Hohe Auflösungen von Automotive-Radarsensoren erfordern Signalbandbreiten bis in den Gigahertzbereich. Deshalb sind für diese Anwendungen Frequenzbänder um 24 GHz und 79 GHz vorgesehen. In der Messtechnik musste man bisher den Umweg über Harmonischen-Mischer nehmen, denn kein Analysator kam in einem Sweep bis über 79 GHz. Bis Rohde & Schwarz den R&S FSW85 Signal- und Spektrumanalysator auf den Markt gebracht hat. Als einziges Gerät am Markt deckt es den Frequenzbereich von 2 Hz bis 85 GHz in einem Sweep ab.
Radarmesstechnik an der Grenze des heute Machbaren
Radarsensoren messen wetterunabhängig die Entfernung, Geschwindigkeit und Peilung von Objekten der Umgebung. Dank guter Leistungsdaten und niedriger Kosten schaffen sie die Voraussetzungen für immer mehr Assistenz- und Sicherheitsfunktionen im Auto (Bild 4), inzwischen sogar bereits in der Kompaktklasse. Sensoren für den Automotive-Sektor arbeiten in den Frequenzbändern um 24, 77 und 79 GHz.
Eckdaten
Automotive-Radarsysteme arbeiten in Frequenzbändern um 24 und 79 GHz. Für Messungen in diesem Frequenzbereich eignet sich der Signal- und Spektrumanalysator R&S FSW85 von Rhode & Schwarz, der bis 500 MHz Signalbandbreite ohne externen Harmonischen-Mischer auskommt und Messsignale bis über 79 GHz in einem Sweep erfasst. Für Bandbreiten bis 2 GHz ist der Analysator mit einer Zusatzoption erweiterbar.
Um zwei benachbarte Objekte trennen zu können, muss die Entferungsauflösung des Sensors höher sein als der Abstand der Objekte voneinander. Für eine hohe Auflösung braucht es aber große Signalbandbreiten. Die sind nicht nur herausfordernd für die Signalerzeugung und -auswertung im Sensor, sondern verlangen auch High-End-Messtechnik für Entwicklung, Verifikation und standardkonforme Analysen. Die Messgeräte müssen den Frequenzbereich bis 81 GHz abdecken und Analysebandbreiten bis 2 GHz bieten. Dafür kommen hauptsächlich Signal- und Spektrumanalysatoren in Frage, die bisher allerdings nur Bandbreiten bis 500 MHz erreichten und nicht an die maximale Eingangsfrequenz von 81 GHz herankamen.
Frequenzbänder für Automotive-Radare
In verschiedenen Standards sind die Frequenzbänder (Bild 2), die abgestrahlte Leistung und die Testanforderungen für Automotive-Radare definiert, zum Beispiel in EN 301091 V1.4.0. In Europa ist für Automotive-Radare temporär das 24-GHz-Band in Gebrauch, die Nutzung muss ab 2022 eingestellt werden. Als Ersatz wurde im „79 GHz Project“ [1] der Europäischen Kommission das weltweit verfügbare 79-GHz-Band vorgesehen. Die Nutzung des Bands wird derzeit diskutiert und ist bereits in vielen Ländern akzeptiert, da es signifikante Vorteile bietet. Neben geringeren Einschränkungen bei der abgestrahlten Leistung und einem kleineren Formfaktor der Sensoren bieten es vor allem große Signalbandbreite bis zu 4 GHz und somit eine höhere Entfernungsauflösung, wie folgendes Beispiel zeigt: Während bei einer modulierten Signalbandbreite von 150 MHz eine Entfernungsauflösung von einem Meter zu erreichen ist, sind es bei 1,5 GHz zehn Zentimeter. Die größere Bandbreite erlaubt es zudem, technische Maßnahmen in den Sensor zu integrieren, die Störungen zwischen mehreren Radaren verringern, beispielsweise Frequenzsprungverfahren.
Höhere Frequenzen sind nicht nur hilfreich, um kleinere Sensoren zu entwickeln, sondern auch, um die Geschwindigkeitsauflösung zu verbessern. Sie ist abhängig von der Wellenlänge und Beleuchtungsdauer eines Objekts durch das Radarsignal. Bei gleicher Beleuchtungsdauer verbessert sich die Geschwindigkeitsauflösung etwa um den Faktor 3, wenn das Signal bei 79 GHz statt bei 24 GHz abgestrahlt wird.
In Automotive-Radaren werden häufig sogenannte Chirp-Sequenzen verwendet (Bild 3), also mehrere linear frequenzmodulierte Signale mit je einer Dauer von etwa 100 µs und einer Bandbreite von mehreren hundert Megahertz bis einigen Gigahertz [2].
