Mair Elektronik in Schwaig bei München

Seit 2021 gehört Mair Elektronik in Schwaig bei München zu Rawe Electronic. (Bild: Mair Elektronik)

Eine der wichtigsten Methoden zur Qualitätssicherung in der Elektronikfertigung ist die sogenannte Erstmusterkontrolle. Dabei wird die erste gefertigte Leiterplatine manuell möglichst detailliert auf potenzielle Fehler wie Fehlbestückungen oder Verpolungen überprüft. Jedes falsche Bauteil, das an dieser Stelle nicht entdeckt wird, zieht im weiteren Fertigungsverlauf hohe Kosten zur Korrektur nach sich. Allerdings bindet der manuelle Abgleich zwischen Bestückungsplan, Stückliste und Baugruppe einen enormen Aufwand an Zeit und Personal. Wie kann der hohe Personal- und Zeitaufwand während der Erstmusterprüfung reduziert und die Qualität und Zuverlässigkeit der Inspektion optimiert werden? Das mittelständische Unternehmen Mair Elektronik aus Schwaig ließ genau diese Fragestellung in einer Abschlussarbeit untersuchen.  

SMT-Fertigung im Reinraum
Das EMS-Unternehmen Mair besitzt eine vollautomatische SMT-Fertigung im Reinraum. Die flexibel einsetzbare Be-stückungslinie besteht aus sechs Schablonendruckern sowie sieben Bestückungsautomaten und realisiert so eine Leistung von rund 120.000 Bauteilen pro Stunde. Für den Lötprozess kommen sechs Dampfphasen- und eine Konvektionsanlage zum Einsatz. (Bild: Mair Elektronik)

Ziel der Marktanalyse

Mair Elektronik unterstützt an zwei Standorten die gesamte Prozesskette von der Prozessentwicklung und Beratung zum „Design for Manufacturing“ über die Beschaffung elektronischer und mechanischer Komponenten bis hin zur Fertigung. Dabei werden sowohl THT-Serien als auch komplexe SMT-Produkte im Reinraum produziert. Die hohe Kunden-Diversität zieht häufig auch kleinere bis mittlere Aufträge nach sich. Daraus ergeben sich diverse Umrüstungen und Erstmusterprüfungen.

Der Auszubildende Daniel Gemmer setzte sich in seiner Abschlussarbeit zu seiner Ausbildung zum Mikrotechnologen mit der Fragestellung zur Optimierung der Erstmusterprüfung auseinander. Zu diesem Zweck hat er insgesamt drei Erstmustersysteme in die engere Wahl genommen und diese nach verschiedenen Kriterien überprüft und verglichen. Das Ziel dabei war, ein Inspektionssystem für die Erstmuster- und Kleinserienkontrolle zu finden, das im Anschluss auch beschafft und eingeführt werden sollte.

Dazu sollte das neue Prüfsystem auf jeden Fall die Kernpunkte der Zeitersparnis und der erleichterten Fehleridentifizierung aufweisen. Es sollte ausreichende Bildqualität zur Verfügung stellen, um auch die Bauteilgrößen 0201 zuverlässig und gut sichtbar darzustellen. Durch eine leichte Programmierbarkeit sollten auch keine langen Anlernzeiten anfallen. Hierzu müssten Daten mindestens in den gängigen Tabellenformaten verarbeitet werden können. Zudem sollte das System flexibel an unterschiedlichen Prozessschritten einsetzbar sein.

EFA Picture-Desktop-  Gerät
EFA Picture-Desktop- Gerät (Bild: Lebert Software Engineering)

Theoretische Betrachtung

Jedes der drei Inspektionssysteme wurde mit der gleichen Testplatine und den gleichen Daten getestet. Die Testplatine an sich hatte eine Größe von 200 mm mal 120 mm. Mit 676 verschiedenen Bauteilen und einer Mischbestückung ließ sich so ein weitgefasster Anforderungsbereich abdecken. Beurteilt wurden während dieser Testphase die Kategorien Technischer Support, Benutzerfreundlichkeit, Zeitersparnis inklusive Programmierzeit und die Kosten. Der Schwerpunkt der Beurteilung lag dabei auf den Kategorien Benutzerfreundlichkeit und Zeitersparnis. Um die Inspektionssysteme vergleichen zu können, wurden je Kategorie Punkte vergeben.

Bereits während der Testphase hat sich gezeigt, dass sich das EFA Inspection System von der Firma Lebert Software Engineering aus Hanau optimal eignet, um die spezifischen Anforderungen von Mair Elektronik zu erfüllen. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde das Inspektionssystem während der Produktpräsentation noch vor der Abgabe der Abschlussarbeit erworben.

Die Beurteilung der Kategorien unterstrich dieses Ergebnis. Das EFA Inspection System erzielte laut Unternehmen mit Abstand die höchste Punktzahl – in den Kategorien Technischer Support und Zeitersparnis sogar jeweils die maximale Punktzahl.

