Herkömmliche AC/DC- und DC/DC-Wandler sind nicht für sicherheitskritische Einsätze in der Luft- und Raumfahrt ausgelegt. Hier müssen Entwickler auf umfangreich getestete Bausteine zurückgreifen, die auch auf SiC basieren können.

Herkömmliche AC/DC- und DC/DC-Wandler sind nicht für sicherheitskritische Einsätze in der Luft- und Raumfahrt ausgelegt. Hier müssen Entwickler auf umfangreich getestete Bausteine zurückgreifen, die auch auf SiC basieren können. (Bild: AdobeStock 94601011, JohanSwanepoel)

Herkömmliche Wechselrichter sowie DC/DC- und DC/AC-Wandler erweisen sich als unzureichend oder ineffizient für kritische und anspruchsvolle Anwendungen wie Satelliten der neuesten Generation, unbemannte Luftfahrzeuge oder Elektroflugzeuge. Um diese Herausforderungen zu meistern, bieten Leistungsmodule mit hoher Dichte eine effektive Lösung, die hohe Zuverlässigkeit und Leistungsdichte sowie Flexibilität kombiniert.

Die dritte Generation von Halbleitern mit breiter Bandlücke (Wide-Bandgap; WBG) gibt der gesamten Stromversorgungsbranche für die Luft-/Raumfahrt einen beispiellosen Auftrieb. Siliziumkarbid (SiC) sorgt hier für eine neue Ära, die sich durch effizientere, kleinere und leichtere Stromversorgungslösungen auszeichnet.

Diese Vorteile bietet SiC

Obwohl die Eigenschaften von SiC bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt sind, wird dieses WBG-Material erst seit relativ kurzer Zeit als Halbleiter verwendet. Im Vergleich zu herkömmlichen Leistungsbauelementen auf Silizium-/Si-Basis zeichnen sich SiC-MOSFETs durch ein elektrisches Feld mit hohem Durchbruch (3 bis 5 MV/cm, fast zehnmal höher als das von Silizium) und eine Bandlücke aus, die etwa dreimal höher ist als die von Silizium (3,26 eV gegenüber 1,11 eV). Darüber hinaus wird das Wärmemanagement durch die Wärmeleitfähigkeit von SiC verbessert, die fast dreimal höher ist als die von Silizium (4,9 W/(cm·K) gegenüber 1,5 W/(cm·K)). Zudem ist der spezifische Widerstand von SiC viel niedriger als der von Silizium (0,3 mΩ/cm2 gegenüber 400 mΩ/cm2 bei einer Durchbruchspannung von 1200 V bei Raumtemperatur). Der Durchlasswiderstand RDS(on) handelsüblicher SiC-Leistungsbauelemente kann bei gleicher Durchbruchspannung um das 300- bis 400-fache niedriger sein als der eines entsprechenden Bauelements auf Siliziumbasis.

Im Vergleich zu ihren Silizium-Pendants können SiC-MOSFETs bei höheren Schaltfrequenzen mit geringeren Leitungs- und Leistungsverlusten arbeiten, was kleinere passive Komponenten in Stromversorgungssystemen sowie kompaktere und leichtere Leistungselektroniklösungen ermöglicht. Dies wiederum hat den Ersatz der derzeitigen IGBT-Bauelemente durch SiC-MOSFETs in Hochleistungsanwendungen mit begrenzten Stückzahlen, wie z. B. in der Luft-/Raumfahrt, ermöglicht.

