Sobald das Eingangssignal an einem Analogschalter die Versorgungsspannungen (VDD oder VSS) um mehr als einen Diodenspannungsabfall übersteigt, werden die ESD-Schutzdioden im IC in Durchlassrichtung vorgespannt und es fließt Strom vom Eingang zu den Versorgungsspannungen (Bild 1), der den Baustein beschädigen kann.
Bei stromlosem Schalter können zwei Szenarien auftreten. Bei potenzialfreien Stromversorgungen könnte das Eingangssignal die VDD-Leitung über die ESD-Dioden unter Spannung setzen. In diesem Fall nimmt der VDD-Anschluss das Potenzial eines Dioden-Spannungsabfalls an. Dies würde den Schalter und mit ihm auch alle anderen, von derselben VDD-Leitung gespeisten Bauelemente einschalten, was ein unkontrolliertes Verhalten von Bauelementen in der Signalkette zur Folge haben kann.
Eckdaten
Zum Schutz der analogen Eingänge von Signalketten auf der Basis herkömmlicher Konzepte müssen Entwickler oft mehrere Kompromisse bezüglich Leckstrom, Durchlasswiderstand und Umfang des Schutzes eingehen. Abhilfe können überspannungsgeschützte Analogschalter und Multiplexer von Analog Devices schaffen.
Liegen die Stromversorgungsanschlüsse auf Massepotenzial, schaltet der PMOS-Baustein mit negativer VGS ein, sodass der Schalter ein geklipptes Signal an den Ausgang durchlässt. Dies wiederum kann nachfolgende, ebenfalls stromlose Bauelemente beschädigen (Bild 2).
Diskrete Schutzlösung
Normalerweise nutzen Entwickler zum Schutz von Eingängen diskrete Bausteine. Serienwiderstände mit hohen Werten dienen zur Begrenzung des Stromes im Fehlerfall, während Schottky- oder Zener-Dioden an den Versorgungsspannungsleitungen Überspannungssignale klemmen. Bild 3 zeigt ein solches Schutzkonzept in einer Signalkette mit Multiplexer.
Diskrete Schutzbausteine bringen jedoch auch Nachteile mit sich. So verlängert der Serienwiderstand die Einschwingzeit des Multiplexers und der gesamten Signalkette. Zudem verursachen die Schutzdioden einen zusätzlichen Leckstrom und eine variierende Kapazität, was die Genauigkeit und Linearität der Messungen beeinflusst. Außerdem besteht bei potenzialfreien Versorgungsspannungsleitungen keine Schutzwirkung, da die mit den Versorgungsleitungen verbundenen ESD-Dioden keine Klemmung bewirken.
Herkömmliche und geschützte Schalterarchitektur
Bild 4 zeigt den Aufbau einer herkömmlichen Schalterarchitektur. An den Ein- und Ausgängen des Schalters rechts im Bild befinden sich ESD-Dioden zu jeder Versorgungsleitung. Auch die externen diskreten Schutzbausteine sind in Bild 4 zu sehen. Dies sind der Serienwiderstand zur Strombegrenzung und die mit den Versorgungsleitungen verbundenen Schottky-Dioden zur Begrenzung von Überspannung. Für zusätzlichen Schutz bei rauen Einsatzbedingungen verwenden Entwickler häufig ein bidirektionales TVS-Element.
Bild 5 zeigt die geschützte Schalterarchitektur. Da die eingangsseitigen ESD-Schutzdioden durch eine bidirektionale ESD-Zelle ersetzt wurden, ist der Eingangsspannungsbereich nicht mehr durch die zu den Versorgungsleitungen führenden ESD-Dioden begrenzt. Die Eingangsspannung kann deshalb Werte bis zu den prozessbedingten Grenzen annehmen (bei den geschützten Schaltern von Analog Devices bis ±55 V). Die ESD-Dioden verbleiben am Ausgang, da meist kein Schutz vor ausgangsseitigen Überspannungen erforderlich ist. Die ESD-Zelle am Eingang bietet nach wie vor einen ESD-Schutz. Der mit ESD-Zellen dieser Art bestückte, überspannungsgeschützte Vierkanal-SPST-Schalter ADG5412F gewährt Schutz vor elektrostatischen Entladungen bis 5,5 kV nach dem Human-Body-Modell (HBM).
Für anspruchsvollere Situationen, beispielsweise nach IEC 61000-4-2, schnelle Transienten oder Überspannungsschutz ist möglicherweise ein externes TVS-Element oder ein Strombegrenzungswiderstand erforderlich.
Fast kompromisslos
Bei Überspannung an einem der Schaltereingänge schaltet der betreffende Kanal ab und der Eingang wird hochohmig. Der Leckstrom an den anderen Kanälen bleibt dagegen gering, sodass diese übrigen Kanäle funktionsfähig bleiben und ihre Leistungsfähigkeit nur geringfügig leidet. Somit sind nur wenige Kompromisse zwischen Geschwindigkeit und Leistungsfähigkeit des Systems und dem Überspannungsschutz einzugehen.