Signal- und Spektrumanalysator R&S FSW85
Für Messungen im 79-GHz-Band musste der Frequenzbereich von Analysatoren bisher mithilfe externer Harmonischen-Mischer erweitert werden. Dieser Aufbau hat keine Vorselektion, das heißt beim Heruntermischen des Signals auf eine Zwischenfrequenz sieht der Anwender sowohl das Signal als auch dessen Spiegel. Dieser Nachteil lässt sich zwar mit einer zusätzlichen Messung umgehen, bei der die Frequenz des Lokaloszillators um das Doppelte der Zwischenfrequenz verschoben wird. Dadurch kann der Analysator ungewollte Mischprodukte erkennen und herausrechnen. Dies gelingt allerdings nur, wenn die Zwischenfrequenz größer ist als die halbe Signalbandbreite, damit sich Spiegel und Signal nicht überlagern. Dies ist bei einem Großteil der verfügbaren Spektrumanalysatoren nicht der Fall. Zudem ist es bei Messungen mit Harmonischen-Mischern umständlich, den Eingangspegel passend zu reduzieren, denn dazu müssen Dämpfungsglieder an die Wellenleiter geschraubt und bei sich änderndem Pegel jeweils gewechselt werden.
Mit seinem Frequenzbereich von 2 Hz bis 85 GHz in einem Sweep ist der R&S FSW85 (Bild 1) ideal geeignet für Radar-Anwendungen im 79-GHz-Band. Dank seiner eingebauten Vorselektion zeigt er das Signal ohne ungewollte Mischprodukte bei der Vermessung des Spektrums auch dann, wenn dieses deutlich breiter ist als die doppelte Zwischenfrequenz. Außerdem lassen sich Signale mit unterschiedlichem Pegel einfach analysieren, ohne durch das umständliche Hantieren mit externen Dämpfungsgliedern den Eingangspegel anpassen zu müssen. Das übernimmt die integrierte Eichleitung.
Die Analysebandbreite erweitern
Seine interne Analysebandbreite von bis zu 500 MHz genügt bereits für viele Automotive-Radar-Messungen. Im 79-GHz-Band sind jedoch die Signale deutlich breitbandiger. Für diese Applikationen kann der Analysator mit einer Bandbreitenoption (R&S FSW-B2000) ausgestattet werden. In Verbindung mit dem Oszilloskop R&S RTO1044 eröffnet sie Messungen bis zu einer Signalbandbreite von 2 GHz. Der R&S FSW85 mischt dazu das Signal auf eine Zwischenfrequenz von 2 GHz herunter, die anschließend mit dem Oszilloskop, das als A/D-Umsetzer fungiert, digitalisiert wird. Diese Daten werden per Netzwerkschnittstelle zum Analysator übertragen, dort entzerrt und ins digitale Basisband gemischt. Die Messapplikationen auf dem R&S FSW85 erhalten als Basis für die Analyse entzerrte I/Q-Abtastwerte.
Die gesamte Steuerung des Oszilloskops, die Übermittlung der digitalen Daten, ihre Aufbereitung und Entzerrung sowie die Analyse übernimmt der Analysator. Der Signalpfad vom HF-Eingang des Analysators bis zum A/D-Umsetzer im Oszilloskop ist hinsichtlich Amplituden- und Phasengang charakterisiert. Die Anbindung des Oszilloskops an den R&S FSW85 ist für den Anwender vollständig transparent und die Bedienung der Messoptionen in allen Fällen identisch, egal, ob der A/D-Umsetzer im Oszilloskop oder der im Analysator verwendet wird.
Kurzdaten R&S FSW85
- Frequenzbereich: 2 Hz bis 85 GHz
- Phasenrauschen: –137 dBc (1 Hz), 10 kHz Offset bei 1 GHz
- Signalanalysebandbreite: bis 2 GHz
- Gesamtmessunsicherheit: < 0,4 dB bis 8 GHz
- Echtzeitanalyse: bis 160 MHz Bandbreite
- Eigenrauschen 75 GHz < f ≤ 85 GHz: typ. –128 dBm/Hz
Für breitbandige linear frequenzmodulierte Signale, wie sie bei Automotive-Radaren verwendet werden, gibt es die darauf zugeschnittene Messapplikation R&S FSW-K60C. Sie zeichnet das bis zu 2 GHz breite Signal auf und analysiert es automatisch. Wichtige Parameter wie die Chirp-Rate oder Abweichungen vom idealen linearen Verhalten werden vermessen und grafisch oder in Tabellen dargestellt. Ein typisches Beispiel zeigt Bild 5.
Weiter Messbereich mit großer Bandbreite
Für Messungen in den hoch gelegenen Frequenzbändern für Automotive-Radare gab es bisher aufgrund der beachtlichen technischen Hürden keinen wirklich geeigneten Signalanalysator. Der R&S FSW85 ist nicht nur das erste Gerät, das den Eingangsfrequenzbereich entsprechend weit spannt, sondern auch die Analysebandbreiten bereitstellt, die für hohe Radarauflösungen unerlässlich sind. Zudem werden mit einer auf Automotive-Radare zugeschnittenen Software-Option alle wichtigen Parameter auf Knopfdruck automatisch vermessen und dargestellt. Darüber hinaus ist das Gerät auch für Messungen bei anderen Anwendungen oberhalb von 50 GHz bestens geeignet, beispielsweise die Analyse von WLAN-802.11ad- oder 5G-Signalen.
Referenzen
[1] Siehe „79 GHz Project“ auf www.79ghz.eu.
[2] Rohde & Schwarz White Paper; Heuel, Steffen; „Radar Waveforms for A&D and Automotive Radar“ (Suchbegriff: 1MA239).
(jwa)