Was bedeutet Intelligence at the Edge überhaupt? Einfach ausgedrückt, handelt es sich bei der Edge um den Punkt, an dem die Maschine die Außenwelt berührt oder mit ihr interagiert. Empowering Intelligence soll Edge-Geräten mehr Fähigkeiten verleihen, damit sie bessere Entscheidungen treffen, sich bei optimaler Leistung an ihre Umgebung anpassen und ein höheres Maß an Flexibilität bieten können, um durch eine softwarebasierte Neukonfiguration den unterschiedlichen Fertigungsanforderungen nachzukommen.
Eck-daten
Durch die konsequente Datenerfassung entlang der Fertigung sowie die Verarbeitung am Netzwerkrand können Unternehmen den Zustand, den Status und die Effizienz der Produktionsanlagen erfassen. Sie können dadurch in Echtzeit Entscheidungen treffen. Die Voraussetzung dafür sind intelligente Sensoren und Aktoren sowie die IO-Link-Technologie.
Ziel vieler Unternehmen ist es, entlang einer gesamten Fertigungslinie bessere Echtzeitentscheidungen treffen zu können. Dazu gehört das Sammeln genauerer Informationen über den Zustand, den Status und die Effizienz der Produktionsanlagen. Anspruchsvollere Herstelleranforderungen setzen voraus, dass die Produktionsanlagen schnell anpassbar sind und Konfigurationsflexibilität bieten, um eine Anlage nach Bedarf erweitern oder verkleinern zu können und damit eine breite Palette von Produkten abzudecken. Diese neuartigen Funktionalitäten erlauben es, die Effizienz einer Produktionsstätte zu optimieren, um sich den wechselnden Kundenanforderungen anzupassen, den Durchsatz zu verbessern und die Betriebszeit der Produktionsanlagen zu erhöhen. Um diese hochgesteckten Ziele zu erreichen, bedarf es eines neuen Ansatzes oder einer neuen Denkweise (Bild 1).
Ungeachtet dessen, ob man ein solches System einen digitalen Zwilling, eine intelligente Fabrik oder Industrie 4.0 nennt: Die Technologie, die das Herzstück dieser neuen Entwicklung bildet, bestimmt das Endergebnis. Um bessere Entscheidungen durch KI-fähige Algorithmen zu ermöglichen, muss die Technologie skalierbar und konfigurierbar sein und zudem ein höheres Maß an Diagnostik bieten. Doch was sind die grundlegenden Anforderungen und die Hauptmerkmale eines solchen Systems?
Intelligente Sensortechnik
Sensoren sind in unserem täglichen Leben allgegenwärtig. In der Fertigungsumgebung sind für die Produktherstellung eine Reihe von Sensoren erforderlich, die im Einklang zusammenarbeiten, um Maschinen bei der Erkennung eines Objekts zu unterstützen, den Abstand zu einem Objekt zu bestimmen, die Farben und die Zusammensetzung eines Objekts zu konfigurieren und die Temperatur und den Druck eines Objekts oder einer Flüssigkeit zu überwachen.
Die Inbetriebnahme neuer Sensoren ist arbeitsintensiv und hat aufgrund von Produktivitätsverlusten erhebliche Auswirkungen. Das Herzstück, das die Edge-Intelligenz ermöglicht, ist eine Technologie namens IO-Link. Sie ermöglicht eine flexible Fertigung, was sowohl den Durchsatz als auch die Betriebseffizienz der Produktionsstätte verbessert. Mit der IO-Link-Technologie (Bild 2) wird ein herkömmlicher binärer oder analoger Sensor zu einem intelligenten Sensor, der nicht mehr nur Daten sammelt, sondern es dem Benutzer ermöglicht, die Sensoreinstellungen aus der Ferne zu ändern (Bild 3). Das geschieht auf Basis von Echtzeit-Feedback über den Zustand und Status anderer Sensoren in der Produktionsumgebung sowie über den Fertigungsvorgang, den der Sensor durchführen muss.
