Eckdaten
In seinem Artikel geht der Autor darauf ein was bei der Auswahl von Gehäusen für Elektronikmodule auf Fabrikebene alles bedacht werden muss. Die allererste Frage, die es zu klären gilt, ist die, ob das Konzept standardmäßig oder anwendungsspezifisch sein soll.
Industrie 4.0, der Einsatz von verteilten Automatisierungssystemen und der Datenaustausch in der Fertigungstechnik beruhen auf dem Internet der Dinge und Cloud-Computing. Sie ermöglichen die „intelligente Fabrik“, in der die Maschinen nahezu in Echtzeit überwacht und gesteuert werden und Prozesse mittels autonomer, dezentraler Entscheidungsfindung verwaltet werden. Verteilte Rechenprozesse werfen jedoch einige wichtige Fragen auf. An erster Stelle steht die IT-Sicherheit. Durch die Öffnung bisher geschlossener Fertigungssysteme ist der Bedarf an äußerst zuverlässigen IT-Systemen stark gestiegen. Verteilte Systeme verfügen häufig über integrierte IP, WLAN- und Bluetooth-Konnektivität, um Informationen verarbeiten und an die Cloud weitergeben zu können und nicht nur an eine zentrale Leitstelle.
Die Auswahl von Elektronikgehäusen für Elektronikmodule auf Fabrikebene muss wohlbedacht sein. Zuerst stellt sich die Frage, ob das Konzept standardmäßig oder anwendungsspezifisch sein soll. Ein Standardgehäuse bietet den Vorteil, dass der Aufwand für ein neues Konzept sowie Konstruktion und Werkzeugtechnik entfallen. Dies führt zu einer schnelleren Markteinführung. Weitere Vorteile sind die attraktiven Stückkosten, zudem hat sich das Konzept bereits in vielen Anwendungsbereichen bewährt. Im Gegensatz zu anwendungsspezifischen Gehäusen sind Standardprodukte sofort verfügbar und äußerst wirtschaftlich, insbesondere in Stückzahlen von bis zu einigen Tausend. Allerdings muss ein Standardgehäuse stets an die Anforderungen der jeweiligen Anwendung angepasst und entsprechend bearbeitet werden. Dazu gehören die passenden Öffnungen, um Schalter, Anzeigen, E/A-Anschlüsse und andere Bauteile aufnehmen zu können. Ebenso müssen Beschriftungen und Logos angebracht werden.
Für den Anwender ist es am besten, wenn der Erstausrüster ein modifiziertes Gehäuse anbietet, das auf die speziellen Anforderungen zugeschnitten ist. Auf alle Fälle ist es von großem Vorteil, den Hersteller des Standardgehäuses möglichst früh in den Entwicklungsprozess einzubeziehen.
Kleine Gehäuse werden üblicherweise aus Druckguss oder extrudiertem Aluminium hergestellt oder aus flammbeständigem beziehungsweise gewöhnlichem ABS oder Polycarbonat geformt. Da sämtliche Materialien spezielle Eigenschaften bezüglich Stoßfestigkeit, Chemikalienbeständigkeit, Abriebfestigkeit und so weiter aufweisen, wird die Materialwahl zum Teil durch den Standort und die zu erwartenden Umgebungsbedingungen bestimmt.
Schutz vor Umwelteinflüssen
Bei Modulen und Systemen in der Fabrikhalle spielt der Schutz vor dem Eindringen von Staub und Wasser eine große Rolle. Diese Schutzarten werden in der EN 60529 definiert als IPxx, wobei die erste Ziffer die Art des Schutzes vor Festkörpern und die zweite Ziffer die Art des Schutzes vor dem Eindringen von Wasser bezeichnet. Ein Allzweckgehäuse weist gewöhnlich die Schutzart IP54 auf, während Gehäuse für den Einsatz in einem aggressiven Umfeld mindestens Schutzart IP65 entsprechen müssen, wobei IP67 heute als De-facto-Mindestanforderung anzusehen ist.
Im Allgemeinen wenden die Gehäusehersteller zwei Haupttechniken an, um die gewünschte Schutzart zu erreichen. Ein IP54-Schutz kann einfach durch eine Nut-Feder-Verbindung zwischen dem Gehäusekörper und einer abnehmbaren Platte oder Abdeckung erreicht werden. Es werden keine Dichtungen verwendet; die Abdichtung wird durch die Verbindung einer Vertiefung im Sockelabschnitt mit dem entsprechenden Profil in der Abdeckung erreicht, wenn die Abdeckung fest verschraubt ist. Um eine umfassendere Abdichtung bei Gehäusen aus Metall, Kunststoff und extrudierten Kleingehäusen zu erreichen, ist eine Dichtung zwischen den beiden Passflächen erforderlich. Üblicherweise wird eine separat vorgeformte Dichtung zwischen den beiden Passflächen angebracht. Metallgehäuse können bei Bedarf lackiert werden, ohne dass der Dichtungsbereich abgedeckt werden muss; die Dichtung kann bei Beschädigung einfach ausgetauscht werden.
