Im Zeitalter so genannter grüner Elektronik steht die Steigerung der Energieeffizienz im besonderen Fokus. Ganz schnell stehen da Produktionsanlagen auf dem Prüfstand, lassen sich doch durch die getroffenen Maßnahmen aktiv die Treibhausgas-Emissionen reduzieren und ganz nebenbei auch Kosten einsparen. Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit sind daher die zentralen Punkte, die bei der Beschaffung im Vordergrund stehen, mit dem Ziel, die Gesamtkosten pro produzierter Baugruppe zu minimieren. Aus genau diesem Grund hat Ersa in die Entwicklung neuer Reflowsysteme investiert, welche die Prozesssicherheit, den Durchsatz und die laufenden Betriebskosten in den Mittelpunkt stellen.
Die Entwicklung von SMD-Reflowlötanlagen begann bei Ersa 1987 mit der ersten Eigenentwicklung, der ERS 300. Bereits im Jahr 1993 wurde mit der ERS 460 N2 die erste stickstofffähige Lötanlage ausgeliefert. Die rasante Verbreitung der SMD-Technik in der Massenelektronik erforderte schon bald noch leistungsfähigere Anlagen. So entstand 1994 die Hotflow-Serie bestehend aus Vollkonvektions-Lötanlagen mit Düsentechnologie.
Die nächste Generation, die Hotflow-2-Serie, erlaubte es mittels des Pakets „Advanced Service & Performance“, Verschleißteile innerhalb weniger Minuten zu tauschen und so die Maschinenverfügbarkeit zu erhöhen. Der stetig voranschreitende Fortschritt im Elektronikmarkt und das wachsende Umweltbewusstsein bildeten schließlich die Grundlage für die Entwicklung der dritten Hotflow-Generation. Die Hotflow-3-Serie, die im Jahr 2008 vorgestellt wurde, brachte gesteigerte Energieeffizienz nebst verbesserter Wartungsfreundlichkeit. Die auf der Productronica 2013 präsentierte Serie Hotflow 4 senkt weiter den Energie- und Stickstoffverbrauch und bringt Funktionen wie das flexible Grip-Transport-System. Bei der Entwicklung standen Kundennutzen sowie Umweltverantwortung im Fokus. Beide profitieren beispielsweise von der Reduzierung des Energie- und Stickstoffverbrauchs. Einerseits werden knappe Ressourcen geschont, andererseits sinken die Betriebskosten für den Anwender.
Antriebstechnik als Schlüssel
Unter dem Aspekt der Effizienzsteigerung, untersuchte Ersa einzelne Punkte wie Antriebstechnik, Energieübertragung, Wärmeverluste und Kühlung. Die steigenden Anforderungen an den Durchsatz, auch bei komplexen Baugruppen, führen zwangsläufig zu einer Verlängerung der Prozesszone und dadurch einer steigenden Anzahl der Lüftermotoren. Somit erhöht sich auch der Anteil der Antriebsleistung im Verhältnis zum Gesamtenergieverbrauch.
Dieser Herausforderung begegnet Ersa bei der Hotflow 4 mit Gleichstrommotoren, die erstmals in einer Reflowanlage zum Einsatz kommen. Mit diesen Motoren lassen sich betriebspunktabhängig Energieeinsparungen von mehr als 50 Prozent erreichen. Überdies ermöglicht die neuartige Technik eine bessere Überwachung der Prozessparameter. Stand der Technik ist eine Drehzahlstellung der Lüftermotoren, wobei hier die Drehzahl in Abhängigkeit von der Last variieren kann. Dies ermöglicht nun eine aktive Drehzahlregelung, die einen stabilen Prozess sicherstellt. Da die Drehzahl eines jeden einzelnen Motors separat geregelt wird, kann das Temperaturprofil auf der Baugruppe präzise verändert werden. Nicht jedes Temperaturprofil und jeder Profilbereich erfordern eine gleich hohe Energieübertragung. Dadurch lässt sich innerhalb des Prozessfensters der niedrigste Energieverbrauch einstellen. Die kontinuierliche Rückmeldung über den Last,- und Betriebszustand ermöglicht eine bessere Betriebszustandsüberwachung, was sich in einer deutlich gesteigerten Prozesssicherheit widerspiegelt. Somit kann der Anwender rechtzeitig reagieren – etwa noch vor dem Auftreten eines verschleißbedingten Ausfalls. Darüber hinaus erzeugen die Motoren eine sehr geringe Blindleistung. Hierdurch können gerade bei größeren Unternehmen, die Kompensatoren beziehungsweise die Kosten für die Belastung der Stromnetze deutlich gesenkt werden.
