Bild 1: DSQ280-Kontakt mit SMC-Technologie für 2,5mm² Aluminiumleitung.

Bild 1: DSQ280-Kontakt mit SMC-Technologie für 2,5mm² Aluminiumleitung. (Bild: Delphi)

Schon in den 1980er Jahren setzte Packard Electric – ein Vorläufer von Delphi Automotive ‑ bei Serienautomobilen von General Motors erste Aluminiumanwendungen im Kabelsatz um. Seit einem Jahrzehnt beschäftigt sich Delphi erneut mit Aluminiumkabeln und den dazugehörigen Kontaktierungstechniken. Hauptmotivation ist, dass der Werkstoff Aluminium im Vergleich zu Kupfer deutlich leichter, elektrisch gut leitend und preisgünstiger ist. Zudem weist Aluminium geringere Preisschwankungen gegenüber Kupfer auf.

Inzwischen hat Delphi etliche Aluminiumleitungen mit Querschnitten von 10 bis 120 mm² als Versorgungsleitungen im Umfeld der Batterie und der Leistungselektronik in Serie gebracht. Doch auch für Kabelquerschnitte im mittleren Querschnittsbereich von 2,5 bis 6 mm2 empfiehlt sich aus Gewichtsgründen die Verwendung von Aluminiumkabeln, da diese Querschnittsklassen einen großen Anteil an der Gesamtmasse im Bordnetz ausmachen. Bei einer intelligenten Substitution von Kupfer- durch Aluminiumkabel ist eine Gewichtsersparnis von bis zu 48 % möglich. Bezogen auf das Bordnetz eines Fahrzeugs der oberen Mittelklasse kann somit der konsequente Einsatz von Aluminiumleitungen einige Kilogramm Gewicht einsparen.

Optimierte Leitfähigkeit und Festigkeit

Bild 2: Typische Gewichtsverteilung von Leiterquerschnitten im Fahrzeug. Delphi

Bild 2: Typische Gewichtsverteilung von Leiterquerschnitten im Fahrzeugbordnetz. Für die größeren Querschnitte (graue Balken) empfehlen sich Aluminiumleitungen. Delphi

Aluminiumleitungen im mittleren Querschnittsbereich erfordern nicht nur eine andere Anschlusstechnik als Aluminiumleitungen für die Leistungsverteilung, sondern auch eine andere Verarbeitung als bei Kupferleitungen. Auf Aluminium bildet sich in Sekundenschnelle eine nicht leitende Oxidschicht, die zu einer sehr schlechten Querleitfähigkeit zwischen den einzelnen Aluminiumdrähten des Kabels führt.

Hinzu kommt, dass ein Schutz gegen galvanische Korrosion notwendig wird, wenn zwei Metalle mit unterschiedlichem Potenzial – hier das Kupfer des Kontaktes und das Aluminium der Leitung – mit einem Elektrolyten, wie etwa Salzwasser, in Berührung kommen. Delphi hat für diese Herausforderungen serientaugliche Lösungen entwickelt, die insbesondere die Querleitfähigkeit, die Kontaktierung und die Korrosionsresistenz im Fokus haben.

Eckdaten

Aluminium ist preisgünstiger und -stabiler als Kupfer. Trotz größerer Querschnitte der etwas weniger gut leitenden Aluminiumkabel kann ihre Verwendung im Fahrzeugbordnetz eine Gewichtsersparnis bewirken und wirtschaftlicher sein als Kupferleitungen. Ultraschall verschweißte Litzen sorgen für eine elektrisch sichere und mechanisch feste Kontaktierung, ein Korrosionsschutz durch eine Kupfer-Zink-Ummantelung von Crimpkontakten macht eine Abdichtung in trockenen Einsatzbereichen überflüssig.

Für eine gute Querleitfähigkeit verschweißt Delphi im Anschlussbereich die Einzeldrähte per Ultraschall-Verfahren zu einem formschlüssigen Nugget. Durch dieses Kompaktieren – ein Alleinstellungsmerkmal von Delphi – wird die Oxidschicht der Einzeldrähte aufgebrochen und die Querleitfähigkeit dauerhaft sichergestellt.