Nachdem Unternehmen die Vorteile einer gemeinsamen dreiadrigen Schnittstelle, die einen Austausch von Druck-, Näherungs- und Temperatursensoren ermöglicht, erkannt haben, hat sich die Einführung von IO-Link-Sensoren beschleunigt. Weitere Vorteile der IO-Link-Technologie sind:
- Fernparametrierung ohne unnötige Ausfallzeiten
- Reduzierte Verdrahtungskomplexität mit einer gemeinsamen dreiadrigen Schnittstelle zu Ventilen, RFID-Leseköpfen und Sensoren
- Datenraten, die bis zu Com3-Geschwindigkeiten bei 230 kBd unterstützen
- Bis zu 20 m Reichweite
- Verwendung der robusten M-12-Universal-Steckverbinder-Schnittstelle
- Eindeutige Identifikations-ID für jeden Sensor, die den Ingenieuren Sichtbarkeit und Kontrolle bis zum Edge der Produktionsumgebung ermöglicht.
IO-Link-Hub und Softwarekonfigurierbare IO
Die IO-Link-Technologie ist der Katalysator hinter einer Reihe intelligenter Sensoren, aber sie eröffnet mit IO-Link-Hub-Lösungen auch neue Wege, um die Intelligenz näher an die „Edge“ zu bringen. Diese neuen IO-Link-Hubs bieten eine einfache Möglichkeit, analoge und digitale IO-Erweiterungen hinzuzufügen und Aktoren wie Magnet- und Motorantrieben Intelligenz zu verleihen.
Ein IO-Link-Hub bietet einen einfachen Weg zur Erweiterung der Kanäle, um unerwartete Neukonfigurationen der Fertigungslinie zu unterstützen, indem ein einzelner IO-Link-Port und ein IO-Hub bestehend aus analogen und digitalen IOs zum Einsatz kommt. Diese Erweiterungsmodule sind relativ kostengünstig und nutzen alle Vorteile von IO-Link, was die Inbetriebnahme des IO-Link-Hubs vereinfacht und die Ausfallzeit in der Produktion minimiert. Bild 4 zeigt einige Beispiele für IO-Link-Hub-Lösungen für digitale und analoge IOs.
Intelligente Aktoren
Intelligente Aktoren steuern die Form, den Ablauf und die Geschwindigkeit, mit der sich ein Produkt auf der Produktionsstraße bewegt. Da alle Anwendungen eine einzigartige Zusammenstellung an Bewegungssteuerungs- und Motorantriebseigenschaften erfordern, müssen sich diese intelligenten Aktoren dynamisch an ihre Umgebung anpassen, um das perfekte mechatronische cyberphysikalische System zu bilden. Dabei müssen sie folgendes ermöglich:
- Höhere Effizienz zur Begrenzung der Verlustleistung und zur Ermöglichung kleinerer Formfaktoren.
- Bessere Steuerung von Positionierung und Drehmoment.
- Die Fähigkeit zur Selbst- und Leistungsoptimierung während des Betriebs in ihrer spezifischen Umgebung.
Um diese Kombination intelligenter Bewegung zu ermöglichen, müssen Hersteller zwei Schlüsselelemente erfolgreich integrieren. Erstens: Eine analoge Antriebstechnologie, die einen Hochspannungsbetrieb ermöglicht und gleichzeitig den einwandfreien Zustand und Status der lokalen Umgebung gewährleistet. Sie ermöglicht die Optimierung der Motoren für eine höhere Effizienz und einen schnelleren Durchsatz. Das zweite entscheidende Element ist die Fähigkeit, Bewegungssteuerungsalgorithmen bereitzustellen, um einen reibungslosen Bewegungsablauf zu gewährleisten. Es ist jedoch notwendig, während des Betriebs auf den Motor einwirkende Belastungen zu erkennen, um zu vermeiden, dass die Bewegung nicht fließend ist, und um den Stromverbrauch zu minimieren.
Bewegungssteuerungsalgorithmen sorgen für eine fließende und präzise Bewegung, während sich die PWM-Regelalgorithmen darauf konzentrieren, den Motor leistungseffizienter zu gestalten. Darüber hinaus ist es wichtig, die Stellung des Ankers zu erfassen, um zu wissen, ob sich der Motor in die richtige Position bewegt hat.
