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Beim ATS-KMFT 670-5 handelt es sich um ein flexibles Kompakt-Multifunktionstestsystem für den Incircuit- und Funktionstest.

Beim ATS-KMFT 670-5 handelt es sich um ein flexibles Kompakt-Multifunktionstestsystem für den Incircuit- und Funktionstest.Reinhardt

In den vergangenen 20 Jahren haben sich die Testverfahren in ähnlich rasanter Weise verändert wie die zu testenden Systeme. So war es damals üblich, die Baugruppen meistens ohne Adaption im klassischen Sinne zu kontaktieren, sondern nur über VG-Leisten oder andere Steckersysteme, Flachbandkabel und den Steckeranschluss der Flachbaugruppe. Diese Flachbandlösungen hatten den Nachteil, dass nach vielen hundert Baugruppen die Flachbandkabel, Sockel usw. am Ende waren. Seit 1988 erweiterte Reinhard System- und Messelectronic seine bislang auf Funktionstest basierenden Testsysteme auf den Incircuit-Test, mit dem Grundgedanken, beide Testarten in einem Durchgang und in einem Handling durchzuführen. Eines dieser Kombi-Geräte ist etwa das Kompakt-Multifunktionstestsystem ATS-KMFT 670. Es stellte sich rasch heraus, dass für einen sicheren und langlebigen Test von elektronischen Flachbaugruppen ein Adaptionskonzept mit gefederten Kontaktstiften notwendig war.

Beim Incircuit-Test, der in den meisten Fällen eine sehr gute Lösung für Fertigungsfehler bietet, wird zunächst der Prüfadapter auf sichere Funktion geprüft, damit sichergestellt werden kann, dass jede gefederte Prüfnadel, die den Prüfling berührt, auch einen sicheren Kontakt herstellt. Bei der Testmethode für dieses Verfahren sind möglichst alle Pins kontaktierbar; über eine spezielle Software wird eine sichere Prüfung der Kontaktierung der Pins sichergestellt. Die Software sucht sich als erstes vollautomatisch die Referenzpins, wie Masse, VCC, weitere Massen und weitere Betriebsspannungen. Danach wird zu jeder gefederten Prüfnadel vollautomatisch eine Widerstandsmessung von 35 MOhm oder kleiner zu den Referenzpunkten durchgeführt. Wenn ein Widerstand nicht ermessen werden kann, wird eine Kapazität größer als 100 pF zwischen den Referenzpunkten und dem Anschluss der Prüfnadel zugewiesen. Damit wird sichergestellt, dass alle Prüfnadeln Kontakt haben und im Fehlerfall werden diese auf dem Bildschirm durch ein Fadenkreuz angezeigt. Dieser Prozess benötigt bei 200 Prüfnadeln weniger als zehn Sekunden.

Darauf folgt der Kurzschluss- und Unterbrechungstest der verschiedenen Netze (Leiterbahnen). Es lassen sich Schwellwerte im Bereich von wenigen Ohm bis kOhm vorwählen, um so die Verbindungen der Netze vollautomatisch zu erlernen und daraus ein Prüfprogramm zu erstellen. Ein Unterbrechungstest ist ebenfalls möglich, wird aber aus vielen praktischen Gründen nur selten genutzt. Auch hier liegt die Zeit für das automatische Erlernen bei 200 Verbindungen unter zehn Sekunden. Wird mehr als ein Pin angezeigt, besteht die Gefahr, dass sich weitere Verbindungen im Prüfling befinden, wie etwa 0-Ohm- oder besonders niederohmige Widerstände, Sicherungen und andere Verbindungen wie Relaiskontakte. Hier kann man durch das Betrachten der Schaltung sehr schnell Abhilfe schaffen und das Programm verfeinern. Nach dem erfolgreichen Test des Pinkontakts, der Kurzschlüsse und gegebenenfalls auch der Unterbrechungen geht man davon aus, dass über 50 Prozent der zu erwartenden Fehler mit diesen beiden Testschritten bereits gefunden sind.

Das IC mit der Maske

Der folgende Lötfehlertest wird besonders für sehr feingliedrige Beam-Lead-ICs genutzt, zum Finden der Lötfehler, die durchaus durch mangelhaftes Aufbringen der Lötpaste entstehen können. Auch dafür gibt es einen nahezu vollautomatischen Test. Dazu kann man allen typischen IC-Formen eine Maske aufsetzen. Das ist standardmäßig in der Software vorbereitet, um alle vielbeinigen ICs wie Beam-Lead oder BGAs zu testen. Voraussetzung dafür sind Prüfadapter, die alle Leiterbahnen des Prüflings kontaktieren können. Auf jedes wird eine kapazitive Probe aufgesetzt, die eine Kapazität in Femtofarad zwischen den Leiterbahnen, Anschlussbeinen, Bondingdrähten und dem Chip messen kann. Wenn alle Prüfstifte auf Masse geschaltet wurden und nur ein Netzwerk mit einem Hochfrequenzsignal von max. 250 mV beaufschlagt wird, kann dieser Prozess in kürzester Zeit voll grafisch die Lötfehler dieser ICs erkennen und anzeigen. Der Lernprozess für diese Aufgabe benötigt selbst bei einem IC mit 128 Beinen 50 Sekunden bis 60 Sekunden und erfolgt vollautomatisch mit dem Eintrag aller Messwerte.