Der geschützte Schalter kann die Signalkettenlösung also erheblich vereinfachen. Strombegrenzungswiderstände und Schottky-Dioden sind dank des eingebauten Überspannungsschutzes des Schalters in vielen Situationen überflüssig. Die Leistungsfähigkeit des Systems insgesamt bleibt erhalten und erfährt keine Einschränkungen durch externe diskrete Bauteile, die in einer Signalkette meist zu Leckströmen und Verzerrungen führen.
Eigenschaften geschützter Schalter
Geschützte Schalter von ADI sind bei anliegender Versorgungsspannung und im stromlosen Zustand vor Überspannungen bis ±55 V geschützt. Der zur Herstellung der Schalter verwendete Hochspannungsprozess zeichnet sich durch Trench-Isolation aus und besitzt eine isolierende Oxidschicht zwischen den NDMOS- und PDMOS-Transistoren eines jeden Schalters (Bild 6).
Die parasitären Sperrschichten zwischen den Transistoren sperrschichtisolierter Schalter kommen nicht vor. Als Ergebnis entsteht ein Schalter, der stets vor Latch-up-Effekten geschützt ist. Der ADG5412F zum Beispiel besteht den Latch-up-Test gemäß JESD78D mit ±500 mA bei einer Impulsbreite von 1 s. Dies entspricht dem strengsten Test dieser Spezifikation.
Zu den Eigenschaften der geschützten Schalter von ADI gehören ein robuster Überspannungsschutz, hohe ESD-Beständigkeit und ein definierter Zustand nach dem Einschalten auch ohne digitale Eingangssignale.
Achtung Durchlasswiderstand
Bauelemente mit niedrigem Durchlasswiderstand sind in der Regel in Systemen mit geringer Impedanz zu finden, in denen der Durchlasswiderstand des Schalters minimal sein muss. In solchen Systemen, zum Beispiel ein Netzteil oder eine Verstärkerstufe, können der Durchlasswiderstand und die Quellenimpedanz parallel zur Last sonst Verstärkungsfehler verursachen. Diese Fehler lassen sich zwar in vielen Fällen herauskalibrieren, doch die Änderung des Durchlasswiderstands (RON) über den Signalbereich oder von einem Kanal zum anderen erzeugt Verzerrungen, die sich nicht herauskalibrieren lassen. Niederohmige Schaltungen sind wegen des weniger flachen Verlaufs von RON und der variierenden RON-Werte der einzelnen Kanäle deshalb anfälliger gegen Verstärkungsfehler.
Bild 7 zeigt den Durchlasswiderstand eines geschützten Schalters über den Signalbereich. Die Bausteine basieren auf einem patentiertem Schaltertreiberdesign, das eine konstante Spannung VGS gewährleistet und dafür sorgt, dass RON über den gesamten Eingangsspannungsbereich hinweg flach verläuft. Der Nachteil dabei ist ein geringfügig reduzierter Signalbereich, in dem sich die optimale Leistungsfähigkeit erzielen lässt. Dies ist am RON-Verlauf erkennbar. In Anwendungen, die hinsichtlich RON oder Änderungen der gesamten harmonischen Verzerrung (THD) empfindlich sind, kann dies vorteilhaft sein.
Der ADG5404F ist ein gegenüber Latch-up immuner und gegen Überspannungen geschützter Multiplexer. Solche Bauelemente weisen gegenüber Standardbausteinen in der Regel einen höheren Durchlasswiderstand und einen schlechteren RON-Verlauf auf. Dank der im ADG5404F eingesetzten Lösung für eine konstante VGS ist die Flachheit des RON-Verlaufs jedoch besser als bei den Bausteinen ADG1404 und ADG5404. In vielen Anwendungen, etwa bei Temperaturmessungen mit RTDs, ist die Flachheit des RON-Verlaufs sogar wichtiger als der absolute Wert dieses Widerstands, sodass der geschützte Schalter die Leistungsfähigkeit dieser Systeme verbessern kann.
Systeme mit hoher Impedanz
Schalter mit geringem Leckstrom, niedriger Kapazität und geringer Ladungsinjektion kommen meist in Systemen mit hoher Impedanz zum Einsatz. Datenerfassungssysteme weisen wegen Verstärkerlasten am Multiplexerausgang üblicherweise eine hohe Impedanz auf.
Leckströme sind die dominierende Fehlerquelle in Schaltungen mit hoher Impedanz, denn sie können erhebliche Messfehler verursachen. Eine niedrige Kapazität sowie eine geringe Ladungsinjektion sind ebenfalls entscheidend zum Erzielen kürzerer Einschwingzeiten, mit denen sich in einem Datenerfassungssystem der Datendurchsatz erhöhen lässt. Die Leckströme der geschützten Schalter von ADI bewegen sich im normalen Betrieb im unteren Nanoamperebereich, was in vielen Anwendungen entscheidend für präzise Messungen ist.
