Viele Entwickler halten Galliumnitrid inzwischen für die bessere Schaltertechnologie als Silizium. Das liegt daran, dass GaN-Transistoren einen sehr niedrigen RDS(on) (Source-Drain-Einschaltwiderstand) haben und sehr hohe Schaltfrequenzen erlauben. Außerdem sind sie besonders robust, da sie – anders als herkömmliche Silizium-MOSFETs – keinen Lawinendurchbruch aufweisen. GaN ist bei HF- und LED-Anwendungen bereits weit verbreitet, doch der Einsatz dieser Technologie in der Leistungselektronik bringt neue Herausforderungen mit sich. Der vorliegende Artikel behandelt Fragen der Robustheit, Qualität und Zuverlässigkeit der neuesten, AEC-Q101-qualifizierten 650V-Power-GaN-FET-Technologie von Nexperia bei hohen Spannungen und hohen Temperaturen.
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Wide-Bandgap- (WBG) Materialien bieten die Kombination aus höherer Spannungsfestigkeit und größerer Elektronenbeweglichkeit. Dadurch haben die Bauteile einen sehr kleinen RDS(on), höhere Sperrspannungen und ein deutlich besseres Schaltverhalten, was sich in kleineren FOM-Werten (Figure of Merit, Produkt aus Gate-Ladung und Einschaltwiderstand) niederschlägt. Im Vergleich zu den verschiedenen Silizium-Transistor-Implementierungen – vertikal, lateral, Super-Junction usw. – reduziert die GaN-Technologie sowohl die Schalt- als auch Durchlassverluste, was zu einer signifikanten Verbesserung der Effizienz führt. Daher ist für die meisten Entwickler die Diskussion darüber, welche Technologie für Leistungsschalter besser geeignet ist, beendet – es ist Galliumnitrid. Dabei ergeben sich allerdings auch Fragen zum Nachweis der Robustheit von GaN-Schaltern in realen Anwendungen sowie zur Qualität, Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit der Technologie.
GaN-FETs sind gerade dabei, sich am Markt zu etablieren. Viele Bauteile sind vielversprechend und unterliegen nicht den Einschränkungen von Silizium-IGBTs und Super-Junction- (SJ) FETs. So können beispielsweise bei einigen hartschaltenden Topologien, für die Silizium-SJ-FETs aufgrund der Reverse-Recovery-Diodenverluste ungeeignet sind, problemlos GaN-FETs eingesetzt werden. Damit verbundene Vorteile sind eine geringere Bauteilanzahl und ein höherer Wirkungsgrad.
Derzeit gibt es zwei Typen von GaN-FETs: Selbstsperrende Anreicherungs-FETs (Enhancement, „E-mode“) mit einem Chip und Verarmungstyp-FETs (Depletion, „D-mode“), die durch Verschaltung zweier Chips in einer sog. Kaskode selbstsperrend werden. Während der E-mode FET als einzelner Chip scheinbare Größen- und Kostenvorteile ermöglicht, benötigt dieser aber, insbesondere bei Leistungsanwendungen mit hohen Spannungen, eine komplexere Treiberschaltung, welche nur wenig Spannungstoleranz zulässt und ist zudem weniger gut für den Betrieb bei hoher Temperatur geeignet ist. Auch die Stabilität und der Leckstrom von E-mode-Typen können problematisch sein. Zur Vermeidung von parasitärem Einschalten und gefährlichem Brückenkurzschluss sind eine hohe Gate-Schwellenspannung und ein stabiler Gate-Treiber erforderlich. Aktuelle E-mode-Technologien arbeiten mit Gate-Schwellenspannungen von nur etwa 1V. Im Gegensatz dazu haben die neuen H2-GaN-HEMT Kaskoden von Nexperia eine Gate-Schwellenspannung von 4V, wodurch einfachere Gate-Treiberschaltungen eingesetzt werden können. Um das selbstsperrende Verhalten zu erzielen, befindet sich in Nexperia’s Kaskode ein kleiner Silizium-MOSFET direkt auf der Source-Elektrode des GaN-HEMTs. Nexperia fertigt sowohl den GaN-Transistor als auch den Silizium-MOSFET hausintern, was eine sehr guten dynamische Abstimmung der beiden Bauteile gewährleistet. Dank dieser Struktur lässt sich der Schalter wie ein einfaches Silizium-MOSFET-Gate ansteuern – so wie Ingenieure es seit Jahrzehnten gewohnt sind.
Robustheit
Die H2 650V GaN-FETs von Nexperia sind für den Betriebstemperaturbereich von –55 bis +175°C ausgelegt (Tjmax = 175°C). Wie bereits erwähnt, haben die Bauteile eine hohe Schwellenspannung von 4V und bieten dadurch eine große Sicherheitsreserve im Hinblick auf Gate-Source-Transienten. Die Gate-Struktur ist ebenfalls sehr zuverlässig (±20V) und die Bauteile mit 650V Nennspannung sind zudem für kurzzeitige Schalttransienten deutlich darüber (vgl. VTDS Wertim jeweiligen Datenblatt). Die Body-Diode zeichnet sich durch eine sehr niedrige Vorwärtsspannung Vf von nur 1,3V aus und ermöglicht ähnliche Freilaufströme wie Silizium-MOSFETs, ohne dass dafür komplexe Totzeit-Einstellungen vorgenommen werden müssen. (Parameter des 50mΩ-GaN-FETs (typ @ 25°C)).