Bild 3: Die Einzellitzen sind per Ultraschall-Verfahren zu einem formschlüssigen Nugget verarbeitet. Delphi

Bild 3: Die Einzellitzen sind per Ultraschall-Verfahren zu einem formschlüssigen Nugget verarbeitet. Delphi

Zusätzlich überzeugt der ultraschall-verschweißte Aluminiumleiter bei mechanischen Prüfungen – wie etwa dem SMBT (Slow Motion Bending Test) – durch eine hohe Stabilität. Denn zum einen können sich die Einzeldrähte im Nugget nicht mehr zueinander bewegen, zum anderen sorgt der Leitungsverbund für eine flächige Kraftverteilung, etwa unter Biegebeanspruchung. Die hohe Robustheit des Nuggets bietet beispielsweise bei fehlenden Einzellitzen – sollte etwa eine der 19 Litzen einer 2,5 mm2 Leitung beim Abisolieren versehentlich durchtrennt werden – eine größere Sicherheit.

Daneben sorgt das Nugget zusammen mit dem Crimp des Terminals auch für eine robuste mechanische Verbindung. Die Kontaktierung des Terminals an die Aluminiumleitung erfolgt mit herkömmlichen Crimpverbindungen (Ader- und Isolationscrimp), die zusätzlich mit einer Rautenprägung versehen sind. Das Aluminium füllt beim Crimpprozess die Rauten des Adercrimps aus. Dieser mechanische Formschluss – in dieser Rautenform ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Delphi Aluminiumtechnologie – erzeugt eine hohe Formfestigkeit. Zweiter positiver Effekt ist das Aufbrechen der Aluminium-Oxidschicht an den Kanten der Rauten, was eine Vielzahl an elektrischen Kontaktpunkten und somit eine sehr gute Leitfähigkeit zur Folge hat.

Bild 4: Rautenprägung im Crimpbereich des Kontaktes. Delphi

Bild 4: Rautenprägung im Crimpbereich des Kontaktes. Delphi

Qualität durch bewährte Technologien

Auch unter Qualitätsgesichtspunkten überzeugt die Delphi Aluminiumtechnologie. So kann beim Crimpen die Position und Lage der Aluminiumleitung durch ein bekanntes Terminaldesign mit separatem Ader- und Isolationscrimp leicht überprüft werden. Bei geschlossenen Crimpdesigns hingegen ist eine saubere Lageanalyse zwischen Leitung und Crimp des Kontaktteils nur mit aufwendigen Prüfmaßnahmen beim Einrichten des Verarbeitungsprozesses möglich. Durch die Analyse der Schweißhöhentoleranz beim Nuggetschweißen und zusätzlich eine Einschneidkontrolle in der Crimpmaschine wird eine Verletzung der Einzeldrähte vermieden.

Der vielleicht wichtigste Qualitätsmaßstab ist aber die Tatsache, dass die Nuggets und Crimpverbindungen auf den gleichen Standardmaschinen wie für Kupferanwendungen hergestellt werden, lediglich erweitert um den Prozessschritt Ultraschallschweißen und Trimmen. Die Rauten im Adercrimp lassen sich durch Wechseleinsätze in den Werkzeugen sehr einfach realisieren. Es sind keine tiefgreifenden Änderungen an den Werkzeugen und Terminals erforderlich – ein klarer Vorteil zu Wettbewerbstechniken, bei denen für jedes Terminal teilweise eigene Werkzeuge entwickelt werden müssen. Auf den Standard-Fertigungsanlagen hat Delphi in den letzten Jahren bereits mehrere tausend Kilometer Aluminiumleitungen mit den nuggetförmigen Kontaktteilen in verschiedenen Leitungsquerschnitten für OEM-Kunden in Serie gefertigt.

