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Kontron hat im Herbst 2019 das Industrie-Mainboard-Geschäft von Fujitsu Technology Solutions übernommen. Mit diesem Schritt hat der Anbieter für Embedded Computing Technology sein Embedded-Motherboard-Geschäft unter anderem um einen Kundenkreis erweitert, der besonders großen Wert auf maximale Grafik-Power legt: zum Beispiel Anbieter von Casino-Gaming-Systemen und medizinischen Displays sowie Thin Clients und Industrie-PCs. Für diese hochinnovativen Anwendungsbereiche ist ab sofort auch das neue, AMD-Ryzen-Embedded-V1000/R1000-Prozessor-basierte Kontron D3713-V/R Mini-ITX Motherboard verfügbar. Die neuen Kontron Boards „Designed by Fujitsu“ werden auch weiterhin in Deutschland designed und gefertigt.
Herr Hoser, Kontron hat im Herbst das Industrie-Mainboard-Geschäft von Fujitsu operativ übernommen. Seither ist rund ein halbes Jahr vergangen. Wie ist die Integration des Industrie-Mainboard-Geschäfts von Fujitsu bei Kontron bisher geglückt?
Peter Hoser: Kontron führt das erfolgreiche Industrie-Mainboard-Geschäft von Fujitsu nahtlos fort – und zwar auf demselben hohen Niveau an Expertise und Fertigkeiten, wie es die Kunden kennen und schätzen. Das freut mich persönlich als Verantwortlicher für die Industrial-Motherboard-Sparte sehr. Die Integration schreitet in allen Bereichen – wie beispielsweise im Einkauf, in der Produktion oder im Vertrieb – immer weiter voran. Die Übergabe des operativen Geschäfts erfolgte ohne jegliche Lieferengpässe.
Als nächstes stehen die Integration der Entwicklung und die Verlagerung der Produktion der Motherboards an. Wir haben bereits erste neue Produkte auf den Markt gebracht. Unser Highlight ist das AMD-Ryzen-Embedded- V1000/R1000-basierte mini-ITX Motherboard, das „designed & manufactured in Germany“ ist.
Das Mini-ITX Motherboard ist das erste Kontron-Board aus der Fujitsu-Roadmap, das nach der Übernahme neu verfügbar ist. Was zeichnet es konkret aus?
Peter Hoser: Bei den neuen D3713-Motherboards sind die neuen Prozessoren der AMD Ryzen Embedded V1000- und R1000-Series hervorzuheben. Sie zählen in Puncto Grafikperformance zu den besten Lösungen, die der Embedded-Markt zu bieten hat. Die Preis-Performance-Ratio ist sehr attraktiv. Das macht sie ideal für Anwendungen in Kiosk-, Infotainment-, Digital-Signage- und professionellen Gambling-Systemen sowie medizinischen Displays, Thin Clients und Industrie-PCs. Sie glänzen mit einer TDP, die aktuell von 12 bis 54 W reicht. Zudem ist die AMD Ryzen Embedded V1000- und R1000-Series extrem skalierbar, von komplett passiv gekühlten Motherboards bis zu Systemen mit Kühllösungen.
Stichwort Performance: Wie hat sich diese mit der neuen AMD-Mikroarchitektur verändert?
Peter Hoser: Die „Zen“-Hochleistungs-Architektur von AMD bietet im Vergleich zur vorherigen AMD-Core-Generation – der AMD Embedded R-Series – eine Verbesserung um 52 Prozent im Hinblick auf die Befehle pro Taktzyklus und eine 200-prozentige Verbesserung von Durchsatz/Takt auf der GPU. Für den klassischen Embedded-Computing-Bereich besonders interessant sind dabei die AMD-Ryzen-V1000-Prozessoren sowie die im April 2019 gelaunchten AMD-R1000-Prozessoren, die mit dreifacher Performance-pro-Watt gegenüber dem AMD R-Series SoC und vierfacher Performance-pro-Euro im Vergleich zum Wettbewerb glänzen.
Für zukünftige Projekte empfiehlt sich auch ein Blick auf die gesockelte Zen-2-Generation. Diese ist jetzt auch unter dem Namen AMD Ryzen AM4 Serie mit erweiterter Verfügbarkeit von AMD Embedded mit Embedded Support verfügbar.
Wie unterscheiden sich die Bedürfnisse und Anforderungen in den jeweiligen Zielmärkten?
