Prinzipiell geht der Trend im Bereich Infotainment zu einer Individualisierung und einer nahtlosen Einbindung der Smartphones in das Fahrzeug. Da liegt der Schluss nahe, statt einer rein fahrzeug- oder markenspezifischen Benutzeroberfläche das vom Handy her bekannte HMI zu verwenden. „Aus den umfassenden Verbraucherstudien von Visteon sowie unterstützenden Sekundärdaten geht hervor, dass Autokäufer sich für ihre Fahrzeuge Benutzeroberflächen wünschen, die denen ihrer Mobiltelefone, Tablets und Music Player ähneln“, erklärt Christian Feltgen, Global Director des Bereichs Cockpit Electronics bei Visteon. Er betont, dass einerseits 94 % der Anwender ein Fahrzeug-HMI möchten, das „mehr wie das HMI auf ihrem Smartphone“ ist, und andererseits 86 % der Anwender es bevorzugen, ihr Smartphone über einen fest im Fahrzeug eingebauten Touchscreen zu bedienen sowie zu steuern.
Für die OEMs heißt es, den Spagat zwischen der Wahrung ihrer Markenidentität und einem funktionellen sicheren Fahrerlebnis auf der einen Seite und einer iOS-, Android- oder Windows-8-ähnlichen Oberfläche auf der anderen Seite einzugehen. Mit dem „Smart Screen Concept“ (Bild 1) geht Visteon exakt diese Aufgabenstellung an.
Head-up-Displays
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird auf der IAA 2013 das Thema Head-up-Display (HUD) auch bei den Endkunden eine wichtige Rolle spielen, denn sonst hätten nicht so viele Zulieferer in letzter Zeit neue Head-up-Displays vorgestellt: Bosch, Continental und Delphi sind auf der Liste der HUD-Hersteller genauso vertreten wie MTA, Nippon Seiki oder Visteon. Vor allem die Combiner-HUDs, bei denen die Projektion nicht auf die Windschutzscheibe sondern auf eine separate, davor angebrachte Scheibe erfolgt, dürften bald in hohen Stückzahlen Einzug in die Fahrzeuge finden, weil sie eine erheblich preisgünstigere Integration ermöglichen. Immerhin passt ein Modell eines Combiner-HUD dann vom Prinzip her in alle Fahrzeuge, da keine zeit- und kostenintensive Anpassung mehr an die Form der Windschutzscheibe erforderlich ist.
Touchpad und Gestensteuerung
Nicht nur auf der CES zeigten diverse Unternehmen wie beispielsweise Continental oder Visteon diverse Varianten von Touchpads, die oft auch noch ein haptisches/taktiles Feedback liefern können. Die nächste Stufe ist dann die räumliche Gestensteuerung. Hierbei arbeiten die Tier-1s mit unterschiedlichen Methoden zur Erkennung der Gesten, wobei diverse Demonstratoren auf die optische Erfassung per Videokamera setzen, was beispielsweise bei Nachtfahrten durchaus noch Probleme bereiten kann.
GestIC
In Zukunft wird wohl auch die vom Chiphersteller Microchip entwickelte GestIC-Technologie eine wesentliche Rolle spielen: GestIC erfasst mit Hilfe von elektrischen Feldern die Handbewegungen im Nahbereich bis 15 cm, wobei sich je nach Postition durch die Absorption der Hand unterschiedliche Störungen in den elektrischen Feldlinien ergeben. Wie gut diese Erfassung in allen drei Dimensionen funktioniert, das sehen Sie in einem Video, das AUTOMOBIL-ELEKTRONIK für Sie erstellt hat.
Für die Auswertung der Handbewegungen sorgt dann die Gestenerkennung im Rahmen der ebenfalls von Microchip erhältlichen Coibri-Suite. Das Colibri-Softwarepaket nutzt einen stochastischen Klassifizierer des Typs HMM (Hidden Markov Model) in Kombination mit den Positionsvektoren der Hand. Nach Angabe von Microchip soll GestIC auch im bekanntlich stark EMV-belasteten Fahrzeug ordnungsgemäß funktionieren.
NFC und Qi
Nachdem jetzt immer mehr Smartphones mit NFC-Technologie sowie teilweise auch mit Qi-Funktionalität ausgerüstet sind, werden sicherlich auch NFC und Qi Einzug ins Fahrzeug halten. NFC (Nearfield Communication, etwa: Nahfeld-Kommunikation) vereinfacht nämlich das authentifizierte Pairing zwischen zwei Bluetooth-Geräten, indem während der Bluetooth-Kommunikation zusätzlich noch Authentifizierungs-Informationen über die NFC-Verbindung im Rahmen eines „Negotiated Handover“ ausgetauscht werden. In einem für Volkswagen entwickelten Radio setzt Continental hierfür beispielsweise ein NFC-Modul von ALPS in Kombination mit dem Sensor RC-S620 von Sony ein.
Das schöne an der NFC-Technologie ist die Tatsache, dass NFC für den Anwender völlig problemlos abläuft und kein Pin-Code mehr zur Bluetooth-Authentifizierung erforderlich ist. Der Anwender muss hierzu nur das NFC-Smartphone an eine vordefinierte Stelle legen, und bei Bedarf wird das Mobilgerät dabei auch gleich kontaktlos per Qi-Technologie geladen.
(av)