EMV-Messung

Bild 9: Modellreihen der EMV-Messsysteme nach Detectus (Bild: Datatec)

ECKDaten

Das Erfassen von abgestrahlten Signalleistungen von PC-Boards mit Takt- und Signalfrequenzen über 2 GHz ist eine Problematik, mit der jeder Entwicklungsingenieur konfrontiert ist. Mit dem Scanner-Tablet EM4000 beziehungsweise dem EM8000 von YIC Technologies für Signalfrequenzen von 150 kHz bis 4 GHz und 150 kHz bis 8 GHz oder den Scannern von Detectus lassen sich EMC- und EMI-relevante Signale mit einer Signalfrequenz nachweisen, wodurch sich in Echtzeit die verschiedenen Signalemissionen und deren Designursachen frühzeitig erkennen lassen.

Im beruflichen als auch privaten Umfeld werden immer kleinere, kompaktere und vernetztere Geräte eingesetzt. Diese Masse an Anwendungen und dichte Nutzung der Kommunikationswege verlangen nach Geräten, die zum einen nicht gestört werden können und ihrerseits keine anderen Systeme stören. Nur durch ausgiebige Tests ist sichergestellt, dass die EMV-Normen eingehalten werden. Dies wird aber immer schwieriger und stellt für Entwicklungs- und Produktionsingenieure eine Herausforderung dar.

Ist ein PC-Board in der Entwicklung so weit gereift, dass es bereits in ein Gerät eingebaut werden kann, so lässt sich vorab die Störstrahlung dieses Boards messen. Dies ist mit zwei unterschiedlichen Systemen möglich: eines ist für die Erkennung der Nahfeldabstrahlung in einer 2D-Ebene, das andere für eine räumliche 3D-Störstrahlungserfassung zum Beispiel eines kompletten Gerätes ausgelegt. Im ersten Abschnitt wird ausführlich die 2D-Version besprochen, anschließend die 3D-Version.

EMV-Messung

Bild 1: EMV-Messung auf dem Labortisch Datatec

2D-EMV-Messung nach YIC Technologies

Bereiche hoher Abstrahlung werden erkannt und messtechnisch mit den Normkennlinien verglichen. Liegen die Abstrahlungen unter dem Norm-Grenzwert, ist das Board auf der sicheren Seite. Ist die Störemission über dem Grenzwert, dann lässt sich am Rechner genau erkennen, in welchem/en Bereich/en sich der/die Störstrahler befindet/en, indem Bereiche mit unterschiedlicher Störstrahlungsintensität entsprechend farblich unterlegt werden. Die Orientierung auf dem Computerbildschirm kann dadurch verbessert werden, indem ein reales Foto oder ein Bestückungsplan der Platine den Messergebnissen unterlegt wird (Bilder 2 bis 4).

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Bild 2: Bestückungsplan (links) und nach Intensität farblich hinterlegte Messwerte Datetec

Die Messung

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Bild 3: Eine räumliche Darstellung der gemessenen Störstrahlung Datatec

Für diese entwicklungsbegleitende Messung der Störstrahlung sind ein Mess-Tablet EM4000 für den Frequenzbereich bis 4 GHz oder EM8000 für den Frequenzbereich bis 8 GHz von YIC Technologies mit entsprechender Software sowie ein PC und ein Spektrumanalysator notwendig. Bild 5 zeigt den prinzipiellen Messaufbau.

Das Mess-Tablet ist das Kernstück, mit dem die Emission aufgenommen wird. Eine H-Feldsonde ist wohl jedem Elektronikentwickler bekannt; mit ihr lassen sich magnetische Felder messen. Matrixartig sind in dem Mess-Tablet 1218 Sonden angeordnet, mit denen das H-Feld einer etwa DIN-A4-großen Messfläche (31,6 cm x 21,8 cm) abgescannt wird. Die Messwerte der Sonden werden mithilfe der Software abgefragt und daraus die Störstrahlungstopologie über dem Board berechnet und auf dem PC farblich dargestellt.

Entwicklungsingenieure erhalten entweder eine Spektraldarstellung der abgestrahlten Leistung oder eine räumliche Darstellung des PC-Boards mit einer farblichen Kennzeichnung der unterschiedlich stark strahlenden Bereiche. Zur leichteren Orientierung, welches Bauteil oder welche Bauteilgruppe die größte Störstrahlung verursacht, lässt sich das Bestückungslayout auf dem Display einblenden (Bilder 2 und 4). Unterstützt werden die Dateiformate Standard Gerber RS274x und HPGL.

