Im Aluminium-Strangpresseverfahren hergestellte Kühlkörper erfordern aufgrund der fertigungstechnischen Toleranzen oftmals eine maschinelle Nachbearbeitung. Planebene Halbleitermontageflächen lassen sich nur durch eine CNC-Optimierung erreichen und sind wichtig für die richtige wärmetechnische Kontaktierung der elektronischen Bauteile auf der Wärmesenke. Einfacher wird der sichere Halbleiterbetrieb im vorgegebenen Temperaturbereich durch einen optimalen Wärmeübergang beziehungsweise durch kleinste Wärmeübergangswiderstände.
Der Werkstoff Aluminium als Basismaterial für Strangpresskühlkörper hat einige positive Eigenschaften in puncto effiziente Entwärmungskonzepte. Zunächst sind das geringe Gewicht, die hohe Stabilität und Festigkeit, die gute Bearbeitbarkeit und Korrosionsbeständigkeit gegeben. Darüber hinaus ist die Wärmeleitfähigkeit nicht zu unterschätzen. Beim sehr häufig verwendeten Vorwärts-Strangpressen (direktes Strangpressen) schieben Anwender den erwärmten Aluminiumblock durch den Pressenstempel entlang der Innenfläche eines Rezipienten in Richtung der Werkzeugmatrize. Die Matrize liefert die gewünschte Kühlkörpergeometrie (Bild 1) und beeinflusst je nach Werkzeugauslegung die unvermeidbaren Toleranzabweichungen zur Wunschgeometrie, nachdem das Material hindurch gepresst wurde.
Alle Aluminiumkühlkörper, die im Strangpressverfahren hergestellt sind, obliegen internationalen Normen und werden aufgrund der auftretenden Toleranzen immer in der gesamten Konzeption berücksichtigt und betrachtet. Oftmals führen die auftretenden Toleranzabweichungen zur Änderung der Einbausituation oder zu weiteren mechanischen Anpassungen, da je nach Kühlkörpergeometrie die Abweichungen im Bereich einiger Zehntel-Millimeter bis hin zu einigen Millimetern liegen können. Eine frühe Berücksichtigung der fertigungstechnischen Toleranzen für Strangkühlkörper bei der Auslegung des thermischen Managements erspart im Nachhinein umfangreiche und teure Nacharbeiten.
Fertigungstechnische Toleranzen
Die im Extrusionsverfahren hergestellten Strangkühlkörper bestehen aus sogenannten Knetlegierungen und enthalten als wesentliche Bestandteile Aluminium, Magnesium und Silizium. Die Kurzform dieser Legierungen lautet EN AW, wobei EN für Europäische Norm und AW für Aluminium Wrought (Knetlegierung) steht. In Europa hat sich für Strangpressprofile die Legierungsbezeichnung EN AW 6060 (früher als AlMgSi0,5) etabliert.
Neben den positiven Eigenschaften beim Strangpressen entstehen auch verschiedenartige Profilgeometrien mit einer besonderen Oberflächengüte, die aufgrund des Grundmaterials in der Nachbehandlung der Oberfläche ein dekoratives Erscheinungsbild ergeben. Dieses gilt gleichermaßen für die etwas festere Legierung EN AW 6063. Anwendungen dieser Legierungsarten finden sich – abgesehen von der Entwärmung elektronischer Bauteile als Kühlkörper – unter anderem in der Architektur als Tür- und Fensterrahmen, im Fassaden- und Automobilbau sowie in der Lebensmittelindustrie wieder.
Sämtliche stranggepresste Geometrien unterliegen internationalen festgelegten Normierungen – auch Kühlkörper. Hier gelten für Kühlkörperprofile mit einem umschreibenden Kreis ≤350 mm (Präzisionsprofile) die Toleranzangaben nach DIN EN 12020 und für Profile mit einem umschreibenden Kreis >350 mm (Standardprofile) die Toleranzklasse nach DIN EN 755. Oftmals ist der Kühlkörper eine im Gesamtkonzept verbaute Komponente. Dadurch müssen Anwender nicht nur die mechanischen Bearbeitungsparameter wie die Kühlkörperlänge in Form von Sägetoleranzen kritisch betrachten, sondern auch die Profilbreite und -höhe, die Winkelabweichung, die Verwindung und Planparallelität sowie die Wanddickentoleranz oder Wölbung (konvex/konkav) des Querschnittes (Bild 2, mittig) berücksichtigen.