Bild 5: DSQ280-Kontakt mit SMC-Beschichtung und Rautenprägung im Crimpbereich. Delphi

Bild 5: DSQ280-Kontakt mit SMC-Beschichtung und Rautenprägung im Crimpbereich. Delphi

Korrosionsschutz

Aluminium direkt auf Kupfer bedeutet zwei Metalle mit unterschiedlichem Potenzial. Ohne Elektrolyten tritt dabei keine galvanische Korrosion auf. Wenn jedoch – was gelegentlich passieren kann – zusätzlich ein Elektrolyt wie etwa Salzwasser hinzukommt, kann galvanische Korrosion die Kontaktierung zwischen Kupfer und Aluminium schädigen. Delphi hat diese Situation mithilfe der Selective Metal Coating (SMC)-Technologie aber entschärft.

Diese Art des Korrosionsschutzes ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von Delphi, im Terminaldesign mit integriert und hat den großen Vorteil, dass keine zusätzlichen Abdichtmaterialien und Additive wie Lacke, Pulver oder Fette benötigt werden. Diese bei herkömmlichen Terminals oft noch benötigten Stoffe erfordern zum Beispiel kostenintensive Fertigungsschritte mit Kameraüberwachung und spezielle Lagerfristen und -bedingungen. Das alles macht den Produktionsprozess und die Logistikkette insgesamt komplexer. Ein weiterer Nachteil der Abdichtmaterialien ist paradoxerweise die Isolationswirkung der Schutzschicht. Sollte ein Elektrolyt diese Isolation durchdringen, kann die in den Crimp eingedrungene Feuchtigkeit nur sehr schwer wieder entweichen (Mikroklima).

Kupfer-Zink-Ummantelung verzögert Korrosion

Delphi

Bild 6: Eine Kupfer-Zink-Ummantelung des Crimpkontaktes verzögert beim Eindringen von Elektrolyten eine Korrosion im Crimpbereich. Delphi

Delphi hingegen verzichtet bewusst auf eine äußere Abdichtung des Crimps. Der Crimpbereich wird aus feuerverzinntem Bandmaterial ausgestanzt und anschließend mit zwei galvanischen Schutzschichten versehen. Zuerst mit einer Kupfer-Zink-Legierung (Messingschicht), anschließend erfolgt eine Verzinnung der Oberfläche (Bild 7).

Bei einem Korrosionsversuch kommt eine Natriumchloridlösung als Elektrolyt zum Einsatz. Chlorid ist ein reaktives Element, das Korrosion fördert. Die beiden Beschichtungen reduzieren das elektrochemische Potenzial und verlangsamen die Diffusion der reaktiven Stoffe unter Elektrolyteinwirkung, in diesem Fall der Kupfer- und Chloridionen. Die Kupfer-Zink-Schicht wirkt unter anderem als Barriereschicht. Das Chlorid als mobiles Element verteilt sich homogen in der äußeren Zinnschicht, dadurch wird es in seinem Diffusionsverhalten zum Kupfer hin verlangsamt. Anschließend verweilt das Chlorid in der Messingschicht (CuZn) und reagiert dort bevorzugt mit dem Zink (Zn). Solange Zink als Reaktionspartner zur Verfügung steht, dringt Chlorid nicht bis zur Kupferschicht vor.

Bild 7: Selective Metal Coating (SMC) - Schutzbeschichtung im Crimpbereich von Crimpkontakten für Aluminiumleitungen. Delphi

Bild 7: Selective Metal Coating (SMC) - Schutzbeschichtung im Crimpbereich von Crimpkontakten für Aluminiumleitungen. Delphi

Das Kupfer aus der Messingschicht diffundiert nur sehr langsam in die darüber liegende Zinnschicht, sodass es als galvanisches Element erst spät zur Verfügung steht. Die Diffusion des Kupfers aus dem Basismaterial in die obere Zinnschicht, durch die Messingphase hindurch, kann vernachlässigt werden. Aus den bestandenen Korrosionstests lässt sich folgern, dass die SMC‐Technologie geeignet ist, das Auftreten von Korrosion soweit einzuschränken, sodass keine Funktionseinschränkung bei den Bauteilen über die Lebensdauer zu erwarten ist. Das liegt nicht zuletzt daran, dass bei einer offenen Crimpverbindung eindringende Feuchtigkeit schnell wieder trocknen kann. Ohne Elektrolyten – üblicherweise die normale Situation in Innenraum – ist überhaupt keine galvanische Korrosion zu erwarten. Dies wurde bei Testfahrzeugen und Delphi‘s eigenen Flottentests überprüft.

