elektromagentische Welle, Stock-Bild

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Damit keine unzulässig hohen Berührungsströme entstehen, sind die Kapazitätswerte von Y-Kondensatoren in Gleichtakt-EMI-Filtern (elektromagnetische Interferenz) oftmals begrenzt. So können die gewünschten Filtereigenschaften nur mit sperrigen, schweren und teuren Gleichtaktdrosseln erzielt werden. Aktive EMI-Filterschaltungen (AEF) machen dagegen kompaktere Lösungen möglich, die zudem weitere Vorteile haben, wie etwa geringere Verluste, günstigere Kopplungseigenschaften und niedrigere Kosten.

Passive EMI-Filter für netzgekoppelte Anwendungen mit hoher Leistung

Schaltregler sind inzwischen sehr verbreitet und stellen eine häufige Quelle von Störgrößen dar. Um die Vorschriften hinsichtlich der leitungsgeführten Störaussendungen einzuhalten, muss zwischen Schaltregler und Netzanschluss ein Tiefpassfilter eingefügt sein. Es gibt Filter-Arrangements für einphasige (dreiadrige) und dreiphasige (vieradrige) netzversorgte Systeme mit Leistungen im Kilowattbereich. Gleichtakt-Störgrößen (Common Mode, CM) zu unterdrücken ist in solchen Systemen oftmals schwieriger als differenzielle Störgrößen (Differential Mode, DM) zu dämpfen. Zum Messen der leitungsgeführten Störgrößen kann der Entwickler auf eine Netznachbildung (Line Impedance Stabilization Network, LISN) zurückgreifen.

Da die Kapazitätswerte der Y-Kondensatoren aus Sicherheitsgründen auf sehr geringe Werte von oftmals unter 10 nF beschränkt sind, werden große Gleichtaktdrosseln benötig, um die gewünschten Eckfrequenzen zu erreichen. Demgegenüber können X-Kondensatoren, die erforderlich sind, um differenzielle Störgrößen zu unterdrücken, hohe Kapazitätswerte (meist 2,2 µF) haben. Deshalb reichen hier niedrige Induktivitätswerte (Streuinduktivität der Gleichtaktdrosseln) aus.

Aktive EMI-Filter

Mit einem aktiven EMI-Filter (AEF) ist der Platzbedarf gegenüber einem rein passiven Design signifikant geringer. Im Unterschied zu einem passiven Filter erfasst ein AEF die verbliebenen als Spannung oder Strom vorliegenden DM- oder CM-Störgrößen und fügt ein Gegensignal ein, das die Störgröße im besten Fall genau aufhebt. Diese Strategie, die bereits aus der Akustik bekannt ist, können Entwickler nun auch für die EMI-Unterdrückung nutzen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen dem Feedback-Verfahren (FB) und dem Feedforward-Verfahren (FF).

Bild 1 zeigt sechs allgemeine AEF-Konfigurationen. Sie unterscheiden sich durch die erfassten Störparameter (Spannung oder Strom), das verwendete Kompensationssignal (Spannung oder Strom) und die verwendetee Technik (Feedback oder Feedfoward):

  • Voltage Sense (VS) oder Current Sense (CS)
  • Voltage Injection (VI) oder Current Injection (CI)
  • FB oder FF
Bild 1: Grundlegende AEF-Strukturen in ihrer einphasigen Variante. Gezeigt sind vier FB- und zwei FF-Schaltungen: FB-CSVI (a), FB-CSCI (b), FB-VSVI (c), FB-VSCI (d), FF-VSVI (e) und FF-CSCI (f)
Bild 1: Grundlegende AEF-Strukturen in ihrer einphasigen Variante. Gezeigt sind vier FB- und zwei FF-Schaltungen: FB-CSVI (a), FB-CSCI (b), FB-VSVI (c), FB-VSCI (d), FF-VSVI (e) und FF-CSCI (f) (Bild: Texas Instruments)

Die Terme iS und ZS in Bild 1 bezeichnen die Ersatzstromquelle beziehungsweise die parallele Quellimpedanz der Leistungsstufe. ZL ist die Lastimpedanz an der Störsenke, und bei G handelt es sich um die Verstärkung der aktiven Schaltung. Mithilfe verschiedener passiver Elemente anstelle von ZS und ZL lassen sich unterschiedliche hybride Schaltungen konfigurieren.

