Hochauflösende Röntgeninspektion und Computertomographie für das 3D-Packaging und die nano-AVT.

Hochauflösende Röntgeninspektion und Computertomographie für das 3D-Packaging und die nano-AVT.GE/TU Dresden

Elektronik und Mikrosystemtechnik sind durch eine fortschreitende Miniaturisierung und steigende Komplexität der Bauelemente geprägt. Im Zuge dessen spielt die Röntgeninspektion eine immer größere Rolle. Im Folgenden werden die aktuellen Möglichkeiten höchstauflösender Röntgeninspektion und Computertomographie am Beispiel des Packagings von Alltagsgegenständen, nämlich USB-Speichersticks unterschiedlicher Entwicklungsgenerationen gezeigt. Gleichzeitig spiegeln die durchgeführten und hier dokumentierten Untersuchungen auch die rasante Entwicklung bei der dazu notwendigen Analysetechnik wieder.

Alles schrumpft

Treibende Kräfte für die Erhöhung der Integration auf dem Halbleiter, und damit auch Treiber der Nano-AVT (Aufbau- und Verbindungstechnik), sind einerseits die Halbleiterhersteller, die immer kleinere Strukturbreiten beherrschen und damit immer mehr elektronische Funktionen auf der zur Verfügung stehenden Fläche ermöglichen, und andererseits die Anwender, die immer größeren Funktionsumfang in kleinstem Volumen bei hoher Zuverlässigkeit und niedrigem Preis fordern. Mit fortschreitender Erhöhung der Integrationsdichte bei den aktiven Bauelementen, die einerseits durch Strukturverkleinerung auf dem Halbleiterchip stattfindet (Stichwort „Moore‘s Law“) und andererseits durch die Heterosystemintegration (dreidimensional integrierte Systemlösungen) erreicht wird (Stichwort „More than Moore“), stellen sich auch der AVT neuartige Herausforderungen, die unter dem Begriff nano-AVT beschrieben werden.

Dabei ist keinesfalls gemeint, Bauelemente mit Abmessungen im Nanometerbereich zu verarbeiten, sondern nanotechnologisch modifizierte Werkstoffe, Verfahren und Wirkprinzipien an jenen Stellen einzusetzen, wo heutige Technologien der Elektronikproduktion an ihre Grenzen stoßen und/oder deutliche Nutzwertsteigerungen entstehen. Die Miniaturisierung der Verbindungen in der Elektronik und der damit verbundene Einsatz nanoskaliger Verbindungswerkstoffe lassen neuartige Merkmalsausprägungen und Fehlermechanismen erwarten. Ursachen dafür liegen in der Veränderung der Geometrieverhältnisse und in der dramatischen Veränderung des Verhältnisses zwischen Oberfläche der Fügeverbindung, ihrem Volumen und der korrespondierenden Padfläche auf dem Schaltungsträger.

Analytik für die nano-AVT

Um den Erfolg einer neuentwickelten Technologie nachzuweisen, sind Prüfverfahren nötig, die möglichst zerstörungsfrei einen Einblick in die entstandene Struktur ermöglichen. Viele dieser Strukturbestandteile (zum Beispiel Löt- und Bondverbindungen, Trägermaterialien) sind mit optischen Methoden nicht inspizierbar, weil von anderen Strukturen verdeckt. Dort kommen dann hochauflösende Röntgenverfahren, wie die Röntgenradiografie und die Röntgen-Computertomografie ins Spiel [1]. Für die 2D-Untersuchungen wurden Röntgeninspektionssysteme des Typs Pphoenix|x-ray Vanome|x mit 160- respektive 180-kV/15-W-high-power-nanofocus-Röntgenröhre am IVAT der TU Dresden (Institut für Aufbau- und Verbindungstechnik der Elektronik bzw. Zentrum für mikrotechnische Produktion) und bei GE Inspection Technologies/Phoenix|x-ray in Wunstorf verwendet. Die CT-Scans wurden mit den Systemen Nanotom-s und m-NanoCT in Dresden respektive Wunstorf durchgeführt.