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Qualitäts-Qualifizierung
Die GaN-FETs der neuesten Generation von Nexperia sind nach AEC-Q101 Rev. D qualifiziert. An 50mΩ- (typ @ 25°C) 650V-Typen wurden Hochtemperatur-Reverse-Bias- (HTRB) Tests über 1000 Stunden und Tests zum Anstieg des dynamischen RDS(on) durchgeführt. (Anmerkung: Die Verwendung des Begriffs 'dynamischer' RDS(on) soll betonen, dass die RDS(on)-Messergebnisse von einem dynamischen Test im Schalterbetrieb stammen – das ist bei GaN FETs wichtig, weil nur so kurzzeitige RDS(on)-Schwankungen infolge von Charge-Trapping erkannt werden). Temperaturzyklustests (1000 Zyklen) wurden über den Bereich von –55°C bis +150°C durchgeführt. Darüber hinaus wurden Hochtemperatur- (+175°C) Gate-Bias-Tests mit positiver (+20V) und negativer (–20V) Bias-Spannung, Hochtemperatur-Feuchtigkeitstests mit und ohne Bias sowie Lebensdauertests durchgeführt.
HTRB
Um den HTRB-Test nach AEC-Q101 zu bestehen, darf sich der RDS(on) um nicht mehr als 20% verändern. Wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist, verschiebt sich der dynamische RDS(on) um weniger als 15%. Ein zusätzlicher HTRB-Test wurde bei 800V über 10 Stunden durchgeführt und bestanden. Diese Spannung liegt deutlich über der spezifizierten Nennspannung, entspricht aber der Spezifikation für repetitive Spannungsspitzen.
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HTOL
Lebensdauertests bei hohen Temperaturen werden zwar vom AEC-Q101-Standard nicht vorgeschrieben, sind aber nützlich, um die Zuverlässigkeit der Bauteile unter realen Betriebsbedingungen zu validieren. Bei neuartigen Materialien wie GaN sind solche Tests besonders wichtig, weil sie etwaige unbekannte Ausfallmechanismen aufdecken. Der Betrieb als Halbbrücke im kontinuierlichen Leitmodus ist die elementarste Testmethode zur Ermittlung des Schaltverhaltens. Für diesen Test wurden mehrere identische Halbbrückenschaltungen mit jeweils zwei GaN063-650WSA gebaut und unter den folgenden Bedingungen als Synchron-Hochsetzsteller betrieben:
- Vin = 200V
- Vout = 480V
- Pout = 800W
- Tj = 175°C
- Schaltfrequenz = 300kHz
Abbildung 2 zeigt den Wirkungsgrad aller Testobjekte über 1.000 Stunden. Die Testergebnisse lassen keine Anzeichen von Alterung erkennen. Nach diesen Tests wurden alle Testobjekte auf Veränderungen des dynamischen RDS(on), des Leckstroms und der Schwellenspannung untersucht. Alle diese Parameter erwiesen sich als stabil, wobei alle Veränderungen im zulässigen Bereich lagen. Auch die HTOL-Testergebnisse belegen die hervorragende Produktqualität.
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Gehäuse
Die Gehäusebauform beeinflusst sowohl die elektrischen Eigenschaften als auch die Zuverlässigkeit des Produkts. Nexperia bietet seine H2-GaN-FETs in zwei Gehäusebauformen an: Herkömmliches TO-247-Gehäuse mit einem Wärmewiderstand (Rth(j-mb)) von 0,8K/W und eine Kupferclip-SMD-Version mit einem Rth(j-mb) <0,5K/W. Beide Gehäuse sind für den Betrieb bei Sperrschicht-Temperaturen von bis zu +175°C ausgelegt. Das CCPAK-SMD-Gehäuse (siehe Abbildung 3) nutzt Nexperias bewährte und innovative Kupferclip-Gehäuse-Technologie, wodurch Bonddrähte überflüssig sind. Dies führt zu geringeren parasitären Verlusten, verbesserten elektrischen und thermischen Eigenschaften und höherer Zuverlässigkeit. CCPAK-GaN-FETs sind in Ausführungen mit ober- oder unterseitiger Kühlung verfügbar. Dadurch sind sie äußerst vielseitig einsetzbar und tragen zu einer besseren Wärmeabfuhr bei. Die relativ flexiblen Gull-Wing-Pins des CCPAK-Gehäuses verringern den mechanischen Stress bei Temperaturschwankungen und erleichtern die automatisierte Sichtkontrolle (AOI) – beides sind wichtige Aspekte in Automobilanwendungen.
Skalierbarkeit
Nexperia kauft GaN-on-Silicon-Wafer und kann in seinen bereits existierenden Fabriken die Produktion durch zusätzliche Fertigungsstraßen und größere Wafer-Abmessungen (150mm bis 200mm) hochfahren; ein entsprechendes Erweiterungsprogramm läuft bereits.
Zusammenfassung
Die Power-GaN-Technologie wird in Anwendungen wie On-Board-Ladegeräten, DC-DC-Wandlern und Traktionswechselrichtern in Elektrofahrzeugen und industriellen Stromversorgungen im Bereich von etwa 1,5- bis 10-kW eingesetzt. Weitere Anwendungsgebiete sind hocheffiziente Schaltnetzteile für Telekommunikationseinrichtungen 5G-Basisstationen und Rechenzentren. Die neuesten Produkte von Nexperia haben nachgewiesenermaßen die Robustheit, Qualität, Zuverlässigkeit und Massenproduktionstauglichkeit, welche in diesen Anwendungen gefordert werden. Die aktuellen Bauteile mit typischen RDS(on)-Werten bis hinab zu 33mΩ zeichen sich durch ihre branchenführende Leistungsfähigkeit aus. Werte von <20mΩ oder gar <10mΩ sind bereits in naher Zukunft zu erwarten, was Anwendungsmöglichkeiten im Leistungsbereich bis 150 kW eröffnen wird.
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