Ein Blick in die Applikationsbreite elektronischer Baugruppen macht deutlich, welche entscheidende Bedeutung dem Schutz gegen alle möglichen Einflüsse zufällt. Kraftfahrzeuge sollen bei Temperaturen von +120 °C und -50 °C uneingeschränkt funktionieren. Und das nicht nur bei wechselnden Temperaturen, sondern auch bei Schmutz, feinstem Staub, Feuchtigkeit und oft auch Steinschlag auf Schotterpisten. In der Fein- und Feinstleitertechnik kommen mikrofeine Strukturen zum Zug, die aufgrund der Komplexität der gesamten Baugruppe ebensolche Bauteile nach sich ziehen. Und diese Entwicklung hält weiter an – kleiner, kompakter, noch feinere Strukturen, mehr Lagen zum Entflechten und dichter mit mikroskopisch kleinen Bauteilen bepackt für zunehmend mehr Funktionen.
Mit Smartrep und der SMT Maschinen- und Vertriebs GmbH (SMT-Wertheim) haben zwei Unternehmen im Rahmen ihrer gemeinsam veranstalteten Technologietage in Wertheim eine Kooperation beschlossen. Damit wollen beide Unternehmen den stetig wachsenden Forderungen der Marktteilnehmer nach intelligenten Oberflächenlösungen aus einer Hand nachkommen. Gemeinsam präsentierten Andreas Keller, einer der beiden Geschäftsführer von Smartrep, und Matthias Pfeiffer, Leiter Marketing und Vertrieb von SMT-Wertheim, ein überaus stimmiges Konzept. Dazu setzen beide auf gängige und bewährte Produkte bekannter Anbieter, deren Einzelmodule je nach Aufgabenstellung zu einer kompletten Anlage zusammengefügt werden.
Der Weg zur kompletten Systemlösung
Die im SMT-Technologiezentrum installierte flexible Beschichtungsanlage dient als Beispiel einer möglichen Anlagenkonstellation, die von beiden Unternehmen vertrieben wird. Beschichtet wird in der anschließenden Anlage von SCS Precisioncoat. Der Partner Smartrep, ein technisches Vertriebsunternehmen, bietet in seinem Produktprogramm nur Produkte führender Hersteller. Auf dieser Basis werden entsprechend kundenspezifischer Aufgabenstellung jeweils individuelle Linien erstellt. Auf der anderen Seite bringt SMT, Anlagenbauer für Thermische Systeme und Prozesslösungen von -50 °C bis +350 °C, seine bewährten Produkte ins Spiel. Nach Matthias Pfeiffer umfasst das System alle thermischen Prozesse einschließlich Reflowlöten, Vakuumlöten, sowie Anlagen für das Aushärten und Trocknen, Anlagen für das Conformal Coating, also das bauteiladäquate Beschichten und UV-Trocknen sowie applikationsgerechte Temperiersysteme für den Heiß- und Kältefunktionstest. Dazu gehören sichere Prozessführung und Energieeffizienz der praxiserprobten Technologien.
Technologie und Anwendung des Lackierens
Warum wird überhaupt schutzlackiert? Primär geht es darum, die Funktion der Baugruppe über lange Zeiträume zu gewährleisten. Ohne wirklich geeignete Beschichtung könnten Schadstoffe so mancher Baugruppe recht früh den Garaus machen. Natürlich eignet sich nicht jeder Lack zur Schutzlackierung. Worauf ist zu achten? Der Lack muss elektrisch isolieren und Kriechströmen keine Chance lassen. Sowohl Korrosion, etwa durch atmosphärische Feuchte und Tau, als auch die Minimierung von mechanischem Stress wie Vibrationen oder mechanischem Abrieb sind darunter zu verstehen. Nicht zu vergessen der Schutz vor Chemikalien und Explosionsgefährdung.
Mit dem eigentlichen Lackieren tritt ein weiterer Knackpunkt auf den Plan. Zur punktgenauen Placierung des Lackes ist das Maskieren und abschließend das Demaskieren ein wesentlicher Bestandteil des Gelingens. Ob per Sprühen, Tauchen, Dispensen oder schlichtweg Pinseln den Lack aufzutragen ist letztlich eine Frage der Philosophie und der damit zu erzielenden Genauigkeit. Doch je mehr manuell eingegriffen wird, desto höher das Risiko des Versagens. Mit fortschreitender Miniaturisierung kommen weitere Hindernisse ans Tageslicht. Allein variable Baugruppengeometrien sorgen für erheblichen Aufruhr. Sind zum Beispiel kleinere Bauteile im Schlagschatten größerer Bauteile platziert, dann müssen zum Lackieren ausgebuffte Profis ran. Aber auch Overspray, unterschiedliche Materialeigenschaften und ungeeignete Materialien bauen Hindernisse auf.
