Ethernetverbindungen gibt es heute nicht mehr nur in der Computervernetzung, sondern sie haben auch den Automotive- und Industriebereich erreicht. Besonders PoE gewinnt an Bedeutung in der Heimautomation.

Ethernetverbindungen gibt es heute nicht mehr nur in der Computervernetzung, sondern sie haben auch den Automotive- und Industriebereich erreicht. Besonders PoE gewinnt an Bedeutung in der Heimautomation. (Bild: AdobeStock 616949163, Davivd)

Der Beginn der Computervernetzung lässt sich nicht ohne Weiteres genau bestimmen. Durch die Verwendung der immer zuverlässigeren pulscodierten Modulation (PCM) ließen sich während der Mainframe-Ära in den 60er-Jahren über Telefonleitungen jedoch immer mehr Services für den Fernzugriff nutzen. Im Rahmen des ARPANET-Projekts wurden 1969 vier US-Universitätscomputer miteinander vernetzt. In den 1970ern begann dann die Ära der Minicomputer mit Unternehmen wie DEC und Data General. Doch der aufkommende PC-Markt entwickelte sich schnell zu einer ernsthaften Konkurrenz.

Die ersten Ethernet-Konzepte und der Weg zur Standardisierung

Die ersten Konzepte für Ethernet wurden Mitte der 1970er vom Xerox PARC (Palo Alto Research Center) entwickelt. Die Bezeichnung „Ethernet“ ging auf den Vorschlag des Doktoranden Robert Metcalfe zurück und wurde von Xerox als Marke geschützt. In dieser Zeit gab es viele verschiedene Netzwerktopologien und -protokolle, die alle um die Marktakzeptanz und den kommerziellen Erfolg konkurrierten. Xerox entwickelte die Ethernet-Technologie in seinem Forschungszentrum PARC und brachte 1980 ein 10-Mbit/s-Protokoll auf den Markt. Ethernet war anfangs nur eines von zahlreichen Netzwerkprotokollen, bis es dem 3COM-Gründer Robert Metcalfe gelang, DEC, Intel und Xerox von einer Zusammenarbeit an Ethernet zu überzeugen und es als Standard zu etablieren. Diese Initiative trug wesentlich zum frühen Erfolg des Ethernets bei, und die Einführung einer Ethernet-Karte für den IBM PC durch 3COM sicherte den zukünftigen Erfolg des Protokolls.

Im Jahr 1985 ratifizierte das IEEE den Ethernet-Standard als 802.3. Seitdem hat er sich mit höheren Bandbreiten und der Verwendung von Hardware-Medien ständig weiterentwickelt. Ursprünglich wurden für die Ethernet-Technologie Koaxialkabel in einer Bus-Topologie verwendet, aber die Sternverbindung mit Switches und ungeschirmten Twisted-Pair-Kabeln hat sich schnell durchgesetzt. Ethernet bietet Bandbreiten von bis zu 400 Gbits/s (Bild 1).

Bild 1: Die dramatische Zunahme der Ethernet-Datenrate im Überblick.
Bild 1: Die dramatische Zunahme der Ethernet-Datenrate im Überblick. (Bild: Ethernet Allicance)

In Kürze: 5 Fragen und Antworten zum Ethernet und seiner Geschichte

1. Was ist Ethernet und wie hat es sich seit den 1970er Jahren entwickelt?

Ethernet ist eine Netzwerktechnologie, die in den 1970er Jahren entwickelt wurde. Es hat sich seitdem zu einer dominierenden Technologie für kabelgebundene Netzwerke in verschiedenen Bereichen entwickelt, einschließlich Industrie und Automotive.

2. Welche Herausforderungen stellt die Verwendung von Ethernet in industriellen Umgebungen dar?

In industriellen Umgebungen, die raue Bedingungen, Vibrationen und Flüssigkeiten aufweisen, sind besondere Anforderungen an Ethernet gestellt. Dies erforderte die Entwicklung von Standards wie Gigabit Single Pair Ethernet (SPE) und speziellen Steckverbindern.

3. Wie wird die Stromversorgung über Ethernet (PoE) in Netzwerken genutzt?

Power over Ethernet (PoE) ermöglicht es, Geräte über Ethernet-Kabel mit Strom zu versorgen. Dies ist besonders in Anwendungen wie Videoüberwachung, Beleuchtungssteuerung und Gebäudeautomatisierung nützlich.

