Lithium-Ionen-Akkus sind bislang die Energiequelle der Wahl für mobile Elektronikgeräte, denn sie erlauben die Speicherung von viel Energie auf kleinem Raum. Eine 2016 durch Wolfgang Mack von Capacitor Sciences erstellte Analyse gab allerdings zu bedenken, dass die Batterietechnologie 87 Prozent ihrer wirtschaftlich sinnvoll erzielbaren Energiedichte bereits erreicht hat und sich ihre Evolution dem Ende zuneigt. Tatsächlich hat sich von 1995 bis 2005 die Energiedichte von Li-Ionen-Zellen nahezu verdoppelt, während von 2005 und 2015 nur noch ein Anstieg von 16,6 Prozent (von 580 auf 676 Wh je Liter) erreicht wurde. Ohne bahnbrechende Weiterentwicklungen der Anoden- und Kathodenchemie sind nur noch geringe Anstiege der Energiedichte zu erwarten.
Besonderes Augenmerk muss beim Lithium-Ionen-Akku auch auf das Thema Sicherheit gelegt werden. Der flüssige Elektrolyt in Li-Ionen-Zellen ist derzeit noch unverzichtbar, hat es aber ob seiner leichten Entflammbarkeit zu fragwürdiger Berühmtheit gebracht: Brennende Mobiltelefone wie unter anderem das Samsung Galaxy Note 7, zur Notlandung gezwungene Flugzeuge mit in Brand geratenen Akkus und das durch einen E-Bike-Akku ausgelöste Feuer Anfang Februar 2017 in einem Hannoveraner Parkhaus sind nur einige Beispiele, die Ingenieure und Materialentwickler über alternative, nichtbrennbare Akkutechnologien nachdenken lassen.
Auch Smart Grids und erneuerbare Energien benötigen Energiespeicherlösungen, die erschwinglich und zuverlässig sind, nur selten gewartet werden müssen und viele Ladezyklen ohne großen Kapazitätsverlust überstehen. Solarenergie wird nur dann erzeugt, wenn die Sonne scheint, und Windräder produzieren nur dann Strom, wenn es ausreichend windig ist. Speicherbanken für erneuerbare Energien müssen daher in der Lage sein, die überschüssige Energie zu speichern und diese zu Spitzenzeiten oder nachts zuverlässig ins Netz zurückzuführen und damit eine durchgängige Energieversorgung gewährleisten. Der folgende Beitrag stellt aktuelle Trends bei der Weiter- und Neuentwicklungen von Batterien und Akkus genauer vor.
Trockenakkus bringen Sicherheit
Bei klassischen Lithium-Ionen-Akkus sind Kathode und Anode aus festen, leitfähigen Verbindungen gefertigt, während sich die Ladungen dazwischen in einem flüssigen oder gelförmigen Elektrolyten bewegen. Wird ein solcher Akku unsachgemäß aufgeladen beziehungsweise überladen oder wird er hohen Temperaturen ausgesetzt, kann sich der Elektrolyt entzünden oder das Gel aufquellen. Bei Festkörperakkus, an denen derzeit weltweit geforscht wird, ist neben den Elektroden auch der Elektrolyt aus festem Material gefertigt.
Der keramische Elektrolyt Lithiumgranat besitzt eine der höchsten bekannten Leitfähigkeit für Lithium-Ionen und ist nicht brennbar, auch wenn er hohen Temperaturen ausgesetzt wird oder offen an der Luft liegt. Forscher an der ETH Zürich, unter Leitung von Prof. Jennifer Rupp, haben im Labor einen sandwichartig aufgebauten Akku hergestellt, bei dem der feste Elektrolyt zwischen den beiden Elektroden eingebettet ist.