Die erste Analyse eines USB-Sticks am IAVT der TU Dresden geht auf das Jahr 2010 zurück. Dem Institut lag eine defekter Mikro-USB-Stick mit einer Speicherkapazität von 2 GByte vor, an dem exemplarisch mit zerstörungsfreien und zerstörenden Prüfmethoden (zfP und zP) die Ausfallursache zu Demonstrationszwecken ermittelt werden sollte. Der untersuchte USB-Stick wurde damals als der mit der kleinsten Bauform am europäischen Markt beworben. Im Inneren ist er als System-in-Package (SiP) aufgebaut. Lediglich die Anschlüsse des USB-Ports, einige Test-Pads und die LED zur Aktivitätsanzeige schauen aus dem Verguss heraus. Eine erste Analyse des inneren Aufbaus erlaubte die Röntgenradiografie, wie Bild 1 zeigt. Identifiziert sind der Controller-Schaltkreis und die Speicherbänke als in Chip-on-Board-Technologie montierte Bauelemente. Weiterhin sind ein Quarzoszillator, eine LED und einige passive Bauelemente erkennbar. In der Schrägdurchstrahlung wurde erkennbar, dass die Speicherbank des USB-Sticks aus übereinander gestapelten Speicherschaltkreisen (Stacked Dies) bestand. Die Speicherchips selbst sind nicht sichtbar, da Silizium nur sehr wenig Röntgenstrahlung absorbiert.

Eine genaue Analyse dieses Aufbaus erlaubte die im zweiten Analyseschritt durchgeführte Röntgen-Computertomografie mit Hilfe eines phoenix nanotom s. Ein Übersichtsbild in 3D-Darstellung zeigt Bild 2; Bild 3 zeigt Details dieses Aufbaus und das Aufbauprinzip. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass mit Hilfe der Verfahren Röntgenradiografie, Röntgen-CT, Ultraschallmikroskopie und Metallografie mit hoher Wahrscheinlichkeit die Ausfallursache des USB-Sticks ermittelt werden konnte: Vermutlich kam es durch den hohen mechanischen Stress beim Einstecken und Entfernen des USB-Sticks in beziehungsweise aus dem PC heraus zu einer Verbiegung des Gehäuses des Schwingquarzes, sodass dieser keinen Takt für das elektronische System bereitstellen konnte.

Modernere Modelle

In einer Fachdiskussion zur Packagingentwicklung der letzten Jahre und der Erkennbarkeit von Details zwischen der TU Dresden und dem Geschäftsbereich Phoenix|x-ray von GE Inspection Technologies wurde die Idee geboren, aktuelle Mikro-USB-Sticks (von 2012 mit Speicherkapazitäten von 1 GByte, 2 GByte, 4 GByte und 8 GByte; siehe Bilder 4 und 5, Preise zwischen 5 und 10 Euro) mittels Röntgentechnik zu analysieren und Aussagen über die Einordnung in die Vorhersagen der Roadmaps zu treffen. Die Röntgenuntersuchung zeigte, dass in allen Varianten des USB-Sticks nur jeweils ein Controller, ein Speicher-Die und einige passive Bauelemente assembliert waren. Details für den 4-GByte- und den 8-GByte-Speicher zeigt Bild 5. Interessanterweise besitzen diese USB-Sticks keinen externen Quarz oder Oszillator mehr. Da durch die 2D-Inspektion in Senkrecht- und Schrägdurchstrahlung die innere Struktur hinreichend geklärt wurde, erfolgten vorerst keine weiteren CT-Untersuchungen.

Um Einblicke in die Fertigungstechnologie von USB-Sticks mit größerer Speicherkapazität zu erhalten, wurde ein 32-GByte-Stick (Preis ca. 25 Euro) mit dem CT-System Phoenix Nanotom-m bei GE Inspection Technologies analysiert (Bild 6). Es wurden Computertomografien mit unterschiedlichen Auflösungen und unterschiedlichen interessierenden Bereichen (ROI – region of interest) aufgenommen. Die Aufbereitung der Volumendaten für die Analyse und die Visualisierung der Ergebnisse erfolgte bei der Firma Volume Graphics in Heidelberg (Bilder 7, 8, 9).

Diese Art der optischen Präsentation hat nicht nur einen hohen ästhetischen Anspruch, sondern transportiert gleichzeitig auch sehr viele Informationen, die für die Analyse und Orientierung im 3D-Datensatz unerlässlich sind. Anhand der 3D-Volumenbilder können interessierende Regionen (bei Ausfalluntersuchungen oft auch schon die Schadensregion) identifiziert und dann im virtuellen 2D-Schnitt genau analysiert und vermessen werden. Bei der Sichtung des Datensatzes für den 32-GByte-USB-Stick zeigte sich, dass zur Erreichung des hohen Speichervolumens zwei Speicherschaltkreise übereinander gestapelt wurden. Die elektrischen Verbindungen wurden, wie auch schon beim ersten USB-Stick, per Golddraht-Bonden hergestellt. Die verwendete Technologie entspricht damit der, wie sie im Jahr 2008 realisiert wurde (siehe Bild 3). Der entscheidende Fortschritt liegt in der hohen Speicherdichte der verwendeten Speicher-ICs. Allerdings erbrachte die weitere Untersuchung der Daten ein für die Analytik von Bondverbindungen sehr interessantes Detail: So sind in den CT-Aufnahmen die Metallisierungslagen und die Bondpads auf dem Controller sichtbar (Bild 9).

