Funktionsprinzip Infrarot-Sensor

Bild 1: Funktionsprinzip des Infrarot-Sensors. (Bild: Neonode)

Einer Studie von Ultraleap, einem Hersteller berührungsloser Interfaces, zufolge hat die Akzeptanz von Touchscreens nachgelassen. Einen gewissen Komplexitätsgrad vorausgesetzt (also nicht dem des Näherungssensors eines Seifenspenders) bieten sich verschiedene Möglichkeiten hierfür an. Die holografische Eingabe arbeitet mit einem projizierten Hologramm und einem Infrarot-Touchscreen.

Das System besteht aus zwei Teilen: einem Infrarot-Touchscreen neuer Technologie, der mit einem unsichtbaren IR-Vorhang Touchereignisse und Gesten erfasst, und einem Bild, das holografisch in die Luft projiziert wird. Im physikalischen Sinne handelt es sich bei der Darstellung des virtuellen Bildes nicht um ein Hologramm, da hier weder monochromatisches, kohärentes Licht verwendet wird, noch sich das Bild in Abhängigkeit vom Betrachtungswinkel präsentiert. Hier wird vielmehr eine spezielle Materialeigenschaft ausgenutzt, die die diffus ausgehenden Lichtstrahlen konvergent am Ort des virtuellen Bildes bündelt und so den Eindruck einer frei schwebenden Darstellung erzeugt. Dafür soll der Begriff „Holografie“ verwendet werden.

Infrarot-Touch-Technologie

Funktionsprinzip Infrarot-Sensor

Bild 1: Funktionsprinzip des Infrarot-Sensors. Neonode

Ein Infrarot-Sensor eignet sich sehr gut für die berührungslose Bedienung. Sie kann mit jedem Gegenstand erfolgen, der Licht reflektiert, also auch mit Schutzhandschuhen, Kreditkarten und Stiften. Selbst mit nassen oder schmutzigen Händen oder langen Fingernägeln ist eine Bedienung einfach. Zwischen Finger und Display befindet sich im Gegensatz zu anderen Touch-Technologien keine Schicht, die die Bildqualität optisch beeinträchtigt. Umgekehrt kann er auch, wenn das Display vor widrigen Umgebungsbedingungen und Vandalismus geschützt werden soll, mit entsprechendem Abstand zum Display montiert werden. Der Infrarot-Touchscreen neuer Technologie nutzt die Reflexion an in den Strahlengang eingebrachten Gegenständen, um mehrere Ereignisse gleichzeitig oder Gesten zu erkennen. Bild 1 zeigt das Funktionsprinzip im Querschnitt.

3D-Projektion

Head-up-Display

Bild 2: Head-up-Display im Auto. Hy-Line Computer Components (nach Tobias Werner, KIT)

Das holografische Bild erscheint frei in der Luft stehend. Schlüsselelement ist eine optische Platte, die das von der Quelle erzeugte Bild umlenkt und nach den Gesetzen der Optik projiziert. Ähnlich einem Head-up-Display im Auto (siehe Bild 2) sieht der Fahrer durch die Frontscheibe hindurch ein Bild, das ihm in Augmented Reality zusätzliche Informationen wie Geschwindigkeit, Verkehrszeichen und Navigationshinweise anzeigt. Die Aufmerksamkeit des Fahrers bleibt nach vorne auf die Straße und das virtuelle Bild gerichtet. Durch die entfernte Darstellung werden die Augen des Fahrers entlastet, die nicht zwischen nah – dem Blick auf die Instrumententafel – und fern – dem Blick auf die Straße – akkommodieren müssen. Das Bild selber wird von einem Display oder Projektor im Fußraum erzeugt und durch eine Linseneinheit auf die Frontscheibe projiziert, die in diesem Bereich teilreflektierend beschichtet ist.

Holografisches Display

Bild 3: Funktionsprinzip des holografischen Displays. ASKA3D

Im vorliegenden System sieht der Aufbau ganz ähnlich aus. Durch die 3D-Platte entsteht ein virtuelles Bild, das dem Anwender „greifbar“ nahe ist. Das virtuelle Bild entsteht an der Stelle, die den gleichen Abstand vom Spiegel hat wie das Display selbst (Bild 3).

Montiert man nun an die Stelle der Bildebene einen Infrarotsensor, der die Bildfläche überblickt, kann man Touchereignisse und Gesten, die „in die Luft“ gezeichnet werden, erkennen und auswerten, ohne dass dazu eine Berührung von Teilen erforderlich ist.

Die holografische Projektion

Die Bildprojektion in der Luft, die auch als holografisches Display bezeichnet wird, ermöglicht es, das Bild eines LCD-Bildschirms um 90° vom Bildschirm weg zu projizieren. Das resultierende Bild scheint frei im Raum stehend auf einem unsichtbaren Bildschirm zu schweben. Das vom Display ausgehende Licht wird durch eine spezielle Holografieplatte, die aus mehreren Schichten von Mikrospiegeln besteht, umgelenkt. Die Platte steht in einem Winkel von 45° im Strahlengang und lenkt das von der Anzeige ausgehende Licht um weitere 45° um. Die divergenten Lichtstrahlen konvergieren dabei an einem Ort, wodurch das schwebende Bild erzeugt wird. Die Größe der Platte bestimmt dabei den maximalen Abstand und die Größe des Bildes.