Dies geschieht mit magnetischer Abtastung, typischerweise unter Verwendung von Hallsensoren oder einer Art optischer Kodierungslösung.
Die folgenden Bewegungssteuerungsalgorithmen zählen zu den wichtigsten Algorithmen für eine reibungslose Bewegung des Motors von Punkt A nach Punkt B:
- Feldorientierte Steuerung (Field-oriented control, FOC): Dieser Regelalgorithmus berechnet die Position der Vektoren, um die Belastung zu optimieren und die Bewegung der Motorwelle beim Antrieb von Lasten zu stabilisieren
- Sechs-Punkt- und S-Form-Steuerung: Damit lässt sich steuern, wie schnell sich ein Motor von A nach B bewegt oder wie fließend die Bewegung des Motors bei der Bewegung zwischen den beiden Punkten ist.
Diese Techniken bieten dem Anwender die Möglichkeit, Schritte zu definieren, um den Motor anzufahren und zu verlangsamen sowie die Bewegung für die Anwendungen zu optimieren.
Darüber hinaus muss ein kontinuierlicher Betrieb des Motors gewährleistet sein, um ihn vor Stillständen zu schützen, die schwerwiegende Auswirkungen auf die Produktion haben sowie einen potenziellen Motorausfall verursachen könnten. Dieser Algorithmus basiert auf der Fähigkeit, festzustellen, ob ein Motor aufgrund eines erhöhten Drehmoments beziehungsweise einer erhöhten Belastung der Motorwelle kurz vor dem Blockieren steht:
- Stillstandserfassung: Hierbei handelt es sich um eine Technik zur Erkennung und Einleitung von Maßnahmen, wenn ein Motor im Begriff ist stehenzubleiben. Normalerweise geschieht dies mit der Hilfe von Sensoren. Jedoch gibt es auch sensorlose Techniken wie den Stall-Guard-Algorithmus von Trinamic, der die Gegen-EMK des Motors überwacht, um den Lastwinkel zu bestimmen, und diesen mit einem programmierten Schwellenwert vergleicht, der überschritten wird.
Zusätzlich sind weitere Algorithmen zur Bewegungssteuerung erforderlich, um die Motorgeräusche während des Betriebs zu minimieren.
- CoolStep bietet in Verbindung mit dem Stall-Guard-Algorithmus eine Energieeinsparung auf der Grundlage einer lastabhängigen Stromregelung.
- StealthChop ist eine auf einem PWM-Regler basierende Technologie zur Eliminierung von Motorgeräuschen. Dabei handelt es sich um einen selbstlernenden Algorithmus, der den Motor nach seiner ersten Bewegung beim Einschalten justiert und dann bei nachfolgenden Bewegungen seine Leistung weiter optimiert.
Eine neue Ebene intelligenter Antriebe entsteht durch die Kombination des Trinamic-Knowhows bei der Umsetzung physikalischer Bewegungen in die digitale Welt mit der analogen Treiber- und Kommunikationstechnologie von Maxim. Bild 5 zeigt ein Beispiel für einen intelligenten Antrieb.
Diagnostik und Entscheidungsfindung in Echtzeit
Höhere Diagnosefähigkeiten sorgen für einen reichhaltigeren Datensatz, der die Edge-basierte Entscheidungsfindung in Echtzeit verbessert und die Produktivität sowie die betriebliche Zuverlässigkeit der Produktionsanlage steigert. Es ist anzunehmen, dass das maschinelle Lernen aufgrund der raschen Investitionen zur Implementierung intelligenter Fabriken das Segment mit dem höchsten Wachstum in der künstlichen Intelligenz sein wird. Die treibende Kraft hinter diesem Wachstum ergibt sich aus der Fülle an Zustands- und Statusinformationen, die sich aus einem Netzwerk industrieller IoT-Geräte, Algorithmen für die vorausschauende Analyse und Kameras fürs maschinelle Sehen zur Überwachung der Produktqualität sowie zur Bewertung des Zustands und der Betriebsgesundheit der Maschinen generieren lassen. Auf der IC-Ebene überwachen und sammeln Bauteile immer mehr Informationen, die dann über den SPI-Bus zu und von einem Mikroprozessor übermittelt werden. Der Umfang dieser IC-Datagramme vervielfacht sich weiter, da sie kritische Informationen wie den Temperaturstatus eines Geräts, Überspannung, Überstrom, Drahtbrucherkennung, Kurzschlusserkennung, Übertemperaturwarnungen, thermische Abschaltung und zyklische Redundanzkontrolle (CRC) enthalten.