Schutzlacke für die Elektronik
Anschaulich präsentierte Stefan Schröder, Key Account Manager von Lackwerke Peters, das Thema Schutzlacke. Was zum Beispiel ein noch so kleiner Wassertropfen oder ein Hauch Feuchte auf einer Platine anrichten kann ist schon gewaltig. Die Folge: elektrochemische Korrosion. Wo aber kommen die Übeltäter her? Dafür gibt es eine Palette von Möglichkeiten – angefangen von der Leiterplatte über die Herstellung von Komponenten bis hin zur Bestückung reichen die Chancen, sich Unannehmlichkeiten einzuhandeln. Das macht deutlich warum Schutzlacke erforderlich sind. Da gibt es Allrounder, auch Lösemittelfreie, dann wieder Lacke, die schnell einsatzbereit sind neben denen mit hoher Temperaturbeständigkeit, UL-Freigabe und hoher Feuchtigkeitsbeständigkeit. Aber das ist noch nicht alles. Auch Lacke, die extrem beständig sind gegen chemische Einwirkungen oder rein physikalisch trocknende Lacke runden das Programm ab. Am Ende steht aber immer die eine Frage: „Welcher Lack passt“? Da sind viele Faktoren zu berücksichtigen.
UV-Technik in der Elektronikindustrie
Matthias Robisch, Senior Sales Manager UV Curing, stellte UV Prozesslösungen von Heraeus Materials Technology vor. Die UV-Effizienzen sind laut ihm über die gesamte Lebensdauer stabil.
Heraeus bietet zwei Technologien: mikrowellenbetriebene UV-Technologie und UV-LED-Systeme mit eigener COB-Fertigung. Die per Mikrowellen angeregte Technologie setzt auf Mitteldruckstrahler. Das Quecksilberplasma in den Strahlern wird via Mikrowellen bei 2,4 GHz angeregt. Dieses elektrodenlose Strahlersystem hat keine elektrische Verbindung mit dem Strahlerboden. Dafür sind die Mikrowellen zuständig. Bisherige Erfahrungen bescheinigen den Strahlern eine garantierte Lebensdauer von 6.000 bis zu 8.000 Betriebsstunden. Und zeigen zudem kein Alterungsverhalten, wie schwindende Strahlkraft oder ähnliches. Besonders erfreulich für die Anwender sind die damit verbundenen wenigen Serviceeinsätze aufgrund deutlich höherer Lebensdauer. Das gilt auch für die alternativen UV-LED-Systeme.
Das Reinigen elektronischer Baugruppen
Bert Schopmanns von der Kolb Cleaning Technology präsentierte seine „Waschmaschinen“. Kolb kombiniert Maschinenbau mit Reinigungschemie. Zur Weiterentwicklung seiner Technologie stützt sich das Unternehmen auf sein Technikum und Analytiklabor. Hier werden neue Entwicklungen und Ideen getestet und bewährte Technologien immer wieder in Frage gestellt. Drei Basistechnologien werden zur Reinigung genutzt. An Maschinentechnologie sind PS (PowerSpray) und AF (AirFlow) die Renner, als Reinigertechnologie setzt Kolb auf TS (TernarySequence). Es geht um SMD-Kleber, SMD-Lötpaste, Kondensat, Flussmittel, Fette, Staub und Öle. Reproduzierbare Qualität ist eine der Hauptforderungen neben flexiblen Einsatzmöglichkeiten und unkomplizierter Entsorgung der Reinigungsmedien. Der Endkontrolle dient ein Ionenkontaminometer, das alles mit 40-fachem Zoom sichtbar macht und eine Datenbank zur Verfügung stellt.
Saubere Sache
Der gemeinsame Technologietag von SMT und Smartrep zeigte deutlich, wohin die Reise beim Schutz von Komponenten und Baugruppen geht. Sowohl ganz neue Verfahren als auch Weiterentwicklungen bewährter Konzepte erlauben es, auch aktuellen Herausforderungen zu begegnen.
(mrc)