Schnell zu Ultra Low Power-Applikationen
Mithilfe des Oryx Boards, das Arrow Electronics zusammen mit Sharp, NXP, Analog Devices und Linear Technology entwickelt hat, lassen sich zahlreiche tragbare Geräte wie Test- und Messgeräte in der Medizin oder im Industriebereich, Sport- und Fitnesscomputer, mobile POS-Eingabeterminals, Spielzeug oder Fernbedienungen als Ultra Low Power-Applikationen realisieren. Die geringe Stromaufnahme des Referenz-Designs von maximal 14 mA im vollen Betrieb und nur 2,27 µA im Stand-by-Modus sorgt abhängig vom Nutzungsgrad für extrem lange Batteriewechsel – beziehungsweise Ladezyklen, so dass die Anwendung über sehr lange Zeit betriebsbereit bleibt. Durch die geringe Leistungsaufnahme im Stand-by-Modus lässt sich eine auf dem Oryx Board basierende Anwendung mithilfe von Solarzellen theoretisch als energieautarkes System aufbauen und so eine kontinuierliche Bereitschaft gewährleisten – ganz ohne Batteriewechsel oder externe Ladegeräte.
Bei aller Unterschiedlichkeit, die meisten portablen Geräte besitzen ähnliche Grundfunktionen: ein Display als Anzeigemodul, Sensoren zur Aufnahme von Messdaten, CPU, RTC, Speicher und Eingabeinterface häufig als Toucheingabe. Auch die Erwartung der Nutzer ist in einem Punkt immer dieselbe: eine möglichst lange Nutzungsdauer zwischen den unvermeidbaren Batterieaustausch- oder Ladezyklen. Um mobile Geräte aller Art Strom-sparend konzipieren zu können, hat Arrow Electronics mit dem Oryx Board ein Ultra Low Power-Referenz-Design entwickelt (Bild 1), was alle notwendigen Funktionalitäten umfasst und dabei maximal 42 mW Leistung aufnimmt.
High Tech für Low Power
Die geringe Leistungsaufnahme des Oryx Boards resultiert aus dem Zusammenspiel der auf Effizienz getrimmten Low Power-Komponenten. Dazu gehören das Sharp Memory LCD LS013B4DN04, die Low Power CPU LPC11U14 MCU von NXP, der Linear Technology Shunt Charger Typ LTC4071 sowie eine Reihe von Sensoren, so z. B. der Beschleunigungssensor ADXL345 von Analog Devices (Bild 2).
Einen entscheidenden Beitrag zur Energieeffizienz des Boards leistet das hier eingesetzte Memory-LCD von Sharp. Während Displays normalerweise die Hauptstromverbraucher in einer Applikation sind, trägt das 1,35 Zoll große LCD vom Typ LS013B4DN04 mit 4 µA nur einen Bruchteil zur Gesamtleistungsaufnahme des Oryx Boards bei. Grund dafür sind die 1-bit-Speichereinheiten in jedem Pixel, die die Bildinformationen speichern. Daher muss die Bildinformation nur in den Pixeln neu geschrieben werden, bei denen der Inhalt sich im Vergleich zum vorherigen Bildframe geändert hat. Als reflektive Displays benötigen Memory-LCDs auch keine Hintergrundbeleuchtung. Zusammen hat dies den Effekt, dass Memory-LCDs im Vergleich zu herkömmlichen Displays gleicher Größe nur 0,8 Prozent des Stroms benötigen. Denn bei transmissiven LC-Displays müssen Mikrocontroller den kompletten Bildschirminhalt von Frame zu Frame mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 60 Hz neu schreiben, obwohl der Großteil des Bild-inhalts derselbe bleibt. Zudem beansprucht das Backlight einen guten Teil der Leistungsaufnahme (Bild 3).
Auch andere Peripherieelemente wie Real Time Clock (RTC), Sensoren und Speicher sind auf Energieeffizienz getrimmt. Als wahrer Stromsparkünstler begnügt sich die NXP RCT vom Typ PCF8523 mit maximal 200 µA im Betriebsmodus und nur 150 nA im Stand-by. Zudem zeichnet sich die RTC durch eine sehr große Genauigkeit aus.
Für den Kontakt zur Außenwelt ist das Oryx Board mit einer Reihe von Sensoren ausgestattet. Von Analog Devices stammt der 3-Achsen-Beschleunigungssensor ADXL345. NXP liefert hingegen den Temperatursensor LM75BDP und acht Multi-Channel Touch-Sensoren vom Typ PCF8885, die als Bedienelemente fungieren. Die Sensoren brauchen im Betriebsmodus nur zwischen 10 µA und 100 µA. Im Schlafzustand liegt der Strombedarf in der Größenordnung von 100 nA bis 200 nA.
Als Datenspeicher dient ein 4 Mbit SPI Flash Memory. Seine Stromaufnahme im Stand-by liegt bei 20 µA. Ist das Oryx Board insgesamt im Ruhezustand, fällt der Flash-Speicher in den Deep Power Down mit1,5 µA.
Das Herzstück des Oryx Boards, der NXP Low Power-Prozessor vom Typ LPC11U14 MCU, gehört in Leistungsklasse der 50 MHz CPUs ebenso zu den Strom-sparendsten am Markt. Ausgestattet mit einem ARM Cortex M0-Kernel, 32 kB Flash Memory, 6 kB SRAM und Boot ROM hat diese CPU selbst bei maximaler Taktung eine Stromaufnahme von lediglich 8 mA. Bild 4 zeigt das Blockdiagramm des LPC11U14.