SiC in der Luft-/Raumfahrttechnik

Die Gate-Treiberschaltung für SiC-MOSFETs erfordert eine hohe positive Gate-Ansteuerspannung (etwa 20 V) und, je nach Anwendung, eine negative „Aus“-Gate-Spannung im Bereich von -2 bis -6 V (für dV/dt-Immunität und zum Erreichen der schnellsten Abschaltgeschwindigkeit). In Verbindung mit der geringen Ausgangskapazität und dem niedrigen RDS(on) macht dies SiC für Schaltdesigns wie Stromversorgungen, 3-Phasen-Wechselrichter, Verstärker und Spannungswandler (AC/DC und DC/DC) attraktiv. SiC-Bauelemente ermöglichen auch erhebliche Kosteneinsparungen und kleinere magnetische Komponenten (Transformatoren und Induktoren), die in vielen Stromversorgungsanwendungen in der Luft-/Raumfahrt verwendet werden.

In diesem Markt ist das Konzept des „More Electric Aircraft“ (MEA) sehr populär geworden. MEA zielt auf die Elektrifizierung von Hilfssystemen an Bord von Flugzeugen ab, die bisher mechanisch, hydraulisch oder pneumatisch angetrieben wurden. Der MEA-Ansatz bringt entscheidende Vorteile wie mehr Effizienz, geringere Kosten und höhere Zuverlässigkeit.

Daher werden neue Stromversorgungslösungen entwickelt, die den MEA-Anforderungen entsprechen, darunter vor allem AC- und DC-Systeme, die für ihren Betrieb Leistungselektronik-Wandler benötigen.

Mehrere der für ein MEA-Stromversorgungssystem erforderlichen Wandlerfunktionen werden von DC-/AC-Wandlern übernommen, z. B. das Starten von Motoren, die Steuerung von Pumpen und Generatoren, Flugsteuerungsaktuatoren und vieles mehr. Um diese Anforderungen zu erfüllen, sind DC-/AC-Wandler mit hoher Leistungsdichte und hoher Schaltfrequenz notwendig. Der Wirkungsgrad ist ebenfalls entscheidend, da sich über ihn die Größe als auch das Gewicht des Wandlers verringern und das Wärmemanagement vereinfachen lässt. Aufgrund ihrer geringeren Leitungs- und Schaltverluste bieten sich hier SiC-Leistungsbauelemente als Ersatz von IGBTs und MOSFETs auf Siliziumbasis an.

Auf dem Weg zu einer sauberen und nachhaltigen Luftfahrt

Die gesamte Luft-/Raumfahrtindustrie strebt Null-Emissionen an und entwickelt neue Techniken, die den Netto-Treibhausgasausstoß reduzieren und gleichzeitig den Einsatz nachhaltiger Ersatz-Kraftstoffe fördern sollen.

In Europa zielt das Clean Sky Consortium, eine Partnerschaft zwischen der Europäischen Kommission und der europäischen Luftfahrtindustrie, auf die Entwicklung umweltfreundlicherer Luftverkehrstechnik ab, mit der CO2-, NOx- und Lärmemissionen reduziert werden sollen. Eine ähnliche Initiative wurde von der International Air Transport Association (IATA) ergriffen, die im Oktober 2022 eine Resolution verabschiedete, mit der die globale Luftverkehrsbranche bis zum Jahr 2050 einen Netto-Null-Ausstoß an CO2-Emissionen erreichen soll.

Um diese hohen Anforderungen zu erfüllen, müssen pneumatische und hydraulische Steuersysteme schrittweise durch effiziente elektrische und elektronische Steuersysteme ersetzt werden. Ein höherer Wirkungsgrad ist dabei entscheidend für weniger Kraftstoffverbrauch, Gewicht und Größe.

SiC-Leistungsmodule

Microchip Technology hat kürzlich eine Reihe von AC/DC- und DC/DC-Leistungsmodulen mit niedriger Bauhöhe und geringem Gewicht vorgestellt, die durch den Einsatz von SiC einen höheren Wirkungsgrad bei der Leistungswandlung bieten. Die Serien BL1, BL2 und BL3, die eine Leistung von 100 W bis zu 20 kW abdecken, wurden zusammen mit dem European Clean Sky Consortium entwickelt, um die neuen Anforderungen an eine saubere Luftfahrtindustrie zu erfüllen. Dazu gehört auch die Einhaltung des Testverfahrens RTCA DO-160G („Environmental Conditions and Test Procedures for Airborne Equipment, Version G“). Ein DO-160G-konformes System kann dabei unter allen Flugbedingungen einen zuverlässigen und genauen Betrieb gewährleisten.

