Kombi-Steckverbinder für High-Power und Highspeed-Signale

Kombi-Steckverbinder für High-Power und Highspeed-Signale (Bild: ept)

Die simultane Übertragung von hohen Strömen und (Highspeed-)Signalen über einen BtB-Steckverbinder ist alles andere als trivial. Unter Berücksichtigung einiger Kriterien ist dies jedoch möglich – und kann somit sowohl den Platzbedarf als auch die Kosten senken.  Der folgende Ausflug in die Grundlagen erläutert zunächst den Begriff der Stromtragfähigkeit und erklärt dann die Gesamtproblematik.

Hintergrund: Stromtragfähigkeit von Steckverbindern

Fließt ein elektrischer Strom durch einen Widerstand, führt dies zu Verlustleistung, die sich in Erwärmung des bestromten Materials äußert. Je höher dabei der Stromfluss, desto stärker erwärmt sich dabei auch der Leiter. Diese Heizleistung P – auch Joul’sche Verlustleistung genannt – ergibt sich dabei aus dem Widerstand des Leiters R und der Stromstärke I, welche quadratisch in den Term eingeht.

Formel
(Bild: ept GmbH)

Aus dieser Formel lassen sich zwei Kernaussagen ableiten: Zum einen führt eine Verdopplung des Stroms zu einer Vervierfachung der Verlustleistung. Zum anderen verhält sich der Widerstand eines elektrischen Bauteils proportional zu seiner Heizleistung P und hat damit unmittelbaren Einfluss auf thermische Veränderungen. Wovon der Leiterwiderstand R abhängig ist, wird aus folgender Formel ersichtlich:

Formel
(Bild: ept GmbH)

Demnach erhöht sich der Widerstand R folglich mit zunehmendem spezifischem Widerstand des Leitermaterials ρ(T) sowie der Länge l des Leiters. Je größer dabei dessen Querschnittsfläche A, desto geringer auch der Widerstand R.

Die Temperatur, die auf ein elektrisches Bauteil einwirkt, ist maßgeblich für dessen ordnungsgemäße Funktionsweise entscheidend, denn elektrische und mechanische Eigenschaften verändern sich in Abhängigkeit von thermischen Einflüssen. So nimmt bei einer signifikanten Temperaturerhöhung von Metallen der spezifische elektrische Widerstand ρ zu, während er zugleich an Festigkeit verliert.

Um einen Temperaturanstieg über die bauteilspezifische Grenztemperatur hinaus zu verhindern, ist es daher in der Praxis notwendig, den Stromfluss zu begrenzen.

Bild 1: Basis-Strombelastbarkeitskurve gemäß DIN EN IEC 60512-5-2.
Bild 1: Basis-Strombelastbarkeitskurve gemäß DIN EN IEC 60512-5-2. (Bild: ept GmbH)

Ermittlung der theoretischen Stromtragfähigkeit pro Pin

Möchte man die Stromtragfähigkeit pro Pin ermitteln, muss berücksichtigt werden, dass die maximal zulässige Temperaturerhöhung Δt in Kombination mit der Umgebungstemperatur TUmgebung nicht die maximal zulässige Grenztemperatur TGrenz des Bauteils überschreiten darf. TGrenz ergibt sich dabei aus der thermischen Belastbarkeit der verwendeten Werkstoffe, wohingegen TUmgebung die Temperatur in unmittelbarer Nähe des Steckverbinders, also die geräte-interne Temperatur der Baugruppe während des Betriebs beschreibt. Mithilfe von Strombelastbarkeits-Kurven kann man ermitteln, wie viel Strom bei einer gegebenen Umgebungstemperatur durch einen Kontakt geführt werden darf, um die maximal zulässige Grenztemperatur des Bauteils nicht zu überschreiten. Je höher dabei die Umgebungstemperatur, desto geringer ist entsprechend auch die Strombelastbarkeit pro Steckverbinderkontakt (Bild 1).

