Der Bedarf an Mehrkanaltests war noch nie größer, da elektronische Komponenten, Geräte und Systeme immer komplexer werden. Dabei finden zusätzliche Array- und Parallelisierungskonzepte Verwendung, um die Leistung weiter zu steigern. Diese Systeme zu testen bedeutet wiederum, dass viele Messungen gleichzeitig und bei hohen Geschwindigkeiten durchgeführt werden müssen.
PCIe-Karten für Mehrkanal-Testsysteme
Spectrum Instrumentation stellt ein vollständiges Sortiment von PCIe-Karten (Bild 1) bereit, mit dem Mehrkanal-Testsysteme zusammengestellt werden können.
Um individuelle Testsysteme mit Mixed-Mode-Signalerfassung/Signalquellen bereitzustellen, können die 39 verschiedenen Digitizer, Arbiträr-Generatoren und digitale I/O-Karten der M2p-Serie völlig frei in einem PC kombiniert werden. Dabei ist es möglich, bis zu 16 verschiedene M2p-Karten über ein Star-Hub-Modul miteinander zu verbinden, um eine phasenstabile Synchronisation zu erreichen. Auf diese Weise können bis zu 128 analoge oder 512 digitale Kanäle in einem System realisiert werden. Der PCIe-Bus ermöglicht die Datenübertragung zu und von CPUs und GPUs mit Geschwindigkeiten von bis zu 700 MByte pro Sekunde.
Die M2p-Serie umfasst 39 verschiedene Messkarten in drei unterschiedlichen Gruppen: Digitizer für die analoge Signalerfassung, Arbiträr-Generatoren (AWGs = Abitrary Waveform Generators) für die analoge Signalerzeugung und digitale Input/Output-Karten zum Erzeugen oder Erfassen von schnellen Digitalsignalen. Bis zu 16 Karten lassen sich mit der Option Star-Hub phasenstabil synchronisieren. Diese 16 Karten können völlig frei aus den 39 zur Verfügung stehenden Modellen ausgewählt und kombiniert werden.
Prozessor-gesteuerter Industrie-Motor
Bild 2 zeigt eine typische Motorsteuerung. Motorcontroller arbeiten hier grundsätzlich wie ein Schaltnetzteil.
Sie führen eine Gleichrichtung der Netzspannung durch und filtern diese, um den Netzwechselstrom in einen Gleichstrombus umzuwandeln. Motoren tragbarer Geräte verwenden Batterien, um den DC-Bus zu versorgen. Dieser DC-Bus speist einen Schaltwechselrichter, der den Motor mit pulsweitenmodulierten (PWM) Signalen antreibt. Bei Gleichstrommotoren dient der Wechselrichter auch zur Umpolung des Motors.
Geschwindigkeits- und Winkelpositionssensoren geben dann die Motorgeschwindigkeit und das Drehmoment an den Motorcontroller zurück, um Rückkopplungs-Regelschleifen zu bilden. Der Mikroprozessor arbeitet sowohl mit analogen als auch digitalen Signalen. Über serielle Schnittstellen kommuniziert der Mikroprozessor mit Hilfsgeräten wie Controller-Display, EEPROM, VCO und DACs.
Testen der Schaltungen
Das Testen solcher Schaltungen ist eine geeignete Aufgabe für die modularen Instrumente der M2p-Serie. Digitizer können analoge Signale erfassen, darstellen und analysieren. Digital-I/O-Karten übernehmen dies für die digitalen Signale, die in Adress- und Datenbussen verwendet werden. Arbiträr-Generatoren simulieren zu Testzwecken sämtliche Sensorsignale. Diese Testsignale werden aus mathematischen Formeln generiert oder sind die exakte Wiedergabe von zuvor erfassten Signalen.
Dreiphasiger, bürstenloser Gleichstrommotor als Beispiel
Als praktisches Beispiel werden die Spannungen und Ströme in einem dreiphasigen, bürstenlosen Gleichstrommotor (BLDC) gemessen, der in einem tragbaren Handwerkzeug verwendet wird. Die Digitizerkarte M2p.5968-x4 erfasst die Phasenspannungen und -ströme. Dieser Digitizer verfügt über acht Kanäle mit maximal 125 MSample/s Abtastrate und 16 Bit Auflösung. Die Software S-Bench 6 steuert den Digitizer und sorgt für die Anzeige und Analyse der Messdaten (Bild 3).
Bei einer Erfassungsdauer von 40 ms mit einer Abtastrate von 10 MSample/s werden etwa 1,6 Perioden der Motordrehung aufgezeichnet. Der rote und der blaue Cursor in der Displayanzeige 2 (oben Mitte) messen die Rotationsperiode von 25 ms, die im Infofeld links angezeigt ist. Dies entspricht einer Rotationsfrequenz von 40 Hz oder 2400 Umdrehungen pro Minute.
