Eckdaten
Unsere Welt ist analog. Vor jeder digitalen Verarbeitung steht immer eine Signalkette, eine Aufbereitung, Impedanztransformation und Anpassung und schließlich die Digitalwandlung. Intelligente Sensor-Plattformen mit IoT-Anbindung vereinen diese Funktionen auf einem Bauteil und reduzieren so die Datenmenge drastisch, die im Internet der Dinge zu übertragen ist.
Das Internet der Dinge verändert unser Leben in vielerlei Hinsicht. So können wir beispielsweise unsere Heizung über das Smartphone steuern und Straßenlaternen können erkennen, ob sich in ihrer Nähe Menschen befinden, um ansonsten abzudimmen. Auch Dünge- und Bewässerungsmaschinen wissen auf den Zentimeter genau, wo die Saat ausgebracht wurde.
Die für IoT-Applikationen eingesetzte Sensorik wird zunehmend intelligenter. War es für die Heizkörpersteuerung früher lediglich entscheidend, ob ein Fenster offen oder geschlossen ist, will man heute auch wissen, ob das Fenster nur gekippt oder ganz geöffnet ist, da diese Daten beispielsweise für die Sicherheitsanlage wichtig sind. War es bei der Laterne früher lediglich von Bedeutung, ob sie funktioniert oder nicht, um Instandhaltung on Demand zu machen, will man heute auch Verbrauchskosten sparen. Dies lässt sich beispielsweise durch das Dimmen der Laternen bei leeren Straßen erreichen oder durch die Helligkeitsmessung in der Nacht, da bei Vollmond wesentlich weniger Licht ausreicht. Hat man früher auf Basis von Bilddaten aus Geoinformationssystemen erkannt, wo der Boden generell mehr Düngung benötigt, wird heute zentimetergenau gemessen und das Saatgut auf den Punkt genau versorgt. Das Ergebnis ist auch hier eine wesentlich effizientere sowie auch schonendere und damit nachhaltigere Landwirtschaft. Diese Beispiele lassen sich noch beliebig komplexer darstellen und es gibt unzählige weitere.
Höherwertige Sensorinformationen
Ein Trend ist jedoch bereits bei diesen Beispielen klar zu erkennen: Wir brauchen nicht nur mehr, sondern vor allem auch präzisere und höherwertige Sensorinformationen, die zudem eine höhere Zuverlässigkeit und optional auch integrierte Sicherheitsfunktionen bieten müssen. Diese sollten zudem so effizient wie möglich zur Verfügung stehen. Sensoren sind aus diesen Gründen heute zunehmend performant, haben eine integrierte Intelligenz für die Signalverarbeitung und die selektive Bereitstellung von relevanten Daten und bieten standardisierte Kommunikationsschnittstellen in Richtung IoT und Cloud. Sie sind als integrierte Sensorplattformen im Grunde winzige Mini-Computer, die nur wenige Schnittstellen brauchen. Mit einer Energieversorgung über Energy-Harvesting-Module können sie über Jahre hinweg wartungsfrei im Einsatz bleiben und konstant die gewünschten Big Data liefern. Voraussetzung für alle Aufgabenstellungen eines IoT-angebundenen Sensors ist eine qualitativ hochwertige, industriegerechte und zugleich effiziente Auslegung, von der Erfassung des Sensors über die Digitalisierung und Auswertung der Daten bis zur Kommunikation in Richtung lokaler Steuerung beziehungsweise IoT-Gateway und Cloud.
