Zwei große Schlagworte im Zusammenhang mit der Digitalisierung sind Satellitengestütztes Internet und 5G Netz. Für die Elektronik-Hardware ist dies besonders herausfordernd, da die zunehmende Datendichte sicher übertragen werden muss. Hier kommt dem Thema Signalintegrität in der Digitaltechnik, also die Übertragung von impedanzbehafteten Signalen unter Vermeidung signifikanter Verluste durch Dämpfung oder Verzerrung, eine hohe Bedeutung zu. Um grundlegend zu verstehen, warum bei höheren Frequenzen die Strukturen auf Leiterplatten genauer zu planen sind, muss man die grundlegenden Abläufe bei einer elektrischen Signalübertragung näher betrachten.
Die Impedanz
Ein Leiter, der Wechselstrom oder Stromimpulse überträgt, ist nicht nur ein Stück Metall, das den Strom leitet, denn durch den sich ändernden Strom wird ein sich änderndes Magnetfeld um den Leiter erzeugt. Dieses Magnetfeld wirkt sich wiederum auf den Stromfluss aus. Der Leiter besitzt also eine Induktivität L. Damit ist jeder gerade Leiter gewissermaßen eine Luftspule mit 0 Windungen. So befinden sich gleichzeitig Leiter immer in der Nähe anderer Leiter. Sobald diese unterschiedliche Ladungen aufweisen, bildet sich zwischen ihnen ein elektrisches Feld aus. Die Leiter sind kapazitiv gekoppelt und bilden damit einen Kondensator mit der Kapazität C. Induktive und kapazitive Effekte sind also bei jedem Leiter vorhanden und bilden ein LC-Netzwerk, das als Filter fungiert. Die Impedanz Z0 einer Leitung ist eine Funktion dieser Induktivitäts- und Kapazitätsbeläge. Höhere Induktivitäten und geringere Kapazitäten führen also zu höheren Impedanzen:
Z0 = ( L/C )1/2
Um Signale möglichst verlustfrei durch einen Leiter zu führen, ist die Impedanz von Kabeln, Steckern und eben auch Leitern auf und in Leiterplatten entsprechend der spezifizierten Aus- und Eingangsimpedanzen der beteiligten aktiven HF-Bauelemente auszuwählen. Mittels geeigneter FEM-Simulationsprogramme lassen sich in Leiterplatten Impedanzen berechnen und dafür müssen folgende vier Parameter grundsätzlich berücksichtigt werden: Die Leiterbreiten und -höhen, die Isolationsabstände und die Dielektrizitätszahlen εr. Da sich für den Entwurf von Impedanzschaltungen die Dielektrizitätszahl εr und die Kupferstärke t meist nur geringfügig ändern lassen und zudem nur einen eher geringeren Einfluss auf die Impedanz ausüben, sind die Leiterbreiten w und Isolationsabstände h als wesentliche Parameter heranzuziehen. In Bezug auf die Leiterbreiten gilt: Je geringer der Isolationsabstand, desto feinere Leiter werden möglich. Dadurch verbessert sich bei differenziellen Signalen auch die kapazitive Kopplung und der störende Einfluss von Magnet- oder elektrischen Feldern wird verringert.
Welche typischen Impedanzwerte es gibt
Aufbau und Größe von Leitern und deren isolierende Umgebung bestimmen deren Impedanz. Weite Leitungsabstände mit geringer kapazitiver Kopplung weisen hohe Impedanzen auf, wie am Beispiel historischer Telegrafenleitungen zu sehen ist. Deutlich niedriger sind die Werte in der Mikroelektronik. Physikalisch gesehen gibt es bei einer Impedanz von 30 Ω ein Optimum bezüglich der Übertragung höherer Leistungen. Bei einer Impedanz von 75 Ω hingegen ist die Signaldämpfung am geringsten. Um beide Aspekte zu berücksichtigen, bildeten sich die 50 Ohm als Kompromiss heraus, ein Impedanzwert, der heute am weitesten verbreitet ist. Für differenzielle Signale hat sich der verdoppelte Wert etabliert. Darüber hinaus gibt es ein paar abweichende Spezifikationen. Für USB-Schnittstellen wurden beispielsweise die Impedanzwerte aufgrund wirtschaftlicher Strukturen bei Leiterplatten und Steckern auf 90 Ohm reduziert.