Die neuen Leistungsmodule (Bild 1) basieren auf einem modifizierten Substrat, das im Vergleich zu Standardlösungen mit Metall-Baseplates und Kühlkörper 40 Prozent weniger Gewicht und zehn Prozent geringere Kosten ermöglicht. Darüber hinaus kann das induktionsarme und flache Gehäuse direkt auf die Leiterplatte gelötet werden, was die Entwicklung beschleunigt und die Zuverlässigkeit erhöht.

Bild 1: Das Leistungsmodul BL3 mit niedriger Bauhöhe und geringem Gewicht
Bild 1: Das Leistungsmodul BL3 mit niedriger Bauhöhe und geringem Gewicht (Bild: Microchip)

Als erste für die Luft-/Raumfahrt qualifizierte Leistungsmodule mit niedriger Bauhöhe und geringem Gewicht umfasst die Serie drei Größen (BL1, BL2 und BL3). Die Standardkonfiguration deckt 1,2-kV-Voll-SiC-Topologien, mit oder ohne Freilaufdioden ab. Die Module sind als 75- und 145-A-SiC-MOSFETs, 50-A-IGBTs und 90-A-Gleichrichterdiodenausgänge erhältlich. IGBT-basierte und anwenderspezifische Lösungen, die Bauelemente mit Spannungen von 700 bis 1700 V enthalten, sind ebenfalls erhältlich. Je nach Version werden verschiedene Topologien unterstützt, wie z. B. Vollbrücke, asymmetrische Brücke, Phasenschieber, Dual Common Source, Buck und Boost.

Bild 2 zeigt die durch das BL1 unterstützte Phasenzweig-Topologie (1200 V, 79 A, RDS(on) typ. 25 mΩ). Der SiC-Leistungs-MOSFET zeichnet sich durch einen niedrigen RDS(on) und eine hohe Schaltfrequenz aus, während die SiC-Schottky-Diode null Sperrverzögerung (Reverse Recovery) und null Durchlassverzögerung (Forward Recovery) sowie ein temperaturunabhängiges Schaltverhalten bietet.

Bild 2: Phasenzweig-Topologie mit dem Leistungsmodul BL1
Bild 2: Phasenzweig-Topologie mit dem Leistungsmodul BL1 (Bild: Microchip)

Die in Bild 3 dargestellte Vollbrückentopologie wird von den Leistungsmodulen BL2 und BL3 unterstützt. Diese bieten eine Drain-Source-Spannung von 1,2 kV, einen kontinuierlichen Drain-Strom von bis zu 150 A bei Umgebungstemperatur (bis zu 300 A gepulster Drain-Strom) und einen Drain-Source-Einschaltwiderstand von nur 16 mΩ. Der SiC-MOSFET verfügt über eine Kelvin-Source für eine einfache Ansteuerung, und die SiC-Schottky-Dioden zeichnen sich durch Null-Reverse- und Forward-Recovery aus. Die maximale Leistung beträgt 560 W, während die maximale Gate-Source-Spannung -10 V („Aus“-Zustand) und 24 V („Ein“-Zustand) beträgt.

Bild 3: Vollbrückentopologie (2-Phasen-Zweig) in den BL2- und BL3-Modulen
Bild 3: Vollbrückentopologie (2-Phasen-Zweig) in den BL2- und BL3-Modulen (Bild: Microchip)

Qualifikationstests für kritische Anwendungen

Alle BL1-, BL2- und BL3-Leistungsmodule wurden von Microchip Qualifizierungstests unterzogen, um nachzuweisen, dass sie Luft-/Raumfahrtanwendungen mit dem erforderlichen Maß an Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Effizienz bedienen. Das Abnahmeverfahren, das auf den Bedingungen gemäß RTCA DO-160G basiert und den Umgebungsbedingungen in der zivilen Luftfahrt entspricht, umfasste parametrische Tests über den gesamten Spannungs-, Strom- und Temperaturbereich (-55, 25 und 125 °C), Teilentladungstests (10 pC max @ 1200 VAC), Hipot (3 kVAC) und Isolationswiderstandstests (>100 MR @ 500 VDC).