Optimiertes Energiemanagement und Energieübertragung
Die bereits recht effiziente Energieübertragung ließ sich weiter optimieren. Eine spezielle Luftführung verringert die Luftumlenkungen in den Konvektionsmodulen und steigert dadurch den Gesamtwirkungsgrad. Mit diesen Maßnahmen erfüllt das Unternehmen bereits die ErP-Richtlinie 2009/125/EG. Die Betrachtung der Wärmeverluste muss hinsichtlich der Prozessanforderungen erfolgen. Eine pauschale Erhöhung des Wärmewiderstandes mittels höherer Isolationsmaßnahmen führt nicht zwangsläufig zu einem geringeren Heizenergiebedarf. Der Einfluss von Wärmebrücken, in der Regel immer aus Metall, gewinnt eine immer höhere Bedeutung, je besser die Isolation ist. Eine ausgefeilte konstruktive Lösung konnte bei der Hotflow 4 die Verbindung zwischen dem inneren und dem äußeren Tunnel um 60 Prozent verringern, obwohl die Wärmebrückenminimierung bereits bei der Hotflow 3 stark im Fokus stand und signifikante Verbesserungen gegenüber den Vorserien einbrachten. Auch die Wärmeleitung zwischen den einzelnen Modulen wurden weiter reduziert, was sich positiv auf die maximal mögliche Zonentrennungstemperatur auswirkt.
In einzelnen Bereichen der Hotflow 4 findet zudem eine Wärmerückgewinnung statt. Eine Kondensatreinigung im Bereich der Vorheizung ist in dieser Serie standardmäßig bei allen Maschinen integriert. Hier wird ein Teil der Prozessluft aus dem Tunnel entnommen, gereinigt und dem Prozess wieder zugeführt. Die Luftführung gehorcht dem Prinzip, dass die kühlere Luft die heißere umschließt. Das führt zu einer Verringerung des Wärmeverlusts nach außen sowie einem Temperaturausgleich zwischen den beiden Luftströmen. Im Standby-Betrieb schaltet die Maschine während des Leerlaufs automatisch in einen Modus niedrigeren Energie- und Stickstoffverbrauchs. Nach Beendigung des Standby-Betriebes kehrt die Anlage innerhalb von 3 min wieder in den Zustand der Betriebsbereitschaft zurück.
Separierte Kühlung
Neben der Heizenergie gewinnt die Kühlung immer mehr an Bedeutung. Hier werden niedrigere Austrittstemperaturen von Baugruppen für nachstehende Prozesse wie AOI oder Funktionstest gefordert. Bei immer weiter miniaturisierten Baugruppen spielt die Längenausdehnung durch Temperatureinfluss eine nicht zu unterschätzende Rolle. Angesichts des steigenden Automatisierungsgrades und allen damit verbundenen nachfolgenden Prozessen steigt die Forderung nach höherer Kühlleistung.
Die einfachste Lösung wäre die Bereitstellung der Kühlleistung über größere Kühlaggregate, Ersa verfolgte jedoch einen anderen Lösungsansatz. Der Kühlleistungsbedarf wurde genau analysiert mit der Erkenntnis, dass nicht in jedem Bereich die gleiche Art der Kühlung ein energetisches Optimum bedeutet. Diese Tatsache führte zur Aufteilung der Kühlleistung in drei Volumenströme, wodurch es möglich wurde, ein Kühlaggregat mit geringerer elektrischer Leistung einzusetzen. Dabei wird ein Teil der Abwärme direkt der Abluft zugeführt, so dass ein weiterer positiver Effekt in der Klimatisierung der Produktionsumgebung zum Tragen kommt. Umgebungsluft kühlt die Baugruppe im unteren Temperaturbereich zusätzlich. Gegenüber der bisherigen Lösung mit 5 kW elektrischer Leistung steht die gleiche Kühlleistung nun mit 2 kW zur Verfügung.