Bei Sensoren für Neigung, Beschleunigung, Drehzahl, Schock und Vibration setzen sich beispielsweise zunehmend MEMS (Micro Electro Mechanical Systems) durch. Als hochintegrierte Sensoren nehmen sie nicht nur die Umgebungsinformationen auf, sondern wandeln sie zugleich auch in digitale Signale um. Sie ersetzen beispielsweise in der Maschinenzustandsüberwachung verwendete Legacy-Technologien wie Piezo-Elektronik oder faseroptische Gyroskope in Ortungs- und Navigationsanwendungen. Durch die Digitalisierung der Messdaten stehen nun direkt verwertbare Signalinformationen zur Verfügung und der hohe Integrationsgrad spart sowohl Platz als auch Energie. MEMS für Inertialsensorik (IMUs / Inertial Measurement Units) von Analog Devices haben neben der eingebetteten Frequenzkompensation und Signalverarbeitung sogar ein programmierbares Interface (SPI) für die individuelle Konfiguration der Register der User- und Output-Daten. Der Hersteller nennt sie auch iSensors, weil hier bereits die erste frei konfigurierbare Intelligenz integriert ist.
Sensorintegrierte Intelligenz
In vielen IoT-Applikationen kommen noch weitere, ganz neue und höchst komplexe Sensoren zum Einsatz, beispielweise smarte Sensoren wie die DSP-basierende Blackfin Low Power Imaging Platform (BLIP), die unter anderem Menschen erkennen kann. Sie analysiert hierzu Bild- oder Videodaten und erkennt exakt, ob sich Menschen im Messfeld befinden oder nicht. Nachdem sie auf andere Erscheinungen nicht reagiert, ist das digitale Ausgangssignal nach erfolgter Analytik recht simpel: Mensch da oder nicht da, also digital 1 oder 0. Solch qualitativ hochwertige Sensorik öffnet den Weg hin zu komplett neuen IoT-Anwendungen, erfordert aber entsprechend geschulte und zertifizierte Field-Application-Ingenieure.
Die große Anzahl an Messwerten, die die Sensoren bereitstellen, sollte man sinnvollerweise nicht alle direkt in Richtung IoT-Clould weiterschicken. Neben der riesigen Datenflut, die dabei entsteht, würde zudem auch viel zu viel Strom für diese Kommunikation verbraucht. Eine sich selbst mit Energie versorgende Sensorik wäre so niemals mit angemessenem Aufwand möglich. IoT-angebundene Sensoren müssen also zusätzlich Intelligenz erhalten, die applikationsspezifisch entscheiden kann, was mit den Daten zu tun ist. Mitunter sind auch mehrere Messdaten abzugleichen und über passende Algorithmen die Entscheidungen zu treffen, ob und welche Daten wann weitergeleitet werden.
Analog Devices hat hierfür bereits 2008 die ASSP-Strategie ins Leben gerufen mit dem Ziel, in Zusammenarbeit mit den Kunden sogenannte Application Specific Standard Products zu entwickeln. Die Sensoren werden dabei um einen Prozessor der ARM-Cortex-M-Serie (M0, M3, M4) erweitert, der dazu dient, die Sensordaten durch einen für die Applikation dedizierten Algorithmus zu analysieren und über standardisierte Schnittstellen an ein passendes Kommunikationsinterface weiterzuleiten. An Bauelementen zur Kommunikation in Richtung Cloud bietet das Unternehmen zudem die entsprechenden kabelgebundenen und Wireless-Kommunikationsprotokolle an, wobei außerhalb der industriellen Maschinen- und Anlagensteuerungen vor allem Wireless-Schnittstellen von Interesse sind. In diesem Bereich umfasst das Angebot beispielsweise Bauelemente für WM-Bus, Zigbee und Wisun sowie 6LoWPAN und das propritäre ADradio Net von ADI sowie ISM Band Transceiver, wie sie OEMs zu Entwicklung intelligenter, IoT-angebundener Sensorplattformen benötigen.
