktion 2020 einmalig nachholen oder muss sich Punkte von anderen Firmen kaufen. Dazu soll ein „Kreditpunktehandel“ aufgebaut werden. Wieviel ein Punkt kostet, steht noch nicht fest. Den Preis handeln die Unternehmen untereinander aus.

Man hat also die Wahl zwischen langfristig ausgehandelten Verträgen oder dem Gang auf den Spotmarkt. Dies ist aber gefährlich, weil es unter Umständen nicht genügend Punkte zu kaufen gibt und der Preis pro Punkt damit stark ansteigt. Wer zu wenige Punkte nachweisen kann, dem droht eine staatlich verordnete Drosselung der Produktion konventioneller Autos.

Bild 1: Prognose EV und Plug-In Hybrid Absatz China bis 2030.

Bild 1: Prognose EV und Plug-In Hybrid Absatz China bis 2030. JSC Automotive

Für jeden dieser Quoten-Wagen muss dann ein sogenannter Kreditpunkt nachgewiesen werden. Elektroautos mit hoher Reichweite erhalten gleich mehrere dieser Kreditpunkte; im besten Fall sind es bis zu sechs Punkte. Plug-In-Hybridfahrzeuge bekommen zwei Punkte, und Brennstoffzellenfahrzeuge erhalten bis zu fünf Punkte.

Im Endeffekt müsste ein Hersteller, der nur Elektroautos im Angebot hat, deren Batterien eine Reichweite von mindestens 350 km garantieren, 2019 lediglich zwei Prozent seines Fahrzeugabsatzes elektrisch bestreiten. Die meisten Autobauer rechnen mit vier Punkten pro Elektrofahrzeug. Für einen Automobilhersteller wie Volkswagen, den größten Hersteller in China, bedeutet dies beispielsweise, dass 2019 bei drei Millionen verkauften Wagen etwa 75.000 Elektro-Modelle gefertigt werden müssen.

Es gibt noch keine Vorgaben für die Zeit nach 2020, aber die Quote wird voraussichtlich jedes Jahr um zwei Prozent steigen. Dies wäre im Einklang mit dem Langfristplan, der 2017 vorgelegt wurde, aber noch nicht in Gesetze gegossen wurde.

 

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Marktentwicklung bis 2030

In den nächsten zwölf Jahren wird es verschiedene Phasen der Marktentwicklung geben, wobei sich die Phasen teilweise überlagern:

  • Bis 2020 produzieren die chinesischen Hersteller vor allem billige Elektroautos, um an Subventionen zu kommen. Oft werden diese an Flotten geliefert, die der gleichen staatlichen Einheit gehören wie der Fahrzeughersteller selbst. Ein Beispiel hierfür ist BAIC und die Taxiflotte von Peking, die beide der Stadt Peking gehören.
  • Ab 2019 werden die chinesischen Hersteller Elektroautos vor allem herstellen, um die Quoten für NEVs (New Energy Vehicles) zu erreichen. Unter NEVs verstehen die Chinesen Plug-In-Hybride (PHEVs), rein batteriebetriebene Fahrzeuge sowie EVs mit Brennstoffzelle. PHEVs kommen für die meisten chinesischen Hersteller nicht in Betracht, da diese sich in zu hohen Preisregionen bewegen und zu wenige Punkte bekommen.
  • Die internationalen Hersteller werden sich bis in die frühen 2020er Jahre vor allem auf die Flottenverbrauchsziele konzentrieren und Plug-In-Hybride, 48-V-Systeme und andere Technologien nutzen. Elektroautos kommen weniger in Betracht, solange die Batteriekosten zu hoch sind und die Reichweitenangst besteht. Billig-Elektroautos kommen nicht in Betracht – außer bei Joint-Ventures mit chinesischen Herstellern unter eigens dafür kreierten Marken.
  • Sobald der elektrische Antriebsstrang im Vergleich zu dem Verbrenner wettbewerbsfähig und die Reichweitenangst durch hohe Ladungsstations-Dichte verschwunden ist, werden sich sowohl die chinesischen als auch die internationalen Hersteller auf Elektroautos konzentrieren und PHEVs auslaufen lassen. Diese Phase wird ab 2022 beginnen.
  • Die NEV-Quote wird voraussichtlich jedes Jahr um zwei Prozent erhöht, sodass sie im Jahre 2030 bei 32 Prozent liegen wird. Durch die Mehrfachzählung wird diese Quote einfacher mit Elektroautos erreicht als mit Plug-In-Hybriden. Voraussichtlich wird der maximale Flottenverbrauch 2025 auf 4 l/100 km und 2030 auf 3,2 l/100 km reduziert. Diese Ziele werden Ende der 2020er Jahre en Passant durch hohe Verkaufsvolumina von Elektroautos erreicht.