Themen der nächsten Seite sind das EMV-Verhalten und die Wärmeableitung
Bei vielen Anwendungen sind die EMV-Eigenschaften nicht relevant; im Fabrikhallenumfeld mit einer Vielzahl potenzieller elektrischer Störfaktoren kann es jedoch erforderlich sein, diese zu berücksichtigen. Formgehäuse aus Kunststoff haben einen Schwachpunkt: Aufgrund der Materialeigenschaften kann Kunststoff, anders als Metall, die Durchdringung durch elektrische oder magnetische Felder nicht abschwächen. Innenbeschichtungen aus verschiedenen Materialien können auf die Innenflächen eines Kunststoffgehäuses aufgetragen werden, um abhängig von den Anforderungen verschiedene Abschwächungsgrade zu erreichen. Es gibt ein großes Angebot an verschiedenen Materialien in unterschiedlichen Stärken, sodass sich die wirtschaftlichste und für die jeweilige Anwendung am besten passende Lösung finden lässt. Gehäuse bei denen ein elektrischer Durchgang zwischen Ober- und Unterteil sowie abnehmbaren Teilen besteht und eine Lackierung oder Eloxierung rein oberflächlich zu dekorativen Zwecken erfolgt, weisen meist EMV-Eigenschaften auf, die wahrscheinlich mehr als ausreichend für die meisten Anwendungen sind.
Wärmeableitung
Bei kleinen Systemen mit geringer Leistung ist die Wärmeableitung üblicherweise kein Thema. Erzeugen Systeme jedoch ausreichend überschüssige Wärme, kann dies zum Problem werden. Wie beim EMV-Verhalten weisen Gehäuse aus Metall und Kunststoff deutlich unterschiedliche Eigenschaften auf. Metallgehäuse bieten eine höhere Leitfähigkeit und haben infolgedessen auch bessere Konvektionskühlungseigenschaften. Tatsächlich werden einige extrudierte Gehäuse mit größerer Oberfläche konzipiert, um die Kühlleistung zu verbessern. Alle Gehäusearten können mit Lochmustern modifiziert werden, um die Konvektionskühlung bei Bedarf zu verbessern.
Modifizierung für spezielle Einsatzbereich ist das Thema der nächsten Seite
Um ein Standardgehäuse für eine spezielle Verwendung vorzubereiten, muss es modifiziert werden. Dabei stehen dem Käufer drei Optionen zur Wahl.
- Beschaffung von Standardprodukten entweder direkt beim Hersteller oder im Handel und anschließende Modifizierung intern nach Bedarf. Allerdings verfügen viele Elektronik-Erstausrüster nicht über die Anlagen, die Ausrüstung und die Fachkenntnisse oder haben kein Interesse an der Durchführung von Bearbeitungs- und Lackierungsvorgängen im eigenen Betrieb. Sofern interne Kapazitäten vorhanden sind, kann die Modifizierung des Gehäuses im Rahmen des gesamten Montageprozesses die beste Möglichkeit darstellen. In diesem Fall muss allerdings eine größere Anzahl an Standardeinheiten als tatsächlich benötigt beschafft werden, um Einrichtung und Ausschuss zu berücksichtigen.
- Einkauf von Standardprodukten und Auslagerung der für die Modifizierung notwendigen Prozesse an externe Auftragsnehmer. Dadurch entstehen weitere Kosten, zusätzlicher Zeitaufwand und eine aufwendigere Logistik im Zusammenhang mit der Organisation der Unterauftragsvergabe, häufig an mehrere Lieferanten, mit dem Potenzial weiterer Kostensteigerungen, da die einzelnen Prozesse zusätzliche Stückzahlen, als Ausgleich für erste Musterstücke und bei der Einrichtung entstehenden Ausschuss, erfordern.
- Die bei weitem beste Option ist die Bereitstellung eines modifizierten Gehäuses durch den Erstausrüster, das entsprechend den besonderen Anforderungen des Projekts konfiguriert wurde. Bei dieser Option müssen keine zusätzlichen Stückzahlen als Ausgleich für Einrichtungs- und Ausschussmengen kalkuliert werden. Hammond Electronics verfügt über ein etabliertes Netzwerk an Broadline-Katalog- und Fachhändlern im Inland sowie im europäischen Ausland. Dank der engen Zusammenarbeit zwischen Hammond und den Vertriebspartnern können ab Werk modifizierte Gehäuse vom Händler oder direkt von Hammond bezogen werden.
Gehäusehersteller sind für gewöhnlich in der Lage, Fräsbearbeitungen, Bohren, Stanzen, Gravieren, Siebdruck, Lackieren und das Auftragen von EMV-Beschichtungen für alle ihre Standardprodukte auszuführen. Hersteller von Formgehäusen aus Kunststoff können üblicherweise auch Gehäuse in individuellen Farben anbieten, um den jeweiligen Anforderungen an Kennzeichnung oder Corporate Branding zu entsprechen.
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