Geräteschutzsicherungen

Sicherungsbauformen von Siba. (Bild: Siba/Schukat)

Geräteschutzsicherungen kommen zum Schutz vor unzulässig hohen Strombelastungen bei elektrischen Anlagen, Geräten und Baugruppen zum Einsatz. Die Anwendungsbereiche umfassen unter anderem die Absicherung von Netzteilen und Leistungsendstufen oder das Trennen von defekten Baugruppen in industriellen Anwendungen im Fehlerfall von der Spannungsversorgung, um größere Schäden zu vermeiden.

Bei Geräteschutzsicherungen wie denen von SIBA besteht eine große Auswahl. Neben der klassischen zylindrischen Geräteschutzsicherung mit den Abmessungen 5 × 20 mm gibt es zudem eine Vielzahl verschiedener Bauformen und Charakteristiken, dazu gehören Ausführungen in 5 × 25, 5 × 30 und 6,3 × 32 mm sowie viele weitere Größen. Zur Verfügung stehen bedrahtete Sicherungen zur Leiterplattenmontage, Kleinstsicherungen sowie SMD-Sicherungen. Ihre Charakteristiken reichen von superflinken (FF) Sicherungen, unter anderem zum Schutz von Halbleitern oder Messgeräten, bis hin zu superträgen (TT) Sicherungen, die auch bei größeren Einschaltimpulsen oder Anlaufströmen nicht sofort aufgeben. Zum Einsatz kommen sie bei Kleinstspannungen ebenso wie in Anwendungen, bei denen Spannungen von über 1000 V sicher abgeschaltet werden müssen – sowohl bei Wechselspannung als auch bei Gleichspannung.

Geräteschutzsicherungen auswählen

Zu den Faktoren für die Auswahl der passenden Geräteschutzsicherung zählen nicht nur der dauerhaft fließende Laststrom, das zu schützende Gerät oder der Halbleiter, sondern auch die Einflüsse, denen der Sicherungseinsatz ausgesetzt ist, damit die Lebensdauer nicht schon bei der Auswahl ungewollt begrenzt wird. Ermittelt werden sollte: Welchen Umgebungstemperaturen kann der Sicherungseinsatz ausgesetzt sein? Liegen im Einschaltmoment besondere Belastungen vor? Treten immer wiederkehrende Anlaufströme auf? Mit dieser Methode lässt sich das Problem vermeiden, dass die Sicherung schon nach kurzer Zeit ungewollt schaltet.

Wesentliche Aspekte bei der Auswahl

Die Auswahl einer Sicherung erfolgt oftmals ausschließlich nach dem Bemessungsstrom, der Bemessungsspannung und Charakteristik. Es wird davon ausgegangen, dass der auf der Sicherung angegebene Bemessungsstrom auch dauerhaft über die Sicherung fließen darf. Das ist jedoch nur sehr selten der Fall. Denn die relevanten Normen gehen bei der Bestimmung des Bemessungsstromes immer von optimalen Bedingungen für die Sicherung aus, also 23 °C Umgebungstemperatur, ungehinderte Wärmeabgabe, kontinuierlich fließender Strom und mehr. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren für die richtige Wahl der Sicherung ist jedoch die Umgebungstemperatur. Diese hat sowohl Einfluss auf den möglichen Dauerstrom als auch auf das Schmelzintegral der Sicherung. Zudem spielen Einschaltströme und Pulsbelastungen, die über den Bemessungsstrom der Sicherung hinausgehen, eine entscheidende Rolle.