4. Welche Rolle spielt Ethernet in der Fahrzeugvernetzung?

Ethernet spielt eine wachsende Rolle in der Fahrzeugvernetzung, insbesondere mit dem Einsatz von Single Pair Ethernet (SPE). Dies ermöglicht eine effiziente Vernetzung von Funktionssystemen im Auto und trägt zur Gewichtsreduzierung bei.

5. Wie hat sich Power over Ethernet (PoE) im Laufe der Zeit entwickelt?

PoE hat sich von frühen Standards mit begrenzter Leistung auf den aktuellen Standard IEEE 802.3bt entwickelt, der bis zu 100 W pro Port liefern kann, was für verschiedene Anwendungen ausreichend ist.

Für die meisten Ethernet-Anwendungen werden Verbindungen mit 100 Mbits/s und 1 Gbits/s über vier UTP-Kabel verwendet. Der Anschluss erfolgt über den RJ45-Steckverbinder und die entsprechende Buchse. Aufgrund seiner Beliebtheit, Belastbarkeit und Flexibilität hat Ethernet auch außerhalb des traditionellen IT-Bereichs zunehmende Verbreitung gefunden. Bild 2 zeigt nur einige der zahlreichen Ethernet-Anwendungsbereiche.

Bild 2: Ethernet wird mittlerweile nicht mehr nur für IT-Anwendungen verwendet.
Bild 2: Ethernet wird mittlerweile nicht mehr nur für IT-Anwendungen verwendet. (Bild: Ethernet Allicance)

Ethernet für die operative Technologie

Als Initiativen wie beispielsweise Industrie 4.0 zur Verbesserung der industriellen Effizienz aufkamen, war es nur eine Frage der Zeit, bis Ethernet die Nachfrage nach vernetzten Produktionsanlagen unterstützen würde. Der industrielle Bereich unterscheidet sich jedoch von einer Büro-, Rechenzentrums- oder Heimumgebung. Im industriellen Umfeld treten häufig raue Umgebungsbedingungen, Vibrationen und Flüssigkeiten auf, und es gibt viele elektrische Störquellen. Zudem ist der verfügbare Platz knapp bemessen, da Schaltschränke und Kabelkanäle nur begrenzt Platz bieten. Folglich sind Querschnitt, Gewicht und Biegeradius der beliebten vier UTP-Kabelpaare die begrenzenden Faktoren. Ein weiterer Aspekt des Einsatzes von Technologien im Industriebereich ist die Frage, wie diese Geräte mit Strom versorgt werden können. Ethernet kann zwar mit vier UTP-Leitungen eine Stromversorgung bereitstellen (PoE), aber ein neuer Ansatz war erforderlich.

2019 wurde der Standard Gigabit Single Pair Ethernet (SPE) als IEEE 802.3bp 1000BASE-T1 ratifiziert. Mit einem einzigen ungeschirmten Twisted-Pair-Kabel werden Verbindungslängen von 15 m ermöglicht. Der Umstieg auf geschirmte Twisted-Pair-Kabel sorgt für einen besseren EMI-Schutz und erhöht die maximal zulässige Verbindungslänge auf 40 m. Ein SPE-Kabel hat einen deutlich geringeren Querschnitt und ist ca. 60 Prozent leichter als das standardmäßige vierpaarige Cat-6-Ethernet-Kabel. Damit ist es eine gut geeignete Lösung für den industriellen Einsatz.

Nachdem die Anforderungen an das Netzwerkprotokoll und die Kabel erfüllt waren, wurden die Steckverbinder und -buchsen optimiert. Der RJ45 ist für industrielle Anwendungen völlig ungeeignet. Ohne eine zuverlässige Abdichtungsmethode können Feuchtigkeit, Staub und andere Verunreinigungen die elektrischen Eigenschaften der Netzwerkverbindung leicht stören. So wurde im März 2020 mit IEC 63171 eine Steckverbindernorm für SPE eingeführt, die eine Reihe von Spezifikationen definiert, mit denen die Verwendung verschiedener industrieller Steckverbinder gefördert wird, darunter die beliebten runden M8- und M12-Formate. Bild 3 zeigt einige SPE-Steckertypen, die für geschirmte und ungeschirmte Kabel geeignet sind.