Unabdingbare Nachbearbeitung
Eine Einschränkung der durch das Extrusionsverfahren verursachten Toleranzfelder ist nach Absprache mit dem Kühlkörperhersteller je nach Wunschgeometrie und Wanddickenverhältnissen bedingt machbar. Allerdings führt das durch den geringeren Materialdurchsatz pro Zeiteinheit beim Strangpressen häufig zu erheblichen Mehrkosten, sodass die mechanische CNC-Nachbearbeitung günstiger ist.
Besonders mit Hinblick auf eine wärmetechnisch optimale Kontaktierung des elektronischen Bauteils auf die dafür vorgesehene Kühlkörpermontagefläche, die für eine langlebige und sichere Halbleiterfunktion wichtig ist, führen die bereits genannten Toleranzabweichungen zu erheblichen Problemen. Ein schlechter Wärmeübergang von der elektronischen Komponente zum Kühlkörper reduziert die Wärmeleitung entlang des thermischen Pfades, erhöht somit deutlich die Bauteiltemperatur und kann neben möglichen Funktionseinschränkungen gleichfalls zur Zerstörung des Bauteils führen. Insbesondere für große oder komplizierte Kühlkörpergeometrien ist eine mechanische CNC-Nachbearbeitung der Bauteilmontageflächen zwingend erforderlich. Einige Halbleiterhersteller, etwa von IGBT-Modulen, fordern für ihre Bauteile Ebenheiten im Montagebereich von <0,02 mm, die ohne jegliche mechanische Nacharbeit nur durch das Strangpressen alleine nicht zu erreichen wären (Bild 3).
Im Allgemeinen wird bei der Spezifizierung von Kühlkörpermontageflächen, meist die Bodenseite des Kühlkörpers, zwischen den Begriffen Ebenheit und Rauheit differenziert (Bild 2, oben). Wie bei einem auf dem Kühlkörper montierten Halbleiter gilt bei der Kontaktierung von zwei flachen Oberflächen miteinander grundsätzlich, dass die effektive Kontaktfläche ohne weitere mechanische Nachbearbeitung zwischen 2 und 5 % liegt. Die verbleibende Fläche ist eine Art Luftpolster beziehungsweise sind es Zwischenräume, in der die Luft aufgrund der schlechten Kontaktierung als thermischer Isolator wirkt. Bekannterweise ist die Luft allerdings ein schlechter Wärmeleiter: Mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,026 W/m·K leitet Luft cirka 7692 mal schlechter als das Grundmaterial Aluminium, was in Summe den Wärmeübergangswiderstand zwischen den beiden Komponenten erheblich beeinträchtigt.
Die passende CNC-Bearbeitung
Eckdaten
Kühlkörper werden eingesetzt, um die Temperatur von elektronischen Bauteilen so gering wie möglich zu halten und zu starke Erwärmung zu vermeiden. Denn die Überhitzung von Bauteilen kann zu Fehlfunktionen im System oder sogar zur Zerstörung einzelner Komponenten führen. Ein Kühlkörper mit geringem Wärmewiderstand hilft effektiv, elektronische Bauteile vor Überhitzung zu schützen. Für die Auswahl des richtigen Kühlkörpers ist der Wärmewiderstand entscheidend. Daher ist es empfehlenswert, vorab den benötigten Wärmewiderstand für den gesuchten Kühlkörper zu berechnen. Zusätzlich müssen Anwender auch die mechanischen Randparameter von Kühlkörperprofilen berücksichtigen.
Bei einer kundenspezifischen spanabhebenden Kühlkörperbearbeitung wie für Fräsungen verschiedener Art, Gewinde oder Bohrungen obliegt die mechanische CNC-Anpassung der Allgemeintoleranz nach DIN ISO 2768-m, sofern auf der fertigungsrelevanten Zeichnung nichts anderes angegeben ist. In dieser genannten Standardtoleranz für mechanisch bearbeitete Teile legen Anwender die symmetrischen Grenzabmessungen für Längen- und Winkelmaße sowie die Allgemeintoleranzen für Form und Lage fest. Je nach erforderlichem Bearbeitungsgrad und Profilgeometrie kann die mit einem „m“ gekennzeichnete mittlere Toleranzklasse auch in der Form „f“ für fein oder „c“ für grob ausgeführt sein. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Bearbeitungstoleranzen sollte gleichfalls wie bei den zuvor beschriebenen Kühlkörpertoleranzen eine Abstimmung der mechanischen Bearbeitungstoleranzen auf die Applikation und Einbausituation des Kühlkörpers erfolgen.
