Als Michel Haupthoff im Juli 2010 „Die Lötprofis“ als kleines Schulungsunternehmen gründete, hatte er ein klares Ziel vor Augen: ein innovatives Konzept für eine praxisnahe Ausbildung in der Elektronikfertigung zu entwickeln und umzusetzen: „Meistens stellen die Firmen fest, dass ihre Mitarbeiter noch nie oder nicht ausreichend geschult wurden. Einige der vorhandenen Kenntnisse kommen vom Hörensagen“, ist seine Erfahrung. Der zertifizierte Master-IPC-Trainer weist eine langjähre Erfahrung rund um die Löttechnik auf: Er absolvierte nicht nur eine fundierte elektrotechnische Ausbildung und eine Zusatzausbildung im Bereich Qualitätsmanagement, sondern verfügt über eine mehr als 25-jährige Berufserfahrung auf praktischen und anwendungsorientierten Arbeitsgebieten. Neben Stationen bei Lengrad und dem Zentrum für Aufbau- und Verbindungstechnik (ZAVT), war er auch bei Stannol.
„Eine bessere Ausbildung vom Fertigungspersonal – von der Praxis für die Praxis“, beschreibt Haupthoff das Schulungsziel, das auf die Belange der jeweiligen Produktionsstätten eingehen will, ohne diesen vorzuschreiben, was zu tun sei. „Mit unserem Konzept adressieren wir gezielt die größte Schwäche der klassischen Ausbildung: Wir setzen sehr auf Praxisnähe und bilden mit Blick auf die gültigen Prozesse und Qualitätskriterien in der Elektronikfertigung aus – an Arbeitsplätzen mit modernen Systemen und Anlagen und mit aktiver Einbindung unserer ‚realen‘ Fertigungsbedingungen. Jedes Arbeitsergebnis in der Ausbildung wird bei uns nach den gleichen Kriterien wie in der eigenen Fertigung bewertet – damit vermitteln wir den Schulungsteilnehmern den großen Zeit- und Qualitätsdruck in der modernen Elektronikfertigung“, erläutert Michael Haupthoff einige Kernpunkte des von ihm entwickelten Ausbildungskonzeptes.
Die Schulungen schließen mit einem Abschlusstest ab, der sich aus einer theoretischen und praktischen Prüfung zusammensetzt. Während im Theorieteil knapp 100 Fragen aus der Elektronik zu beantworten sind, müssen die „Schüler“ im Praxisteil eine Trainingsleiterplatte löten, die anschließend einer strengen Bewertung unterzogen wird. Der Umstand, dass bislang noch niemand der mehr als 150 daran teilgenommenen Prüflinge durchgefallen ist, spricht für den Qualitätsanspruch des Schulungsunternehmens.
Ausbildung schafft Vorsprung
Die Resonanz ist nach wie vor groß: Die Lötschulungen werden zu 90 Prozent bei den Kunden vor Ort durchgeführt. „Bei Bedarf werden die Baugruppen mit in die Schulungen integriert und man kann sofort eine Wirksamkeitskontrolle durchführen“, erläutert er. Große Nachfrage bestünde für Handlötschulungen, aber auch für die Ausbildung zum Standard IPC-A-610, der die Abnahmekriterien für elektronische Baugruppen beschreibt. Für Mitarbeiter aus Konstruktion, Fertigung, Inspektion und Test elektronischer Baugruppen wurde das Trainingsprogramm Certified IPC Specialist entwickelt, um die IPC-Standards besser in die tägliche Arbeit zu integrieren. Immer stärker im Kommen seien überdies die Schulungen sowohl zu den Standards IPC-J-STD 001 und IPC 7711/21 als auch für Rework und Nacharbeit. Warum gerade das manuelle Löten trotz der mittlerweile vorherrschenden hoch automatisierten Fertigung immer noch ein Bestandteil der elektronischen Baugruppenfertigung ist, erklärt der Experte so: „Das Handlöten wird nie aus den Baugruppenfertigungen verschwinden, weil es immer noch genug Lötprozesse gibt, die eine Maschine nicht ausführen kann. Auch gibt es viele kleine Unternehmen, die aus finanziellen Gründen nicht alles automatisieren können.“
Handlöt-Wettbewerb
Wer ist der Beste der besten Handlöter im ganzen Land? Krauss Electronic-Support, Balver Zinn und „Die Lötprofis“ wollen das genau wissen und veranstalten deshalb am 03. September 2014 einen Handlöt-Wettbewerb. Maximal 16 Personen können daran teilnehmen und den besten Drei winken interessante Preise. Informationen und Teilnahmebedingungen unter mh@die-loetprofis.com und paolo.corviseri@balverzinn.com.