Bild 3: Eine Auswahl von SPE-Steckverbindern gemäß IEC 63171-1 bis IEC 63171-6.
Bild 3: Eine Auswahl von SPE-Steckverbindern gemäß IEC 63171-1 bis IEC 63171-6. (Bild: Single Pair Ethernet System Alliance)

Die Unterstützung für die Stromversorgung über Ethernet ist in IEEE 802.3bu und 802.3cg definiert. Sie wird als Power over Data Line (PoDL) bezeichnet und beinhaltet fünfzehn verschiedene Kombinationen von Spannung, Stromstärke und Kabelquerschnitt, mit denen das Endgerät mit einer maximalen Leistung von 52 W versorgt werden kann. Bild 4 zeigt die Bandbreite von PoDL.

Bild 4: Power over data line (PoDL) nach IEEE 802.bu und IEEE 802.cg.
Bild 4: Power over data line (PoDL) nach IEEE 802.bu und IEEE 802.cg. (Bild: Single Pair Ethernet System Alliance)

Ethernet für die Fahrzeugvernetzung

Der Automotivebereich ist ein weiteres Anwendungsgebiet, das mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert ist wie die Industrie. Diese Anwendungsgebiete unterscheiden sich zwar deutlich voneinander, aber auch hier führt der zunehmende Einsatz von Technologien in Fahrzeugen zu mehr Kabelgewicht und einem ständig wachsenden Bedarf an höheren Datenbandbreiten. Anspruchsvollere Infotainment-Systeme, teil- und vollautonomes Fahren und Fahrerassistenzsysteme (FAS) sind nur einige Beispiele für neue Technologiesysteme. In den letzten zehn Jahren ist das Fahrzeuggewicht zu einem wichtigen Aspekt geworden, insbesondere da die Hersteller zur Entwicklung von Elektroautos übergegangen sind.

Das Fahrzeuggewicht ist der limitierende Faktor für die Reichweite und die Nutzlast, daher gibt es viele Initiativen, um das Fahrzeuggewicht zu reduzieren. Einer dieser Ansätze besteht darin, die vielen Systeme in einem Fahrzeug durch eine zonale Architektur miteinander zu vernetzen. Ein Beispiel hierfür sind die Funktionen in einer Fahrertür. Hier gibt es Steuerelemente für die Außenspiegel, einige Spiegel sind mit einem System zur Totwinkelerkennung ausgestattet, Fensterheber und -steuerungen, Lautsprecher für das Infotainmentsystem, Sensoren für den Aufprallschutz sowie Mechanismen zum Öffnen und Verriegeln der Türen. In der Vergangenheit wurden die Kabel für diese Aktoren, Sensoren und Steuerungen zu elektronischen Steuergeräten (ECUs) im Motorraum oder im Innenraum verlegt. Beim zonalen Ansatz werden diese Systeme zusammengefasst und von einem einzigen Steuergerät in der Tür gesteuert, das nur noch eine Stromversorgung und eine Netzwerkverbindung benötigt. Dieser Ansatz reduziert die Komplexität und das Gewicht des zugehörigen Kabelbaums erheblich.

In Bild 2 wird deutlich, dass sich der Automotivebereich für Ethernet zu einer wichtigen Wachstumsbranche entwickelt. Single-Pair-Ethernet bietet alle Voraussetzungen für die Implementierung eines zonalen Ansatzes zur Vernetzung im Fahrzeug (IVN). Dadurch lassen sich das Gewicht und die Kosten für die Vernetzung aller Komponenten deutlich reduzieren.

Die OPEN Alliance ist eine Interessengruppe führender Automobilhersteller und -zulieferer, die sich für die Einführung von Single Pair Twisted Ethernet unter Verwendung des 1000Base-T1-Standards einsetzt. Bild 5 veranschaulicht die Verwendung dieses Standards für die Vernetzung wichtiger Funktionssysteme in einem aktuellen Fahrzeug.