Unebene Montageflächen des Kühlkörpers erfordern oftmals ein Planfräsen der Halbleitermontagefläche, besonders bei größeren Ausführungen. Bedingt durch den notwendigen Materialabtrag beim Planfräsen der Kühlkörperbodenseite sollten Anwender darauf achten, dass eingebrachte Gewinde zur Halbleiterbefestigung in der Tiefe angepasst sind, denn so sind aufgrund der Dickenreduzierung der Basisplatte bestimmte Auszugsmomente gewährleistet.
Zum Zweck der sicheren Bauteilkontaktierung auf der Wärmesenke – wie bei IGBT- und SSR-Modulen – spezifizieren die Hersteller in den dazugehörigen Datenblättern definierte Anzugsdrehmomente. Oftmals verhindert eine zu dünne Bodenstärke des Kühlkörpers allerdings das Einbringen normgerechter Gewindetiefen. Hier helfen bei der mechanischen Kühlkörperauslegung besondere Drahtform-Gewindeeinsätze (Helicoil), die im Gewinde verschraubt ein stark belastbares Normgewinde mit hohen Scherfestigkeiten liefern.
Innovative Werkzeugtechnik gefordert
Aufgrund der Größe der Kühlkörpermontageseite (Bodenseite) unterschiedlicher Hochleistungskühlkörper, gestaltet sich das Planfräsen zur Herstellung einer ebenen Auflage oftmals schwierig: Die Bearbeitungsfläche ist häufig größer als der verwendete Fräsdurchmesser. Deshalb müssen Anwender den Kühlkörper in mehreren parallel verlaufenden Fräsbahnen planfräsen. Dies verursacht sogenannte Fräsabsatzkanten (Bild 2, unten), die je nach Genauigkeit der Fräsmaschine und Verformung des Kühlkörpers im Tausendstel-, maximal im Hundertstel-Millimeterbereich liegen und somit einen Einfluss auf die Funktion des Wärmeüberganges oder der Montage haben können.
Bei Halbleitermontageflächen auf dem Kühlkörper, bei denen die Fräsbahnen nicht vorhanden sein dürfen, sollten Anwender die Bearbeitungszeichnung entsprechend spezifizieren. Darüber hinaus sollten sie die spezifischen Angaben über den Montagebereich mit dazugehöriger Position, Bauteilart und -größe sowie geforderter Ebenheit zeichnerisch beschreiben.
Zur gänzlichen Vermeidung von Fräsbahnen, besonders bei größeren Kühlkörpermontageflächen, ist eine innovative Werkzeugtechnik gefordert: Speziell für die CNC-Maschine entwickelte und hergestellte Messerköpfe ermöglichen das Planfräsen mit nur einer Fräsbahn (Bild 4). Hierbei ist die Anzahl der einzelnen Schneiden und das Gewicht des Messerkopfes im Verhältnis zur Tragkraft der CNC-Spindel wichtig. Des Weiteren sind geringe Rautiefen und Ebenheitswerte im Hunderstel-Millimeterbereich durch eine innovative Werkzeug- und Maschinentechnik gegeben.
Kritische Begutachtung erleichtert Umsetzung
Die Berücksichtigung der Komplexität aller mechanischen und wärmetechnischen Zusammenhänge eines bestmöglichen Entwärmungskonzeptes für die jeweilige Applikation ist nicht ganz einfach. Die kritische Begutachtung der verschiedenen Press- und Fertigungstoleranzen sowie die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Einflussnahme erleichtern die Umsetzung in der Applikation essentiell. Darüber hinaus reduziert eine sorgfältige Zusammenstellung aller notwendigen Parameter unter anderem auch die Herstellkosten und erspart eine kostspielige Nacharbeit.
Jürgen Harpain
(jck)