Die Spannungswellenformen zeigen die Eigenschaften der 6-stufigen Umpolung, manchmal auch Trapezsteuerung genannt. Diese Umpolung kann ebenfalls in den Stromwellenformen (mittlere Displayreihe) als sechs „pulsartige“ Wellenformsegmente pro Umdrehung beobachtet werden. In der oberen Displayreihe zeigen die Spannungen die typische geschaltete Struktur von PWM-Signalen, die horizontal gezoomte Ansicht in der unteren Displayreihe zeigt die einzelnen Pulse. Ein roter und ein blauer Cursor in der Analoganzeige 7 (unten Mitte) messen die Schaltfrequenz, welche 20 kHz beträgt. Der Wechselrichterabschnitt ist potentialfrei und nicht auf Masse bezogen, und die Dreiphasen-Delta-Verbindung verwendet sechs differenzielle Kanäle, also insgesamt zwölf unsymmetrische Einzelkanäle, so dass zwei Digitizerkarten erforderlich sind, um das System zu testen.
Hall-Effekt-Sensor
Die Motorsteuerung verwendet die Signale des Hall-Effekt-Sensors, um die Motordrehzahl und die Winkelposition der Motorwelle zu bestimmen. Der Sensor besteht aus drei Hall-Effekt-Wandlern, die im Abstand von 120° im Motorgehäuse angeordnet sind. Er verfügt über drei digitale Ausgänge, einen für jeden Hall-Effekt-Wandler.
Die drei Phasen des Hall-Effekt-Sensors können mit der digitalen I/O-Karte erfasst werden (Bild 4). Diese Messkarte erfasst bis zu 32 digitale Kanäle mit Abtastraten von bis zu 125 MSample/s und wird per Star-Hub mit den eingesetzten Digitizern verbunden, um eine parallele zeitkorrellierte Messung zu ermöglichen.
Drei digitale Ausgänge des Hall-Effekt-Sensors unterteilen die Rotationsperiode in sechs Abschnitte, von denen jede eine Rotation von 60° umfasst. Die farbigen Kästchen unten in Bild 4 markieren die sechs Sensorausgangszustände, welche während einer einzigen Drehung der Motorachse auftreten. Mit diesen Daten ist es dem Prozessor der Motorsteuerung möglich, die Motordrehzahl und Winkelposition zu bestimmen. Er verwendet die sechs Sensorzustände, um die Motorwicklungen umzupolen und so die Rotation aufrechtzuerhalten.
Die Digitalkarte kann mit ihren 32 Kanälen auch parallele digitale Busse mit bis zu 32 Bit untersuchen. Eine Aufzeichnung eines 16-Bit-Busses ist in Bild 5 zu sehen. Die digitalen Signale werden entweder als Bits oder in Busansicht angezeigt. In der Busansicht erscheinen die Daten entweder im Hexadezimal-, Oktal- oder Binär-Format oder im vorzeichenbehafteten oder vorzeichenlosen Dezimalformat.
Stimulus-Response-Tests an einem Schaltnetzteil
Einige elektronische Geräte wie Verstärker, Filter, Empfänger und digitale Interfaces müssen zum Testen extern mit Signalen angeregt werden. Sie benötigen also sowohl eine Signalquelle als auch ein Messgerät für die eigentlichen Messungen. Modulare Digitizer und modulare Arbiträr-Generatoren (AWGs) sind mit bis zu acht Kanälen pro Karte erhältlich, wobei die Kanäle in Bandbreite, Abtastrate und Speicher konfiguriert werden können.
Die Kombination der beiden Instrumente in einem System gibt die Möglichkeit, eine Vielzahl von Testanforderungen zu erfüllen. In diesem Beispiel wird ein Stimulus-Response-Testsystem gebildet, das aus dem Spektrum-Digitizer M2p.5968-x4 sowie aus dem Arbiträr-Generator M2p.6568-x4 besteht.
Messung der Phasenreserve
Bei Regelsystemen mit geschlossener Schleife ist die Phasenreserve eine relevante Messgröße, die dazu dient, die Stabilität des Systems anzuzeigen. Die Messung des Phasenabstands stellt ein gutes Beispiel für eine Stimulus-Response-Messung dar, da sie sowohl ein Erfassungsinstrument als auch eine Signalquelle erfordert.
Die Phasenreserve ist die Phasendifferenz zwischen dem Eingang und dem Ausgang der offenen Regelschleife, gemessen bei einer Frequenz, bei der die Schleife eine Einheitsverstärkung (Unity Gain) hat. Eine Einheitsverstärkung mit einer Phasenverschiebung von 360° ist ein instabiler, oszillierender Zustand. Während diese Messung die Open-Loop-Eigenschaften des Rückkopplungsregelkreises aufzeigt, wird sie meistens in einer Closed-Loop-Konfiguration durchgeführt.
Messen eines offenen Regelkreises
Das Blockdiagramm in Bild 6 zeigt eine übliche Technik zum Messen von Kennwerten eines offenen Regelkreises, wie z. B. Phase und Verstärkungsfaktor, während eine Konfiguration mit geschlossenem Regelkreis beibehalten wird.