Smarte Inspektionslösung

Um die Erstmusterprüfung möglichst umfassend durchzuführen, lassen sich in EFA Inspection neben der optischen Kontrolle auch die ursprünglichen Kundendaten abgleichen. Dazu werden sowohl die Bestückdaten als auch die Stücklisten importiert und der Bestückplan als Referenz zur Ausrichtung der Bauteile hinterlegt. Die Einrichtung eines Prüfprogramms dauert dank vieler Sonderfunktionen und automatischer Abläufe lediglich wenige Minuten. Mit einem Foto der ersten Platine erfolgt die eigentliche Inspektion.

Während der Prüfung werden alle Bauteile der gleichen Sachnummer gemeinsam gruppiert angezeigt. Der Prüfer erkennt sofort, ob alle Bauteile vorhanden sind und auch, ob alle Bauteile der gleichen Sachnummer wirklich identisch sind. Die Polung der Bauteile lässt sich ebenfalls einfach überprüfen. Entsprechend der Rotation aus den Bestückdaten dreht EFA Inspection die Bildausschnitte der Bauteile einer Sachnummer auf null Grad zurück. Damit müssen alle Polungskennzeichnungen in der Übersicht an der gleichen Stelle sein.
Zusätzlich wird der Bestückplan automatisch korrekt ausgerichtet über die Aufnahme der Platine eingeblendet. Ausrichtungsangaben des Kunden sind so immer direkt an den Bauteilen sichtbar und müssen mit der Polungskennzeichnung übereinstimmen. Zudem lassen sich über weitere Augmented-Reality-Funktionen wichtige Bauteilinformationen wie Bauteilwerte oder Herstellerangaben, direkt an dem zugehörigen Bauteil anzeigen. Werden hier Daten des Kunden und der eigenen Stückliste kombiniert dargestellt, ist auch dieser Vergleich mit einem Blick möglich.

Grundlage der Inspektion ist eine hochauflösende Aufnahme der Platine, die durch ein EFA Picture Gerät prozesssicher erzeugt werden kann. Die Bilder der Platinen stehen je nach Platinengröße und gewähltem Objektiv in bis zu 30 Sekunden zur Verfügung. Objektive lassen sich entsprechend der benötigten Auflösung wählen und auch eigenständig austauschen. Bauteilgrößen von 0201 sind bei einer Auflösung von 1.800 dpi deutlich zu erkennen. Das EFA Picture Gerät kann Gesamtaufnahmen einer Leiterplatte mit bis zu 5.000 dpi Auflösung erzeugen.

Praxis bestätigt die theoretische Beurteilung

Bei Mair Elektronik war das Einsparpotenzial von EFA Inspection bereits während der Einführungsphase deutlich erkennbar. Schon am Folgetag nach dem Erwerb des Systems konnte die erste Erstmusterprüfung mit einer signifikanten Zeiteinsparung durchgeführt werden. Durchschnittlich ließen sich zu Beginn der Einführung 60% der Zeit und 50% an Personal einsparen. Damit einher ging ein deutlich reduzierter organisatorischer Aufwand. Erstmusterprüfungen müssen nun nicht mehr weit im Voraus eingeplant werden. Auch der Return of Investment (RoI) Wert bestätigt die getätigte Investition. Sogar mit einer eher konservativen Berücksichtigung des Zeitaufwandes, der Personalkosten sowie der Wartungskosten ergab sich ein RoI von unter 6 Monaten.

Daniel Gemmer, Mair Elektronik
Daniel Gemmer hat mittlerweile seine Ausbildung zum Mikrotechnologen abgeschlossen. Die außerordentliche Darstellung der Ergebnisse in seiner Projektarbeit (hier arbeitet er an dem System) würdigte der Prüfungsausschuss mit 98%. (Bild: Mair Elektronik)

Bemerkenswert ist, dass der Auszubildende Daniel Gemmer dieses Ergebnis ohne Schulung allein durch eigenständiges Einarbeiten erreichen konnte. In seiner Abschlussarbeit konnte er zeigen, dass die Erstmusterprüfung mit EFA Inspection verbessert werden konnte. Die benutzerfreundliche Softwareoberfläche und die intuitive Bedienung führten zu einer nahtlosen Integration in den Prozessablauf und hohen Akzeptanz der Mitarbeiter.

Die Erstmusterprüfung ist nun nicht mehr so mühselig und aufwendig. Mair Elektronik hat aufgrund dieser Ergebnisse inzwischen den zweiten Standort in Eisleben ebenfalls mit einem EFA Inspection System ausgestattet. Zusätzlich ist auch eine Eingliederung in weitere Prozesse wie der Stichprobenkontrolle, der Fehlersuche bei Reworkarbeiten oder der Endkontrolle geplant.

Daniel Gemmer, Mair Elektronik
(Bild: Mair Elektronik)

Daniel Gemmer

Mikrotechnologe bei Mair Elektronik, Schwaig

Anne Lebert, Lebert Software Engineering
(Bild: Lebert Software Engineering)

Anne Lebert

Lebert Software Engineering, Hanau

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