Durch eine Erhöhung der Zahl der Halbleiter, die Daten über die Ausrüstung einer Produktionsstätte sammeln, ist es möglich, eine diagnostische Kartierung der Produktionslinie zu erreichen. Dadurch lassen sich potenzielle Fehler identifizieren und diagnostizieren. Während Halbleiter heute eine Reihe von Statusregistern bereitstellen, die an einen oder mehrere der zuvor erwähnten Fehlerzustände gebunden sind, besteht die bevorstehende Entwicklung darin, eine Abfolge von Ereignissen zu generieren, die es einem Bediener ermöglicht, die Mechanismen zu bestimmen, die den Ausfall eines Anlageteils verursachen. Diese nächste Stufe der Diagnose soll in Kombination mit intelligenter Sensortechnologie und softwarekonfigurierbaren IOs einen Techniker für Industriesteuerungen oder einen KI-Algorithmus in die Lage versetzen, die Ursache des Ausfalls in der Fertigungslinie schnell zu identifizieren und einen neuen Ansatz zur künftigen Vermeidung dieser Art von Fehlern zu empfehlen (Bild 6). Mit dieser Diagnose oder „Sequenzierung von Ereignissen“ lässt sich eine bessere Entscheidungsfindung in Echtzeit erreichen, da sich die Qualität der Informationen verbessert.
Die Kombination dieser neuen Funktionen und die Umsetzung dieser neuen Denkweise wird „Intelligence to the Edge“ ermöglichen und gleichzeitig die Vorteile einer effizienten Produktionsstätte erzeugen. Solche Produktionen können sich dann an die sich ändernden Anforderungen anpassen, den Durchsatz verbessern und die Betriebszeit der Fabrik erhöhen. Diese nächste Leistungsstufe wird die Produktionsanlagen auf ein Niveau der Eigenwahrnehmung bringen. So generiert eine KI-Software beispielsweise Maßnahmen, um eine Fertigungslinie so lange in Betrieb zu halten, bis sie repariert oder gewartet wird. Zusätzlich wird diese neue Ebene der industriellen Konvergenz die Zukunft der Industrieautomation weiterhin prägen und neue Möglichkeiten zur Bereitstellung von Lösungen bieten, die eine neue Generation von digitalen Fabriken inspirieren.
Vielleicht ist dies Industrie 5.0+, in der digitale Fabriken ihre Fertigungsmöglichkeiten maximieren, indem sie vorübergehende Anpassungen vornehmen, um ein Anlagenteil am Laufen zu halten, bis ein Techniker zum Einsatz gerufen wird. Oder es kann sich durch die Neukonfiguration von Maschinen mit dedizierten Aufgaben in einer Arbeitsgruppe manifestieren, um die Belastung jeder Maschine anzupassen, sobald eine Einheit, die kurz vor einem Ausfall steht oder deren Leistung eingeschränkt ist, zu kompensieren. Genau das könnte das „Next Big Thing“ in der industriellen Automatisierung sein. Der Zeitpunkt ist vielleicht schwer vorherzusagen, aber eines ist offensichtlich: Die Automatisierungsindustrie bewegt sich mutig auf ihren nächsten Evolutionsschritt zu.
Maxim bietet Demos und Webinare zu diesem Thema auf der electronica virtual 2020 unter dem Link: https://maxim.click/stand-electronica-2020
(prm)