Daher wird der Markt für Elektroautos bis 2020 voraussichtlich wachsen, um dann bis 2023 bei neuverkauften Elektroautos/Jahr sogar deutlich zu schrumpfen. Danach allerdings werden sich die Verkäufe von Elektroautos sprunghaft entwickeln; eine Phase, die durchaus bis 2040 anhalten könnte. Verkäufe von Plug-In Hybriden werden bis 2025 stark wachsen und danach stark absinken.

Lokalisierung wichtiger Technologien

Globale Li-Ionen-Kapazitäten und China Anteil

Bild 2: Globale Li-Ionen-Kapazitäten und Chinas Anteil. Bloomberg, Grafik: PGUB/JSC

China betreibt Wirtschaftspolitik konsequent Richtung Lokalisierung wichtiger Technologien. So haben die Behörden, angeblich aus Sicherheitsgründen, den Einsatz von koreanischen Batterien untersagt. Samsung und LG sind in der Volksrepublik seit 2017 verboten; daher investieren sie wie alle lokalen und sonstigen Zell- und Batteriehersteller in lokale, chinesische Fabriken. Als Konsequenz daraus wird China in den nächsten Jahren das Land mit der höchsten Fertigungskapazität für Lithium-Ionen-Zellen sein.

Die chinesische Regierung hat offensichtlich erkannt, dass es den inländischen OEMs schwerfallen wird mit hochwertigen EVs zu reüssieren. Die reinen Subventionen haben letztlich nur einen Markt für minderwertige EVs erzeugt. Daher sind die neuen Regeln für die NEV-Quoten viel stringenter auf den Einsatz von High-Tech ausgelegt. China hat auch erkannt, dass auch bei EVs die Marken ein herausragendes Merkmal für die Attraktivität eines Fahrzeugs sein werden. Eine allseits anerkannte Konsummarke aufzubauen ist deutlich schwieriger als im Investitionsgütergeschäft zu reüssieren.

Deshalb zieht sich China auf das B-to-B-Feld zurück, das auch leichter zu beherrschen ist. Dies erklärt auch die neue Vorschrift, dass Hersteller von Li-Ionen-Batterien bis 2020 eine Kapazität von mindestens 8 GWh haben müssen, um als Zulieferer zugelassen zu werden. China wird diesen Markt ähnlich aufrollen wie vor einigen Jahren den Markt für Solarpanels. Die Massenherstellung von EV-Batterien und deren sehr wahrscheinlich hohe Subventionierung wird natürlich zu deutlich geringeren Preisen führen. Allerdings wird voraussichtlich ab 2020 ein Rohstoffengpass bei Lithium eintreten und die Batteriekosten eher nach oben treiben. Fraglich ist, inwieweit die chinesische Regierung – wie bei den Solarpanel – wieder Zombiefirmen heranzüchtet. Zombiefirmen sind Unternehmen, die der Staat durch Subventionen am Leben erhält, um Arbeitsplätze zu erhalten, die aber keinen operativen Gewinn erzielen und bei denen auch keine Aussicht auf Verbesserung besteht.