Dabei lässt sich davon ausgehen, dass ein Messwert mit weniger als 100 fF bedeutet, dass keine Verbindung vorhanden ist, ein Messwert mit über 400 fF bedeutet eine elektrische Verbindung zwischen Leiterbahn und Anschlussbein des zu messenden ICs. Nach erfolgreicher Messung folgen dann die einzelnen Bauteile, die dann je nach ihren Werten mit bis zu acht Guards gemessen werden. Mit diesem Guarding-Verfahren lassen sich Widerstände, Kapazitäten und Induktivitäten problemlos messen, alle parasitären Beschaltungen ausnullen und damit der Messwert exakt ermitteln. Das Messen von Dioden, Zenerdioden, Transistoren, FETs, Thyristoren, Operationsverstärkern oder Optokopplern ist ebenfalls möglich. Auch Polarität oder Verdrehung des Bauteils lässt sich damit einwandfrei feststellen. Bei Transistoren und FETs ist es auch möglich, die Verstärkung zu messen. Wurde dieser Prozess erfolgreich und fehlerfrei abgeschlossen, kann der Funktionstest erfolgen.

Doch vorher ist es bei Baugruppen, die mit Mikroprozessoren bestückt sind, noch notwendig, deren Software zu laden und auch zu überprüfen, ob dieser Ladevorgang erfolgreich war. Hat der Entwickler bei dieser Aufgabe vorausgedacht, wird er sicherlich noch mit einem Selbsttest des Mikroprozessors sicherstellen, dass alles in voller Funktion ist. Für den Boundary-Scan-Test, wenn er nur dann notwendig ist, weil man nicht ausreichend kontaktieren kann, kann man IC-Ketten so vorbereiten, dass ein folgender Test Kurzschlüsse und Unterbrechungen erkennen lässt. Bei extrem hoher Bestückungsdichte und der eingeschränkten Möglichkeit, Pins zu setzen, hat der Boundary-Scan-Test definitiv seine Vorteile. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dieser Test nur Kurzschlüsse und Unterbrechungen testen kann, nicht aber passive Bauteile. Durch ein Spezialverfahren lässt sich Boundary-Scan auch dafür verwenden, gewisse digitale (analoge) Funktionen zu testen, und zwar dann im allgemeinen Funktionstest. Beim Funktionstest, ob das Incircuit- oder parametrischer Funktionstest ist, ist es immer notwendig, die entsprechenden Betriebsspannungen anzulegen, was im Incircuit-Test nicht sein darf.

Automatisierte Programmierung und Funktionstest

Reinhardts Testsysteme erlauben es, die Programmierung mit extrem vielen Automatismen durchzuführen. Natürlich ist es auch möglich, alle Parameter von Hand einzugeben, die Idee ist aber, dass sich Prüfprogramme möglichst schnell, einfach und kostengünstig erstellen lassen und jederzeit in Sekunden zu modifizieren, um auf neue, während des Tests entstandene Erkenntnisse zu reagieren. Eine umfassende Statistik ermöglicht die Beurteilung der Programme, der Programmierschärfe, der Streuungen und die Optimierung des Prüfprogramms wie auch das Abspeichern von Tests und Fehlerlisten. Die Daten lassen sich über eine optionale ODBC-Schnittstelle in Datenbanken einlesen.

Als erstes werden die Betriebsspannungen (Versorgungsspannungen) angelegt. Dabei kann es sich um eine, bis zu drei oder vier Spannungen handeln, die sich je nach Baugruppe und Entwicklungsverfahren nutzen lässt. Beim Anlegen der Betriebsspannungen ist es notwendig, die Stromaufnahme zu messen und zu überprüfen, ob sie innerhalb der vorgegebenen Grenzwerte liegt. Die Grenzwerte sind frei programmierbar und können so vom Entwickler übernommen werden. Liegt der Strom viel zu hoch, wird mit Hilfe der Software das Programm sofort abgeschaltet, so dass auf dem Prüfling keine Zerstörungen auftreten. Es ist dann möglich, mit Hilfe von Unterprogrammen den tatsächlichen Fehler zu erkennen, einzukreisen und zu beseitigen.

Nach erfolgreicher Prüfung der Stromaufnahme werden dann die Eingangsparameter gesetzt, wie Spannungen, Ströme, Frequenzen, Widerstände, Signale, Pulse, seriell oder parallel, oder Kurzschlüsse und Unterbrechungen der Eingangssignale. Befindet sich ein Auto-Reset auf dem Prüfling, werden die entsprechenden Ausgänge, die bereits für den Incircuit-Test verdrahtet wurden, ebenfalls zur Auswertung der Funktionssignale in Spannung, Strom, Frequenz, Impuls, seriell oder parallelen Daten gesetzt. Diese Vorgaben sind allgemein durch den Entwickler gegeben, die der Funktionstest dann nur ermisst und bestätigt. Reinhardt hat viele Applikationen, wo nach erfolgreichem Funktionstest eine weitere Linearisierung erfolgt, Stützpunkte berechnet und dann dem Mikroprozessor übergeben werden. So können selbst komplizierteste Funktionen, die sich erst durch die Messparameter ermessen lassen, zur Programmierung verwendet werden.