Wichtig ist, dass die Leckströme auch bei einem Fehler an einem der Eingangskanäle auf einem guten Niveau bleiben. Bis der Fehler behoben ist, können die Messungen an den anderen Kanälen weitergehen, sodass sich die Ausfallzeiten verringern. Bild 8 zeigt den Überspannungsleckstrom des 8:1-Multiplexers ADG5248F.
Fehlerdiagnose
Die meisten geschützten Schalter von ADI weisen auch digitale Fehler-Pins auf. Beim FF-Pin (Fault Flag) handelt es sich um ein allgemeines Fehlerflag, das einen Fehler an einem der Eingangskanäle anzeigt. Mit dem SF-Pin (Specific Fault) lässt sich herausfinden, an welchem der Eingänge eine Störung anliegt. Die FF- und SF-Anschlüsse können für die Fehlerdiagnose in einem System nützlich sein. So weist der FF-Pin den Anwender zunächst auf einen Fehler hin. In diesem Fall kann der Anwender die einzelnen digitalen Eingänge durchgehen, wobei der FF-Pin den beziehungsweise die mit einer Störung behafteten Schalter identifiziert.
Systemvorteile
Die Vorzüge der geschützten Schalter für das System zeigt die Übersicht in Bild 9. Vor allem Systementwickler profitieren von den Vorteilen – sowohl was die analoge Leistungsfähigkeit in einer Präzisionssignalkette angeht, als auch in Bezug auf die Robustheit des Systems.
Der Fertigungsprozess sowie die neuartige Schalterarchitektur verleihen den geschützten Schaltern von ADI eine Reihe von Vorteilen. So ermöglicht der flache RON-Verlauf präzise Messungen, während der niedrige Leckstrom im Fehlerfall einen ungestörten Betrieb der nicht von dem Fehler betroffenen Kanäle erlaubt. Bauteile mit sekundärer Fehlerstromversorgung bieten präzise Fehleransprechschwellen und verbessern gleichzeitig die Eigenschaften der Analogschalter.
Anwendungsbeispiel Prozesssteuerung
Bei dem Anwendungsbeispiel in Bild 10 handelt es sich um eine Prozesssteuerungssignalkette, in der ein Mikrocontroller eine Reihe von Sensoren, zum Beispiel RTDs, Thermoelemente, Drucksensoren und Feuchtesensoren, überwacht. In Prozesssteuerungsapplikationen sind die Sensoren möglicherweise über sehr lange Kabel angeschlossen, was die Fehlerwahrscheinlichkeit erhöht.
Als Multiplexer kommt der ADG5249F zum Einsatz. Während der Schalter selbst mit ±15 V arbeitet, sind die sekundären Fehlerstromversorgungen für +5 V und Masse konfiguriert, um die nachfolgenden Schaltungen (PGA und ADC) zu schützen. Das Hauptsensorsignal durchläuft den Multiplexer zum PGA und ADC, während die Fehlerdiagnosesignale direkt an den Mikrocontroller gelangen, damit im Fehlerfall ein Interrupt erfolgen kann. Der Benutzer erhält auf diese Weise Kenntnis über den Fehler und kann überprüfen, an welchem Sensor er aufgetreten ist. Anschließend kann ein Techniker die Störung beheben beziehungsweise den Sensor oder das Kabel ersetzen.
Dank des niedrigen Leckstroms im Fehlerfall lassen sich die anderen Sensoren weiter überwachen, auch wenn einer von ihnen ausgefallen ist. Ohne den niedrigen Leckstrom bei einer Störung könnte ein Fehler auf einem Kanal alle anderen Kanäle solange „unbrauchbar“ machen, bis der Fehler repariert ist.
Anwendungsbeispiel Datenerfassung
Das zweite Anwendungsbeispiel (Bild 11) ist Teil einer Datenerfassungssignalkette mit dem Schutzbaustein ADG5462F, der analoge Eingänge vor Überspannungen schützt. Das Beispiel enthält einen mit ±15 V versorgten PGA, an den sich ein A/D-Wandler mit einem Eingangssignalbereich von 0 bis 15 V anschließt. Der ADG5462F befindet sich also zwischen PGA und ADC und nutzt die ±15 V als primäre Versorgungsspannung, um einen entsprechenden On-Widerstand zu erzielen. Die Spannungen von 0 und 5 V dienen als sekundäre Versorgungsspannung. Der ADG5462F leitet das Signal im Normalbetrieb durch, klemmt jedoch jede vom PGA-Ausgang kommende Überspannung für den A/D-Wandler auf einen Bereich zwischen 0 und 5 V.
(hb)