Robert Przybysz_AdobeStock_112117434.jpg

Robert Przybysz_AdobeStock_112117434.jpg

Leiterplatten sorgen für die Funktion von Handys, Computern, Autos und Flugzeugen. Auch in der Medizintechnik, beispielsweise bei Hörgeräten, ermöglichen die winzigen Bauteile die hohe Funktionalität der Technik auf kleinstem Raum.

Die Schweizer GS Swiss PCB produziert Leiterplatten für Medizintechnik und Elektronik, die aus hauchdünnen Basismaterialien von nur 12 μm hergestellt werden. Um die Feinststrukturen in Zukunft noch kleiner und genauer zu produzieren, hat das High Tech Unternehmen in drei Clean Cell4.0 Reinräume von Schilling Engineering investiert.

Drei neue Reinräume für kontrollierte Prozesse

Edgar Camenzind ist stellvertretender Produktionsleiter und erklärt die Bedeutung, die die Reinraumtechnik für die Qualität der Fertigung einnimmt: „Die kritischen Prozesse bei der Herstellung unserer hochintegrierten Leiterplatten finden in Reinräumen statt. Jedes Staubkorn ist unser Gegner und führt zu Ausschuss in der Produktion. Wir müssen völlig kontrolliert und ohne jegliche Verschmutzung produzieren. Das geht nur mit Reinraumtechnik. In Zukunft wollen wir unsere Feinststrukturen noch einmal verbessern und haben deswegen gleich drei neue Reinräume für unterschiedliche Prozessschritte aufgebaut.“ Eine große Herausforderung waren dabei die engen räumlichen Verhältnisse, die genau angepasste Lösungen erforderten. Um einen Produktionsausfall so gering wie möglich zu halten, wurde zudem ein Teil der Installation der Reinraumanlagen durchgeführt, ohne die bestehenden Produktionslinien abzubauen.

Flexible Leiterplatte
Flexible Leiterplatte für den Einsatz in Hörgeräten (Bild: Schilling Engineering)

Sputtern auf engem Raum

Die Entwicklungsschritte in der Leiterplattenproduktion sind sehr spezialisiert und in verschiedene Bereiche aufgeteilt. Ganz neu bei GS Swiss PCB ist die eigene Sputteranlage, in der die Trägerfolie aufgekupfert wird. Die Folie dient als Grundmaterial aller weiteren Verarbeitungsschritte. Für den Sputter-Prozess wurde ein 40 m² großes Reinraumsystem der ISO-Reinraumklassen 5 und 6 installiert. Über eine 1,50 breite Materialschleuse, mit einer Doppelschwenktüre für Hubwagen, werden die Materialien in den Reinraum eingebracht. Wichtig war dem Schweizer Unternehmen, dass die Reinraumwände, Türen und Durchreichen vollverglast sind, um eine uneingeschränkte Sicht von außen in den Arbeitsraum zu ermöglichen. Eine besondere Planung erforderten die äußerst engen Platzverhältnisse für das Deckenplenum des Reinraums. Filterunits und Lüftungsführung wurden von den Ingenieuren von Schilling Engineering genau zwischen den bauseitigen Verrohrungen angeordnet, damit der enge Raum bestmöglich genutzt werden konnte.

Vollverglaster ISO5-Reinraum
Vollverglaster ISO5-Reinraum Clean Cell4.0 für die neue Sputteranlage (Bild: Schilling Engineering)

Herstellung von Multilayern während des Reinraumaufbaus

In einem weiteren Prozessschritt entstehen mehrlagige starre, starrflexible und flexible Leiterplatten. Die hauchdünnen Trägerfolien werden in mehreren Schichten verbunden und gepresst. Der dafür neu installierte 130 m² Reinraum erfüllt die Bedingungen der ISO-Reinraumklassen 7 und 8.