Eine der Herausforderungen bei der Entwicklung von Festkörperakkus besteht darin, Elektroden und Elektrolyt so miteinander zu verbinden, dass Ladungen möglichst widerstandsfrei zwischen ihnen zirkulieren können. Derzeit weisen die Grenzflächen noch eine zu hohe Impedanz auf, um den Akku effizient betreiben zu können. Die Strategie der ETH Zürich besteht darin, die feste Elektrolytschicht mit einer porösen Oberfläche zu versehen. Das Material des Minuspols wird anschließend in flüssiger Form aufgetragen, dringt in die Poren ein und wird anschließend bei 100 °C ausgehärtet. Durch die Porosität erhöht sich die Fläche zwischen Minuspol und Elektrolyt, wodurch der Akku schneller geladen werden kann.
Mit dieser Technologie hergestellte Dünnschicht-Akkus sollen perspektivisch auch direkt auf Siliziumchips platziert werden können. Der Akku lässt sich theoretisch bei Raumtemperatur betreiben, erreicht bei derzeitigem Entwicklungsstand seine volle Leistungsfähigkeit allerdings erst bei etwa 95 °C, da bei dieser Temperatur die Lithiumionen eine höhere Beweglichkeit im Akku aufweisen.
Lithium-Anode verzehnfacht Kapazität
Die Anode eines Akkus vollständig aus Lithium herzustellen, würde die Kapazität des Energiespeichers um das zehnfache ansteigen lassen. Technologisch war dies bisher allerdings nicht möglich, da typische organische Elektrolyte Dendrite bilden, die in den Elektrolyten hineinwachsen. Als effektivste Materialkombination haben sich Lithiumanoden und hochkapazitive Schwefelkathoden herausgestellt. Der Schwefel in der Kathode löst sich und bildet im organischen Elektrolyten Polysulfide, die durch die Batterie diffundieren. Mit hartem, keramischem Lithiumgranat als Elektrolyt wird dieser Mechanismus vermieden.
Eine Herausforderung bei Akkus auf Lithiumgranat-Basis mit Lithium-Anode stellt die hohe Impedanz der Grenzfläche zwischen den beiden Materialien dar, was den Ladungsfluss stark eingrenzt und damit ein effektives Auf- und Entladen des Akkus verhindert. Bedingt wird die hohe Impedanz durch die mangelhafte Benetzung der keramischen Oberfläche durch das metallische Lithium. An der A. James Clark School of Engineering der University of Maryland entwickelten Wissenschaftler um Prof. Eric Wachsam gemeinsam mit Prof. Venkataraman Thangadurai von der University of Calgary ein Verfahren, bei dem eine dünne Aluminiumoxidschicht zwischen der Elektrode und dem Elektrolyten aufgebracht wird. Dadurch verringerte sich die Grenzflächenimpedanz um das 300-fache.
Die Akkuzellen liefern beim Betrieb mit 2 V derzeit Energiedichten von 280 Wh/kg; perspektivisch soll sich die Energiedichte jedoch auf bis zu 540 Wh/kg steigern lassen. Das nächste Ziel der Forschergruppe ist es, den Herstellungsprozess für die Produktion großer Batterien zu skalieren, die im Automotive-Bereich und der Energieversorgung eingesetzt werden können.
Auf der nächsten Seite lesen Sie, warum Lithium-Schwefel-Akkus von Graphen profitieren und wie Flusszellen Sonnen- und Windstrom speichern.
Lithium-Schwefel-Akkus profitieren von Graphen
Lithium-Schwefel-Akkus zeigen Potenzial, herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien abzulösen. Sie sind preiswert, verwenden nur wenig toxische Substanzen und können Energiedichten bis 2567 Wh/kg erreichen. Dies entspricht in etwa dem Fünffachen dessen, was derzeit mit Lithium-Ionen-Akkus erreicht wird. Lange Zeit litten die Zellen unter ihrer geringen Wiederaufladbarkeit, da die Auf- und Entladezyklen einen schnellen Kapazitätsverlust verursachten. Bereits seit 2013 gibt es Entwicklungen, bei denen Lithium-Schwefel-Akkus mehr als 1000 Ladezyklen meistern; aktuell sind mindestens 4000 Ladezyklen möglich.