Die folgenden Tests wurden durchgeführt:

  • Hochtemperatur-Gate-Vorspannung/Bias. Dieser Test, der bei UGS = 20 V als auch bei UGS = -8 V durchgeführt wird, stellt sicher, dass die Leistungsfähigkeit des Bauelements nicht durch die Gate-Vorspannung bei hoher Temperatur beeinträchtigt wird. Bei einer Sperrschichttemperatur von 175 °C zeigen die Uth-Messungen vor und nach 1000 Stunden Hochtemperatur-Gate-Bias-Belastung vernachlässigbare Schwankungen.
  • Mit diesem Test wird die Widerstandsfähigkeit des Bauelements gegenüber sehr hohen und niedrigen Temperaturen bewertet. Die nach 1000 Zyklen durchgeführten Röntgen- und Rasterelektronenmikroskop-Analysen (Bild 4) zeigen keine Verschlechterung auf Lötstellen- oder Substratebene, die die Leistungsfähigkeit des Bauteils beeinträchtigen könnten.
Bild 4: Röntgen-Inspektion vor und nach 1000 Temperaturzyklen
Bild 4: Röntgen-Inspektion vor und nach 1000 Temperaturzyklen (Bild: Microchip)
  • Vibrationen und Stöße. Nachdem die Leistungsmodule auf einer Rüttelplatte befestigt wurden, werden sie in drei Achsen auf Vibrationen und Stöße getestet.
  • Chopper-Mode Bias (CMB). Mit diesem Test wird die Robustheit des Bauteils im Chopper-Betrieb bei hohen Temperaturen getestet. Die Testbedingungen waren: UGS = -5 V; Schaltfrequenz = 20 kHz; Tastverhältnis = 0,5; T = 150 °C; Prüfdauer = 1000 Stunden.
  • Diese Prüfung zielt darauf ab, den Isolationszustand des DUT (Prüflings) zu überprüfen und ist wichtig für SiC-Leistungsmodule, die mit hohen Spannungen und hohen dV/dt-Raten betrieben werden.
  • Thermische Simulationen und Messungen. Die thermische Simulation bestimmt den Wärmewiderstand und die thermische Impedanz des DUT, während die thermische Messung den in der Simulation berechneten Wärmewiderstand zwischen Sperrschicht und Kühlkörper bestätigt. Der zu prüfende Schalter, der zuvor mit einem modifizierten Gehäuse präpariert wurde (Bild 5), wurde eingeschaltet, und ein Konstantstromgenerator erzeugte einen Anstieg der Sperrschichttemperatur, um den thermischen Widerstand zu berechnen. Die Ergebnisse der Messung bestätigten die thermischen Simulationen.
Bild 5: Messaufbau für die Wärmemessung. Der zu prüfende Schalter wurde vor dem Test mit einem modifizierten Gehäuse präpariert.
Bild 5: Messaufbau für die Wärmemessung. Der zu prüfende Schalter wurde vor dem Test mit einem modifizierten Gehäuse präpariert. (Bild: Microchip)

Alle von Microchip durchgeführten Tests wurden bestanden, was die Zuverlässigkeit der Leistungsmodule mit niedriger Bauhöhe und geringem Gewicht beweist. Die Technik ist somit qualifiziert und geeignet, um immer anspruchsvollere Flugzeuganwendungen zu bedienen. (na)

Alain Calmels

Design Engineer bei Microchip Technology

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