 

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Batteriehersteller in China

Kapazitätsbedarf für EV-Batterien in China 2016 bis 2030

Bild 3: Kapazitätsbedarf für EV-Batterien in China 2016 bis 2030. PGUB/JSC

Der mit Abstand gröβte Batteriehersteller wird Contemporary Amperex Technology werden. Der Ursprung war Amperex Technology Ltd (ATL), das 1999 mit Sitz in Hong Kong von Robin Zeng gegründet wurde. 2005 wurde ATL von TDK gekauft, und 2011 gründete Robin Zeng CATL, blieb aber bis 2016 Top-Manager bei TDK. 2015 verkaufte ATL seine 15-Prozent-Beteiligung an CATL. Hintergrund war wohl, dass Subventionen vom chinesischen Staat eine Beteiligung ausländischer Unternehmen ausschließen. CATL konzentriert sich auf EV-Batterien und ATL auf Consumer-Batterien. ATL erhält von CATL Lizenzgebühren. ATL und CATL sind auf dem gleichen Firmengelände in Ningde, Fujian, und teilen sich auch ein Forschungszentrum dort mit etwa 1000 Mitarbeitern. Beide Firmen arbeiten auch sonst zusammen, aber es gibt keine näheren Details hierzu. CATL hat Büros in Schweden, Deutschland und Frankreich und plant auch eine Fabrik in Europa. Anteilseigner sind chinesische Investoren sowie Foxconn aus Taiwan, die für Apple in China iPhones montieren. Kunden von CATL sind unter anderem BMW, Hyundai, PSA, BAIC, SAIC, GAC und Changan. Im Februar 2017 kaufte CATL zudem 22 Prozent von Valmet in Finnland. Geplant sind dort Fertigung sowie Entwicklung von Batterien und Elektromotoren. CATL hat außerdem ein Joint-Venture mit SAIC, das ab 2018 Batterien produzieren wird.

Sollten sich die Prognosen von PGUB/JSC für die Verkaufsvolumina von EVs und PHEVs als richtig erweisen, dann würde deutlich mehr Batteriekapazität zur Verfügung stehen als der Markt benötigt. Ab 2020 wird voraussichtlich ein Preiskampf zwischen den chinesischen Herstellern entbrennen und ähnlich wie bei Solarpanelen könnte China versuchen, den Weltmarkt mit Kampfpreisen zu erobern. Dieses Mal würden die betroffenen Länder sich allerdings eine epische Schlacht mit China liefern und dies nicht geschehen lassen. Möglicherweise würde die chinesische Regierung dann die NEV-Quoten deutlich schneller erhöhen, um den chinesischen Herstellern das Überleben zu sichern. Daher muss man die Aussagen aus dem Langfrist-Weißbuch doch wörtlich nehmen und von einer Quote von 40 Prozent für Elektroautos bis 2030 ausgehen – und dies ohne Mehrfachzählung.

Eckdaten

Was tut sich in China wirklich in punkto Elektromobilität? Welche Vorgaben gibt es, und welche Konsequenzen hat das für den Automobilmarkt sowie für die OEMs? Antworten gibt dieser Beitrag anhand von Marktzahlen und Marktbeobachtungen.

In diesem Fall müsste bis 2030 eine jährliche Batteriekapazität von 620 GWh aufgebaut werden, was dann für eine Produktion von 10,3 Millionen EVs und 2,8 Millonen PHEVs ausreichen würde. Bei angenommenen 60 kWh für ein EV und 7,5 kWh für ein PHEV ergibt sich eine erforderliche Batteriejahresproduktion von 618,1 GWh in 2030, was eine Gesamtinvestionssumme von etwa 80 Milliarden US$ im Zeitraum 2017 bis 2030 erfordern würde, einschließlich Kapazität für Zellen und Module.