Die Herstellung der Multilayer wurde während des Reinraumaufbaus nicht ausgesetzt, sondern auf nachts verschoben, um starke Produktionsausfälle zu vermeiden. Die Installation des Reinraumsystems wurde durchgeführt, ohne dass die vorhandenen Maschinen, Förderbänder und Anschlüsse der Produktionslinie aus dem Raum entfernt wurden. Die Reinraumwände wurden vor die Wände und Fenster des Bestandsbaus gesetzt.

Edgar Camenzind erinnert sich an die Baumaßnahmen: „Der Aufbau der Reinräume war schon eine Challenge. Für uns und auch für das Team von Schilling Engineering. Wir haben während des Umbaus voll produziert. Bei der Herstellung der Multilayer und im abschließenden fotosensitiven Prozess wurden die Reinraumanlagen sozusagen um die Fertigungslinie herum aufgebaut. Das hat schon sehr viel Flexibilität und Organisation von uns allen verlangt“

Multilayer-Produktion
Blick durch die Materialschleuse in die Multilayer-Produktion (Bild Schilling Engineering)

Gelblicht für fotosensitive Produktion

In einem letzten Prozessschritt wird Lack auf die Leiterplatten und Multilayer aufgetragen. Auch hier darf die Produktion aufgrund der geringen Toleranzen in der mikrometergenauen Verarbeitung nicht durch Partikel verunreinigt werden. Weitere 95 m² Reinraum sorgen für die Sicherheit in der abschließenden Verarbeitung. Unter Bedingungen der ISO-Klasse 5 werden die Materialien bedruckt, belichtet, entwickelt und verpackt. Einzelne Bereiche werden mit Reinraumvorhängen voneinander getrennt. 25 Hochleistungsfilter, die direkt über den Prozessen installiert wurden und eine hohe Luftwechselrate von > 95/h gewährleisten die kontaminationsfreie Produktion der Feinststrukturen.

Da während der Lackierung kein UV-Licht an die empfindlichen Materialien gelangen darf, wurde eine spezielle Gelblicht-Beleuchtung installiert und die Fenster und Glastüren des Reinraums mit Gelbfolie beschichtet. Eine weitere Besonderheit sind Wandmodule aus Edelstahl, die die erhöhten Reinigungsanforderungen der fotosensitiven Produktion erleichtern.

Reinraum mit Gelblicht
Reinraum mit Gelblicht für die den finalen fotosensitiven Prozess (Bild: Schilling Engineering)

Gute Abstimmung und kurze Wege

Nach einigen Monaten Planung und Aufbau in verschiedenen Abschnitten sind alle drei Reinräume von GS Swiss PCB in Betrieb genommen worden. Es wurden 277 m² Deckenmodule mit LED Lichtbändern und 58 Filter-Fan-Units verbaut. Die modulare Bauweise des Reinraumsystems CleanCell4.0 sieht eine Erweiterung der Reinraumanlagen vor. Die Reinräume wurden mit dem intelligenten Steuerungs- und Kontrollsystem CRControl inklusive Monitoring ausgestattet. Auch die reinraumgerechte Einrichtung der Personalschleusen und die abschließende Qualifizierung wurden von Schilling Engineering übernommen. Edgar Camenzind ist froh, dass er sich jetzt wieder ganz auf die anspruchsvolle Herstellung der Multilayer konzentrieren kann: „Das Reinraumprojekt ist wirklich sehr gut gelaufen. Eigentlich waren es ja mehrere Projekte mit unterschiedlichen Anforderungen. Eine gute Abstimmung mit der Reinraumfirma war immens wichtig. Wir hatten immer direkten Zugang zu Ute Schilling, die das Gesamtprojekt koordiniert hat. Kurze Wege, immer ansprechbar, ein klarer Vorteil.“ Der stellv. Produktionsleiter freut sich über den reibungslosen Ablauf der Reinräume und vor allem darüber, dass die sichere Produktion der kundenspezifischen Leiterplatten für die Funktionalität moderner Hörgeräte und damit für mehr Lebensqualität sorgt.

Die Autorin

Iris Dörffeldt, Produktmanagement Marketing, Schilling Engineering, Wutöschingen

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Schilling Engineering GmbH

Industriestraße 26
79793 Wutöschingen
Germany