Bild 2: Einfluss der Umgebungstemperatur auf den Bemessungsstrom.
Bild 2: Einfluss der Umgebungstemperatur auf den Bemessungsstrom. (Bild: Schukat/Siba)

Auswirkungen auf den Bemessungsstrom

Im Grunde basiert die Funktion der Sicherung auf einem sehr einfachen Prinzip: Fließt ein Strom, erwärmt sich der Schmelzleiter im Sicherungseinsatz. Fließen größere Ströme, erwärmt sich der Schmelzleiter so lange, bis letztlich der kleinste Schmelzstrom des Sicherungseinsatzes erreicht und die Temperatur im Schmelzleiter so hoch ist, dass dieser schmilzt und den Stromfluss unterbricht. Hier wird klar, dass nicht nur die vom Laststrom erzeugten Temperaturen einen Einfluss auf das Auslöseverhalten haben, sondern auch Umgebungstemperaturen die dauerhafte Belastbarkeit des Sicherungseinsatzes beeinflussen.

Gemäß den Normvorgaben sind Sicherungseinsätze für eine Umgebungstemperatur von 23 °C ausgelegt. Bestehen höhere Umgebungstemperaturen, dann verringert sich die dauerhaft mögliche Strombelastung. Die im Schmelzleiter entstehende Wärme lässt sich nicht mehr ausreichend abführen, was zum Auslösen der Sicherung unterhalb des Bemessungsstromes führen kann. Mit Temperaturen kleiner als 23 °C verhält es sich umgekehrt, hier löst die Sicherung erst bei höheren Strömen aus, da sozusagen von außen gekühlt wird und somit eine bessere Wärmeableitung als unter Normbedingungen möglich ist. Wie sich die Verschiebung des Bemessungsstromes für verschiedene Sicherungen bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen ermitteln lässt, zeigt Bild 2.

Ist beispielweise eine träge Sicherung notwendig, über die ein Strom von 1 A bei einer Umgebungstemperatur von 70 °C fließt, dann berechnet sich der benötigte Sicherungsbemessungsstrom wie folgt:

Irat = IL / Kf = 1 A / 0,78 = 1,28 A

Irat: resultierender Sicherungsbemessungsstrom

IL: Laststrom

Kf: Korrekturfaktor aus Diagramm

Demnach müssten Entwickler eine Sicherung mit einem Bemessungsstrom von mindestens 1,28 A auswählen, damit der Laststrom von 1 A auch bei einer Umgebungstemperatur von 70 °C dauerhaft über die Sicherung fließen kann und die Sicherung nicht frühzeitig und ungewollt auslöst. Da der nächste genormte Bemessungsstrom 1,6 A beträgt, ist ein 1,6 A Sicherungseinsatz erforderlich.

Bild 3: Einfluss der Umgebungstemperatur auf das Schmelzintegral.
Bild 3: Einfluss der Umgebungstemperatur auf das Schmelzintegral. (Bild: Schukat/Siba)

Auswirkungen auf das Schmelzintegral

Die Umgebungstemperatur wirkt sich nicht nur auf den maximalen Dauerstrom der Sicherung aus, sondern auch das Schmelzintegral verändert sich. Hier gelten ebenfalls die in den gängigen Datenblättern angegebenen Werte für das Schmelzintegral eines Sicherungseinsatzes für normale Raumtemperaturen. Steigen die Temperaturen in höhere Bereiche, was für Anwendungen in der Elektronik die Regel ist, verringert sich das in den Datenblättern angegebene Schmelzintegral des Sicherungseinsatzes. Liegen die Temperaturen unter 20 °C, ist mit einem erhöhten Schmelzintegral zu rechnen.

Welcher Korrekturfaktor für die Kalkulation des Schmelzintegrals anzunehmen ist, zeigt Bild 3.

So funktioniert die Berechnung des tatsächlichen Schmelzintegrals:

I2ts` = I2t x KEU

I2ts`: tatsächliches Schmelzintegral

I2t: Schmelzintegral aus Datenblatt

KEU: Korrekturfaktor ermittelt aus Diagramm

Aufgrund der meist erhöhten Umgebungstemperaturen ist in der tatsächlichen Anwendung also mit einem niedrigeren Schmelzintegral zu rechnen als die Datenblätter der Sicherungseinsätze darstellen. Dieses korrigierte Schmelzintegral lässt sich für alle weiteren Betrachtungen heranziehen.