Feinere Strukturen haben jedoch auch ihre Grenzen: Zum einen erhöhen sich ohmsche Verluste, zum anderen steigen die relativen Toleranzen der Leiterbreiten, und damit auch die Toleranz der Impedanzen. In der Regel sind sinnvolle Leiterbreiten und -abstände mindestens 125 µm auf Außenlagen und mindestens 100 µm auf Innenlagen, um maximale Impedanzabweichungen von 10 Prozent gewährleisten zu können. Auch flexible Leiterplatten können Impedanzleitungen führen. Dazu wird fast ausschließlich die Referenzebene gerastert ausgeführt. Dies ist notwendig, um zum einen die Flexibilität des Folienleiters zu erhalten, zum anderen bewirkt die Rasterung eine Reduktion der Kupferfläche, wodurch – bei gleicher Impedanz – der Isolationsabstand verringert werden kann. Dies ist ebenfalls vorteilhaft für eine gute Flexibilität.
Die Dämpfung
Neben der Impedanz spielt für eine gute Signalintegrität die Dämpfung des Signals durch das Material eine wesentliche Rolle. Jedes dielektrische Material lässt sich durch Anlegen eines elektrischen Feldes polarisieren. Das bedeutet, Ladungen in dem Material verschieben sich und richten sich entsprechend der Feldlinien aus. Diese Ladungsverschiebung ist mit Reibungsverlusten verbunden, die in dielektrischen Verlusten sichtbar werden. Die in Wärme umgewandelte Energie wird aus der Energie des Signals gezogen, welches daraufhin gedämpft am Empfänger ankommt. Die Dämpfung ist stark vom Material abhängig und wird über den Verlustfaktor tan δ angegeben. Für FR4 liegt dieser um etwa eine Größenordnung höher als für PTFE-basierte Materialien.
Bei der Entwicklung von Hochfrequenz-Materialien sind folgende Tendenzen zu beobachten: Da reines PTFE ohne weitere Füllstoffe nicht dimensionsstabil ist, wird die Polymermatrix mit Mikroglasfasern, Keramikpulvern und/oder Glasgeweben gefüllt. Daneben können solche Substrate mit anderen Polymeren kombiniert werden, um besser verarbeitbar zu sein. Je homogener und je verlustärmer die Materialien sind, desto teurer sind sie. Während FR4 ein eher günstiges Material ist, sind Substrate auf Basis von PTFE um Größenordnungen teurer. Deshalb haben sich mehrere Alternativen zu PTFE Materialien entwickelt – zum Beispiel ein modifiziertes FR4, das durch Beimischung andere Polymere, Füllstoffe und einer höheren Vernetzung des Epoxid-Harzes so modifiziert wird, dass der Verlustfaktor dem einiger PTFE Substrate nahe kommt. Oder der Ersatz des Epoxidhartes durch alternative Polymere. Hier sind vor allem die Polymere auf Basis von IR oder PPE zu nennen. Aber auch flexible Substrate auf Basis von PI (Polyimid), PEN oder PET sind deutlich besser hochfrequenztauglich als herkömmliches FR4.
Low-Profile-Kupferfolien reduzieren den Skin-Effekt
Ein dritter Punkt im Zusammenhang mit der störungsfreien Signalübertragung ist der sogenannte Skin-Effekt. Dieser Effekt beschreibt das Phänomen, dass die Ladungsträger sich umso weiter außen im Querschnitt eines Leiters bewegen, je höher die Frequenz der Signale ist. Auf Leiter in Leiterplatten hat dies besondere Auswirkungen. Aufgrund des rauen Treatments auf der Unterseite der Leiter legt der oberflächennahe Strom dort eine längere Wegstrecke zurück als der Strom auf der glatten Oberseite. Die unterschiedliche Laufzeit der Signale führt zu einer Verzerrung und Dämpfung. Daher werden für Hochfrequenzanwendungen sogenannte Low-Profile-Kupferfolien eingesetzt, bei denen das Treatment deutlich reduziert ist. Noch glattere Leiter-Unterseiten erhält man, wenn die produktionstechnisch bedingt glattere Kupferseite mit dem Low-Profile-Treatment aufgeraut wird. Für Standard-Anwendungen wird sonst üblicherweise die rauere Seite von Kupferfolien getreatet.