An vorderster Front der Forschung für Lithium-Schwefel-Akkus sind die Forscher des Fraunhofer IWS in Dresden, die unter anderem an der Optimierung der schwefelhaltigen Kathode durch Einbau von Graphen oder Carbon-Nanotubes (CNT) arbeiten. Durch die Integration von Graphen oder CNTs entsteht eine große Oberfläche. Die gezielt eingebrachte Porosität sorgt für eine gleichmäßige Verteilung des Schwefels. Damit lässt sich die Mobilisierung der Schwefelionen verbessern und die Anreicherung von Schwefelionen an der Kathode vermindern. Die Leistungsfähigkeit der Lithium-Schwefel-Batterien hängt maßgeblich von der Schwefelkonzentration und dem Verhältnis von Graphen zu Schwefel ab. Beim aktuellen Entwicklungsstand bieten Zellen mit höherem Schwefelgehalt von etwa 63 Gewichtsprozent die beste Leistung.
Flusszellen speichern Sonnen- und Windstrom
Redox-Flussbatterien, auch Flüssigbatterien genannt, speichern elektrische Energie in chemischen Verbindungen. Die Reaktionspartner liegen dabei in einem Lösungsmittel in gelöster Form vor. Unterschiedliche Konzepte dieser Batterietechnologie werden derzeit als potenzielle Energiespeicher für erneuerbare Energien in Betracht gezogen. Flussbatterien speichern die Energie in externen Tanks – je größer der Tank, desto größer ist auch das Speichervermögen.
Flusszellen leiden oft unter Kapazitätsverlusten bei häufigen Ladezyklen, wie sie bei der Versorgung des Stromnetzes aus erneuerbaren Energien häufig vorkommen. Daher benötigen Flusszellen regelmäßige Wartungen und den Austausch des Elektrolyten, was die Kosten für die Speichersysteme ansteigen lässt. Eine Forschergruppe am der Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences hat ein Konzept für eine Flussbatterie entwickelt, die über 1000 Ladezyklen nur ein Prozent ihrer Kapazität verliert und damit bis zu zehn Jahre ohne Wartung arbeiten könnte. Die Elektrolyten sind in ph-neutralem Salzwasser gelöst, was die Batterie ob ihrer geringen Toxizität auch für den Einsatz in Heimsolaranlagen qualifiziert.
Eine Herausforderung bei der Entwicklung war, die Moleküle für die positive und negative Seite der Batterie wasserlöslich und stabil zu gestalten. Den Forschern ist es gelungen, die Viologen-Moleküle für die negative Seite zu stabilisieren und sonst wasserunlösliche Ferrocene für die positive Seite so zu modifizieren, dass sie sich in Wasser lösen lassen. Durch die Verwendung von neutralem Wasser sinken auch die Kosten für die ionenselektive Membran, welche die Elektrolyten voneinander trennt.
Ein ähnliches Konzept, jedoch auf nichtwässriger Basis, verfolgen Wissenschaftler an der University of Texas in Austin. Ihre Lithium-Redox-Flussbatterie basiert auf Metallionen, die zwischen zwei Cyclopentadienyl-Liganden positioniert werden. Dies soll dazu beitragen, die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Zelle effektiv anpassen zu können. Im Vergleich zu herkömmlichen Flusszellen auf Wasserbasis soll die Metallocen-basierte Batterie ein höheres Arbeitspotenzial aufweisen. Die Zelle liefert hohe Energiedichten und ist vergleichsweise umweltfreundlich. Professor Guihua Yu, Professor für Materialwissenschaft und Engineering an der University of Texas, sieht besonders die relativ hohen Kosten der Synthese organometallischer Verbindungen als einen Stolperstein für diese Akkutechnologie. Ziel der Entwicklungen dieses noch in den Kinderschuhen steckenden Konzepts ist eine metallfreie, rein organische Ausführung des Akkumulators. Derzeit kommt die Technologie nicht ohne metallische Elektrolyten aus und es besteht ein Mangel an organischen Anodenmaterialien – viel Forschungspotenzial für die Materialwissenschaft.
Dr. Nicole Ahner
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