Wird eine Basis-Strombelastbarkeits-Kurve erstellt, muss nach DIN EN IEC 60512-5-2 bei mindestens drei verschiedenen Strömen I der Temperaturanstieg Δt ermittelt werden. Anhand dieser Werte wird die restliche Basis-Strombelastbarkeits-Kurve interpoliert. Je größer die Anzahl der Messungen, desto exakter lässt sich die Basis-Strombelastbarkeits-Kurve abbilden. Dabei sollten insbesondere im Grenzbereich der maximalen Temperaturerhöhung die Werte gemessen werden.

Normierte Derating-Kurve

Die Basis-Strombelastbarkeits-Kurve wird um den Korrekturfaktor 0,8 reduziert, sodass man die offizielle, in der Norm DIN EN IEC 60512-5-2 definierte Strombelastbarkeits-Kurve (Derating-Kurve) erhält. Datenblätter enthalten ausschließlich diese korrigierte Strombelastbarkeits-Kurve. Die Gründe für den Korrekturfaktor sind vielschichtig: Es werden damit sowohl Unsicherheiten in der Messanordnung und bei der Temperaturmessung berücksichtigt als auch eine Widerstandserhöhung, die sich während der Lebensdauer des Steckverbinders ergeben kann.

Bei der Ermittlung der Stromtragfähigkeit von Board-to-Board-Steckverbindern gemäß DIN EN IEC 60512-5-2 werden alle Kontakte der Steckpärchen in Reihe geschaltet. An der Position, die sich am Bauteil am stärksten erwärmt, befindet sich zur Messung zusätzlich ein Temperaturfühler, der die Bauteiltemperatur misst.

Stromtragfähigkeit in der Praxis

In realen Automotive-Anwendungen werden jedoch selten alle Kontakte eines Steckverbinders mit dem maximalen Stromwert belastet. In der Regel sind nur ein paar Kontakte für die Stromversorgung eines elektrischen Gerätes erforderlich; der Rest der Kontakte stellt die Signalübertragung zwischen zwei Leiterplatten sicher. In Hochfrequenzanwendungen erfolgt die Signalübertragung im Milliampere-Bereich, was zu einer kaum messbaren Erwärmung der Signalkontakte führt. Die Bestromung einzelner Pins erzeugt zudem weniger Wärmeenergie, weshalb die Stromtragfähigkeit deutlich besser ausfällt. Diese Ergebnisse sind auch im Labor reproduzierbar.

Bild 2: Beispiel Zero8 – Stromtragfähigkeit pro Kontakt in Abhängigkeit von Polzahl und Anzahl stromführender Kontakte.
Bild 2: Beispiel Zero8 – Stromtragfähigkeit pro Kontakt in Abhängigkeit von Polzahl und Anzahl stromführender Kontakte. (Bild: ept GmbH)

Bild 2 zeigt beispielhaft, wie sich beim Steckverbinder Zero8 in Abhängigkeit der Polzahl und Anzahl stromführender Kontakte unterschiedliche Stromangaben pro Kontakt ergeben. Grund hierfür ist eine geringere Hotspot-Bildung im Inneren von Steckverbindern mit kleiner Polzahl: Hier entsteht weniger Wärme, und diese kann besser verteilt werden. Noch besser erfolgt die Wärmeableitung, wenn der Strom nur über einen kleinen Anteil der Kontakte geführt wird.

Außerdem lässt sich bei Anwendungen, die keinen hohen EMV-Schutz benötigen, auch die Schirmung eines Board-to-Board-Steckverbinders für die Stromübertragung verwenden (Bild 3).

Bild 3: Zero8 in ungeschirmter (links) und geschirmter (rechts) Ausführung.
Bild 3: Zero8 in ungeschirmter (links) und geschirmter (rechts) Ausführung. (Bild: ept GmbH)

Im Gegensatz zu dem Derating-Diagramm der Kontakte in Bild 2 steigt dabei die Strombelastbarkeit pro Schirmblech mit zunehmender Polzahl, weil sich der Strom bei der Übertragung auf eine größere Fläche verteilt (Bild 4).

