Mit dem Verwenden von Farbfiltern lassen sich zusätzlich zu den Monochromdisplays auch Farbdisplays fertigen.

Mit dem Verwenden von Farbfiltern lassen sich zusätzlich zu den Monochromdisplays auch Farbdisplays fertigen.Plastic Logic

Es ist noch nicht sehr lange her, dass der Computerbildschirm den größten Teil des Schreibtisches beanspruchte und der Stromverbrauch der Röhrenmonitore ein Vielfaches der heute üblichen LCD-Bildschirme war. Mit fallenden Preisen für LCD-Displays hat diese Technologie in den letzten Jahren nicht nur für mehr Platz auf den Schreibtischen gesorgt sondern auch maßgeblich zum Durchbruch vieler mobiler Geräte wie Laptops, Smartphones sowie Tablet-PCs beigetragen. Und nun steht der nächste Entwicklungssprung bei der Displaytechnologie an: flexible Plastikdisplays. Die Fortschritte bei der industriellen Fertigung organischer Elektronik haben flexible und stromsparende elektrophoretische Displays (EPD) ermöglicht und man darf durchaus erwarten, dass diese die Produktlandschaft mindestens so dramatisch verändern werden, wie die LCD-Displays Anfang dieses Jahrtausends. Flexible, extrem dünne und robuste organische Elektronik steuert diese Generation an Displays an. Plastic Logic hat bereits einen Prozess hierfür in seiner Fertigung in Dresden qualifiziert und industrialisiert. Da sie aus Plastik hergestellt sind, lassen sich diese Displays auch innerhalb von laminierten sowie eingegossenen Systemen nachprozessieren. Diese wortwörtliche Einbettung in eine Anwendung ermöglicht die Konzeption besonderer Endprodukte.

Displaytrends im Fokus

Die Displays begeistern durch Robustheit, Flexilibität und ihr geringes Gewicht.

Die Displays begeistern durch Robustheit, Flexilibität und ihr geringes Gewicht.Plastic Logic

Flexible Elektronik und Displays, die sich im Formfaktor nur unwesentlich von Papier unterscheiden, haben schon seit Jahrzehnten die Phantasie von Science-Fiction-Autoren und Produktdesignern angeregt. Allerdings haben es die meisten technologischen Ansätze zur Herstellung flexibler Elektronik nie über das Prototypenstadium hinaus geschafft. Ein Hauptgrund dafür ist, dass die Einhaltung der zur Herstellung elektrischer Schaltkreise nötigen Fertigungstoleranzen auf flexiblen Substraten eine große technische Herausforderung darstellt. Einige Firmen setzen Roll-to-Roll-Prozesse ein, wie sie aus der klassischen Druckindustrie bekannt sind und wo das biegbare Substrat durch Spannung handhabbar gemacht wird. Wenn man jedoch an die Herstellung von Displays mit einer Auflösung von 150 ppi und mehr denkt, sind die nötigen Fertigungstoleranzen für die meisten Roll-to-Roll-Prozesse heute schlichtweg noch nicht erreichbar. Eine weitere Hürde für den Einsatz billiger Plastiksubstrate war die Anpassung vieler Materialien und Prozesse, um die Fertigungstemperaturen auf Werte deutlich unter 150 Grad Celsius zu senken, die ansonsten bei der Herstellung siliziumbasierter Elektronik oftmals oberhalb von 300 Grad Celsius liegen.

Technik, die begeistert

Die Fertigung von Plastikdisplays birgt durchaus Herausforderungen. Lange Zeit war es nur Zukunftsmusik, aber nun gibt es sowohl monochromatische als auch polychromatische Displays, die sich für eine Vielzahl an Anwendungen empfehlen. 

Nichtsdestotrotz sagen Marktforschungsunternehmen diesem Markt ein großes Wachstum für die Zukunft voraus. Laut Market Research (Transparency Market Research,Organic Electronics Market Global Market Analysis and Forecast, 2012-2018 (2011), S.21) wird der Markt für die von organischer oder Plastikelektronik ermöglichten Displays im Jahr 2018 16.740 Millionen US-Dollar wert sein. Die Tatsache, dass sich flexible Displays trotz der oben genannten Herausforderungen auf der Roadmap nahezu jedes großen Displayherstellers finden, hat tatsächlich viele Gründe. Zum einen ist das Gewicht der glasfreien Displays deutlich geringer. Ein 10,7-Zoll-Display der neuen Generation von Plastic Logic wiegt lediglich etwas über 11 Gramm, wohingegen ein deutlich kleineres 6-Zoll-LCD-Display mehr als 35 Gramm wiegt. Zum Beispiel bei längerem Lesen mit einem E-Reader stellt das geringe Gewicht einen entscheidenden Vorteil dar. Der signifikantere Vorteil dürfte jedoch die erhöhte Robustheit der Plastikdisplays gegenüber herkömmlichen Glasdisplays sein. So erwartet die Versicherung SquareTrade bei 20 Prozent aller Nutzer eines herkömmlichen Tablets einen Schadensfall innerhalb der ersten beiden Nutzungsjahre, wovon der allergrößte Teil auf beschädigte Displays zurückzuführen ist. Somit dürften Kunden Gefallen an robusteren Endgeräten finden.