Vergleich der AEF-Strukutren

FB-Designs erfassen die verbleibende Störgröße an der Störsenke. Sie invertieren das Signal, verstärken es mit einem hohen Verstärkungsfaktor G und speisen ein Kompensationssignal in das System zurück, um den erfassten Parameter über den erforderlichen Frequenzbereich auf null zu bringen. FF-Designs dagegen erfassen die Störgröße an der Störquelle, invertieren das Signal, verstärken es mit Verstärkungsfaktor eins und speisen es an der Störsenke in das System zurück. Im letzteren Fall muss der Verstärkungsfaktor exakt eins betragen, damit sich Störgröße und Gegensignal genau aufheben. Das Design von FF-Schaltungen ist deshalb schwieriger.

Meist erfassen Kondensatoren beziehungsweise Stromwandler Spannungen und Ströme. Was die Kompensation der Störgröße betrifft, nutzen VI-Designs eine geregelte Serien-Spannungsquelle, um zu verhindern, dass ein Störstrom in die Netznachbildung fließt, während bei CI-Designs eine geregelte Shunt-Stromquelle zum Einsatz kommt, damit der von der Störquelle erzeugte Störstrom nicht in die Netznachbildung fließen und dort gemessen werden kann.

AEF-Implementierungen in der Praxis

Bei einer AEF-Implementierungen zur Unterdrückung von Gleichtakt-Störgrößen mit einer FB-VSCI-Konfiguration kommt eine Familie eigenständiger AEF-ICs in einem ein- beziehungsweise dreiphasigen System zum Einsatz. Die Schaltungen ähneln zweistufigen passiven Filtern, jedoch ist hier der AEF-IC zwischen den Gleichtaktdrosseln positioniert, um den Gleichtaktströmen einen Ableitweg mit niedrigerer Impedanz zu ermöglichen.

Die Sense-Pins dieser Bausteinfamilie sind über Y-Kondensatoren von meist 680 pF mit den Stromversorgungs-Leitungen verbunden und leiten das erfasste Signal an einen Hochpassfilter und einen Signalkombinierer weiter (Blockschaltbild in Bild 2). Der IC unterdrückt Wechselspannungen mit Netzfrequenz (50 bzw. 60 Hz) und differenzielle Störgrößen, während er hochfrequente Gleichtakt-Störgrößen verstärkt und mit einer extern abstimmbaren Dämpfungsschaltung die Stabilität der Regelschleife bewahrt.

 

Bild 2: Internes Blockschaltbild des dreiphasigen AEF-IC TPSF12C3-Q1.
Bild 2: Internes Blockschaltbild des dreiphasigen AEF-IC TPSF12C3-Q1. (Bild: Texas Instruments)

Die Bauteile zwischen den Pins COMP1 und COMP2 bilden ein Lead/Lag-Netzwerk, das die Verstärkungs-Charakteristik festlegt. Der an INJ herausgeführte Ausgang speist das erforderliche Kompensationssignal über ein Dämpfungs- und Stabilisierungsnetzwerk (die entsprechenden Bauteile sind in Bild 3 mit „D“ im Index bezeichnet) sowie einen Y-Einspeisekondensator CINJ von meist 4,7 nF in die Stromversorgungs-Leitungen zurück. Filter-, Kompensations- und Schutzschaltungen sind in den IC integriert. Die Bias-Versorgungsspannung (VDD) kann zwischen 8 und 16 V betragen (Nennwert: 12 V) und ist auf die Systemmasse bezogen.

Niederspannungs-Tests

Bei einer einphasigen AEF-Schaltung mit dem TPSF12C1-Q1 sind sowohl regler- als auch netzseitig Y-Kondensatoren verbaut, und mit der Netznachbildung lassen sich Störgrößen zwischen 150 kHz und 30 MHz messen.

Ein Rechtecksignal aus einem Funktionsgenerator erzeugt die Gleichtakt-Störgröße, und ein 1-nF-Kondensator imitiert die realistische Gleichtaktstörquellen-Impedanz eines Schaltreglers. Durch passendes Einstellen der Amplitude und der Anstiegszeiten der Spannung lassen sich an der Netznachbildung Störgrößen mit der richtigen Amplitude und einem geeigneten Frequenzspektrum herbeiführen.

Mithilfe dieser einfachen Niederspannungs-Prüfung ist eine sichere und zweckmäßige Performance-Charakterisierung des Filters in einer Prüfkammer möglich, bevor in einer Hochspannungs-Umgebung ein Schaltregler angeschlossen wird.