Ausrichtung des Bildes

Bild 4: Die Anordnung von Display und der Holografieplatte bestimmt die Ausrichtung des Bildes. Neonode

Da es eine feste Winkelbeziehung zwischen dem Display, der Projektionsplatte und dem Endbild gibt, bestimmt die Installationsgeometrie von Display und Projektionsplatte die Ausrichtung des virtuellen Bildes. Bild 4 zeigt zwei gebräuchliche Einbausituationen eines Projektionssystems. Ein vertikales Bild wird von einem horizontal montierten Display und einer 45-Grad-Platte abgebildet, während eine horizontale Projektionsplatte ein um 45° geneigtes Bild erzeugt.

Einsatzbeispiele aus der Praxis

Übertragung von Viren und Keimen vermeiden

Aufzugsteuerungen

Verkaufsautomaten/Point of Sales

Geldautomaten – PIN-Eingabe

Ticket und Check-in (Flughafen)

Digital Signage – Orientierung in der Shopping Mall

Self-Ordering im Schnellrestaurant

Self-Checkin/Checkout – Hotel, Firmenempfang, Security-Bereich

Gesundheitswesen – Gerätebedienung im sterilen Bereich, Hygiene

Lifestyle und Komfort

Smart Home

Entertainment

Ausstellung und Museen

Bedienung mit feuchten oder schmutzigen Händen oder Handschuhen; Küche, Bad

Luxus-Shop

Das Grafische User Interface (GUI) sollte wie bei allen Touch-Anwendungen ergonomisch auf die Umstände der Bedienung angepasst werden. Während mit der Maus feinfühlige Bewegungen durchgeführt werden können, da sie auf einer Oberfläche bewegt wird, ist ein Stift bis zur Berührung der Oberfläche in drei Dimensionen beweglich.

Bei der holografischen Bedienung fehlt jedoch die Haptik einer Oberfläche völlig, sodass auch nach Berühren einer Schaltfläche die Hand völlig frei geführt werden muss. Filigrane Strukturen lassen sich daher speziell von ungeübten Gelegenheitsanwendern schlecht bedienen. Designer von Software-Oberflächen müssen dies bei der Anordnung und Größe der Bedienelemente berücksichtigen. Auch der Einsatz von Gesten sollte mit Bedacht gewählt werden, um nicht versehentlich während des Zugriffs auf ein Element durch seitlichen Versatz eine Bediengeste auszulösen. Die Infrarot-Sensoren von Neonode ermöglichen dank ihrer hohen Auflösung und Parametrierbarkeit eine perfekte Zusammenarbeit mit der holografischen Eingabe.

Aufzugbedienung

Bild 5: Anwendung: Aufzugbedienung. Neonode

Bedienterminal

Bild 6: Bedienterminal in einem Fastfood-Restaurant. Neonode

Prädestiniert für kontaktlose Anwendungen sind Orte und Geräte, die von vielen Menschen verwendet werden. In der Öffentlichkeit sind dies Aufzugsteuerungen. Diese sind zwar häufig in Edelstahl ausgeführt, um leicht zu reinigen und resistent gegenüber Vandalismus zu sein, erlauben aber doch die Ansammlung von Bakterien und Keimen. Ein anderes Beispiel ist das Bedienterminal in einem Self-Service-Restaurant. Die den Speisen und Getränken zugeordneten Nummern können auf einer virtuellen Tastatur eingegeben werden. Die virtuelle Darstellung auf einem Display ermöglicht auch Änderungen des Inhalts oder sogar Staffelung in mehrere Menüebenen – Hauptspeisen, Nachspeisen, Getränke.

Im medizinischen Umfeld kann die Technologie dort ihre Stärken ausspielen, wo Aktionen von Personen durchgeführt werden müssen, die ansonsten steril arbeiten. So können Helfer Parameter ändern, die der Operateur durch Zuruf gibt, und dabei steril bleiben. Die anschließende Reinigung entfällt.

Fazit

Die Kombination eines in die Luft projizierten, virtuellen Bildes mit einem berührungslos arbeitenden Touch-Sensor bietet ein großes Potenzial, wenn es um die Übertragung von Viren und Bakterien durch direkten Kontakt geht. Bedienelemente an öffentlichen Plätzen wie Aufzugsteuerungen und Automaten fallen damit als Multiplikatoren weg. Mit überschaubarem technischem Aufwand lässt sich ein System erstellen, das sicher in der Funktion und einfach zu bedienen ist und dabei optimale Hygienebedingungen gewährleistet. Konstrukteur und Designer gewinnen neue Freiheitsgrade, weil die Touch-Funktion unabhängig von der Bildquelle ist.

Dem Anwender erschließt sich die Bedienung unmittelbar, da er wie gewohnt Icons und Eingabefelder „anfasst“. Hinzu kommt, dass die Bedienung mit jedem Gegenstand, der den Strahlengang unterbricht, möglich ist, das kann auch die Kreditkarte oder die behandschuhte Hand sein. Herausforderungen stellen Vandalismus und Verschmutzung der holografischen Platte dar. Durch den dreidimensionalen Aufbau wird eine gewisse Bautiefe benötigt, und eine taktile Rückmeldung bietet das System nicht.

Rudolf Sosnowsky

Leiter Technik, Hy-Line

(neu)

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