Immer schön beweglich bleiben

Um die Probleme mit der Handhabbarkeit flexibler Folien während des Prozessierens zu lösen, setzt der von Plastic Logic entwickelte Fertigungsprozess ähnlich wie in der LCD-Industrie auf einem starren Trägermaterial (carrier) auf. Im Gegensatz zur konventionellen Displayfertigung wird hier jedoch das starre Material, in diesem Fall Glas, am Ende vom Produkt getrennt und wiederverwendet. Dies birgt gleichzeitig zwei wesentliche Vorteile: zum einen kann der Prozess größtenteils auf konventionellen beziehungsweise leicht modifizierten Anlagen aus der LCD-Fertigung laufen, zum anderen ist er über die Substratgröße wie in der LCD-Industrie leicht skalierbar. Des Weiteren kommt der Prozess mit relativ niedrigen Temperaturen von unter 100 Grad Celsius aus, was neben dem Einsatz billiger Polyesterfolien als flexibler Basis auch weiter dazu beiträgt, die Verzerrungen während des Prozesses zu reduzieren. Mit dieser Technik stellt Plastic Logic als einziges Unternehmen weltweit flexible Plastikelektronik in nahezu jeder Größe und Form mit Ausbeuten ähnlich derer in LCD-Fabriken her.

Gute Ablesbarkeit zählt

Als erste Anwendung werden Aktiv-Matrix-Displays gefertigt. Jedes Display besteht aus zwei Komponenten: einer sogenannten Backplane, was nichts anderes als eine Matrix organischer Dünnschichttransistoren (sogenannte OTFTs, organic thin film transistors) ist und einer Frontplane, was eine nahezu beliebige Displaytechnologie wie Electrowetting, Electrofluidic, Liquid Crystal, OLED, Electrophoretic sein kann, die von diesen OTFTs angesteuert wird. Aufgrund der Flexibilität, des sehr guten Kontrastes auch in direktem Sonnenlicht sowie des besonders geringen Stromverbrauches setzt Plastic Logic zurzeit elektrophoretische Frontplanes (Graustufen) ein. Dadurch, dass das endgültige Display reflektiv anstatt rückbeleuchtet ist, kann es von nahezu jedem Blickwinkel gut gelesen werden.

Schematischer Schichtaufbau des OTFT-Displays.

Schematischer Schichtaufbau des OTFT-Displays.Plastic Logic

Kunterbunte Farbspiele

Es werden allerdings nicht nur Monochromdisplays sondern auch flexible Farbdisplays hergestellt, die mit Hilfe von Farbfiltern gefertigt werden, welche für flexible Displays optimiert wurden. Das Aufbringen einer flexiblen Farbfilterfolie stellt ebenfalls eine große Herausforderung im Herstellungsprozess dar, denn diese muss man haargenau ausrichten, damit jedes Pixel des RGBW-Filters über dem entsprechenden der 1,2 Millionen Transistoren im Backplane liegt. Da Plastic Logic seinen Herstellungsprozess so optimiert hat, so dass Verzerrungen bei der Prozessierung minimiert werden, wird ein genaues Overlay oder Strukturieren funktioneller Materialien auf dem Backplane ermöglicht.

Schematischer Schichtaufbau eines Farbdisplays.

Schematischer Schichtaufbau eines Farbdisplays.Plastic Logic

Flexible Plastikdisplays eignen sich hervorragend für ein breites Spektrum an Endanwendungen in einer Vielfalt von Märkten und Plastic Logic arbeitet bereits mit einigen Unternehmen an der Integration dieser flexiblen Displaytechnologie in ihren Endprodukten. Zum Beispiel ermöglichen kleine Displays Armbänder mit integriertem Display im medizinischen Bereich oder eine robuste Pulsuhr für den begeisterten Sportler. In beiden Fällen wird auf Konformität, Leichtigkeit, Robustheit sowie einen niedrigen Stromverbrauch gesetzt. Große Displays wiederum ermöglichen eine sehr leichte und besonders gut lesbare Lösung für großflächige Werbeschilder im Außenbereich. Darüber hinaus können diese Displays neben E-Readern, Smartphones und anderen mobilen Geräten aufgrund des geringen Stromverbrauches auch in Anwendungen eingesetzt werden, wo sich andere Technologien nicht eignen. Als Beispiel kann man hier Smartcards mit integrierter RFID nennen, wo sich zusätzliche Sicherheitsfeatures realisieren lassen, wie die Eingabe einer PIN auf dem Display der Smartcard selbst anstelle der Tastatur eines externen und manipulierbaren Lesegerätes. Andere denkbare Anwendungen sind über Solarzellen versorgte Werbeflächen oder Infotafeln und letztendlich wird die Phantasie der Produktdesigner zeigen, wo diese Displays ihre Vorteile am besten ausspielen können.

Genauso gut lassen sich diese OTFTs jedoch auch mit anderen Frontplanetechnologien kombinieren, um völlig andere Kategorien flexibler Elektronikprodukte herzustellen. Beispiele sind hier die Entwicklung flexibler Sensorarrays oder auch der Einsatz im Smart-Packaging.

Spannende Aussichten

Mit der Industrialisierung eines Fertigungsprozesses für flexible organische Transistoren ist die Tür für innovative Elektronikprodukte nun weit aufgestoßen worden. Man darf also sehr gespannt sein, mit welchen Ideen die Produktdesigner diese sehr leichten, dünnen, robusten und flexiblen Displays einsetzen. In der Zukunft wird Plastic Logic weiter an der Verbesserung der OTFTs arbeiten, um sie noch robuster und günstiger zu machen, aber auch, um die Leistung der OTFTs weiter zu steigern und so zusätzliche Anwendungen zu ermöglichen. In jedem Fall sind flexible Displays aus Plastik keine Zukunftsmusik mehr, sondern sie sind bereits die technische Realität von heute.

Mark Herrmann

ist Manager - Deposition bei Plastic Logic in Dresden.

(rao)

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