Stromtragfähigkeit: Einflussmöglichkeiten beim Steckverbinder

Entscheidend für die elektrische Leitfähigkeit eines Steckverbinders ist unter anderem das Kontaktmaterial. Handelsüblich kommt eine Bronzelegierung mit 6-prozentigem Zinnanteil (CuSn6) zum Einsatz. CuNiSi, eine Legierung aus Kupfer, Nickel und Silizium, verfügt hingegen über die dreifache Leitfähigkeit und bietet darüber hinaus den Vorteil von hervorragenden Relaxationseigenschaften. So bleiben in Kombination mit einer doppelten Kontaktierung auch nach Lebensdauer- und Vibrationsprüfungen dauerhaft hohe Kontaktkräfte – und damit geringe Übergangswiderstände – erhalten.

Der Ohm’sche Kontaktwiderstand lässt sich zudem durch eine große Kontaktfläche und eine hohe Kontaktnormalkraft an der Kontaktstelle möglichst gering halten. An der Steckverbinderoberfläche stellen Fremdschichten, beispielsweise durch Abriebpartikel, ein Risiko für einen erhöhten Übergangswiderstand dar. Um dies von Vornherein zu vermeiden sind wertige Steckverbinder zumindest mit einer oberflächlichen Goldschicht versehen.

Zudem muss der Isolierkörper eines Steckverbinders aus hitzebeständigem Material sein, um dauerhaft hohe Ströme führen zu können. Hierzu eignet sich beispielsweise ein wärmebeständiges LCP-Material.

Ein konstanter Kontaktquerschnitt ermöglicht darüber hinaus, dass hohe Ströme über den Kontakt geführt werden, ohne eine partielle Überhitzung des Kontaktes zu riskieren. Die Vermeidung von Querschnittsänderungen wirkt sich außerdem positiv auf den Impedanzverlauf und damit auf die HF-Eigenschaften eines Steckers aus.

Bild 4: Strombelastbarkeit pro Zero8-Schirmblech.
Bild 4: Strombelastbarkeit pro Zero8-Schirmblech. (Bild: ept GmbH)

Hintergrund: Highspeed im Steckverbinder

Der Impedanzverlauf eines Steckverbinders ist von besonderer Bedeutung für die Signalintegrität. Sobald sich die Impedanz im Übertragungsweg des Signals verändert, entstehen Reflexionen. Diese reduzieren die Effizienz der Datenübertragung. Schon eine Material- oder Geometrieänderung kann eine Schwankung der Impedanz verursachen.

Doch nicht nur die Kontaktgeometrie des Steckverbinders, sondern auch die Rise Time (Anstiegszeit) hat einen direkten Einfluss auf den Impedanzverlauf und somit auf die Qualität der Signalübertragung (Bild 5). Digitale Systeme operieren zwar idealisiert auf rechteckförmigen Signalen, welche ihren Zustand unmittelbar wechseln können. In der Realität benötigt der Zustandswechsel jedoch Zeit. Die Rise Time beschreibt die Zeit, in der das Signal zwischen zwei definierten Amplituden-Werten (in der Regel 10 und 90 %) liegt. Je geringer die Rise Time, desto größer die Bandbreite.

Signalreflexionen infolge von Impedanzabweichungen sind Verluste, die mittels Insertion-Loss-Diagramm sichtbar werden. Der Einfügedämpfung (Insertion Loss) gibt die Abschwächung des Signals durch den Steckverbinder als Verhältnis zwischen dem durchgelassenen und dem einfallenden Signal wieder. Hierzu ein Beispiel: Zieht man als Kriterium für die Datenrate des Steckverbinders Zero8 einen typischen Wert der Einfügedämpfung von -3 dB heran, ergibt sich bei 11 GHz eine Übertragungsgeschwindigkeit von 22 Gbit/s. Eine Einfügedämpfung von -3 dB entspricht einem Signalverlust von 30 % bzw. einem Leistungsverlust von 50 % (Bild 6).