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Bild 4: Überlagerte Ansicht des Bestückungsplans mit den Messwerten. Die hohen Messwerte sind mit roter Farbe hervorgehoben. Datatec

In der spektralen Darstellung der Störstrahlung mit den eingeblendeten Grenzwerten, nach denen das DUT getestet werden muss, lassen sich die Störsignale mit den Frequenzen erkennen. Es lassen sich abgestrahlte Signale von 150 kHz bis 4 GHz (EM4000) und von 150 kHz bis 8 GHz (EM8000) detektieren. In dieser spektralen Darstellung sind die Störfrequenzen ausfindig zu machen, die die Normgrenzen verletzen. Aus Bild 4 lässt sich der topologische Bereich eingrenzen, wo Maßnahmen zur Reduktion der Störstrahlung voraussichtlich am effektivsten wirken. Wird nun zum Beispiel ein Blockkondensator in die Schaltung eingefügt, kann man sofort im Störstrahlspektrum erkennen, wie effektiv diese Maßnahme ist, beziehungsweise entscheiden, ob diese Maßnahme ausreicht, um die Störstrahlung deutlich zu verringern. Der Vorteil dieser Art der Messung ist, dass in unter einer Sekunde die Auswirkung einer Änderung sichtbar wird. Auch andere Abschirmmaßnahmen wie zum Beispiel Schirmbleche oder Schirmgehäuse auf Leiterplattenebene können damit auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden. Ebenfalls in quasi Echtzeit (<1 s) ist der Einfluss der Stördämpfung von zusätzlich an Kabeln angebrachten Ferrit-Filtern erkennbar. Die Aktualisierung der Messwerte erfolgt in weniger als einer Sekunde. Bild 6 zeigt zwei Platinen, die auf dem Mess-Tablet positioniert sind; Bild 7 zeigt in Farbschattierungen an, wie stark eine Strahlung abgegeben wird. Der Einfluss der Netzteilplatine auf das Board ist deutlich zu erkennen. Eine mögliche Abhilfe ist ein Ferrit-Filter, der die Versorgungsleitungen umschließt. Wird dieser Ferrit positioniert, kann der Einfluss auf die Schaltung innerhalb von Sekunden verifiziert und die Effizienz der Maßnahme beurteilt werden. Bild 8 zeigt die Veränderung; die Störeinflüsse auf das benachbarte PC-Board konnten deutlich reduziert werden.

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Bild 5: Schematische Darstellung des Messplatzes bestehend aus Scanner, Spektrumanalysator, Scanner-Tablet, PC mit der Software und einem Adapter zur Steuerung des Spektrumanalysators durch den PC Datatec

Auf typisch ±3-dB-Amplitudengenauigkeit lassen sich die Störstrahlungen ausmessen. Für die Frequenzgenauigkeit ist der verwendete Spektrumanalysator verantwortlich. Der Dynamikbereich beträgt bei 1 MHz -85 dBm, bei 2 GHz -96 dBm und bei 4 GHz -65 dBm, wobei auch diese Werte vom Spektrumanalysator abhängig sind.

Anwendung

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Bild 6: Platine und Netzteil verbunden mit Ferrit über den Verbindungskabeln Datatec

Die Auflösung der dargestellten topologischen Messergebnisse beträgt minimal 3,75 mm. In den Messkreis zum Spektrumanalysator lassen sich entsprechende Verstärker oder Abschwächer schalten, deren charakteristische Kenngrößen in der Software hinterlegt sein müssen. Zur Analyse der Wirkung einer Störstrahlungsunterdrückung können zwei Spektren aufgenommen werden, die voneinander subtrahiert die Verbesserung dokumentieren. Voraussetzung dafür ist, dass für beide Messungen identische Parameter beziehungsweise Einstellungen sowohl für den Verstärker als auch für den Spektrumanalysator gelten. Beispielsweise wird dieses Vorgehen bei der Störstrahlungsunterdrückung getakteter Netzteile angewandt.