Bild 5: : Single Pair Ethernet ermöglicht eine leichte, schnelle und unkomplizierte Vernetzung mehrerer Systeme im Fahrzeug.
Bild 5: : Single Pair Ethernet ermöglicht eine leichte, schnelle und unkomplizierte Vernetzung mehrerer Systeme im Fahrzeug. (Bild: OPEN Alliance)

Einzelhandel und Gebäudeautomatisierung: Power over Ethernet

Der Einzelhandel und die Gebäudeautomatisierung sind zwei weitere Marktbereiche, die von den Möglichkeiten des Ethernets profitieren. Aufgrund seiner Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit eignet sich Ethernet gut für den Anschluss von Kassenterminals, Raumbelegungssensoren und Beleuchtungssteuerungseinheiten. Dabei benötigt nicht jede Anwendung die hohe Bandbreite des Ethernets, viele nutzen jedoch Power over Ethernet (PoE). Die Versorgung eines PoS-Terminals oder einer Beleuchtungssteuerung mit Gleichstrom und der Anschluss an das Netzwerk über ein Standard-Ethernet-Kabel mit vier UTP-Leitungen bietet enorme Flexibilität und Komfort. Weitere Anwendungsbeispiele sind der Anschluss und die Stromversorgung von Überwachungskameras, Kreditkartenterminals und HLK-Steuerungen.

Die Stromversorgung erfolgt in der Regel über einen PoE-fähigen Netzwerk-Switch oder einen speziellen PoE-Injektor in die Ethernet-Leitungspaare. Jedes Gerät, das Strom in das Netzwerk einspeist, wird als Power Sourcing Equipment (PSE) bezeichnet, welches die Stromversorgung an ein Powered Device (PD, einen sogenannten Endpunkt) liefert. Viele PDs, wie beispielsweise Überwachungskameras oder Kassenterminals, sind explizit für PoE ausgelegt und verfügen daher über einen Schaltkreis, der die Gleichstromversorgung von den Daten trennt. Bei älteren Geräten ist eventuell ein externer PoE-Splitter erforderlich.

2003 wurde mit 802.3af der erste PoE-Standard veröffentlicht, der eine maximale Leistung von 12,95 W an der PD (Last) ermöglichte. Bei diesem Ansatz werden zwei der vier verdrillten Paare eines Cat5e-Kabels für die gemeinsame Stromzufuhr verwendet.

PoE hat sich schnell weiterentwickelt und bietet je nach Typ und Klasse unterschiedliche Stromversorgungsmöglichkeiten. Der neueste PoE-Standard ist 802.3bt (siehe Bild 6). Er verwendet alle vier Paare eines Cat6A-Ethernetkabels. Für jeden Typ wird eine Reihe von Eingangsspannungen und Stromgrenzen definiert, um die gewünschte Leistung zu liefern.

Bild 6: Die Entwicklung von Power-over-Ethernet zur Veranschaulichung der maximalen Leistungsfähigkeit an der Last.
Bild 6: Die Entwicklung von Power-over-Ethernet zur Veranschaulichung der maximalen Leistungsfähigkeit an der Last. (Bild: Mouser)

IEEE 802.3bt spezifiziert eine maximale Eingangsleistung von 100 W pro PSE-Ethernet-Port und erreicht damit eine maximale Leistung von 71 W am PD. Das ist mehr als ausreichend für den Betrieb einer LED-Leuchte.

Die Zukunft von Ethernet

Im Laufe der letzten vier Jahrzehnte hat sich Ethernet von seinen bescheidenen Anfängen zum dominierenden Netzwerkprotokoll entwickelt. Angesichts höherer Bandbreiten und der Verwendung von Glasfaserkabeln als alternative Übertragungsmedien gibt es auch keine Anzeichen dafür, dass diese Entwicklung nachlässt. Für Elektronikentwickler bietet die stetig zunehmende Verbreitung des Ethernets viele Möglichkeiten, die Vorteile der Konnektivität und Stromversorgung in neue Designs zu integrieren. In vielen Bereichen könnte die Frage beispielsweise lauten: Kann ein neues industrielles Produktdesign über Ethernet mit Strom versorgt werden, sodass keine Batterien oder eine Netzstromversorgung erforderlich sind? Oder kann eine kabelgebundene Ethernet-Verbindung zum Router den Betrieb einer Anwendung zuverlässiger und sicherer machen, wenn die WLAN-Signalstärke in manchen Haushalten stark schwankt? (na)

Mark Patrick, Mouser
(Bild: Mouser)

Mark Patrick

Technical Marketing bei Mouser

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