Hohe Integrationsgrade
Besonders effizient ist der hohe Integrationsgrad, den beispielsweise die ADuCRF101-Familie aufweist. In einem hochintegrierten Chip beinhalten die LFCSP-Bauelemente dieser Baureihe einen ARM-Cortex-M3-Prozessor, eine passende Wireless-Schnittstelle sowie Interfaces zur Anbindung der lokalen Sensorik und Energieversorgung. Aus der Kombination von MEMS und dem passenden ADuCRF101-Baustein lässt sich so bereits eine autarke, IoT-angebundene Sensorplattform entwickeln. Diese Produktfamilie zeichnet sich aber nicht nur durch den hohen Integrationsgrad aus, sondern steht auch für eine hohe Qualität der Funkverbindung, denn sie erzeugt gegenüber vergleichbaren Bauelementen rund 2 dB weniger Störgeräusche und sorgt so für eine bessere Signalintegrität. Dies ist insbesondere in menschennahen und sicherheitskritischen Applikationsfeldern entscheidend, da Ausfälle oder Fehlinformationen nicht tolerierbar sind. Analog Devices hat hierfür passende Referenz-Konfigurationen entwickelt, die OEMs in entsprechenden Applikationen nutzen können.
Referenz-Konfigurationen
Die Referenz-Konfiguration für die smarte Straßenlaterne misst den Stromverbrauch der Laterne und der BLIP-Sensor erkennt, ob sich Menschen im Messfeld bewegen. Diese Daten werden über eine ULP-MCU (zum Beispiel ARM Cortex M3) als Standalone-Chip vorverarbeitet und über diverse Wireless-Optionen an ein zentrales IoT-Gateway gefunkt. Der sicheren Übermittlung dieser Daten ist dabei besondere Bedeutung beizumessen, und es sollte auch sichergestellt sein, dass niemand diese Sensorik für das unbefugte Ausspionieren von Straßenzügen nutzen kann. Entsprechende Sicherheitsfunktionen sind in Kürze verfügbar, wogegen die Auslegung des Dimmers bei diesem Layout noch nicht enthalten ist, da sie bei LEDs für Straßenlaternen sehr eng mit dem Leuchtmittel zusammenhängt.
Das Referenz-Szenario für die Heimautomation nutzt den BLIP-Sensor für eine intelligente raumspezifische Lichtsteuerung. Das Belegungssystem auf Basis des BLIP-Sensors erkennt, ob ein Mensch im Raum ist, und erfasst die Beleuchtungssituation. Ist niemand mehr im Raum, wird das Licht automatisch ausgeschaltet. In Verbindung mit Geo-Fencing (Smartphone-Lokalisierung via GPS) bietet das skizzierte Szenario noch mehr Funktionen: Über die IoT-Cloud erhält der Hausherr per SMS eine Information, wenn der Sensor plötzlich Personen im Raum registriert, sich aber keines der zugelassenen Smartphones im Haus befindet. Auf Wunsch lässt sich auch direkt ein Notruf absetzen.
Diese Beispiele für die Auslegung von intelligenten, IoT-angebundenen Sensorplattformen zeigen, wie sich diese für OEMs aus bestehenden Bauelementen zusammenstellen lassen. Man kann sie projektspezifisch mit passender lokaler Advanced-Sensing-Logik versehen, beispielsweise auf Basis des ARM-Cortex-M3-Prozessors, sodass sich OEM-Kunden auf die Entwicklung der eigentlichen Applikationen konzentrieren können. Solche intelligenten Sensor-Plattformen, die erfassen, messen, anbinden und kommunizieren können, verbinden im Zeitalter von IoT und Industrie 4.0 die physikalische Welt mit der digitalen.
In der ersten Jahreshälfte 2016 wird EBV zusammen mit Analog Devices in Zentraleuropa eine Seminarserie mit dem Titel „Analoges Schaltungsdesign im Zeitalter von IoT und Industrie 4.0“ durchführen. Die Themen reichen von der optimalen Bauteileauswahl über Schutzschaltungen, Sensor-Frontends und A/D-Wandler bis hin zur Frage „Wieviele Bits brauche ich wirklich?“
Michael Murray
Susanne Betting
(pet)