Messdauer

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Bild 7: Darstellung der Störstrahlung ohne Ferritkern Datatec

Ein topologischer Scan dauert weniger als eine Sekunde, wenn alle aktivierten Nahfeldsonden bei einer Frequenz und einer definierten Auflösebandbreite abgetastet werden, wobei diese Messdauer von dem jeweils verwendeten Spektrumanalysator abhängt. Die Messdauer über die komplette Tabletfläche mit einer Einstellung von 100 MHz für den Frequenzbereich bei einer Auflösebandbreite von 100 kHz beträgt typisch 45 s; diese typischen Spektrumanalysator-Einstellungen sind vom Anwender einzustellen. Um die Messdauer zu verkürzen, lässt sich der Tablet-Messbereich vom Anwender eingrenzen, sodass nicht das komplette Tablet abgescannt werden muss.

Störstrahlunterdrückung

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Bild 8: Darstellung der Störstrahlung mit Ferritkern Datatec

Ein weiteres Problem sind die Common-Mode-Ströme, die auf einer Platine herumgeistern. Kabelbäume in einem Gerät fungieren als ein Antennennetzwerk, das entsprechende Störungen aussendet beziehungsweise über den Kabelbaum im Gerät verteilt. Diese Common-Mode-Ströme mutieren damit zu einem geräteglobalen Störer. Diese ausfindig zu machen ist oft sehr schwierig. Zudem tragen sie einen nicht unerheblichen Teil zu überhöhten Störpegeln bei. Mit dem Mess-Tablet lassen sich sehr einfach derartige Bereiche auf einer Platine feststellen, die stark mit Common-Mode-Signalen beaufschlagt sind. Wird die Platine über dem Mess-Tablet positioniert, so werden die Bereiche mit erhöhter Common-Mode-Strom-Belastung dargestellt. Wesentlich leichter lassen sich so der Grund und der Ort des Common-Mode-Stromes erfassen.

Ähnlich wie bei den zuvor aufgelisteten Beispielen lässt sich auch die Verteilung von Störemissionen in einem Gerät durch Leitungen und Bussysteme verfolgen. Durch Designveränderungen lassen sich diese Störungen verringern und vermeiden.

Ein weiterer Anwendungsfall ist eine Rauschmessung von getakteten Netzteilen. Deren ausgesendete Störstrahlung kann zu Fehlfunktionen oder zum Ausfall der eigenen Spannungsregelung des getakteten Netzteils führen. Kennt man die Taktfrequenz bei einer Netzteilbelastung, lassen sich sowohl die Störamplituden der Grundwelle als auch die Oberwellen bestimmen. Der Einfluss von Belastungsänderungen auf die Taktfrequenz und auf das Störspektrum lässt sich so analysieren.

2D- und 3D-EMV-Messung nach Detectus

EMV-Scanner von Detectus: Das System in Bild 9 dient der zwei- und dreidimensionalen Visualisierung der HF-Emissionen von Leiterplatten, elektronischen Bauteilen und Geräten, Kabeln et cetera. Es besteht aus einem X-Y-Z-Positioniersystem einer H-Feldsonde und kommt mit einem Spektrumanalysator und PC, eventuell mit GPIB oder ähnlichem, zum Einsatz. Während der Messung wird die Nahfeldsonde durch das Positioniersystem an vorgegebene Messpunkte über dem Testobjekt bewegt. Dabei beträgt die Positionierungenauigkeit ±0,3 mm und gibt damit ein sehr genaues Bild der Abstrahlungsleistung des getesteten Objekts wieder. Es sind drei unterschiedliche Scannergrößen mit Abmessungen von mindestens 300 x 200 x 100 mm3 bis maximal 600 x 400 x 400 mm3 und einem Arbeitsbereich von mindestens 300 x 200 x 100 mm3 bis maximal 600 x 400 x 200 mm3 verfügbar. Die maximale Arbeitshöhe ist aufgrund der vertikalen Spindel, die die Höhe der H-Feldsonde bestimmt, begrenzt. Zur Messung der oberen Bereiche ab 200 bis 400 mm, um ein höheres Modul, lässt sich die Nahfeldsonde samt Träger nach oben versetzen.

EMV-Messung

Bild 9: Modellreihen der EMV-Messsysteme nach Detectus Datatec

Objektive Vergleichsmessungen

Eine der nützlichsten Eigenschaften des EMC-Scanners ist die Durchführung objektiver Vergleichsmessungen. Ein Beispiel für derartige Vergleichsmessungen zeigt Bild 10. Die sechs Messungen zeigen den gleichen Prüfling, gemessen bei gleicher Frequenz. Der Unterschied bei den einzelnen Bildern besteht nur im Wert des Entkoppelkondensators eines IC.