Universell testen

Reinhardt stellt Universaltestsysteme her, die also nicht ganz spezifisch für einen Prüfling erstellt wurden, sondern die Elektronikfirmen für die kompletten Serien nutzen. Üblicherweise reicht die Typenvielfalt von 50 bis zu 500, was die Aufgabenstellung bei der Qualitätskontrolle abdeckt. Ein Bestandteil ist die Möglichkeit, LEDs in Farbe und Helligkeit zu erkennen und mit Lichtleitern, die mit eigenen Farbsensoren versehen sind, die Helligkeit und Farbtemperatur einer jeglichen Diode zu erkennen und abzumessen. Da heute ein großer Teil der elektronischen Flachbaugruppen mit LEDs, LCDs, und Matrix-LCDs ausgestattet ist, können die Testsysteme auch beliebige Schriften, Zahlen und Piktogramme anzeigen, überprüfen und gerade Zahlen in numerische Werte umwandeln, um vollautomatisch Panelmeter und Funktionsanzeigen mit der notwendigen Steuerung aus dem Funktionsbereich zu überprüfen.

Da sich besonders in der Automobilbranche und in anderen Industriebereichen sehr oft Drucksensoren auf den elektronischen Flachbaugruppen befinden, steht auch ein Modul bereit, das Drücke zwischen 250 mbar und 5000 mbar erzeugen kann und die jeweiligen Messungen der Prüflinge im Rahmen des Funktionstests ausführt. Für die Messung von Dreiphasen-Wechselspannungsmodulen lassen sich auch elektronische Prüfmodule testen.

Bild 1: Prüfansicht unter Windows

Bild 1: Prüfansicht unter WindowsReinhardt

Die Software basiert auf C++ und bietet dem Bediener eine komplette Windows-Oberfläche für das Eintragen der Parameter, Bilder, Schaltpläne und Bestückungspläne (Bild 1). Es ist also keinerlei Softwarewissen gefordert. Darüber hinaus ist für die Programmierung an Elektronikkenntnissen die Ausbildung zum Facharbeiter mit etwa drei Jahren Praxis wünschenswert. Eine Reihe von automatischen Programmgeneratoren wie die Nutzung von Stücklisten und die Umsetzung dieser Stücklisten in diese Software kann dabei helfen, in sehr kurzer Zeit sehr umfangreiche Programme vollautomatisch zu erstellen, so dass innerhalb von etwa 30 Minuten ein lauffähiges Testprogramm entsteht. Da für Eagle bereits ein Umsetzungsprogramm existiert, ist es möglich, ein solches CAD-Programm zu nutzen, um so ein Testprogramm in 15 Minuten zu erhalten.

Vielseitige Adapterkonzepte

Reinhardts eigene Adapterkonzepte und die mitgelieferte Gerbersoftware erlauben es, in wenigen Minuten die Adaptererstellung vorzubereiten, dann in etwa zwei bis drei Stunden den Adapter zu erstellen und die Stifte zu setzen. Bei diesem Adapter ist es möglich, zu 95 Prozent frei zu verdrahten, das heißt es muss nicht gezielt verdrahtet werden, sondern jeder Pin kann an einen freien Teststift gewrappt werden. Eine gezielte Verdrahtung ist nur bei der Spannungsversorgung, bei den Massen und Eingangssignalen notwendig.

Bild 2: Analoger Transcientenrecorder mit Hüllkurve (blaue Linien).

Bild 2: Analoger Transcientenrecorder mit Hüllkurve (blaue Linien).Reinhardt

Schließlich gilt es noch zu beachten, dass der Hersteller die Stimuli- und Messmodule im Laufe der Produktlebensdauer verbessert hat, so dass auch die neuesten Technologien wie ein standardmäßiger Transientenrecorder, Fourieranalyse und Klirrfaktormessung vorhanden sind (Bild 2).

Das Beste aus zwei Welten

Eine Besonderheit der Testsystemkonzepte von Reinhardt ist die Kombination aus Incircuit- und Funktionstest, da diese Methode die höchstmögliche Sicherheit für die Funktion der Baugruppe bietet. Der Kompakt-Multifunktionstestsystem ATS-KMFT 670 wird wahlweise als Multifunktionstestsystem oder als reiner Incircuittester geliefert. Zudem sieht sich das Unternehmen in der Lage, binnen zwei Tagen Prüfadapter und Prüfprogramm zu erstellen, so dass sich die Testsysteme in kürzester Zeit einsetzen lassen.

Peter Reinhardt

ist Inhaber und Geschäftsführer von Reinhardt System- und Messelectronic.

(mrc)

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REINHARDT System- und Messelectronic GmbH

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