Anno 1977 startete die Voyager 1 von Cape Canaveral aus zur Erforschung des äußeren Sonnensystems und des interstellaren Raums. Diese NASA-Raumsonde ist heutzutage das am weitesten von der Erde entfernte Objekt, das der Mensch jemals gebaut hat. Und sie funktioniert noch immer – nach 36 Jahren, unter den enorm widrigen Bedingungen einer Weltraummission. Hier sind unter anderem die extremen Temperaturen und die hohe Vibrationsbelastung beim Start zu nennen, außerdem die Strahlenbelastung und die hohen Dichtigkeitsanforderungen im Weltraum. Die Voyager ist damit ein typischer Anwendungsfall für die hermetisch dichte Glas-Metall-Gehäuseverpackung.
Das Material machts
Die Glas-Metall-Verbindung kommt in Gehäusen, Steckverbindern und Durchführungen zum Einsatz. Die Vorteile gegenüber der wesentlich häufiger verwendeten Metall-Kunststoff-Verbindung liegen zum einen im Material Glas: es bietet Sauberkeit, Hygiene, chemische Widerstandsfähigkeit, einen sehr viel höheren Temperaturbereich und eine bessere Wärmeleitung. Zum anderen besitzt auch die Materialschnittstelle Metall-Glas überlegene Eigenschaften, wie hohe Dichtigkeit, Belastbarkeit und Zuverlässigkeit.
Aus diesen Gründen sind Glas-Metall-Verbindungen etwa in der Medizintechnik und der Telekommunikation sowie in industriellen Anwendungen und im Automobilbereich interessant. Verwendung finden typischerweise Einzelkontaktdurchführungen (von hauchdünn bis hoch belastbar), Multi-Pin-Durchführungen, Sockel, Verbinder, Flansche und Steckverbinder.
Die fertigungstechnische Ausführung erfolgt in der Regel so, dass eine spezielle Glasschmelze die Metalloberfläche umfließt und so für eine dauerhafte gasdichte Verbindung sorgt. Beim Abkühlen des Materials findet eine Aufschrumpfung statt, die zusätzlich eine radiale Druckspannung auf die Grenzflächen erzeugt. Dadurch erhöht sich die Dichtigkeit noch weiter und die Robustheit gegen Druck von außen steigt. Bei geeigneter Konstruktion können die Durchführungen auch eine begrenzte Torsionsbelastung abfangen.
Den Extremen begegnen
Einzel- und Mehrfach-Durchführungen kommen zumeist in Modulen zur Anwendung, bei denen die Glas-Metall Lötverbindung nicht direkt möglich ist. Die Bandbreite reicht von winzigen Abmessungen, die mit dem bloßen Auge kaum noch wahrnehmbar sind, bis hin zu robusten Starkstrom- und Hochspannungsverbindungen.
Sockel und komplette Gehäuse finden Einsatz bei der hermetischen Kapselung und elektrischen Abschirmung von empfindlichen Bauteilen und Baugruppen.
Hierzu gehören Sensoren, Relais, Quarze, Oszillatoren sowie Dünnschicht- und Hybridschaltungen. Die Anforderungen der Kunden variieren dabei über die gesamte Bandbreite – von sehr einfach beispielsweise für kommerzielle Anwendungen bis zu höchst anspruchsvoll wie in Luft- und Raumfahrt-Applikationen.
Zur Anwendung passend
Verbinder und Flansche sowie Steckverbinder runden das Produktspektrum ab. Die mechanischen Abmessungen sind zwar häufig an eine bestehende Norm angelehnt, aber aufgrund der häufig sehr speziellen Kundenanforderungen konzipiert, plant und fertigt man meist individuell.
Wie bereits angedeutet, ist die Glas-Metall-Technik seit Jahrzehnten auch im Automobilbau angekommen. Für die dortigen Anforderungen an Dichtigkeit, Temperaturbeständigkeit, Vibrations- und Schockbeständigkeit, Zuverlässigkeit sowie Medienbeständigkeit gegen Einflüsse von Salznebel, Öle, Kraftstoffe oder Batteriesäure, gab und gibt es zum Teil immer noch keine Alternative. Insbesondere wenn es um die Druckdichtigkeit geht, ist die sogenannte Druck-Einglasung mit einer Dichtheit bis zu 109 mbar l/s vollständig konkurrenzlos.
Der inhärente Nachteil der höheren Kosten von Glas-Metall-Konstruktionen lässt sich durch die im Automobilbau üblichen hohen Stückzahlen teilweise wettmachen. So hat beispielsweise Infratrons Produktpartner Vac-tron über die Jahre mehr als 30 Millionen mehrpoliger Durchführungen für Airbag-Zünder ausgeliefert. Im Bereich der Motorsteuerung und der Getriebesteuerung sowie in einigen anderen kritischen Anwendungen wendet man diese Technik auch heute noch bevorzugt an. In anderen Bereichen haben sich inzwischen teilweise der Kunststoff-Spritzguss oder der Vakuum-Guss durchgesetzt. Insbesondere der erstere weist bei höheren Stückzahlen deutliche Kostenvorteile auf.
In der Regel ist es mit der Verbindung zwischen Glas und Metall nicht getan. Die Verbindungen zwischen den verschiedenen Metallteilen müssen naturgemäß den gleichen Anforderungen genügen, beispielsweise die zwischen einem Gehäuse und dem Deckel. Hierfür finden Schweißverfahren wie Rollnahtschweißen, Laserschweißen oder Widerstandsschweißen Verwendung. Diese Fertigungsverfahren haben inzwischen einen Stand erreicht, der es erlaubt, auch verschiedene Materialien sicher und zuverlässig miteinander zu verbinden.
Auf den Spuren großer Entdecker
Im Gegensatz zur Großserie im Automobilbau benötigen Entwickler im F&E-Bereich oft nur wenige Einzelstücke oder ein einziges Bauteil. Das ist nicht nur beim Bau einer Raumsonde so, sondern zum Beispiel auch beim Projekt Columbus. Dieses Unterfangen beinhaltet den Bau eines kleinen Schul- und Lehrzyklotrons, das sich an der Originalarbeit von E.O. Lawrence und dem 12-Inch-Zyklotron orientiert, das von Tim Koeth am Rutgers Institut in New Jersey, USA von seinen Studenten unter seiner Leitung aufgebaut wurde.
Columbus soll Protonen auf zirka 30 keV beschleunigen. Aufgrund der niedrigen Endenergie ist es dadurch möglich, während des Betriebs den Protonenstrahl zu beobachten und Experimente mit beschleunigten Ladungen durchzuführen. Es ist das erste Zyklotron dieser Art in Europa.
Das Projekt Columbus wird vom Gymnasium Ernestinum, Coburg durchgeführt und wissenschaftlich vom Forschungszentrum Jülich und der HS Coburg begleitet. Ein wichtiges Bauteil der Übertragungsstufe ist eine hochfrequenztaugliche, möglichst kapazitätsarme Vakuumdurchführung für die Hochspannung. Diese wurde nach Kundenzeichnung gefertigt und von Infratron kostenlos zur Verfügung gestellt.
(rao)