Im Bereich der Automobilelektronik steigen die Anforderungen immer weiter, den Kraftstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß zu verringern, um fossile Ressourcen zu schonen und die Umweltbelastungen zu mindern. Der Trend, den Energieverbrauch zu senken, führt zum Einbau von immer effizienteren Elektromotoren. AUTOMOBIL-ELEKTRONIK beschreibt die Steuerung und Regelung eines bürstenlosen 3-Phasen-Gleichstrommotors (BLDC) in Fahrzeugen. Herkömmliche Motorsteuerungen mit Rotor-Positionssensoren werden dabei immer häufiger durch fortschrittliche, sensorlose Systeme ersetzt.
BLDC-Motoren finden sich immer häufiger in elektrischen Nebenaggregaten wie Wasser-, Öl-, Kraftstoffpumpen sowie in Gebläsen für Klimaanlagen. Sie sind zuverlässiger und energieeffizienter als herkömmliche mechanisch kommutierte Motoren. Dabei kommt eine dezentrale Elektronikarchitektur zum Einsatz (Bild 1), wobei sich die Intelligenz einer Baugruppe in der Einheit selbst befindet. Mechanik, Motor und Elektronik-Hardware/Software bilden somit eine mechatronische Einheit. Dieser Ansatz erlaubt die Optimierung des Systems auf allen Ebenen: mechanisch, elektromechanisch, elektronisch sowie in punkto Software. Dabei sind kurze Kabellängen erforderlich, um Leitungsverluste und die Auswirkungen elektromagnetischer Störungen (EMI) zu mindern, die sonst die Energieeffizienz des Systems beeinträchtigen.
Bezüglich der Halbleiterbauelemente müssen die Entwickler bei der Umsetzung eines Motorsteuerungssystems bestimmte Punkte beachten. Weil der Platz auf der Leiterplatte beschränkt ist, sind hochintegrierte Lösungen gefragt, die minimalen Platzbedarf aufweisen und möglichst wenige externe Komponenten erfordern, und zudem muss das Subsystem aufgrund der Fahrzeugumgebung einen großen Betriebstemperaturbereich unterstützen. Auch hohe Robustheit ist erforderlich, um Spannungsspitzen sowie die Auswirkungen eines Lastabfalls unbeschadet zu überstehen.
Sensorlose BLDC-Motorsteuerung
Ein sensorloser Betrieb von BLDC-Motoren senkt die Kosten und erhöht die Zuverlässigkeit, da elektromechanische Komponenten entfallen, die sonst fehleranfällig sind. Bei einem sensorlosen System sind folgende Anforderungen zu erfüllen:
- Zuverlässiger Betrieb der Mechatronik-Einheit unter unbekannten Lastbedingungen, Betriebsspannungen und Temperaturen,
- minimale Anlaufzeit des Motors,
- Betrieb verschiedener Motor-Aufbauten mit unterschiedlichen Stromprofilen,
- verschiedene Dynamikanforderungen (Drehzahl, Lastträgheit und Ähnliches),
- motorischer oder generatorischer Betrieb.
Sensorlose Ansteuerung
Die sensorlose Ansteuerung von BLDC-Motoren ist kostengünstiger und erfordert weniger Bauteile. Die Rotorpositionserkennung wird aktiv über alle drei Phasen mitgeführt, was einen zuverlässigen Start, hohe Dynamik und einen robusten Betrieb des Motors garantiert. Fortschrittliche ICs mit hohem Integrationsgrad sorgen für die zunehmende Verbreitung solcher Systeme in der Zukunft.
Individuelle Szenarien
Je nach Anwendungsszenario fallen diese Anforderungen unterschiedlich ins Gewicht. In manchen Fällen kann der Betrieb des Motors unter besonders rauen Umgebungsbedingungen erfolgen, sodass die Robustheit hohe Priorität erhält. In anderen Fällen kann ein Plattformansatz erforderlich sein, bei dem das System zusammen mit verschiedenen Motoren arbeiten muss. Grundsätzlich erfolgt eine sensorlose Regelung durch die Bestimmung der Rotorposition. Da nur zwei der drei Phasen gleichzeitig erregt sind und die andere inaktiv bleibt, ist die gegenelektromotorische Kraft (Gegen-EMK-Spannung) der inaktiven Spule eine Größe, über die sich die Rotorposition bestimmen lässt.
Der Betrieb lässt sich in drei Einzelschritte unterteilen:
1) Rotorposition im Stillstand erkennen,
2) Motorstart mit Rotorpositionserkennung aus dem Stillstand,
3) Motorbetrieb mit Rotorlager-Erkennung.
Zuerst wird die Positionserkennung des Rotors bei Stillstand betrachtet: In Bild 2 ist der Rotor schematisch in Bezug zum Stator dargestellt. Aufgrund der Rückwirkung des Rotor-Magnetvektors hängt die Induktivität der Statorspulen von der Rotorposition ab und ist in den meisten BLDC-Motoren daher verschieden. Bild 2 zeigt die Statorspulen V, U und W. Auf der Basis dieser unterschiedlichen Spulen lassen sich durch ein Testverfahren die notwendigen Daten erfassen, um die Rotorposition mit hoher Genauigkeit zu bestimmen.