Der AEF sorgt im niedrigen Frequenzbereich von 100 kHz bis 3 MHz für eine Abschwächung der Gleichtakt-Störgrößen um bis zu 30 dB. So erzeugt ein Filter mit zwei nanokristallinen Drosseln von je 2 mH die gleiche CM-Unterdrückung wie ein passives Filterdesign mit zwei Drosseln zu je 12 mH.

Hochspannungs-Tests

Bild 3 zeigt einen Hochspannungs-Testaufbau. Hier ist die gemessene Unterdrückung von Gleichtakt-Störgrößen mit dem einphasigen AEF-IC TPSF12C1-Q1 unter Verwendung des Referenzdesigns TIDM-1007 dargestellt, einem einphasigen, brückenlosen PFC-Wandler mit einer Leistung von 3,3 kW. Die GaN-Leistungsbausteine des Typs LMG3410 werden dabei mit 100 kHz geschaltet.

Bild 3: EMI-Eigenschaften des Referenzdesigns TIDM-1007. Links sind die Werte bei deaktivierter bzw. aktivierter AEF-Funktion zu sehen, während rechts die Eigenschaften eines AEF mit kleiner Drossel und eines passiven Filters mit großer Drossel verglichen werden.
Bild 3: EMI-Eigenschaften des Referenzdesigns TIDM-1007. Links sind die Werte bei deaktivierter bzw. aktivierter AEF-Funktion zu sehen, während rechts die Eigenschaften eines AEF mit kleiner Drossel und eines passiven Filters mit großer Drossel verglichen werden. (Bild: Texas Instruments)

Wie links in Bild 3 zu erkennen, erzielt der AEF eine Unterdrückung der Gleichtakt-Störgrößen um 15 bis 30 dB im unteren Frequenzbereich (150 kHz bis 3 MHz). Somit kommt ein Filter mit zwei nanokristallinen Drosseln von 1 bzw. 4 mH auf die gleiche CM-Unterdrückung wie ein passiver Filter mit zwei 12-mH-Drosseln (rechts in Bild 3). Um einen gerechten Vergleich zu gewährleisten, entstammen die verwendeten Drosseln der gleichen Produktfamilie und basieren auf ähnlichen Kernwerkstoffen. Abgesehen davon bringen es die kleineren Drosseln des AEF-basierten Designs auf eine bessere Abschwächung bei Frequenzen oberhalb von 10 MHz, da die windungsinternen parasitären Kapazitäten geringer sind.

Betrachtet man die Impedanzkurven der Gleichtaktdrosseln in Bild 4, so fällt auf, dass die kleineren Bauteile der AEF-Lösung eine höhere Eigenresonanzfrequenz und bessere Hochfrequenz-Eigenschaften besitzen. Als Beispiel für die höhere Impedanz bei hohen Frequenzen als Folge der geringeren windungsinternen Kapazitäten ist zu sehen, dass die Impedanz der netzseitigen Gleichtaktdrossel bei 30 MHz von 150 Ω (bei der 12-mH-Version des passiven Designs) auf 1,1 kΩ (bei der 1-mH-Version des aktiven Designs) zunimmt. Die bei 10 MHz und 30 MHz eingezeichneten Markierungen (x und o) kennzeichnen die jeweiligen Impedanzwerte des passiven beziehungsweise aktiven Designs. Die höhere Gleichtaktdrossel-Impedanz oberhalb von 10 MHz macht die Verwendung netzseitiger Y-Kondensatoren im Prinzip überflüssig.

Bild 4: Impedanzcharakteristik der gewählten Gleichtaktdrosseln des passiven Designs (2 x 12 mH) und des aktiven Designs (4 mH und 1 mH).
Bild 4: Impedanzcharakteristik der gewählten Gleichtaktdrosseln des passiven Designs (2 x 12 mH) und des aktiven Designs (4 mH und 1 mH). (Bild: Texas Instruments)

Ein aktiver EMI-Filter erfasst die als Spannung oder Strom vorliegenden DM- oder CM-Störgrößen und fügt ein Gegensignal ein, das die Störgröße aufheben soll. FB-Designs (Feedback-Designs) erfassen die Störgröße an der Störsenke, invertieren das Signal, verstärken es mit einem hohen Verstärkungsfaktor und speisen ein Kompensationssignal in das System zurück. FF-Designs (Feedforward-Designs) erfassen die Störgröße an der Störquelle, invertieren das Signal, verstärken es mit Verstärkungsfaktor eins und speisen es an der Störsenke in das System zurück.

Tim Hegarty, Anwendunsingenieur bei Texas Instruments
(Bild: Texas Instruments)

Tim Hegarty

Anwendunsingenieur bei Texas Instruments  

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