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Bild 10: Einfluss von sechs unterschiedlichen Koppelkondensatoren auf die Störstrahlung Datatec

Leichte Bedienbarkeit

Mit dem EMC-Scanner kann jeder eine Messung durchführen und aus den aussagekräftigen und leicht interpretierbaren Berichten Rückschlüsse ziehen. Für die Nahfeldmessungen ist nicht einmal ein abgeschirmter Raum erforderlich. Die intuitive Software läuft unter Windows auf einem Standard-PC. Da das System für die meisten modernen Spektralanalysatoren konfigurierbar ist, können im Betrieb vorhandene Spektrumanalysatoren verwendet werden.

Mit der Multiscan-Messung lassen sich genau die Emissionsorte von Frequenzen beziehungsweise Frequenzbändern auf einer Platine ausfindig machen, die man zuvor im Spektrum (weißes Feld, im oberen Bildteil links) definiert hat (Bild 11). In dem unteren Bildteil sind dann die Orte auf der Platine dargestellt, die diese Frequenzen ausstrahlen. Das obere rechte Bildsegment zeigt das komplette Störstrahlungsspektrum an einer vom Anwender definierten Position.

EMV-Messung

Es lassen sich 3D-Höhenprofile im STL-Dateiformat importieren und Messpunkte festlegen, die jeweils einen definierten Höhenabstand zur Oberfläche des Bauteils oder Moduls aufweisen. 3D-Höhenprofile werden mit einer Drei-Punkt-Ausrichtung einfach auf die Spektrumsmessung ausgerichtet.

 

Merkmale des Dectectus-Systems

  • Es können Zeit und Budget eingespart werden, indem teure und zeitaufwendige Messungen reduziert werden.
  • Um die Auswirkung einer Konstruktionsänderung zu dokumentieren, können Vergleichsmessungen durchgeführt werden.
  • Zur Qualitätskontrolle können im Produktionsprozess Vergleichsmessungen zwischen einer aktuellen Messung und einer vormals durchgeführten Referenzmessung angestellt werden.
  • Messungen lassen sich voneinander subtrahieren, um Störspitzen zu minimieren oder um den Unterschied zwischen zwei Designmodellen deutlicher zu sehen.
  • Vorhandene Spektrumanalysatoren, Vorverstärker oder Abschwächer können genutzt werden.
  • Störstrahlung lässt sich auf Komponentenebene und sogar Quellen können innerhalb eines IC detektiert werden.
  • Schnelles Auffinden von Störern im Spektrum-Modus
  • Bereits in einem frühen Entwicklungsstadium lassen sich potentielle EMV-Probleme erkennen.
  • Durch die Pre-Scan- und Multi-Scan-Funktionen erkennt man definitiv die Frequenzen, die potentielle EMV-Probleme bereiten. Man ist nicht mehr auf Vermutungen angewiesen, wie zum Beispiel die Taktfrequenz und den zugehörigen harmonischen Frequenzen.
  • Selektion eines Störbereiches im Spektrum-Modus mit Darstellung des Ortes der selektierten erhöhten Emission auf dem Messobjekt auf den Bildschirm
  • Einen Punkt auf dem Messobjekt anfahren und eine permanente Messung durchführen (Langzeitmessungen); Klärung der Frage: „Unter welchen Betriebsbedingungen wird eine Limitline überschritten?“
  • Einfache Dokumentation der Emissionsspektren sowohl in der Design- als auch Produktionsphase
  • Vier Achsen sind messbar (x, y, z und Drehung des Sensors um 90° zur genauen Messung des E-Feldes).
  • Darstellung von zum Beispiel zwei Messungen nebeneinander auf dem Bildschirm, um die Wirkung einer Schaltungsänderung festzustellen.
  • Immunity-Messungen sind möglich: Notwendig sind dazu ein Generator und eine Error-Detection, wann der Prüfling Fehlfunktionen zeigt.
  • Standardmäßig können EMV- und Temperatur-Messungen durchgeführt werden.
  • CAT-File des Messobjekts (DUT) ist einlesbar und am Bildschirm darstellbar. Gleichzeitig wird die Höhe des Sensors in seiner x/y-Positionierung verändert.
  • Das Detectus-System hat keine Frequenzlimits – Frequenzlimits werden bestimmt durch Probe, Preamplifier und Spektrumanalysator.
  • Bei der 25-µm-Version von Detectus sind Oberflächen-Temperatur und EMV-Messungen zum Beispiel über einem IC durchführbar.

Klaus Höing

Technische Redaktion bei Datatec

(jj)

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