Startvorgang
Beim Start des Motors wird zuerst die Rotorposition im Stillstand ermittelt (Bild 3). Die Viskosität von Motoröl ist zum Beispiel extrem temperaturabhängig, sodass bei bestimmten Anwendungen wie Ölpumpen der Motorstart unter unbekannten Lastverhältnissen erfolgt. Damit der Rotor in der angegebenen Drehrichtung (Bild 2) läuft, muss ein Drehmoment vorliegen, das durch den Strom Q1 erzeugt wird. Unabhängig von seinem Aufbau startet der Motor im Blockmodus, wobei die Spule U zu Messzwecken dient. Durch Pulsbreitenmodulation (PWM) werden zwei Wechselströme (Q2 und Q6) an die Spulen UV und UW angelegt (geradzahlige PWM-Intervalle für Q6 und ungerade PWM-Intervalle für Q2), wobei aber diese Überlagerung Q1 nicht beeinflusst. Da UV und UW von der Rotorposition beeinflusst sind, ermöglicht eine Analyse der beiden Ströme Q2 und Q6 die Berechnung der Rotorposition ohne Hall-Effekt-Sensoren. Sobald der Rotor das Ende eines 60°-Intervalls erreicht hat, kommutiert das System, und ein neuer Zyklus beginnt. Aus der Zeitdauer, die zum Abschluss jedes 60°-Intervalls erforderlich ist, ergibt sich die Drehzahl. Die Gegen-EMK und das Kommutierungssignal dienen zur Messung der Drehzahl und stellen sicher, dass diese über dem Mindestwert liegt, der für eine sensorlose Regelung erforderlich ist. Diese Methode passt sich selbst an. Abhängig vom Lastdrehmoment wird das 60°-Intervall eher oder später erreicht. Auch ein Klemmen des Rotors erfasst dann Zeitüberschreitungen, und der Strom lässt sich entsprechend erhöhen, was ein höheres Drehmoment zur Folge hat.
Phase drei
Betrachten wir nun die dritte Phase, wenn der Motor läuft – unabhängig vom Stromprofil und mit einer Rotorpositionserkennung über die Gegen-EMK: Sobald der Motor ausreichend beschleunigt hat, lässt sich eine Gegen-EMK-Erkennung der Rotorposition durchführen. Um kurze Regelschleifen zu erhalten (hohe Dynamik), sollen weiterhin aus dem Gegen-EMK-Signal die Nulldurchgänge der Gegen-EMK gewonnen werden, aus denen sowohl die Kommutierungsinformation als auch die Regelinformation hervorgeht.
In Motoren mit sinusförmiger Kommutierung liegen die Phasen aller drei Signale jedoch kontinuierlich an, sodass eine Auswertung der Gegen-EMK auf den ersten Blick unmöglich erscheint. Die Gegen-EMK und der Motorstrom sind dann ebenfalls sinusförmig. Je nach Laststrom/Gegen-EMK ergibt sich dann eine vorauseilende oder nacheilende Phase.
Nulldurchgang erkennen
Über die Rückkopplungssignale des Motors lässt sich nun ein Nulldurchgang des Stroms erkennen, indem man den Zeitpunkt bestimmt, an dem die Spule stromlos ist. Der Phasenstrom wird an dieser Stelle ein wenig länger auf Null gehalten, sodass an der Spule mindestens zwei Werte der Gegen-EMK ermittelt werden können. Anschließend erfolgt per Interpolation die Berechnung der Nulldurchgänge der Gegen-EMK.
Bild 5 zeigt einen Motorstart unter Last und bei sinusförmiger Kommutierung. Ein Phasenstrom und eine Phasenspannung sind für die drei verschiedenen Lastfälle im Detail dargestellt. Die Fenster für die Gegen-EMK-Messung sind klar erkennbar. Eine variable Last hat dabei einen ansteigenden Motorstrom zur Folge. Um Energie einzusparen, kann die Zahl der Fenster auf 1x pro Sinusperiode beschränkt werden.
Die Gegen-EMK-Daten, auf die das System zugreift, ermöglichen die Steuerung der Phasenströme. Damit lassen sich die Gegen-EMK und der Phasenstrom in Phase zueinander halten, was einem energetischen Optimum des Motors entspricht.
Bild 6 zeigt den Start und das Hochfahren eines BLDC-Motors unter Last. Da sich die zweite Stufe, wie erwähnt, selbst anpasst, arbeitet der Motor nach dem Start unter allen Lastbedingungen zuverlässig.
Monolithisch integrierte Lösungen
Auf der Basis seiner eigenen proprietären Architektur bietet Melexis eine Reihe AEC-Q100-qualifizierter Treiber-ICs an, die speziell zur Ansteuerung sensorloser BLDC-Motoren im Automotive-Bereich ausgelegt sind. Damit steht eine hochintegrierte Einchip-Lösung mit den in Bild 7 beschriebenen Funktionsblöcken bereit. Zwischen allen Bausteinen dieser Serie besteht Softwarekompatibilität, sie unterscheiden sich nur durch die Zahl der I/Os und die Speicherkapazität.
Die sensorlose Steuerung von BLDC-Motoren über die Bestimmung der Rotorposition mit einem Treiber-IC des Typs Melexis MLX81207 ist in Bild 8 dargestellt. Die Verarbeitungseinheit des ICs hat direkten Zugriff auf die Leistungstransistoren der Ausgangsstufe, was hohe Flexibilität beim Einrichten verschiedener Schaltprofile bietet.
Thomas Freitag
(av)