Peking und Shanghai

In Peking wird die Maximalanzahl der neu zugelassenen Autos weiterhin reduziert. Gab es 2017 noch 150.000 Neuzulassungen in der Stadt, werden es 2018 nur noch 100.000 sein, und das geht allein zu Lasten der Verbrenner. Die Zahl der Elektroauto-Zulassungen bleibt mit 60.000 auf dem Stand von 2017, bei den Verbrennern sinken die Neuzulassungen hingegen von 90.000 auf 40.000. In Shanghai hingegen wird zwar die Anzahl der Zulassungen für Verbrenner limitiert, die Anzahl der Zulassungen für Elektroautos jedoch nicht.

Weg von Subventionierung in einigen Jahren

Derzeit gibt es in China umgerechnet bis zu 7300 € Zuschuss beim Kauf eines Elektrofahrzeuges. Die volle staatliche Förderung erhalten allerdings nur Modelle, die in China entwickelt und dort auch gebaut wurden, denn die chinesische Regierung will mit der Prämie für Elektrofahrzeuge hauptsächlich die heimische Automobilwirtschaft voranbringen.

Ab 2021 wird es allerdings keine Subventionierung mehr geben, da sich das Programm mit insgesamt etwa 80 Milliarden US$ bis Ende 2020 als zu teuer und nicht zielführend erwiesen hat, weil die meisten der EVs sehr einfach und billig aufgebaut sind. Genau das soll sich mit der Quotenregelung ändern.

Bis Ende 2017 wurden zudem schon 80 Prozent der Busse in Chinas Millionenstädten auf Elektro-Betrieb umgestellt; insgesamt wurden letztes Jahr etwa 43.000 große E-Busse (über 10 m Länge) und etwa 31.500 mittlere E-Busse (6 bis 10 m Länge) gebaut.

 

Auf der nächsten Seite lesen Sie einen Ausblich für die nächsten Jahre.

Ausblick für die nächsten Jahre

Bis 2020 ist mit einem Anteil der E-Autos der globalen Neuzulassungen von 2,5 bis sechs Prozent zu rechnen. 2025 könnten es dann schon 12 bis 25 Prozent sein, 2030 sogar 25 bis 40 Prozent. Davon entfallen auf China mindestens ein Drittel.

In der jüngsten Vergangenheit hat sich zudem zwischen ausländischen und chinesischen Herstellern eine große Dynamik entwickelt. Welcher OEM ist dabei mit welchem chinesischen NEV-Unternehmen Joint-Ventures eingegangen oder plant dies? Hier ein paar Beispiele:

  • Volkswagen arbeitet mit dem Hersteller Anhui Jianghuai Automobile (JAC) zusammen.
  • Ford kündigte an, mit Chinas Zotye-Autogruppe zusammenzugehen.
  • Die Renault-Nissan-Gruppe plant 2019 ein Joint Venture mit Dongfeng Motor.
  • Honda Motor plant, 2018 ein Batteriewerk in China zu errichten.

Chinas Autokonzern Great Wall, der 2016 mehr als eine Million SUV, aber kein einziges Elektroauto produzierte, kaufte sich mit 25 Prozent in das Yogomo-Unternehmen ein, das billige Elektroautos baut. Great Wall wird zudem mit BMW Elektroautos bauen.

Dies alles sind unumkehrbare Zeichen, dass China auf dem Weg der Elektrifizierung des Verkehrs konsequent in Richtung Marktführerschaft bei (E-)Automobilen voranschreitet. Dabei geht das Land auch Themen an wie die Entsorgung von Lithium-Ionen-Zellen, der Aufbau von Ladeinfrastruktur (Ziel ist eine Säule pro NEV pro km in wenigen Jahren), genügend Batterieproduktionskapazität, stringente Verbrauchsvorschriften und Quoten für Elektroautos.

Jochen Siebert und Peter Gresch

arbeiten bei PGUB/JSC

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