Mit Dieter Krauss von Krauss Electronic-Support verbindet er eine enge Zusammenarbeit. Beide waren verantwortlich für die Entstehung des Schul- und Trainingszentrums, das im Juli 2011 eröffnet wurde. Aus der Not hatte er eine Tugend gemacht: Wie viele andere deutsche Elektronikfertiger positioniert sich das mittelständische Unternehmen im nationalen und internationalen Wettbewerb über die Qualität und Flexibilität der Fertigung. Das schraubt die Anforderungen an die Qualifikation und Fähigkeiten des Personals auch bei scheinbar einfachen Tätigkeiten hoch: „Löten und Löten in der Elektronikfertigung sind zwei verschiedene Dinge. Die Standards in unserer Industrie sind extrem hoch und die einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen den Gesamtprozess verstehen, um die geforderte Qualität durchgängig halten zu können“, erläutert Michael Haupthoff. Auch der schnelle technologische Fortschritt in der Elektronikfertigung schüre den Bedarf an Schulungen. Für den EMS hat sich das Schul- und Trainingszentrum zwischenzeitlich als ein weiterer Geschäftsbereich etabliert, nicht zuletzt durch die enge Zusammenarbeit mit führenden Equipmentherstellern wie ASM Assembly Systems, Ersa, Christian Koenen, Kolb, I-TSCL, Balver Zinn und noch einige mehr. Sie hatten sich auch als Partner aktiv an der Ausstattung des Schul- und Trainingszentrums beteiligt. Einige der Schulungen von „Die Lötprofis“ finden ebenfalls dort statt.
Aber auch „Die Lötprofis“ haben ein mittlerweile großes Netzwerk an Partnern, um eine optimale Schulungsqualität erzielen zu können. Das liest sich wie das Who-is-Who der Baugruppenfertigung: Neben ASM Assembly Systems, Ersa, Christian Koenen, und Kolb sind auch Krauss Electronic-Support, i-TSCL, TBK Technisches Büro Kullik, Balver Zinn, die ESD-Akademie, Semtech und MKB Soldering mit von der Partie. Die enge Zusammenarbeit mit den Partnern ist Haupthoff wichtig: „Wir profitieren sehr voneinander, es ist ein ständiges Geben und Nehmen.“
Arbeitsamt würdigt Engagement
Dass die ständige Qualifizierung und Weiterbildung der Schlüssel zur Sicherung des Fachkräftebedarfs sind, das hat auch das Arbeitsamt beziehungsweise die Agentur für Arbeit erkannt. Gerade Langzeitarbeitslosen lässt die Agentur eine fünfwöchige Schulung angedeihen. Dabei werden die Grundkenntnisse der Elektronikfertigung vermittelt, also Handlöten, Schablonendruck, Selektiv-u. Wellenlöten, SMT- und THT-Bestückung, Rework und alles rund um ESD. Darüber hinaus ist auch die Ausbildung zum IPC-A-610-Spezialisten (CIS) möglich.
Wettbewerbsfähige Betriebe sichern und zukunftssichere Arbeitsplätze schaffen, das bedarf gezielter Initiative. Flexibilität, Qualität und notwendige Innovationen entstehen nicht durch Maschinen, sondern von und mit kompetenten, engagierten und kreativen Beschäftigten. Um eine Fachkräftelücke möglichst nicht entstehen zu lassen und frühzeitig gegenzusteuern, gilt es, alle vorhandenen Potenziale auf dem Arbeitsmarkt zu nutzen und weiterzuentwickeln. Daher hat das Bundesland Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 2006 einen Bildungscheck initiiert, bei dem Beschäftigte und Unternehmen einen finanziellen Zuschuss zu den Weiterbildungskosten erhalten. Wegen des Erfolgs hat das Bundesland nun nachgelegt, und ein Sonderprogramm namens Bildungsscheck NRW-Fachkräfte (2013 bis 2015) auf den Weg gebracht. Mit dem auf zwei Jahre begrenzten Sonderprogramm wird die Teilnahme an höherwertigen beruflichen Weiterbildungsangeboten unterstützt und das Förderangebot des Bildungsschecks NRW fortgeführt.
„Die Lötprofis“ wurden im Jahr 2012 durch die Certqua zertifiziert und als Bildungsträger geführt. Dabei handelt es sich um eine Gesellschaft der deutschen Wirtschaft, die sich darauf spezialisiert hat, Firmen zu fördern und zu zertifizieren. „Certqua hat uns die Möglichkeit gegeben für die Agentur für Arbeit und für Unternehmen auszubilden. Dadurch ist es uns möglich, Bildungsschecks für unsere Schulungen anzunehmen.“ Dadurch wird das Schulungsunternehmen in die Lage versetzt auch weiterhin Noch-Arbeitssuchende auszubilden.
Leistung hoch – Fehlerrate runter
Der wichtigste Faktor für Verbesserungen entlang der elektronischen Baugruppenfertigung sind die Mitarbeiter. Um optimale Leistungen und geringere Fehlerraten zu erzielen, sind deshalb auf die jeweiligen Anforderungen hin ausgerichtete Schulungen aller Beteiligten erforderlich. Die Lötschulungen lassen sich daher auf die individuellen Anforderungen zuschneiden, an die sich eine Wirksamkeitskontrolle anschließt.
Marisa Robles Consée
(mrc)