Noch tiefere Einblicke

Da die Röntgenabsorption eines Stoffes in etwa mit seiner Ordnungszahl im Periodensystem steigt, weist deren Sichtbarkeit auf eine wesentlich höhere Ordnungszahl hin, als sie Silizium besitzt (die Ordnungszahl von Si ist 14). Die übliche Verdrahtung auf Chipniveau wird in Aluminium (Al: Ordnungszahl 13) ausgeführt und ist daher in einem mit industrieller CT aufgenommenem Absorptionsbild ebenfalls nicht sichtbar. Da die Metallisierungsebenen im CT-Bild dargestellt werden, kommt nur Kupfer (Cu: Ordnungszahl 29) als Metallisierung in Betracht. Trotzdem ist die Erkennbarkeit der Kupferlagen ein großer Schritt in der Analytik, da diese weniger als 1 µm dick sind. Erst Röntgendetektoren der neuesten Generation haben eine solch hohe Grauwertauflösung und hohe Dynamik, um diese Strukturen aus dem Rauschen heraus noch sichtbar machen zu können. So haben die im Nanotom-m eingesetzten DXR-Detektoren eine Dynamik von > 10000:1. Damit ist die Bondinspektion von auf Cu-Technologie basierenden Halbleitern im eingehausten Zustand bei entsprechender Auflösung (Voxelgröße < 1 µm) erstmals möglich, da das Bondpad und der Bonddraht mit seiner Ausformung (Ball oder Wedge) erkennbar sind und somit Bondabheber in der CT erkennbar werden. Die Bilder 10 und 11 geben einen Eindruck dessen wieder, was momentan detektierbar ist.

Die Untersuchung von USB-Speichersticks verschiedener Generationen mittels Röntgentechnik zeigt interessante Details zur Technologie und zur Technologieentwicklung. Für ein solches Produkt, welches einem extremen Preisdruck unterliegt, werden aus AVT-Sicht immer einfache und zuverlässige Prozesse benutzt. Komplizierte Aufbauten werden nur dann realisiert, wenn dies die technischen Forderungen (zum Beispiel großes Speichervolumen) verlangen. Die Innovation bei diesen USB-Speichern kommt daher eindeutig von der Halbleiterindustrie, welche durch Strukturverkleinerung immer mehr Speicherzellen pro Flächeneinheit realisieren kann. USB-Speicher gehorchen demnach dem Mooreschen Gesetz.

Preis- und Leistungsdruck

Die in diesem Artikel dargestellten Untersuchungen haben exemplarisch gezeigt, dass moderne Elektronik ohne moderne hochauflösende Inspektionstechnik nicht realisierbar ist. Das gilt für die Konstruktion über die Qualitätssicherung in der Fertigung bis zur Fehlersuche nach dem Ausfall. Die über einen Zeitraum von ca. drei Jahren erfolgten vergleichenden Untersuchungen an 2D- und 3D-Systemen von GE Inspection Technologies/Phoenix|x-ray haben auch gezeigt, welche rasante Entwicklung die Röntgenanalytik und dabei besonders die Röntgen-Mikro- und -nanoCT gemacht haben. Besonders die Weiterentwicklung der Detektoren trägt entscheidend zur Verbesserung der Inspektionsergebnisse bei.

Productronica 2013: Halle A2, Stand 277

Literatur:

[1] Oppermann, Martin: Blick in das Package – Möglichkeiten und Grenzen der zerstörungsfreien Charakterisierung mittels Röntgenmikroskopie. PLUS – Fachzeitschrift für Aufbau- und Verbindungstechnik in der Elektronik, Heft 7/2011, S. 1611 – 1627, Saulgau: Eugen G. Leuze Verlag KG, 2011.

Tobias Neubrand,

GE Sensing & Inspection Technologies GmbH, Wunstorf/Stuttgart

Martin Oppermann

Technische Universität Dresden, Institut für Aufbau- und Verbindungstechnik der Elektronik (IAVT)

Holger Roth

GE Sensing & Inspection Technologies GmbH, Stuttgart

Thomas Zerna

Technische Universität Dresden, Institut für Aufbau- und Verbindungstechnik der Elektronik (IAVT)

Henry Weber

Volume Graphics GmbH, Heidelberg

(mrc)

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