Kondensatoren mit Graphen nutzen die besonderen Eigenschaften dieses Werkstoffes, denn Graphen transportiert effizient elektrische Ladungen und Wärme. Das transparente Material verwendet als Elektrolyt eine Mischung aus Graphen und Polymerverbindungen. In Graphen hat jedes Kohlenstoff-Atom ein freies Elektron, das sich sehr frei und mit einer Geschwindigkeit von 1000 km/s bewegen kann. Das macht den Werkstoff sehr leitfähig. Gleichzeitig sorgt die nanokristalline Struktur für selbstheilende Eigenschaften und ermöglicht zudem kleinere Bauformen als bei reinen Polymerkondensatoren, was wiederum zu sehr kompakten Baugruppen führt.
Viel Kapazität bei kleiner Bauform
Eine Eigenschaft ist der niedrige Leckstrom: Im Gegensatz zu Festelektrolytkondensatoren können GP-Kondensatoren den Oxidationsfilm wieder herstellen. Dazu kommt die niedrige Impedanz der Kondensatoren.
Ebenfalls bemerkenswert ist der Frequenzgang. Die prozentuale Kapazitätsveränderung als Verlauf aufgetragen über die Frequenz verdeutlicht diesen Zusammenhang: Bei höheren Frequenzen weisen GSC-Bauelemente (Graphene Semiconductor Capacitors) gegenüber den reinen Polymerversionen einen geringeren relativen Kapazitätsverlust auf. Und bei niedrigen Frequenzen bis etwa 10 kHz ist der innere Verlustwiderstand (ESR, Equivalent Series Resistance) kleiner, deshalb sind Graphen-Kondensatoren in diesem Bereich vorteilhaft einsetzbar. Bei höheren Frequenzen gleichen sich die Werte beider Bauarten wieder an.
Eckdaten
Bei GSC-Bauelementen handelt es sich um einen Kondensatortyp, der als Elektrolyt eine Mischung aus Polymerverbundmaterial und Graphen einsetzt. Dieser leitfähige Werkstoff verleiht den Kondenstoren nicht nur selbstheilende Fähigkeiten, sondern ermöglicht auch kleinere Bauformen und damit Baugruppen. Typische Vertreter dieser Art sind Kondensatoren der Baureihe GP von Huawei, im Vertrieb bei Blume Elektronik.
Kein Kurzschluss im Fehlerfall
Für den Einsatz von GSC-Bauelementen spricht ebenso, dass sie im Fehlerfall im Open-Mode-Betrieb weiter arbeiten können – ein wichtiges Merkmal für sicherheitsrelevante Anwendungen, denn ein normaler Kondensator würde einen Kurzschluss verursachen. Zuverlässigkeitstests zeigen: Beaufschlagt man 100 Polymerkondensatoren mit der Nennspannung, der höchsten spezifizierten Betriebstemperatur und dem höchsten zugelassenen Ripplestrom solange, bis alle Kondensatoren ausgefallen sind, weisen 70 % der Ausfälle einen Kurzschluss auf. Bei den GSC-Ausführungen hatten alle Kondensatoren zu 100 % in den Open Mode gewechselt. Der Durchgangswiderstand steigt dabei zwar ins Unendliche, aber es entsteht kein Kurzschluss. Wenn es also einen Ausfall gibt, dann wenigstens ohne Kurzschluss.
Graphen-basierende Kondensatoren eignen sich vor allem für den Einsatz in Ladegeräten, Stromversorgungen, der Automobillektronik oder für Computer-Mainboards und können hier die bislang verwendeten Festelektrolytkondensatoren gut ersetzen.
Weniger Bauvolumen oder mehr Kapazität
Schnelllade-Einrichtungen sind seit 2015 zunehmend im Einsatz. Hersteller wie Samsung, HTC und andere setzen in neuen Komponenten Quick-Charge-Netzteile ein. Solche Ladegeräte sind oft sehr voluminös und folglich unhandlich. Mit den GSC-Bauelementen lassen sich indes kleinere Schnellladegeräte bauen. Vergleiche verschiedener Ausführungen verdeutlichen den Größenunterschied: So schrumpfen in der Praxis die Geräte bei gleichen Parametern deutlich beziehungsweise lassen sich bei gleicher Baugröße höhere Kapazitäten verbauen. Damit bietet sich auch der Einsatz in Anwendungen der Telekommunikationsindustrie und bei verteilten DC/DC-Spannungsversorgungen von Servern an.
Für unterschiedliche Spannungen ausgelegt werden Graphen-Kondensatoren auch in der Steuerelektronik von Autos verbaut und tragen dort dazu bei, die Anzahl der Kondensatoren zu reduzieren. Das spart Platz auf der Platine. Das Open-Mode-Verhalten verhindert auch hier Kurzschlüsse in der Elektronik, die ansonsten Brände verursachen könnten. Die Zertifizierung nach der Automotive-Vorschrift AEC Q200 für passive Bauelemente ist für diese Kondensatoren in der Vorbereitung.
Material der Zukunft
Blume Elektronik ist Distributor der 1987 gegründeten Huawei Group, die auf die Entwicklung, Produktion und den Verkauf von Elektrolytkondensatoren spezialisiert ist und derzeit jährlich über sechs Milliarden Kondensatoren produziert. An der Entwicklung der Graphen-Kondensatoren arbeitet Huawei seit 2011. Wie sehr das chinesische Unternehmen auf das Material Graphen setzt, unterstreicht auch der Beitritt zum Jiangnan Graphene Research Institute.
Nach anfänglichen Problemen bei den Basiswerkstoffen und im Fertigungsprozess gingen in den Jahren erste Bauelemente in Serie, ausgelegt für 16 V. Parallel forschte Huawei schon an Typen mit 63 V und in SMD-Ausführung. 2015 begann dann die Serienfertigung der 63-V-Versionen. Stand der Technik: Die Standard-Typen GP für Nennspannungen von 2,5 bis 63 V werden in Serie gefertigt; Low-ESR-Versionen für 2,5 bis 63 V haben den geplanten Forschungsstatus erreicht und bei den 150-°C-Versionen untersucht man derzeit noch die passenden Materialien. Ebenfalls auf der Materialsuche ist das Unternehmen bei Kondensatoren in SMD-Technik.
Tests bei Hochvolt-Ausführungen (63 bis 250 V) haben den Wert von 180 V in der Entwicklungsphase erreicht. Die verfügbaren Bauteile eignen sich für Temperaturen bis 105 °C, größere Temperaturbereiche von 15 bis 130 °C sind in Arbeit, langfristig sollen die Bauelemente wohl bis zu 150 °C verkraften.
(mou)