Stabile Schutzgasatmosphäre
Bei der Betrachtung der Energieeffizienz einer Lötanlage beeinflusst nicht nur die Energieverteilung im klassischen Sinne den Lötprozess, sondern auch das Löten unter der inerten Atmosphäre. Der Betrieb mit Stickstoffatmosphäre wird meistens dann verwendet, wenn bestmögliche Voraussetzungen für die Benetzung geschaffen werden sollen. Ein Lötprozess in einer inerten Atmosphäre benötigt eine niedrige Sauerstoffkonzentration im ppm-Bereich. Bereits geringe äußere Einflüsse können erhebliche Auswirkungen auf die Prozessstabilität ausüben. Eine Stabilisierung des Lötprozesses bedeutet deshalb eine reproduzierbar hohe Lötqualität. Des Weiteren bedeutet eine Reduzierung des Stickstoffverbrauchs auch eine Energieersparnis, denn das aufwendig erzeugte Medium muss bereitstehen und auf Betriebstemperatur erwärmt werden.
In der Praxis arbeiten Lötanlagen in unterschiedlichen Betriebszuständen, die alle einen Einfluss auf die Inertatmosphäre haben. In der Regel erfolgt eine Optimierung auf lediglich einen Betriebspunkt. Dieser kann folglich nicht alle Betriebszustände optimal abdecken. In der Praxis ist deshalb ein Kompromiss gefragt, um alle Betriebszustände zuzulassen. Dies kann zu einem unnötig erhöhten Stickstoffverbrauch führen. Die Hotflow 4 verfügt über eine Stickstoffregelung, die den Stickstoffverbrauch im Lötbetrieb um bis zu 20 Prozent senkt. Neben den bisher eingesetzten Mengenregelungen wurden bei der neuartigen intelligenten Stickstoffregelung zusätzliche Messstellen realisiert, die den optimalen Betriebspunkt selbständig identifizieren und diesen aktiv einstellen. Durch ein frühzeitiges Erkennen der Betriebszustandsänderung und einer aktiven Gegensteuerung, steigt die Prozessstabilität deutlich an. Dies führt zu reproduzierbaren Ergebnissen. Die Verbrauchsreduktion des kostspieligen Mediums Stickstoff führt damit ebenso zu einer Steigerung der Energieeffizienz dieser Lötanlagen.
Neben den aufgeführten Punkten standen nicht zuletzt die Wartungsintervalle und die Wartungsfreundlichkeit im Fokus der Entwicklung. Dazu gehört auch das Kondensat-Management, das optimiert wurde. Diesem Zweck dienen zum Teil geänderte Luftführung und Umwälzraten, aber auch eine erstmals standardmäßige Reinigung der Vorheizzonen. Die Prozesskammer bleibt länger sauber, so dass sich die Wartungszyklen deutlich verlängern lassen. Die Wartung muss auch nicht zwangsläufig nach einem festen Zeitintervall stattfinden. Das System überwacht den Verschmutzungsgrad der Reinigungsanlage kontinuierlich und meldet die Sättigung der Kondensatfalle. Die resultierende bedarfsabhängige Wartung führt zu einer beachtlichen Steigerung der Verfügbarkeit der Anlage.
Weiterhin wurde während der Konstruktion auf eine gute Zugänglichkeit und eine schnelle und einfache Austauschbarkeit der Komponenten geachtet. So ließ sich etwa die Wartungszeit um bis zu 30 Prozent senken. Bei der Hotflow 4 kommt optional der Residue-Terminator „RT“ zum Einsatz. Hier werden Rückstände die sich in der Prozessatmosphäre befinden, zersetzt und in unbedenkliche Stoffe umgewandelt. Die dabei entstehende Wärmeenergie wird in die Zonen eingespeist, die prozessbedingt eine hohe thermische Leistung benötigen. Diese Technologie ist komplett in den Tunnel integriert. Der Gesamtenergieaufwand einer Lötanlage mit und ohne RT unterscheidet sich kaum. Das System ist wartungsfrei, da die kurzen Wege innerhalb der Prozesskammer zu keinem Kondensatausfall in den Leitungen führen. Durch diese Option steigt die Maschinenverfügbarkeit weiter an.