Neue Ideen in der Funktechnik
In der Digitaltechnik können Signalverzerrungen und -dämpfungen in der Regel durch entsprechende Filter und Verstärker hinter den Eingängen der Empfänger nivelliert werden, sodass keine digitale Information verlorengeht. Anders verhält es sich bei analogen Signalen in der Funk- und Übertragungstechnik. Hier müssen die Komponenten höhere Anforderungen erfüllen. Leiterplatten werden häufiger in höherwertigen PTFE-Sorten oder deren Alternativen gefertigt. Zudem sind engere Maßtoleranzen bei der Leiterbildstrukturierung notwendig als für impedanzkontrollierte Leiterplatten. Die Beispiele sollen in aktuellen Anwendungen in der drahtlosen Kommunikationstechnik transparent gemacht werden.
Anstelle der herkömmlichen sich drehenden Radarbalken werden Lufträume heute über statische zweidimensional auflösende Radar-Antennen, sog. Phased Array Radar-Antennen, überwacht. Die Unterscheidung der Richtung, aus der die Signale reflektiert werden, erfolgt durch die zeitliche Auflösung der Signale auf dem Array. Je kleiner der Einfallwinkel ist, desto höher ist die Zeitdifferenz der Signale, die an den verschiedenen Antennen-Patches ankommen. Typische Substratmaterialien für Patchantennen sind verschiedene PTFE-Alternativen.
Zylinderförmige Antennen mit spiralförmigen Leitern als Antennendipole, also Wendelantennen, haben eine ausgeprägte Richtwirkung. Neben dem Begriff Wendelantenne hat sich auch Helixantenne etabliert. Diese Richtantennen können auf Basis von Polyimid-Folien wirtschaftlich aufgebaut werden. Mehrere Wendelantennen lassen sich in Reihe oder in einem flachen Array parallel anordnen. Für diese Antennen sind mehrere Varianten entwickelt worden. Zum einen können die Anschlüsse je nach Verbindungstechnik zur Basisplatine mit Pins oder SMD-Lötflächen hergestellt werden. Zum anderen ist ein Abschluss des Zylinders mit einem ringförmigen Deckel mit Dipol-Abschlüssen möglich. Aber auch die Breite und die Richtung der Streifen können innerhalb einer Antenne variieren, um zusätzliche Effekte zu erzielen.
Hochfrequenztaugliche Spezialpolymere
Die früher aus mehreren Einzelebenen aufgebaute Leiterplatte Apertur gekoppelte MIMO und Phased-Array Patch-Antenne wird heute komplett als ein Teil gefertigt. Sie besteht aus einem Radom mit den Patches, einem Array von zwei senkrecht aufeinander stehenden Kopplern für die MIMO-Funktion sowie dem Einspeisenetzwerk auf einem PTFE-basierten HF-Substrat. Die Abstände werden durch einen Stack aus hochfrequenztauglichen Spezialpolymeren realisiert.
Im Gegensatz zur Funktechnik bis in den GHz-Bereich sind die Antennen für THz-Anwendungen so klein, dass sie nicht mehr wirtschaftlich in Leiterplattentechnik gefertigt werden können. Die Antennen werden in Halbleitertechnik gefertigt und sind Teil entsprechender Bauelemente, die gleichzeitig die Verstärkung und Aufbereitung der Signale übernehmen.Aufgrund der geringen Größe der Bauelemente ist gerade bei höherer Sendeleistung auch die Verlustleistungsdichte entsprechend hoch. Spezielle Heatsink-Konstruktionen kommen hierbei zum Einsatz, die die Wärme direkt von den Bauteilen in massives Kupfer ableiten. Die Zuleitung der Signale erfolgt über Ebenen von Hochfrequenzmaterial auf PTFE-Basis, die an die Heatsink-Plateaus für die Chips angepasst sind. Es lohnt sich also, neue Ideen auf Machbarkeit zu prüfen und damit den Weg für effiziente und schließlich erfolgreiche Systeme zu ebnen.
Dr. Christoph Lehnberger
(hw)