Intelligentes Power-Management reduziert Gesamtverbrauch
Für Ultra Low Power-Applikationen ist ein intelligentes Power-Management genauso entscheidend wie die physikalische Energieeffizienz der Komponenten. NXP hat daher den LPC11U14 MCU mit verschiedenen Leistungs- bzw. Schlafmodi ausgestattet. Wird nicht die volle Prozessorleistung benötigt, senkt sich die Taktfrequenz auf 12 MHz ab, was die Stromaufnahme auf 2 mA reduziert. Darüber hinaus verfügt die CPU über drei Schlafmodi. Der Deep Sleep-Modus wird immer sofort aktiviert, wenn sich der Prozessor im Leerlauf befindet, was bereits im normalen Betrieb die Stromaufnahme zwischen den einzelnen Prozessorschritten auf 360 µA verringert. Befindet sich das System insgesamt im Ruhezustand, schaltet der LPC11U14 MCU zunächst in den Power Down-Modus mit nur noch 2 µA Stromaufnahme und schließlich in den Deep Power Down-Modus, der den Strombedarf bis auf 220 nA absenkt.
Für die einfache Handhabung der diversen Modi und optimale Betriebseinstellungen hat der Mikrocontroller vordefinierte und von NXP optimierte Leistungsprofile. Diese werden über einfache Funktionen aufgerufen und konfiguriert. Die Registereinstellungen und nötigen Softwareschritte der vier Leistungsprofile sind in einem separaten ROM-Speicher hinterlegt. Zusätzlich erlauben die Power-Profile eine optimale Einstellung der internen PLL für einen vorgegebenen Systemtakt und PLL-Eingangsfrequenz.
Insgesamt lässt sich die Leistungsaufnahme des Oryx Boards je nach erforderlicher Prozessorleistung und benötigten Peripherieeinheiten stufenweise reduzieren. Im Normalbetrieb sorgt bereits die Absenkung der Taktfrequenz der CPU für eine Verringerung der Stromaufnahme auf etwa 2,4 mA. Der Power Down Mode senkt die Stromaufnahme des Referenzdesigns in kurzen Ruhephasen des Prozessors auf einen Level von nur noch 6,57 µA, und das bei eingeschaltetem Display, was die durchschnittliche Stromaufnahme beim Betrieb je nach Anwendung noch einmal erheblich verringert. Im Stand-by schließlich, wenn das Display abgeschaltet ist und die Prozessoraktivität bis auf wenige Grundfunktionen eingeschränkt ist, braucht das Board nur noch 2,27 µA.
Auftanken mit Sonnenstrom im Stand-by
In diesem Zustand lässt sich das Referenzdesign theoretisch auch durch Solarzellen unter künstlichem Licht wieder aufladen, denn bereits im Power Down Mode braucht das Oryx Board weniger Strom als leistungsstarke Minisolarpanels produzieren. Beispielsweise liefern Sharp‘s Photovoltaikzellen vom Typ LR0GC11 bei Sonnenlicht bis zu 390 mW Leistung und selbst bei Innenraumlicht noch gut 1 mW. Ausreichend, um im Power Down Mode die Lithiumionenzelle zu laden. Den Ladevorgang kontrolliert ein Shunt Charger von Linear Technologies vom Typ LTC4071, der für die Steuerung sehr niedriger Ströme optimiert ist und zudem ein Auge darauf hat, dass die Lithiumionenzelle nicht durch Tiefentladung zerstört wird.
Oryx Board als Basis energieeffizienter Applikationen
Dank der geringen Leistungsaufnahme in allen Betriebs- und Schlaf-Modi sowie des stufenweisen Powermanagements des Oryx Bords lassen sich vor allem Anwendungen mit längeren Ruhephasen gezielt auf Energieeffizienz trimmen.
Bei einem Datenlogger beispielsweise, der jede Sekunde einen Temperaturwert und einen analogen Messwert aufnimmt, benötigt nur die Datenerfassung die volle Prozessorleistung. Dadurch steigt die Stromaufnahme für 20 ms. auf 14 mA. Die restlichen 980 ms befindet sich das System im Power Down Mode und nimmt dabei nur 6.57 µA auf. Damit ergibt sich ein durchschnittlicher Verbrauch von 286 µA, d.h. mit der 45-mAh-Lithiumionenbatterie des Typs LIR2032 könnte ein Datenlogger auf Basis des Oryx Borads rund 6,5 Tage ununterbrochen arbeiten. Verlängert man die Messfrequenz auf eine Minute, sinkt die Stromaufnahme auf 11,2 µA im Schnitt, so dass der Datenlogger dann sogar 167 Tage mit einer Batterieladung auskommt (Bild 5).
Auch Fernsteuerungen für TV-Geräte, Hifi-Anlagen oder Set-top-Boxen sind Geräte, die lange Zeit ungenutzt liegenbleiben. Zudem sind es noch immer vergleichsweise simple Anwendungen. Mithilfe des Oryx Boards könnten ihnen neue interaktive Funktionen eingehaucht werden – z. B. einer elektronischen Programmzeitschrift zur Programmierung von Sendern, die sich über das Memory-LCD anzeigen lässt – ohne dabei Batteriewechselintervalle zu verkürzen. Denn über den integrierten Beschleunigungssensor würde die Fernsteuerung erst dann aktiviert, sobald das Gerät in die Hand genommen wird. Die langen, inaktiven Phasen ließen sich dafür nutzen, das Gerät mithilfe kleiner Solarzellen aufzuladen. Auf Basis des Referenzdesign könnten Fernsteuerungen als Energie autarkes System aufgesetzt werden, so dass die Nutzungsbereitschaft jederzeit gegeben ist.
Patrick Delmer und Sven Johannsen
(sb)