Grip für schonenden Baugruppentransport
Die rasante Entwicklung auf dem Elektronikmarkt führt zu immer kleineren, dünneren sowie flexiblen Leiterplatten. Dieser Trend zeigt bereits jetzt die zukünftigen Anforderungen des Marktes. Heute sind aufwendige Rahmen oder teure Basisträger erforderlich, um flexible Leiterplatten zu transportieren. Mit dem Grip-Transport gibt es nun eine sichere und unkomplizierte Möglichkeit des Leiterplattentransports im Reflowofen, ohne dass zusätzliche Hilfsmittel oder eine spezielle Präparierung der Leiterplatten erforderlich wären. Der Grip-Transport ermöglicht darüber hinaus den Transport von Leiterplatten mit unterschiedlicher Dicke im Mix, direkt hintereinander. Die flexiblen Grip-Elemente der Transportkette erlauben einen Leiterplattenmix von 0,1 bis 6 mm Stärke, ohne jegliche Justierungen oder Einstellarbeiten.
In der heutigen Praxis kommen als Unterstützung der flexiblen Leiterplatten häufig Aluminiumträger zum Einsatz. Diese haben nicht selten eine sehr aufwendige Geometrie und im Vergleich zur Leiterplatte eine wesentlich höhere Wärmekapazität. Dies führt zu einem unnötigen Energieverbrauch zum Aufheizen und Abkühlen des Aluminiumträgers und beeinflusst somit negativ die Energieeffizienz der Lötanlage. Die erforderliche zyklische Reinigung der Träger kann ebenso entfallen. Bei einer näheren Betrachtung der gesamten Fertigungssequenz eines Produktes ist an dieser Stelle bereits eine signifikante Verringerung des Primärenergiebedarfes erreicht. Auch Mehrspurtransportsysteme mit 2/3-Spuren, jeweils mit, oder ohne Mittenunterstützung, sind mit individueller Geschwindigkeitsregelung je Transportspur in der Hotflow 4 verfügbar.
Clevere Software für verbesserte Traceability
Die aktuelle Maschinensoftware bietet ein neues Prozesssteuerungsprogramm, einen Prozessdatenrekorder sowie einen Auto-Profiler für ein schnelles Offline-Profiling. Dieses Softwarepaket erlaubt eine einfache Bedienung der Maschine, lückenlose Prozessüberwachung und -Visualisierung, Senkung der Zeiten für die Konfiguration von Parametern, vollständige Prozess- und Produktdatenverwaltung sowie Dokumentation und Archivierung aller Prozess- und maschinenrelevanten Daten zur Nachverfolgbarkeit.
Eine Schnittstelle zur Einbindung in ein Traceability-System ist ebenso verfügbar, wie die Möglichkeit der Anbindung an marktübliche MES (Manufacturing Excecutive System). Weitere Möglichkeiten der Software sind unter anderem, eine komplette Datensicherung per Mausklick, Online-Hilfe, genaue Energieverbrauchsmessung (inklusive Schein- und Blindarbeit) oder Auftragsverwaltung. Die Besonderheit dieser Steuerungstechnologie besteht darin, dass viele Sensoren und Aktoren vernetzt sind. Dadurch lassen sich sehr viele Betriebsparameter beispielsweise von einem Antriebsmotor abrufen, die, wenn sie richtig ausgewertet werden, einen Rückschluss auf die Lebensdauer des Motors zulassen. Die Anlagensteuerung ist netzwerkfähig und in der Lage, in bestimmten Situationen selbstständig Nachrichten in Form von E-Mails oder SMS zu versenden. Damit sind die Grundvoraussetzungen zur Implementierung dieser Reflowsysteme gemäß Konzepten der Industrie 4.0 gegeben.
Sparsame Serie
Energieeffizienz und Ressourcenschonung stehen bei der Hotflow-4-Serie im Mittelpunkt: Das Flaggschiff Hotflow 4/26 wartet mit 26 Zonen und mehr als 7 m Prozesslänge auf. Mit ihr lassen sich bis zu 25 Prozent Gesamtenergieersparnis und den Stickstoffverbrauch um bis zu 20 Prozent realisieren. Die aktuell kleinste Hotflow 4/08 verfügt über acht Zonen und 3,26 m Prozesslänge.
(mrc)