Wie gut sich Mikroelektromechanische Systeme (MEMS) und moderne Elektronik ergänzen können, belegen nicht nur Sensorapplikationen wie zum Beispiel Beschleunigungsmesser, Gyroskope und Mikrophone. Auch im Bereich MEMS-basierter Taktgeber wurden in letzten fünf Jahren Riesenfortschritte erzielt. So ermöglichen innovative Fertigungsverfahren wie SiTimes MEMS FirstTM Prozess inzwischen, dass höchst stabile und überaus zuverlässige, mit Hilfe von Standard-Silizium-Herstellungsprozessen gefertigte MEMS-Oszillatoren ganz ohne den bei Quarzresonatoren üblichen hermetischen Verschluss und ohne keramisches Gehäuse auskommen.
Die Verwendung standardisierter Kunststoffgehäuse hat unter anderem natürlich massive Kosteneinsparungen zur Folge. Und auch in puncto Widerstandfähigkeit müssen MEMS-Oszillatoren keinen Vergleich mit Quarzoszillatoren zu scheuen. So konnte in entsprechenden Tests nachgewiesen werden, dass sie Beschleunigungen von bis zu 50.000 G, Vibrationen von 70 Grms, Drücke von 600 Bar und Temperaturen von -112 bis +110°C ohne Schaden überstehen.
MEMS-Oszillatoren sind etabliert
In punkto Phasenrauschen erzielen MEMS-Oszillatoren derzeit die von Kunden und Normen gestellten Anforderungen zumindest für den Großteil der kommerziellen Anforderungen. Bei allen anderen technischen Werten erweisen sich MEMS-Oszillatoren quarzbasierten XOs, VCXO oder TCXOs allerdings inzwischen auch als absolut ebenbürtig. Teilweise werden die Quarz-Oszillatoren typischen Werten sogar um ein Vielfaches übertroffen, wie die Beispiele Ziehbereich und dessen Linearität zeigen.
Ein weiteres Argument für MEMS-Oszillatoren, das immer stärker zum Tragen kommt: Oszillatoren benötigen generell einen CMOS-Schaltkreis, der das elektrische Taktsignal aus der mechanischen Schwingung des Resonators generiert. Unternehmen wie SiTime, die anders als die meisten Hersteller von Quarz-basierten Oszillatoren über ein profundes eigenes Analog-CMOS-Know-how verfügen, nutzen diese Tatsache zunehmend, um den Taktgeber mit zusätzlichen nützlichen Funktionen auszustatten. Beispiele hierfür sind symmetrische Signalausgänge, Spread-Spektrum, bis zu ±1,600 ppm Ziehspannung (VCXO), Frequenzselektion, oder eine SoftDriveTM-Funktion, welche die Programmierung des Ausgangsleistungssignalpegel ermöglicht. Doch alles der Reihe nach. Werfen wir noch einmal einen Blick auf die grundlegende Architektur und Konstruktion MEMS-basierender Oszillatoren.
Architektur und Aufbau MEMS-basierender Oszillatoren
Der für die Aufrechterhaltung der Schwingung notwendige Versorgungsschaltkreis ist auf einem separaten CMOS-Chip (Bild 1) untergebracht. Bei der Montage werden der CMOS-Chip und der MEMS-Resonator auf einem Trägerstreifen, dem sogenannten Leadframe, übereinander gestapelt und anschließend über Drahtanschlüsse miteinander verbunden. Nach dem Eingießen des fertig verdrahteten Bauteils in ein Kunststoffgehäuse erfolgt die Vereinzelung, der Test und die Kalibrierung der fertigen Bauteile (Bild 2).
Der für die Resonatorschwingung notwendige Versorgungsschaltkreis sorgt in Verbindung mit dem Mikroelektromechanischen System für eine stabile, der mechanischen Resonanzfrequenz des MEMS-Resonators entsprechende Schwingung von typisch 5 oder 120 MHz.
Etwaige, temperaturbedingte Abweichungen im MEMS-Resonator werden mit Hilfe eines Temperatursensor in Verbindung mit der Frequenzsteuerung kompensiert. Auf diesem Weg lässt sich derzeit eine Genauigkeit der Ausgangsfrequenz von bis zu ±10ppm im XO und bis zu ±1ppm im TCXO für den gesamten spezifizierten Arbeitstemperaturbereich von -40 bis +85°C erzielen.
Ein weiterer wichtiger Vorteil gegenüber Quarzoszillatoren: Der Grundtonbereich eines Quarzes liegt typischer Weise in einem Bereich kleiner 50 MHz. Oberhalb von 50 MHz setzen Quarzhersteller auf andere Technologien wie SAW Resonatoren oder Obertonquarze. Beide Möglichkeiten beinhalten aber Leistungs- und Stabilitätseinbußen. Ferner zeigen sich unter Umständen Probleme beim Anschwingverhalten. MEMS-Oszillatoren hingegen nutzen die PLL-Technologie, eine bewährte Technik, die in allen Formen von analogen und digitalen Schaltkreisen Anwendung findet. Mit einer leistungsstarken On-Chip-PLL lässt sich auf einfache Art und Weise jede beliebige Frequenz innerhalb des Arbeitsbereiches der jeweiligen Baugruppe generieren, und dies mit einer Genauigkeit bis auf die sechste Dezimalstelle.