Bild 4: Inrush: 6 A, Dauer: 100 ms.
Bild 4: Inrush: 6 A, Dauer: 100 ms. (Bild: Schukat/Siba)

Bewertung von Einschaltströmen

Die häufigste Ursache, warum ein Sicherungseinsatz ungewollt auslöst, sind nicht berücksichtigte, oftmals zeitlich begrenzte Sonderbelastungen, die über den Bemessungsstrom der Sicherung hinausgehen. Dazu zählen häufig Einschaltströme, die teils nur einige Male, meist aber während der gesamten Lebensdauer der Elektronik einige tausend Mal vorkommen. Sie können zu einer ungewollten Überlastung führen, sodass die Sicherung auch im Normalbetrieb irgendwann auslöst.

Zur Bewertung von Einschaltströmen existieren verschiedene Methoden. Eine häufig angewandte Prüfmethode, ob die Sicherung den „Inrush“ tragen kann, ist der Vergleich des Einschaltstromes mit der Zeit/Strom-Kennlinie der Sicherung. Hierbei wird die Höhe des Einschaltstromes sowie die Zeit, über die der Strom fließt, in die Kennlinie eingetragen. So lässt sich schnell erkennen, ob der Einschaltstrom die Sicherung zum Auslösen bringen wird. Um jedoch eine Überlastung der Sicherung zu vermeiden, ist ein ausreichender Abstand zwischen Einschaltstrom und tatsächlichem Schmelzstrom der Sicherung erforderlich. Der Richtwert besagt, der Einschaltstrom sollte maximal rund 60 Prozent des Auslösestromes betragen.

Mit der genannten 60-Prozent-Regel lässt sich also eine Sicherung auswählen, die einen Schmelzstrom von 10 A bei 100 ms aufweist – in diesem Fall eine 3,15 A-Sicherung.

Bild 5: Ermittlung des Integralwertes.
Bild 5: Ermittlung des Integralwertes. (Schukat/Siba)

Pulsbelastungen

Um Pulsbelastungen und kurzzeitige Einschaltströme richtig zu bewerten lässt sich das Last- zu Sicherungs-Schmelzintegral vergleichen. Dafür wird zunächst der Energieertrag der Belastung in die Sicherung ermittelt. Fehlen hier entsprechende Daten, lässt sich das über Näherungen durchführen.

Ist das Pulsintegral ermittelt, lässt es sich mit dem Schmelzintegral der Sicherung aus dem Datenblatt vergleichen. Liegt ein solcher Puls nur einmalig oder nur wenige Male über die gesamte Lebensdauer der Elektronik an, reicht ein Schmelzintegral des Sicherungseinsatzes aus, das größer als das ermittelte Pulsintegral ist. Handelt es sich jedoch um eine häufiger wiederkehrende Belastung, ist ein ausreichender Abstand zwischen Schmelzintegral der Sicherung und Pulsintegral zu gewährleisten. Je häufiger der Impuls auftritt, desto größer muss der Abstand sein. Dabei gibt es je nach Typ der Sicherung, verschiedener Schmelzleiterlegierungen und resultierender Charakteristiken sehr deutliche Unterschiede bei der Empfindlichkeit gegen Pulslasten.

So funktioniert die Berechnung des benötigten Schmelzintegrals der Sicherung in Abhängigkeit der zu erwartenden Anzahl der Pulse:

I2tsmin = I2tp / Kp

I2tsmin: min. benötigtes Schmelzintegral des Sicherungseinsatzes aus Datenblatt

I2tp: Pulsintegral

Kp: Korrekturfaktor des Pulsintegrals

Ist das minimal benötigte Schmelzintegral ermittelt, lässt sich nun über einen Distributor wie Schukat electronic eine Sicherung auswählen, die nicht schon beim Einschalten ungewollt ausschaltet. (prm)

Autoren

Andreas Grünig

Applikationsingenieur bei SIBA GmbH

Annette Landschoof

Produktmanagerin PEMKO bei Schukat

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