Die Möglichkeit der virtuellen Datenübertragung und die Cloud haben unsere Telefone, Computer und sogar Fernseher in den letzten 14 Jahren drastisch verändert und das Web 2.0 schon lange hinter sich gelassen. Das Auto befindet sich hingegen noch immer im Web 1.0. und steckt noch im Jahr 1999 fest. Design, Effizienz und Sicherheit haben zwar große Fortschritte gemacht, doch an unserer intelligent vernetzten Welt nimmt das Auto kaum teil.
Heute ist das Auto einer der wenigen Orte, an denen wir uns fast komplett isoliert vom Rest der Welt fühlen. Wenn irgendwelche Informationen während der Fahrt benötigt werden – egal ob Musik, Verkehrsinformationen oder wichtige Telefonnummern – müssen wir diese auf einem separaten Gerät suchen. Wir müssen unsere Fahrten sogar regelmäßig unterbrechen, um nach den Informationen zu suchen, die wir brauchen.
Kluft zwischen technischen Möglichkeiten und Umsetzung
Die Technologie ist nicht die Herausforderung. Es ist nicht ungewöhnlich, dass moderne Autos mehr Prozessorleistung bieten als Laptops und deutlich leistungsfähigere Sensoren als ein Smartphone. Trotzdem befindet sich die App, die dem Autofahrer mitteilt, ob seine Freunde sich in der Nähe aufhalten oder wichtige Termine sich verschieben, nur auf dem Smartphone und nicht im Auto.
Diese Kluft zwischen den Erwartungen, jederzeit vernetzt zu sein, und den Möglichkeiten des Autos hat andere Industriezweige auf den Plan gerufen, die bei der Revolution des Mobile-Computing ganz vorne mit dabei sind. Die Automobilindustrie ist nun dabei, hier den Anschluss zu verpassen und die Gestaltung des vernetzten Autos anderen zu überlassen.
Zwei Schritte sind nötig, um die Herausforderung zu meistern. Zum einen müssen wir unser Denken über das Auto verändern. Wir dürfen es nicht mehr als autonome Welt wahrnehmen sondern als mobilen Knotenpunkt in einem umfassenden Informationsnetzwerk. Außerdem muss die Automobilindustrie das Konzept der schrittweisen Verbesserung von Funktionen beenden und bereit sein, einen großen Schritt nach vorne zu machen.
Das Connected Car ist wie eine Flutwelle: es lässt sich nicht aufhalten. Verbraucher wollen es. Systeme, die eine Vernetzung im Auto ermöglichen, sind für sie ein immer wichtiger werdender Faktor bei der Kaufentscheidung. Und je mehr Verbraucher die vielfältigen Möglichkeiten erkennen, desto mehr werden sie nach ihnen fragen. Warum auch nicht? Schließlich geht das Konzept des Connected Car weit über Musik und Navigation hinaus. Hier sind nur einige Beispiele, was das Connected Car für seinen Besitzer leisten kann:
Vorteile für den privaten Autobesitzer
Das Auto überprüft fortlaufend den Terminkalender auf dem Smartphone des Fahrers sowie den aktuellen Verkehr. Es erkennt so, dass ein wichtiger Termin auf der anderen Seite der Stadt bevorsteht und berechnet sofort, welche Strecke genommen werden muss, um Staus zu vermeiden. Sobald die beste Strecke berechnet ist, schickt das Auto eine Nachricht an das Smartphone und den Computer des Fahrers und teilt mit, zu welcher Uhrzeit die Fahrt begonnen werden muss, um den Termin pünktlich zu erreichen.
Am nächsten Tag müssen die Kinder des Fahrers pünktlich zu einer Prüfung in die Schule. Das Auto hat errechnet, dass aufgrund von nächtlichen Schneefällen der Verkehr langsamer ist als sonst. Es sendet daher eine Nachricht an den Wecker des Fahrers, 30 Minuten früher als sonst zu klingeln.