Ein Widerstand mit niedrigem Wert, in diesem Beispiel 20 Ω, ist an einer Stelle in die Regelschleife eingefügt, wo er den normalen Betrieb der Schaltung nicht stört. Der Arbiträr-Generator speist über einen Transformator ein schwaches, sinusförmiges Signal in die Regelschleife ein. Wird die Frequenz des Sinus variiert, ist die Bestimmung der Verstärkung und der Phasendifferenz der Schleife möglich, indem die Spannungen mit dem Digitizer gemessen werden.
Die Schleifenverstärkung ist das Verhältnis zwischen dem auf Kanal 2 gemessenen Schleifenausgang und dem auf Kanal 1 gemessenen Schleifeneingang. Messungen der Phasendifferenz erfolgen ebenfalls direkt zwischen Schleifeneingang und -ausgang. Die Frequenz der Sinuswelle wird variiert, bis die Eingangs- und Ausgangswellenformen identisch sind (Einheitsverstärkung, 0 dB). Dabei ist die Phasendifferenz bei dieser Frequenz die Phasenspanne der Schleife.
Die größten Schwierigkeiten treten bei diesem Test bei der genauen Messung von geringen Spannungen auf, die vom Schaltrauschen der Stromversorgung überlagert sind. Durch Mittelwertbildung synchron zur Sinusanregung oder durch Filterung des Signals wird der Einfluss des Rauschens deutlich reduziert. In diesem Beispiel wendet die Software SBench 6 von Spectrum einen 20 kHz-Tiefpassfilter auf beide Signale an, die resultierenden Messungen sind in Bild 7 dargestellt.
Die Phasendifferenz lässt sich aus der zeitlichen Verzögerung des Signals in Relation zur Einheitsverstärkungsfrequenz (360°) berechnen.
Eine einwandfreie Sinusform der Eingangs- und Ausgangswelle ist ein Indikator dafür, dass die Schleife durch die Sinusanregung nicht übersteuert wird. Eventuelle Verzerrungen würden als nicht sinusförmige Wellenform angezeigt.
Der gemessene Phasenabstand ist mit -14,85° kritisch niedrig. Es ist nötig, die Phasenreserve durch Anpassung der Kompensation am PWM-Controller zu erhöhen (Bild 8). Die Phasenreserve wurde auf -40,6° vergrößert, was für eine viel bessere Stabilität im System sorgt.
Simulation von Signalen mit einem AWG
Bei der Entwicklung neuer Schaltungen und Geräte sind oft erforderliche Systemelemente noch nicht vorhanden. Hier ist es möglich, die fehlenden Elemente mit einem Arbiträr-Generator zu simulieren. Der AWG kann eine extrem große Vielfalt an Signalformen erzeugen, sowohl aus mathematischen Gleichungen als auch durch Importieren der Wellenformen von einem Oszilloskop oder Digitizer. Ein Beispiel ist das in Bild 9 gezeigte Signal eines EKG (Elektrokardiogramm).
Sobald die Wellenform erfasst ist, kann sie auch modifiziert werden, bevor sie als Testsignal dient. Typische Modifizierungen sind die Änderung von Amplitude und Offset oder eine Filterung. Außerdem ist die arithmetische Kombination der Wellenform mit anderen Wellenformen möglich. Nach den Änderungen wird die resultierende Wellenform in den AWG importiert.
Der AWG gibt auch Möglichkeiten, die Wellenform bei der Ausgabe in Echtzeit zu verändern. Außerdem können alle für einen Prüfablauf erforderlichen Wellenformen in den Speicher des AWG geladen und dann nach Bedarf über den Sequenzmodus des AWG ausgewählt werden. Dies erhöht die Testgeschwindigkeit erheblich, da das Umschalten zwischen mehreren Generatoren oder das Laden neuer Wellenformen entfällt.
Echtzeitsteuerung von Wellenformsegmenten
Die Echtzeitsteuerung von Wellenformsegmenten erleichtert die Bereitstellung einer adaptiven Reaktion auf unterschiedliche Testanforderungen. Gemessene Testergebnisse können die Sequenzreihenfolge des AWG ändern, ohne dass dabei das Testverfahren gestoppt werden muss. So sind Tests möglich, bei denen basierend auf den gemessenen Daten die Testbedingungen geändert werden können.
Ein Beispiel hierfür ist die Ausgabe eines Manchester-codierten seriellen Datenstroms, wie er in einer RFID-, Ethernet- oder Automobilanwendung auftritt. Der Nachrichteninhalt kann im laufenden Betrieb mit dem AWGs-Sequenzmodus geändert werden (Bild 10).
In diesem Beispiel gibt es vier Pakete mit unterschiedlichem Dateninhalt. Die Anzahl der Pakete bzw. Wellenformen ist nur durch den verfügbaren Speicher des AWG begrenzt. Während ein Paket abgespielt wird, erfolgt die Auswahl des als nächstes auszugebenden Pakets durch Computersteuerung. Die ausgewählte Wellenform wird in die Warteschlange gestellt und nahtlos ausgegeben, nachdem die aktuelle Wellenform zu Ende abgespielt ist. In diesem Beispiel kann also jedes der vier Pakete während des Tests auf Anfrage ausgegeben werden. (bs)