Insbesondere bei höheren Frequenzen können MEMS-basierende Oszillatoren hier klar punkten. Zudem können in eine PLL weitere zusätzliche Funktionen wie z.B. eine Spannungssteuerung für den Feinabgleich der Frequenz oder Spread Spectrum für die EMI-Reduktion integriert werden. Dies ermöglicht eine einfache und damit kostengünstige Realisierung spezieller Taktgeber für besondere Anwendungsbereiche, beispielsweise spannungsgesteuerte MEMS-Oszillatoren (VCMO) oder Spread-Spectrum MEMS Oszillatoren (SSMO). Über eine im Ausgang der PLL integrierte programmierbare Verstärkerstufe kann zudem eine individuelle Anpassung des Ausgangssignalpegels vorgenommen werden. Dadurch lassen sich nicht nur höhere Lasten treiben und EMI-Störungen reduzieren, ein weiterer positiver Effekt ist eine ausgezeichnete Ausgangssignalform. Einziger Schwachpunkt von MEMS-Oszillatoren ist die dem Silizium eigene Temperatur-Varianz. Aus diesem Grund beinhalten alle MEMS-basierenden Silizium-Oszillatorlösungen Temperatursensoren und Kompensationsnetzwerke.
Die Leistungsfähigkeit von MEMS-Oszillatoren hat sich parallel zur allgemeinen Entwicklung der Halbleiterindustrie in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Ein signifikantes Beispiel hierfür ist SiTimes eine erst kürzlich vorgestellte Encore-Plattform, mit der Stabilität und Jitter um 20 bis 30 dB verbessert werden konnten (Tabelle 2). Mit der Encore-MEMS-Timing-Plattform realisierte Oszillatoren überzeugen neben einer guten Frequenzstabilität von ±0,5 ppm und durch 650 fs integrierten RMS Zufallsphasenjitter, gemessen im Bereich von 12 kHz bis 20 MHz. Bei Einsatz der FibreChannel 8,5-GBit/s-Jittermaske gemäß ANSII FC-PI-4 beträgt der integrierte RMS Zufallsphasenjitter gerade einmal 200 fs.
MEMS-basierte VCXOs in synchronisierten Netzwerkapplikationen
Dank der wegweisenden Encore-Plattform erschließt sich MEMS-Oszillatoren inzwischen eine Vielzahl neuer anspruchsvoller Telekommunikations- und Industrieapplikationen. In Bild 3 beispielsweise wird ein Voltage Controlled MEMS Oscillator (VCMO) verwendet, um in einer synchronisierten Netzwerkapplikation das regenerierte Taktsignal mit dem Primärtakt zu synchronisieren. Der große Ziehbereich von bis zu ± 1.600 ppm ermöglicht es, bereits in der Entwicklungsphase einen Feinabgleich des Endproduktes durchzuführen. Zudem zeichnet sich ein Encore-VCMO durch eine extrem geringe Linearitätsschwankung von < 1 % aus. Der gegenüber vergleichbaren Quarz-VCXOs zirka 10fach bessere Wert schlägt sich nicht nur in einer höheren Leistungsfähigkeit, sondern auch in einer einfacheren Handhabung des Gesamtsystems nieder.
VCMOs als Referenz für einen Taktgenerator oder Jitter Cleaner
Um die mannigfaltigen Takt- und Jitteranforderungen anspruchsvoller Applikationen wie zum Beispiel drahtlosen Repeatern, Basisstationen, >10 Gps-Protokollen oder Hochgeschwindigkeits-DAC/ADC für den HF-Bereich einhalten zu können, bieten eine Vielzahl von Herstellern Taktgenerator-ICs mit multiplen Ausgängen an. Um die Jitterwerte abzusenken und die geforderten Spezifikationswerte einhalten zu können, benötigen diese ICs zusätzlich einen externen, rauscharmen VCXO. Der Encore basierende VCMO liegt mit 0,6 psrms Zufallsphasenjitter weit unter den von solchen Applikationen geforderten Jitter- und Phasenrauschwerten. Bild 4 zeigt eine typische Anwendung, in der ein Encore-VCMO den Referenztakt für solche Taktgeneratoren liefert.
Schlussbemerkung
Was das Phasenrauschen angeht ist das letzte Wort noch längst nicht gesprochen, wie die Phasenrauschwerte neuester Schaltungskonzepte, die sich im Vorserienstatus befinden, zeigen. Bei Werten von bis zu -164 dBc bei 10 kHz und einer Trägerfrequenz von 20 MHz ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die MEMS-Technologie auch in eine der größten Quarz-Domänen, den Bereich der 3G/4G-Netzwerke, vordringt.
Robbie Sheridan, Heribert Thammer
(sb)