Abends trifft sich der Fahrer mit Freunden zum Essen in der Stadt. Auf dem Weg ins Restaurant müssen diese an einem Fußballstadion vorbei. Als das Auto erfährt, dass das Spiel in die Verlängerung geht, verbindet es sich mit dem Auto der Freunde und erfährt so, dass diese aufgrund von Staus nach dem Ende des Spiels vermutlich später kommen werden. Das Auto sendet dem Fahrer eine kurze Nachricht und informiert auch gleich das Restaurant, um sicherzugehen, dass der Tisch nicht vergeben wird.
Die Vorteile für Autofahrer liegen auf der Hand. Aufgaben, die früher Zeit und Mühen kosteten, werden nun automatisch erledigt. Aber nicht nur die Vorteile für die Fahrer machen das Connected Car so reizvoll. Während Fahrzeuge große Datenmenge senden und empfangen, erstellen sie auch selber große Datensätze. Die Vorteile dieser Daten für Behörden sind enorm.
Wie Behörden und Unternehmen profitieren
Im Winter kann die lokale Verkehrsbehörde erkennen, ob bei mehreren Fahrzeuge auf dem selben Straßenabschnitt gleichzeitig die Antriebsschlupfregelung (ASR) einsetzt und so erkennen, dass sich die Situation auf den Straßen verändert. Sofort kann sie die erlaubte Geschwindigkeit über digitale Straßenschilder auf dem entsprechenden Abschnitt reduzieren sowie zeitgleich den Straßenräumdienst losschicken.
Genauso können Autos Informationen zu Unfällen direkt an andere Autos, die noch mehrere Kilometer entfernt sind, weitergegeben. Diese Autos suchen dann sofort die nächsten Bahnhöfe und geben den Fahrern mehrere Optionen: sie können eine alternative Route mit 45 Minuten mehr Fahrzeit wählen oder auf den Zug umsteigen, um den Zielort mit 10 Minuten Verspätung zu erreichen. Nimmt der Fahrer den Zug, kauft das Auto gleich das Ticket und zeigt den nächstgelegenen freien Parkplatz an.
Die Möglichkeiten scheinen beinahe unendlich. Nebelscheinwerfer und Scheibenwischer können ortsgenaue Wetterberichte liefern. Ungewöhnliche Aktivitäten der Stoßdämpfer können Behörden über neue Schlaglöcher informieren. Diese detaillierten Daten können die Art, in der intelligente Transportsysteme gebaut werden, komplett verändern und auch dabei helfen, Investitionen in die Infrastruktur besser zu priorisieren.
Mehr Sicherheit durch Connectivity
Die effektive Nutzung von Autos als eine Vielzahl von Datenkanälen kann den Komfort und die Sicherheit auf den Straßen revolutionieren. Dafür müssen jedoch auch die Weitergabe und Präsentation dieser Daten weiterentwickelt werden.
Wenn alle Möglichkeiten umgesetzt werden sollen, müssen wir uns auf einheitliche Standards für die Sammlung, Teilung sowie die Analyse von Daten einigen, und um den Nutzen für Autofahrer zu erhöhen, muss auch die Bereitstellung von Informationen verbessert werden. Die zentrale Instrumentenanzeige eignet sich perfekt für die Präsentation relevanter Daten im Sichtfeld des Fahrers, ohne diesen von der Straße abzulenken.
Anzeigefelder in der Frontscheibe gehen noch einen Schritt weiter. Bis die Sprachsteuerung so weit entwickelt wurde, dass sie es einfacher und nicht schwieriger macht, Informationen im Auto zu erhalten, bietet die Kontrolle über das Lenkrad schnellen und sicheren Zugang zu Informationen.
Die Welt ist vernetzt – und es wäre ein Fehler, zu glauben, das Auto ließe sich davon ausnehmen. Die Autoindustrie kratzt immer noch an der Oberfläche der Möglichkeiten, doch es ist Zeit, diese voll auszuschöpfen, denn wenn sie diesen Trend nicht erkennt, werden es andere tun – und die größte Konkurrenz könnte in der Zukunft somit von Firmen außerhalb der Branche kommen.
(av)