Peter Hoser: Im Bereich Kiosk werden hohe Anforderungen an die robuste Auslegung gestellt. Erweiterte Temperaturbereiche sind hier stärker nachgefragt als in anderen grafikintensiven Applikationsbereichen. Auch sind hier interne Display-Anschlüsse wie LVDS/eDP stärker verbreitet als beispielsweise im Bereich Digital Signage. Besonders geschätzt wird die Möglichkeit, bis zu vier 4K-Bildschirme anzubinden, um innovative Signage-Applikationen zu ermöglichen oder mehrere virtuelle Digital-Signage-Player auf einem System zu integrieren. Während sich hier die hohe Grafikleistung auch auf großen Displays für weitere Entfernungen zeigt, wird bei Casino-Gambling- und Arcade-Systemen mehr auf Premiumgrafik geachtet. Hier kommt 4K direkt vor den Augen der Nutzer zum Einsatz, auch in Verbindung mit ultrabrillianten Curved-Displays. Die herausragende Grafik-Performance der neuen AMD Ryzen Embedded V1000/R1000-Series kommt besonders zur Geltung.
Für Gambling-Kunden interessant ist dabei auch die Tatsache, dass man mit einer Mikroarchitektur wirklich vom High-End-Einständer-Casino-System bis hin zum Low-End-Videolotterie-Terminalsystem skalieren kann, was sowohl den Entwicklungsaufwand reduziert, als auch den Service erleichtert.
Reicht nur ein einziges PCB-Design tatsächlich für diese unterschiedlichen Märkte aus?
Peter Hoser: Es war schon immer die Stärke unserer Boards, Anforderungen vieler Applikationen zu erfüllen. Das gilt auch für das neue Kontron-D3713-V/R-Mini-ITX-Motherboard. Dazu setzen wir auf einen Weitbereichseingang von 8 bis 36 V, anstelle ATX-Netzteile zu unterstützen, oder bieten über zwei besonders flach bauende M.2-Steckplätze mit Key B (2 Lanes) und Key M (4 Lanes) flexible Storage- und Erweiterungs-Optionen. Wir unterstützen durch die gezielte Auswahl des LAN-Controllers unter anderem Time Synchronized Networking, was sowohl für Ethercat-Applikationen als auch für OPC-UA-Implementierungen interessant ist.
Auch bieten wir für Industrie-4.0-Installationen Dual-LAN onboard. Der 4 × 4K-Display-Port, ein Embedded-Display-Port und der Dual-Channel LVDS (24bit) bieten maximalen Grafiksupport. Unsere Boards sind hochwertig und interfacestark, ohne jedoch an der Kostenschraube zu drehen. Das Ziel ist umfassende Connectivity bei hochskalierbaren Plattformen und kostenoptimierten Systemdesigns.
Welche Möglichkeiten haben Kunden, deren Anforderungen nicht onboard implementiert sind?
Peter Hoser: Ein möglicher Weg sind immer auch die Erweiterungsoptionen. Wir schaffen etwa über eine Risercard zusätzliche Connectivity für beispielsweise weitere LAN- oder USB-Schnittstellen. Zudem steht bei unseren Mini-ITX-Boards auch immer ein flexibel nutzbarer PCIe-Slot zur Verfügung. Reicht all das nicht aus, ist bei entsprechenden Stückzahlen auch ein individuelles Design möglich, von denen Kontron dank des vergrößerten Motherboard-Ökosystems nun noch mehr im eigenen Hause umsetzen kann.
Welche Möglichkeiten gibt es für Kunden, die mehr als nur ein Board suchen?
Peter Hoser: Wir bieten unsere Motherboards auch als Systemdesigns auf Basis unserer Smartcase-Gehäusebausätze an. Das erleichtert die System-Integration der aktiv oder passiv gekühlten Boards. Kunden profitieren von einem kostenoptimierten System, für welches sie weder die einzelnen Komponenten aussuchen und validieren, noch Zertifizierungen durchführen müssen. Alles kommt hier bei Bedarf aus einer Hand.
Sind die neuen AMD-Ryzen-Embedded-V1000/R1000-Boards und -Systeme jetzt schon verfügbar?
Peter Hoser: Die Boards werden im 3. Quartal 2020 in Serie verfügbar sein. System-Bausätze basierend auf Smart-Chassis-Kits werden dann ebenfalls vorgestellt und sind in Serie zeitgleich mit dem D3713 verfügbar.
Andrea Neumayer
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