Bild 5: Impedanzverlauf des Zero8 in Abhängigkeit der Rise Time.
Bild 5: Impedanzverlauf des Zero8 in Abhängigkeit der Rise Time. (Bild: ept GmbH)

Highspeed: Einflussmöglichkeiten beim Steckverbinder

Verluste in der Signalübertragung lassen sich demnach durch einen gleichmäßigen Impedanzverlauf minimieren. Über die Höhe der Leitungsverluste entscheiden dabei Pinquerschnitt und -material. Überstehende Leitungselemente können darüber hinaus als Antennen wirken und zu unerwünschten Resonanzen führen.

Die besondere Herausforderung im Design von Highspeed-Steckverbindern liegt daher in der Steuerung ihrer Impedanz. Diese wird von induktiven und kapazitiven Eigenschaften bestimmt, welche wiederum von Größe, Anordnung und Design der Pins abhängen. Im besten Fall sollte ein Steckverbinder eine auf die Applikation angepasste Impedanz besitzen – in der Regel 85 oder 100 Ω.

Auch Dielektrika, die sich auf die Signalausbreitung auswirken, können die Signalintegrität beeinflussen. Somit spielt die Verwendung eines geeigneten Isolierkörpermaterials nicht nur für die Höhe der Stromtragfähigkeit, sondern auch für die Qualität der Signalübertragung eine entscheidende Rolle.

Bild 6: Insertion Loss in Abhängigkeit der Frequenz am Beispiel des Zero8.
Bild 6: Insertion Loss in Abhängigkeit der Frequenz am Beispiel des Zero8. (Bild: ept GmbH)

Die Kombination von Stromtragfähigkeit und Highspeed im Steckverbinder

Die Verwendung eines Steckverbinders zur simultanen Strom- und Signalübertragung, geht das überhaupt? Was zunächst widersprüchlich klingt, ist durchaus umsetzbar: Voraussetzungen hierfür sind die geeignete Materialbeschaffenheit von Isolierkörper und Pins sowie die Kontaktgeometrie mit geringen Querschnittsänderungen. Sind diese Kriterien erfüllt, dann lassen sich bei der richtigen Pinbelegung in einem Steckverbinder sowohl hohe Ströme als auch HF-Signale übertragen. Hierzu ist es empfehlenswert, die äußeren Kontakte zur Stromübertragung zu nutzen und diese über zusätzliche Groundkontakte von den differenziellen Paaren zur Signalübertragung zu separieren. Diese Separierung vermeidet einerseits elektromagnetische Einflüsse der Stromübertragung auf die Signalübertragung und sorgt andererseits für eine verbesserte thermische Verteilung. Zusätzlich lassen sich die Lötflächen der Boardlocks sowie die Schirmbleche mit den Powerkontakten zusammenfassen, sodass diese als zusätzliche Kühlkörper fungieren.

Auf diese Weise können Highspeed und Stromtragfähigkeit durchaus miteinander kompatibel sein. Darüber hinaus bietet es entscheidende Vorteile, auf zusätzliche Steckverbinder zur Stromübertragung zu verzichten: So können unnötige Kosten, beispielsweise durch doppelte Materialbeschaffung, Freigabeschleifen und Lagerung ebenso eliminiert werden wie der Risikofaktor, der durch mangelnden Toleranzausgleich verschiedener Steckverbinder zueinander entsteht. In Zeiten zunehmender Miniaturisierung ein weiterer Pluspunkt: Entwickler sparen sich kostbaren Bauraum in ihrer Anwendung. Hohe Ströme und Highspeed-Signale zugleich sind somit eine Frage des Steckverbinder-Designs. (av)

Autoren

Martin Adamczyk und Laura Mitlewski arbeiten beide bei ept: er als Produktmanager, sie als PR & Content Manager.

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