Auch die SMC-Technologie basiert auf galvanischen Standardprozessen. So erfolgt die Beschichtung wie gewohnt in der Bandgalvanik unter Serienbedingungen. Die Metallisierung ist kostengünstig und auf eine Vielzahl von Terminals übertragbar. Kurze Taktzeiten beim Crimpprozess sorgen bei Kabelkonfektionären für eine gute Anwendbarkeit und unterstützen Multiple-Sourcing-Strategien. Delphi hat auf diese Weise bereits verschiedene Kontaktteile mit Korrosionsschutz in sechsstelliger Anzahl beschichtet. Sie versehen derzeit in Flottentests und Feldversuchen so zuverlässig ihren Dienst, dass ein Serienstart 2017 realistisch erscheint.

Aluminiumleitungen im Fahrzeugkabelbaum

Terminals für Aluminiumleitungen im mittleren Querschnittsbereich von 2,5 bis 6,0 mm2 Leitungsquerschnitt erfordern ein Crimpdesign, das den Werkstoffeigenschaften Rechnung trägt. Bei intelligenter Auslegung von ultraschallgeschweißter Verbindungszone und Rautendesign erreichen sie die geforderten Eigenschaften bezüglich Leitfähigkeit, mechanischer Stabilität und Kosten. Dank der im Terminaldesign integrierten SMC-Technologie verfügen die Aluminiumterminals zusätzlich über einen guten Korrosionsschutz, ohne dass zusätzliche Additive und Fertigungsanpassungen erforderlich sind. Damit stellt Delphi den Kunden je nach bauraumspezifischen Anforderungen passende und kostenoptimale Korrosionsschutzkonzepte zur Verfügung. Für Einbauorte im Fahrzeuginnenraum sind die per SMC-Technologie ertüchtigten Delphi-Terminals die erste Wahl. Für Nassbereiche wie im Motorraum stellt Delphi Kontaktteile mit Einzeladerabdichtung für gedichtete Gehäuse bereit.

Die geringfügig größeren Leitungsquerschnitte im Vergleich zu Kupfer – so ersetzt eine Aluminiumleitung mit 4 mm2 Querschnitt eine Kupferleitung mit 2,5 mm2 – lassen sich durch eine weitere Miniaturisierung am unteren Ende des Querschnittsspektrums kompensieren. Sprich, bei vermehrtem Einsatz von dünnen Kupferleitungen für den Signaltransport mit 0,35 oder gar 0,13 mm2 Querschnitt können Leitungssätze mit Aluminiumleitungen weiterhin den gleichen Querschnitt aufweisen.

Weitere Bauraumeinsparungen sind mit ultra-dünnwandigen Kabelisolierungen möglich. Delphi entwickelt aktuell auch Aluminiumleitungen mit einem Querschnitt von 0,75 mm2 und dünner, da auch in diesem Querschnittsbereich eine Gewichtsreduzierung möglich ist. Es werden die gleiche Crimptechnik und ebenfalls eine galvanische Schutzschicht als Korrosionsschutz zum Einsatz kommen. Allerdings nähert man sich dann allmählich den Grenzen bezüglich mechanischer Festigkeit und Wirtschaftlichkeit der Aluminiumtechnologie im Bordnetz.

Dipl.-Ing.(FH) Markus Gärtner

Project Manager Aluminum Technology, Advanced Products Electrical/Electronic Architecture, Delphi Deutschland.

Dipl.-Ing. Christian Schäfer

Global Director Advanced E/E Architecture, Delphi Deutschland.

Dipl.-Ing., Dipl.-Wirt.-Ing. Frank Gronau

Manager, Advanced Engineering, Delphi Deutschland.

(jwa)

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